Gegner-Interview: Viktoria Berlin / David Pietrzyk

"Auf mein Herz kann ich am Wochenende nicht hören"

"Auf mein Herz kann ich am Wochenende nicht hören"

Co-Trainer David Pietrzyk (r.) mit Cheftrainer Benedetto Muzzicato; Foto: Imago Images

David Pietrzyk ist gebürtiger Lautrer, hat für den 1. FC Kaiserslautern gearbeitet, sein Herz schlägt rot-weiß - und er ist Co-Trainer von Viktoria Berlin. Wir haben mit ihm über beide Vereine und das anstehende Spiel gesprochen.

Der Betze brennt: David Pietrzyk, die Viktoria hätte mit zwei Siegen als Aufsteiger nicht besser in die Saison starten können. Wie ist die Stimmung aktuell bei Euch, und was habt Ihr Euch in dieser Spielzeit vorgenommen?

David Pietrzyk (31): Die Stimmung bei uns ist nach diesem Saisonstart natürlich fantastisch. Mein Cheftrainer (Benedetto Muzzicato, Anm. d. Red.) legt hierauf großen Wert. Auch ich persönlich könnte nicht zufriedener sein, denn seit ich im Verein bin, haben wir alles gewonnen (lacht). In dieser Zeit haben wir 13 Ligaspiele absolviert und 13 Mal gewonnen - auch wenn die vergangene Saison vorzeitig abgebrochen wurde. Dass wir in die 3. Liga so gut reingekommen sind, ist überragend, aber für mich persönlich nicht wirklich überraschend. Hier wird einfach sehr professionell gearbeitet. Wir wussten durch unsere Analyse zum Beispiel, wie wir unsere Spielidee gegen Eintracht Braunschweig durchsetzen können. Aber dass wir am Ende so souverän 4:0 gewinnen, das konnte man natürlich nicht erwarten. Unser primäres Ziel ist es, unseren Fußball zu spielen. Unsere Idee durchzusetzen. Bereits nach den ersten beiden Spielen werden wir für unsere offensive und direkte Weise gelobt. Dass am Ende damit die Klasse gehalten werden soll, ist selbstredend.

"Wir freuen uns auf die großartige Stimmung der FCK-Fans"

Der Betze brennt: Wie blickt man von Berlin aus auf den FCK? Ist die Partie für Euch so etwas wie ein Highlight-Spiel der Saison?

Pietrzyk: Ich würde sagen, die Partie ist vor allem für mich persönlich ein absolutes Highlight-Spiel. Auch mein Vater wird aus der Pfalz hierher anreisen. Aus sportlicher Sicht ist für den Klub das Spiel jetzt nicht großartig anders, als wenn wir gegen Magdeburg oder Halle spielen. Unser Trainerstab besteht aus Jungs aus Bremen und Berlin, da ist jetzt keine so enge Verbindung zum FCK da. Aber als Verein freuen wir uns vor allem auf die zahlreichen Auswärtsfans. Wir wissen, dass der FCK eine großartige Stimmung mitbringen wird, dafür ist er ja auch bekannt.

Der Betze brennt: Du sprichst Deine besondere Verbindung zu Kaiserslautern schon an. Du bist waschechter Lautrer, hast lange hier gelebt und auch mehrere Jahre für den FCK gearbeitet. Für alle, die Dich nicht kennen sollten: Erzähl doch mal etwas über Deinen Werdegang.

Pietrzyk: Ganz genau, ich bin in Kaiserslautern geboren und aufgewachsen. Bis zu meinem sechsten Lebensjahr habe ich sogar auf dem Betzenberg gewohnt. Da ist man natürlich großer FCK-Fan. Mit meinem Vater war ich nahezu jedes Wochenende bei den Heimspielen, ich kenne den Betze noch so, wie er vor seinem WM-Ausbau war. In meinem Schrank sind auch noch zwei alte FCK-Trikots: Eines ist das Meistertrikot von Pavel Kuka, das andere von Vratislav Lokvenc. Beim VfR Kaiserslautern habe ich meine ersten Schritte als Fußballer gemacht. Ich bin nach meinem Abitur dann zum Lehramtsstudium nach Mainz gezogen, was ich jedoch nicht beendet habe, weil ich im Profibereich Fuß fassen konnte. Nach meiner Station im Nachwuchsleistungszentrum des FCK, wo ich während meines Studiums mit Alex Pommerehnck für die U16 verantwortlich war, bekam ich die Möglichkeit, bei Korona Kielce in Polen zwei Jahre lang als Co-Trainer unter Gino Lettieri zu arbeiten, bevor ich im Juli 2019 zum FCK zurückgekehrt bin und schließlich gemeinsam mit Boris Notzon die Scoutingabteilung des Vereins geführt habe. Das war auch eine tolle Zeit, denn Boris ist ein ganz fantastischer Mensch.

"Ich habe gezögert, vom großen FCK in die Regionalliga zu wechseln"

Der Betze brennt: Und wie landet ein FCK'ler bei Viktoria in der Hauptstadt?

