Interview des Monats: FCK-Kapitalgeber Flavio Becca, Teil 1/3

"Die Frage war: Wie bekommen wir Ruhe rein?"

"Die Frage war: Wie bekommen wir Ruhe rein?"

Flavio Becca beim FCK-Heimspiel gegen Unterhaching, im Gespräch mit Patrick Banf; Foto: Imago

Das erste große Interview mit Flavio Becca: Bei Der Betze brennt spricht der Kapitalgeber aus Luxemburg über seine turbulenten Verhandlungen mit dem 1. FC Kaiserslautern, die Rücktrittsforderung gegen Michael Littig und womit Martin Bader und Co. sein Interesse an den Roten Teufeln geweckt haben.

Der Betze brennt: Flavio Becca, wer wird der Nächste sein, den Sie beim 1. FC Kaiserslautern zum Rücktritt auffordern?

Flavio Becca (57): Niemand. Wenn alles in Ordnung ist und alle an einem Strang ziehen, dann werde ich niemanden beim FCK zum Rücktritt auffordern.

Der Betze brennt: Ihre Rücktrittsforderung gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Littig - der dieser letztendlich nachgekommen ist - hat die FCK-Familie tief gespalten. Lange wurde über die genauen Hintergründe gerätselt. Wie kam es zu dieser Forderung?

Becca: Wir - mein Team und ich - waren schon seit Januar in intensiven Gesprächen mit dem FCK. Unsere Verhandlungspartner waren Patrick Banf, Martin Bader und Michael Klatt (Beiratsvorsitzender und die beiden Geschäftsführer; Anm. d. Red). Zu einem Treffen kamen die drei dann zu uns und sagten: Wir haben ein Problem, morgen ist eine Beiratssitzung in Kaiserslautern, und die wollen Banf absägen. Littig möchte dort jetzt das Sagen haben.

Der Beirat der FCK Management GmbH besteht bislang aus den fünf gewählten Aufsichtsrats­mitgliedern des FCK e.V. Zum ersten Mal wackelte der Stuhl des Vorsitzenden Patrick Banf hier schon im Januar 2019. Damals rauften die Beteiligten sich jedoch noch einmal zusammen und vertagten die Personal­entscheidungen auf März/April - zuerst sollten die Lizenzunterlagen fertiggestellt werden, hieß es von Seiten der FCK-Verantwortlichen (Chronologie im DBB-Forum).

Der Betze brennt: Diese besagte Beiratssitzung fand am 04. April 2019 statt...

Becca: Ich habe dann gesagt: Bringt zu unseren Gesprächen mit, wen ihr möchtet. Aber wenn das schon so anfängt, dann verliere ich das Interesse. Banf hat vom Beirat ein Mandat für die Gespräche erhalten, dazu kommt Bader für das Sportliche und Klatt für die finanziellen Themen. Ein Wechsel bei meinen Verhandlungspartnern kam für mich nicht in Frage. Aber ich habe angeboten, dass sie jeden zum nächsten Treffen mitbringen, den sie möchten, also auch Littig.

"Mein Angebot war: Bringt mit, wen ihr möchtet"



Der Betze brennt: Michael Littig sagt, dass er eine solche Einladung nie erhalten habe?

Becca: Das weiß ich nicht. Der Einzige, der zum nächsten Treffen mitgekommen ist, war jedenfalls Paul Wüst (Aufsichtsrats- und Beiratsmitglied; Anm. d. Red.). Auch zu ihm sagte ich, dass die Konstellation dieselbe bleiben muss: Banf, Bader und Klatt sind meine Ansprechpartner. Und wenn mal eine größere Runde gemacht werden muss, dann kann die natürlich auch gemacht werden - aber wir können am Ende nicht mit 20 Leuten hier am Tisch sitzen.

Der Betze brennt: An jenem 04. April kam es dann zu dem sogenannten "Burgfrieden": Patrick Banf durfte Beiratsvorsitzender der FCK Management GmbH bleiben, Michael Littig übernahm von Banf das Amt als Aufsichtsratsvorsitzender des Vereins. "Der Gewinner ist der FCK", verkündeten Banf und Littig damals einmütig.

Becca: Diese Entscheidung konnte ich nicht verstehen, habe sie aber akzeptiert, in der Hoffnung auf Ruhe im Verein. Und was passierte dann drei Wochen später? Da war Martin Bader der Nächste, der abgesägt werden sollte...

