Taktik-Nachlese zum Spiel FCM-FCK

Die DBB-Analyse: Lautern läuft viel, aber nur hinterher

Die DBB-Analyse: Lautern läuft viel, aber nur hinterher

Foto: Daniel Krämer

Nein, es stimmt nicht, dass das FCK-Team 2021/22 nicht genug rennt und kämpft. Damit soll die 0:1-Niederlage in Magdeburg aber keinesfalls als "unglücklich" dargestellt werden. Die Schlüsse, die daraus zu ziehen sind, sind viel deprimierender.

Wie lässt sich das eigentlich erklären? Zu Beginn der Saison hatte der 1. FC Magdeburg einen viel größeren Aderlass zu verkraften als der 1. FC Kaiserslautern, holte fast ein Dutzend Kicker ablösefrei, davon mit Dominik Reimann und Connor Krempicki grade mal zwei, die bereits Erfahrung in der 3. Liga oder einer höheren Klasse haben. Dennoch spielte Elf von Trainer Christian Titz insbesondere in der ersten Hälfte wie aus einem Guss. Meisterte etwa das Sich-Befreien in Bedrängnis viel souveräner der Gast, die kurzen Abspiele und der anschließende diagonale Flankenwechsel saßen einfach. Vor allem, weil sich die Magdeburger es im Gegensatz zu den Lautrern nie komplizierter machten, als Fußball sein muss - und sie im Kopf und Füßen immer einen Tick schneller waren.

So war die Entstehungsgeschichte des frühen Führungstreffers, der auch der einzige bleiben sollte, bereits typisch fürs gesamte Spiel. Der mitspielende FCM-Keeper Reimann spielt einen vertikalen Flachpass in den Mittelkreis, also in die Zone, in der die zentralen Mittelfeldspieler des FCK eigentlich zugreifen wollen. Sie versuchen es auch, erwischen das Leder jedoch nicht. Stattdessen landet es auf Linksaußen bei dem aufrückenden Außenverteidiger Raphael Obermair, der jede Menge Platz hat, Mittelstürmer Luca Schuler im Strafraum anzuvisieren. Und der hat noch mehr Platz hat, den Ball anzunehmen, sich irgendwie an FCK-Innenverteidiger Kevin Kraus vorbeizuschieben und einzuschießen.

Kevin Kraus? Bei allem Ärger über den Auftritt der Betze-Buben wollen wir nicht vergessen: Kraus war gerade mal zwei Minuten vor Anpfiff in die Startelf gerückt, weil Last-Minute-Neuzugang Max Hippe sich beim Warmmachen am Fuß verletzte. Diese ständigen verletzungsbedingten Wechsel gerade in der Defensive tragen selbstverständlich ihren Teil dazu, dass das Mannschaftsgerüst sich auch nach sieben Spieltagen noch reichlich instabil präsentiert. Aber sie entschuldigen auch nicht alles.

Das Beispiel Schuler lehrt: So ein Stürmer will richtig eingesetzt werden

Schuler traf kurz darauf auch die Latte. Zuvor hatte Baris Atik mit einem vertikalen Pass auf Rechtsverteidiger Tobias Knost die linke Abwehrseite der Lautrer brutal ausgehebelt. Und später durfte Schuler sich sogar mal einen weiten Abstoß von Reimann erlaufen, um für einen Moment freie Schussbahn aufs gegnerische Tor zu haben. Simpler lässt sich eine Torchance wahrlich nicht herausspielen.

Immer wieder Schuler also. Klar, jetzt könnte man mal wieder darauf verweisen, dass der heute 22-Jährige in Neustadt an der Weinstraße geboren ist und bis zu seinem 17. Lebensjahr am Betzenberg kickte - und lamentieren, weshalb ein solches Talent in die Fremde bezog, wo er doch mit seinen 1,92 Metern Körpergröße genau die Kante wäre, die den Roten Teufeln heute fehlt. Das mag was für sich haben. Gesagt werden muss aber auch: die aktuellen FCK-Stürmer Muhammad Kiprit und Daniel Hanslik können mit dem Ball eigentlich besser umgehen als der um einiges grobmotorischere Schuler. Nur werden sie von ihren Mitspielern längst nicht so gut eingesetzt wie Schuler von Atik und Co.

Magdeburg macht deutlich: Beim FCK fehlt die Feinabstimmung

Generell schienen die Magdeburger besser voneinander zu wissen, wer wann wie in die Räume startet. Dafür bezeichnend ist eine Kopfballchance Atiks in der 34. Minute. Die tat sich Deutsch-Türken - der übrigens ebenfalls in der Pfalz geboren ist - nicht auf, weil er mit seinen 1,69 Metern Körpergröße sämtliche Gegenspieler übersprang. Sondern weil FCM-Mittelfeldspieler Andreas Müller bei seinem indirekten Freistoß exakt den richtigen Moment abpasste, an dem Atik von der Abseitslinie in den Strafraum startete.