Pietrzyk: Ich wollte vor drei Jahren beim DFB meinen Fußballlehrer machen. Bei der dortigen Eignungsprüfung habe ich Benedetto Muzzicato, den heutigen Cheftrainer von Viktoria, kennengelernt. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und hatten seitdem immer wieder Kontakt. Kurz vor Weihnachten 2019 rief er mich an, als ich gerade auf dem Weg war, für den FCK ein Spiel anzuschauen. Er erzählte, er habe sich gerade von seinem Co-Trainer getrennt und fragte mich, ob ich Lust hätte, sein Assistent in Berlin zu werden. Ich muss zugeben, dass ich mich zwar geschmeichelt fühlte, aber zunächst doch gezögert habe, vom großen FCK, der mir ja auch viel bedeutet, zu Berlin in die Regionalliga zu gehen. Ein Verein, zu dem ich zur damaligen Zeit noch keine richtige Verbindung hatte. Allerdings hatte ich damals auch meine Freundin in Berlin kennengelernt und Viktoria wollte mich unbedingt verpflichten. Sie haben mir eine Perspektive aufgezeigt und erklärt, was sie mit dem Verein vorhaben. Und da die Situation beim FCK schon damals schwierig war und es viele Einsparungen gab, habe ich mich zu dem Schritt entschieden, den ich bis heute nicht bereut habe.

Der Betze brennt: Bei Viktoria Berlin bist Du Co-Trainer, beim FCK hast Du viel im Scouting gearbeitet. In welcher Rolle siehst Du dich eher?

Pietrzyk: Offiziell bin ich Co-Trainer, aber ich decke auch den kompletten Bereich der Video- und Gegneranalyse ab. Bereits in Kielce fiel diese Aufgabe mir zu und auch beim FCK habe ich hier Niklas Martin, den aktuellen Analysten, unterstützt. Da ich durch meine Erfahrung in der Scouting-Abteilung von Lautern den Markt sehr gut kenne, habe ich zudem einen gewissen Einfluss auf die aktuelle Kaderplanung. Es ist also ein ziemlich umfassendes Aufgabengebiet, das ich bearbeite. Grundsätzlich fühle ich mich als Co-Trainer sehr wohl, ich bin ja auch erst 31 und habe noch sehr viel Zeit. Aber es wäre natürlich eine fantastische Sache, wenn ich irgendwann wieder zum FCK zurückkehren würde. Sei es als Co-Trainer oder Chefscout. Aktuell sehe ich aber meinen Platz bei Viktoria.

"Beim FCK will man die bittere Realität nicht hören"

Der Betze brennt: Wie unterscheidet sich aus Deiner Sicht die Arbeit bei Viktoria zu der beim FCK?

Pietrzyk: Zunächst muss hier unterschieden werden: Der FCK bringt eine gewisse Infrastruktur mit, die noch aus Bundesliga-Zeiten existiert. Dennoch muss auch klar gesagt werden, dass das heutige Nachwuchsleistungszentrum nicht mehr dem von vor zehn Jahren gleicht. Personell hat das NLZ quantitativ und qualitativ deutliche Einbußen hinnehmen müssen. Auch die Nachwuchsspieler sind heute andere als vor zehn oder auch noch vor fünf Jahren. Heute muss sich das NLZ eher mit Saarbrücken und Elversberg messen, denn an Hoffenheim oder Mainz orientieren. Eine sehr bittere Realität, die man beim FCK nicht hören will.

Der Betze brennt: Zurück zum Spiel am Wochenende: Du hast die vielen FCK-Fans schon angesprochen, die mit nach Berlin reisen werden, nach der langen Corona-Pause werden wohl 1.500 bis 2.000 erwartet. Hast Du vielleicht einen Geheimtipp aus der Hauptstadt, was wir abseits des Fußballplatzes auf keinen Fall verpassen sollten?

Pietrzyk: Unser Stadion liegt mitten in Berlin, im Prenzlauer Berg. Wenn man vom Stadion zwei Minuten zu Fuß an die U-Bahn-Station Eberswalder Straße läuft, dann gibt es dort unzählige Bars, Kneipen und Restaurants. Unmittelbar an den Jahn-Sportpark grenzt auch das Mauermuseum und der bekannte Mauerpark. Dort ist sonntags immer ein großer Flohmarkt, wo hippe Künstler auftreten, das ist für den FCK-Fan sicher auch eine Reise wert. Und ansonsten ist Berlin natürlich groß (lacht). Hier findet man immer etwas zum unternehmen, da reicht ein Wochenende fast schon nicht aus.

Der Betze brennt: Die obligatorische Abschlussfrage: Wie lautet Dein Tipp fürs Spiel?

Pietrzyk: Auf mein Herz kann ich am Wochenende natürlich nicht hören (lacht). Ich tippe auf einen 3:1-Heimsieg für Viktoria. Ich denke aber, der FCK wird in dieser Saison in der Tabelle definitiv oben mitspielen, was ich mir als FCK-Fan natürlich auch wünsche. Am Ende muss in dieser 3. Liga aber alles passen, um ganz oben anzuklopfen. Unter die ersten Fünf solltest du mit diesem Kader aber auf jeden Fall kommen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

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