"Die Konsequenz lautete: Littig muss gehen"



Der Betze brennt: Diese noch nicht offizielle Entscheidung des Beirats sickerte am 28. April über die Medien durch...

Becca: Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch keine Einigung, keinen Handshake, nichts. Und dann sollte mitten in unseren Verhandlungen schon mein zweiter Gesprächspartner gestürzt werden, wieder ausgehend von Littig?! Beim nächsten Treffen (am 30. April; Anm. d. Red.) habe ich mich dann bereiterklärt, beim FCK einzusteigen, aber nur verbunden mit der Lösung der Frage: Wie bekommen wir Ruhe rein? Antwort: Wenn die Leute, die gegen dieses Projekt steuern, nicht mehr da sind. Littig muss gehen, so lautete die Konsequenz. Das habe ich dann schriftlich als Absichtserklärung aufgesetzt und alle vier haben es unterschrieben: Flavio Becca, Patrick Banf, Martin Bader, Michael Klatt. Das ist genau das, was passiert ist, und nichts anderes.

Der Betze brennt: Wir müssen noch mal nachhaken. Sie haben zu den FCK-Verantwortlichen gesagt: "Bringt mit, wen ihr wollt." Warum kam dann aber kein frühzeitiges Gespräch mit Michael Littig zustande, im März, April, wo man die Probleme vielleicht noch hätte lösen können? Hat Littig diese Einladung nicht angenommen? Oder hat er sie vielleicht überhaupt nicht bekommen? Warum war nicht einfach mal der gesamte FCK-Beirat bei den Gesprächen in Luxemburg mit dabei?

Becca: Das weiß ich nicht. Das müsst ihr den Beirat fragen. Ich habe von Anfang an gesagt: Bringt alle mit, die ihr mitbringen wollt. Und dass wir verhandelt haben, war auch kein Geheimnis, es stand ja über gefühlt jedes Treffen in Luxemburg etwas in den Medien.

Der Betze brennt: Waren Sie denn von der riesigen Empörung überrascht, die ihre Forderung in Kaiserslautern ausgelöst hat?

Becca: Ja und Nein. Wenn die ganze Zeit gezündelt wird, ist es natürlich klar, dass irgendwann ein Feuer ausbricht. Wir haben auch sehr viel darüber diskutiert, ob das eine gute Idee war. Aber wenn du eine Kontinuität und Erfolg in den Klub bringen möchtest, dann kannst du nicht jemanden gebrauchen, der die ganze Zeit gegen dich schießt. Wir haben ein Ziel: Wir müssen den FCK wieder hochbringen. Und deshalb dürfen wir uns nicht untereinander zerstreiten.

Ganz besonders turbulent wurde es dann zwischen dem 30. April und dem 16. Mai: Während das Angebot und die Forderungen von Flavio Becca im Raum standen, akquirierte Michael Littig eigene regionale Investoren für den FCK, mit denen ebenfalls schon länger Kontakt bestand (erste Chronologie im DBB-Forum). Diese erhielten kurzzeitig sogar den Zuschlag des FCK-Beirats, ehe sie ihn später dann doch wieder verloren - nicht zuletzt weil Finanzdienstleister Quattrex mit der Verweigerung weiterer Millionen-Kredite drohte. Zu diesem Zeitpunkt, rund um das zweite Mai-Wochenende, reichte Littig auch nochmals die Hand in Richtung Becca und es kam doch noch zu ersten persönlichen Gesprächen mit Vertretern des Luxemburgers. Eine gemeinsame Einigung konnte zu diesem späten Zeitpunkt jedoch nicht mehr erzielt werden (zweite Chronologie im DBB-Forum).

"Warum hinterfragt niemand das Konzept der pfälzischen Investoren?"

Der Betze brennt: Um ein Haar hätte Michael Littig dann noch den Spieß umgedreht und die pfälzischen Unternehmer Hans Sachs und Klaus Dienes wären als FCK-Investoren eingestiegen. Nachdem der Beirat am 02. Mai noch pro Becca votiert hatte, wechselte die Mehrheit am 06. Mai zugunsten des Angebots von Sachs/Dienes...

Becca: Es ging zu diesem Zeitpunkt gar nicht um Becca gegen Dienes/Sachs. Da gibt es auch noch andere Mitspieler, wie etwa Quattrex - wenn die dem FCK weitere Kredite verweigert hätten, dann wäre der Verein in Konkurs gegangen.

Der Betze brennt: Aber Sachs und Dienes sagten, dass sie auch die Kredit-Lücke von Quattrex ausgleichen würden, sogar zu günstigeren Zinsen.