Beim FCK waren solche Feinabstimmungen nicht zu erkennen. Drum kam auch nicht viel bei rum, als sie in Hälfte zwei konzentrierter auftraten, sich nach vorne schoben und die Partie augenscheinlich kontrollierten. Die Gastgeber positionierten sich nun tiefer und beschränkten sich darauf, in den Momenten fixer bleiben, in denen es vor ihrem Gehäuse brenzlig zu werden drohte. Da konnten die Gäste noch so viel rennen und sich abmühen.

Auffallend, dass nicht nur der letzte Pass in den Strafraum nicht ankam - das ist für regelmäßige Beobachter dieser Mannschaft nichts Neues. Einige vielversprechende Umschaltsituationen scheiterten diesmal, weil schon das erste Zuspiel nicht stimmte. Sind das bereits erste Symptome des Abstiegsk(r)ampfes, den manche jetzt schon ausrufen zu wollen?

Kopfbälle, schnelles Flügelspiel - Optionen, die ungenutzt blieben

Dass die Magdeburger gegebenenfalls in der Luft zu schlagen sind, deutete sich allenfalls mal bei einer Kopfballchance des aufgerückten Innenverteidigers Boris Tomiak nach einem Freistoß-Flugball an. Ohnehin zählte Tomiak zu den erfreulichsten Erscheinungen auf Lautrer Seite. Klasse, wie er sich immer wieder in Zweikämpfen behauptete, insbesondere gegen Schuler. Ansonsten schienen Mittel und Wille zu fehlen, die Partie eventuell über Lufthoheit zu drehen.

Dass die Magdeburger über die Außen zu packen sind, dürfte FCK-Trainer Marco Antwerpen den Seinen ebenfalls mit auf den Weg gegeben haben. Umzusetzen vermochten sie es nicht, dazu fehlte seiner Mannschaft gerade auf den Flügeln die Geschwindigkeit.

Was ist nur mit Jean Zimmer und Philipp Hercher los, dem Flügelpärchen, das auf der Zielgeraden der vergangenen Saison sich immer wieder in den Rücken der gegnerischen Abwehrreihen durchzuspielen verstand? Es wirkt wie die Komponente eines Motors, die ihre volle Leistungskraft gegenwärtig nicht entfalten kann, weil die übrigen Bauteile nicht zueinander passen. Noch nicht - oder sind die Teile vielleicht falsch eingekauft worden? Oder müssen sie nur anders montiert und neu justiert werden?

Die richtigen Typen richtig einsetzen, darum geht's

Das sind die Fragen, die es jetzt beantworten gilt. "Es kann nicht sein, dass wir immer erst einen kriegen oder einer an der Seitenlinie weggewichst werden muss, damit alle wach werden", schimpfte FCK-Mittelfeldspieler René Klingenburg nach dem Abpfiff bei "Magenta Sport". Guter Punkt, gerade wenn man bedenkt, dass Schulers Treffer bereits der fünfte in dieser Saison war, den die Magdeburger in den ersten zehn Minuten einer Partie erzielten. Auch darauf hatte Antwerpen seine Jungs vor dem Spiel hingewiesen, zu Herzen genommen haben sie es sich anscheinend nicht alle.

Klingenburg dagegen war auch während des Spiels einer der am energischsten auftretenden Roten Teufel. Ein ganzer Kerl, der in seinem Statement nicht mal mehr den Tritt thematisieren wollte, den ihm FCM-Innenverteidiger Alexander Bittroff kurz vor der Pause verpasste gegen und der ziemlich nach Tätlichkeit aussah. Einer, der kämpft, rackert und nach vorne treibt, allerdings auch nicht mit einem allzu ambitionierten fußballerischen Anspruch überfordert werden darf. Und der deutlich macht: Der FCK hat schon Typen in seinen Reihen, mit denen sich etwas bewegen lässt. Nur müssen sie ihren Fähigkeiten gemäß eingesetzt werden.

Wie mittlerweile gewohnt: Die xG-Grafiken zum Spiel werden nachgeliefert.

Ergänzung, 07.09.2021: Keine Passlinien zwischen den zentralen Spielern

Zu den xG-Plots. Die Timeline zeigt: Magdeburgs Trainer Christian Titz hatte durchaus Recht, als er nach dem Spiel sagte, das Spiel hätte nach 60 Minuten bereits entschieden sein müssen, und zwar zugunsten seiner Mannschaft. Und aus FCK-Sicht gab es außer Wunderlichs Chance eigentlich nichts, was noch einen Punkt hätte sichern können.

xG-Plot FCM-FCK

Die Positions- und Passmap der Roten Teufel: Kaum Linien zwischen den zentralen Mittelfeldspielern, und über Außen lief auch nicht viel. Ein Pfeil führt von Hercher zu Zimmer, aber keiner von Zimmer zu Hercher. Erinnert sich noch jemand ans letzte Drittel der vergangenen Saison: Wie viele Pässe Zimmer auf den Richtung Grundlinie durchstartenden Hercher durchsteckte? Wo sind sie geblieben?

Passmap FCK

Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Magdeburger: Da zirkuliert der Ball in Abwehr und Mittelfeld recht ordentlich und gleichmäßig, die Stürmer werden dann ins Spiel gebracht, wenn’s nötig wird. Und solange es am Ende zu einem 1:0-Sieg reicht, hat niemand was zu meckern.

Passmap FCK

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2021/22: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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