Becca: Das sagen sie, ja... Aber warum ist das dann nicht durchgegangen? Das sogenannte Konzept "FCK 2.0" dieser pfälzischen Investoren, das hinterfragt niemand und will niemand mal sehen, auch nicht in eurem Diskussionsforum. Dieses Konzept bestand nur aus einem Blatt Papier. Die Zukunftsvision lautete: Wenn wir als regionale Investoren einsteigen, dann werden auch andere folgen. Das hört sich gut an, genügt aber einem Finanzinstitut wie Quattrex nicht. Schauen sie: Im FCK-Aufsichtsrat gibt es heute mit fünf Personen schon große Probleme. Wie soll das dann erst morgen werden, wenn neben Sachs und Dienes noch zehn oder 20 weitere Investoren an einem Tisch sitzen?

Der Betze brennt: Sie kritisieren unterschwellig schon auch den zerstrittenen FCK-Aufsichtsrat, oder? Was sollte hier geschehen?

Becca: Ich kritisiere das Gremium nicht als solches. Vielleicht wäre es aber sinnvoll, wenn auf der nächsten Versammlung nicht fünf Einzelpersonen, sondern ein zusammengehörendes Team in den Aufsichtsrat gewählt wird? Die müssen nicht, könnten dann aber auch mit einem Investor antreten, also etwa "Team Becca" oder "Team Sachs/Dienes". Diesen Vorschlag hatten wir vor einigen Monaten auch mal gemacht, aber das wurde in den Gesprächen mit dem FCK nicht weiter vertieft.

"Mir wurde angeboten, beim Angebot von Sachs und Dienes mitzugehen"

Der Betze brennt: Wie stellte sich die Situation für Sie dar, als Sie am 06. Mai die Gunst des FCK zu verlieren schienen und sogar per Pressemitteilung verkündet wurde: "Das Angebot von Flavio Becca ist nicht mehr existent"?

Becca: Ich habe gerade in einem Restaurant am Tisch gesessen und da bekomme ich um 10, halb 11 Uhr abends einen Anruf aus der FCK-Sitzung. Da sollte in einer Nacht- und Nebelaktion der Vereinswert von 108 auf 30 Millionen Euro gesenkt werden ...

Der Betze brennt: ... für Anteile in der 3. Liga, wobei ja in der besagten Pressemitteilung auch eine Steigerung des Vereinswertes auf 130 bis 190 Millionen in der 2. Bundesliga und sogar auf bis zu 250 Millionen Euro in der Bundesliga schriftlich mitverkündet wurde. Anteile in Höhe von 3 Millionen Euro sollten zu diesem Zeitpunkt verkauft werden.

Becca: Mir wurde unterbreitet, bei diesem Angebot mitzugehen und dann den Zuschlag zu bekommen. Aber ich sagte, das interessiert mich nicht. Ich rede heute nicht über den Vereinswert, sondern ich rede heute von einer Bürgschaft über 2,6 Millionen Euro für den FCK. Schluss. Wenn ihr den Deal jetzt mit den anderen machen wollt, dann macht es halt - kein Problem.

Der Betze brennt: Das Ende ist bekannt: Nach turbulenten Tagen, über die wir nun schon ausführlich gesprochen haben, setzten Sie sich doch noch durch und erhielten am 16. Mai mit einer erneut gedrehten 3:2-Mehrheit den Zuschlag im FCK-Beirat.

In dem "Showdown" entschied sich der FCK-Beirat "nach intensiver und tiefgehender Analyse" für das Angebot von Flavio Becca und gegen jenes von Hans Sachs/Klaus Dienes. FCK-Geschäftsführer Michael Klatt sah bei den pfälzischen Investoren vor allem den Zeitfaktor als Problem und sagte: "Beide Angebote hatten Vorteile und Nachteile." Michael Littig trat als Konsequenz von allen Ämtern beim FCK zurück und erfüllte damit die Rücktrittsforderung aus der Absichtserklärung. Ruhe kehrte jedoch keine ein und die Diskussionen gingen noch eine lange Zeit weiter - eine Aufklärung und Beantwortung aller Fragen von Seiten des FCK ist für ein Mitgliederforum am 28. Juli und für die Mitgliederversammlung im Herbst/Winter 2019 angekündigt (Chronologie im DBB-Forum).

Der Betze brennt: Springen wir doch noch mal zwei Schritte zurück. Flavio Becca, seit wann beschäftigen Sie sich denn schon als potentieller Investor mit dem FCK? Im Vereinsumfeld ist zu hören, dass es schon vor vielen Jahren erste Kontakte gegeben haben soll?

Becca: Das ist richtig. Den ersten Kontakt zum FCK gab es schon ungefähr 2005, als René C. Jäggi (FCK-Vorstandsvorsitzender 2003 bis 2006; Anm. d. Red.)noch dort war. Auch später gab es dann immer mal wieder Gespräche, zuletzt 2016, 2017 mit Nikolai Riesenkampff und Mathias Abel (FCK-Aufsichtsratsmitglieder 2014 bis 2017; Anm. d. Red.). Aber die damaligen FCK-Verantwortlichen wollten immer nur das Geld haben, nach dem Motto: "Gib uns einen Blankoscheck und lass uns dann mal machen." Das kam aber für mich nicht in Frage.

"Ich gebe keinen Blankoscheck - das kommt nicht in Frage"



Der Betze brennt: Und bei den jetzigen Verhandlungen lief das sofort besser? Wer hat diesmal den Kontakt geknüpft?

Becca: Als Erster war Martin Bader hier, zusammen mit Boris Notzon (FCK-Sportdirektor; Anm. d. Red.). Die beiden saßen im Oktober 2018 bei mir im Büro, ich habe mir alles angehört und sie dann gefragt, ob sie am träumen sind (lacht). Zu diesem Zeitpunkt haben mir die Vorstellungen des FCK noch nicht gepasst und meine erste Reaktion war: Wir machen das Thema Lautern sofort wieder zu.

Der Betze brennt: Wie konnten Bader und Co. Sie dann doch noch überzeugen?

Becca: Durch die Ausgliederung waren neue Möglichkeiten geschaffen, in denen ich mich auch mit einbringen kann, denn ohne das ist es sicherlich nicht möglich. Wir - ich und mein Team - kennen uns im Sport aus und dementsprechend möchten wir auch mitreden, wenn es um die Entscheidungen geht. Ich werde mich natürlich nicht mit auf die Trainerbank setzen, dafür hätte ich auch gar nicht die Zeit. Aber wir möchten alles gemeinsam analysieren. Um das Bild von vorhin aufzugreifen: Ich gebe keinen Blankoscheck. Das kommt nicht in Frage. Wenn mein Geld im Spiel ist, dann möchte ich auch gerne wissen, was damit passiert und wie es investiert wird.

Der Betze brennt: Ein mitsprechender Investor wird von vielen Fans kritisch gesehen, Negativbeispiele wie 1860 München oder der Hamburger SV springen einem in den Kopf. Was halten Sie dem entgegen?

Becca: Die sportliche Expertise, die Kontakte aus dem Fußballgeschäft, die wir mitbringen - das kann doch nur zu Gunsten des FCK sein. Ich stecke ja nicht irgendwo Geld rein und nutze dann nicht die Möglichkeiten aus, die ich sonst noch habe, um mitzuhelfen.

"Die Summe von 2,6 Millionen wurde vom FCK vorgeschlagen"

Der Betze brennt: Im ersten Schritt haben Sie dem FCK nun 2,6 Millionen Euro in Form einer Bürgschaft zur Verfügung gestellt. Wie kam diese Summe zustande?

Becca: Diese 2,6 Millionen Euro für das erste Jahr sind 1,5 Millionen für die Lizenz, die im Mai noch gefehlt hatten. Und 1,1 Millionen für eine Erhöhung des Lizenzspieleretats, um damit in den Kader und die Zukunft zu investieren - diese Summe wurde von den FCK-Verantwortlichen vorgeschlagen. Zusätzlich haben wir vor zwei Wochen noch die Ablösesumme für Janik Bachmann mitfinanziert. Mein Ziel ist es, den FCK so schnell wie möglich wieder sportlich erfolgreich zu machen.

Morgen im zweiten Teil des großen DBB-Interviews: Flavio Becca über Darlehen und Eigenkapital, sein beabsichtigtes Investment von bis zu 25 Millionen Euro, die Zusammenarbeit vor dem Hintergrund der 50+1-Regel und sein Interesse am Fritz-Walter-Stadion.

(Das Interview führten Moritz Kreilinger und Thomas Hilmes.)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Teil 2 des Interviews: "Das Ziel kann nur der Aufstieg sein"
- Teil 3 des Interviews: "Der FCK in fünf Jahren: Zweite Liga oben - mindestens"

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