Interview des Monats: FCK-Kapitalgeber Flavio Becca, Teil 2/3

"Das Ziel kann nur der Aufstieg sein"

"Das Ziel kann nur der Aufstieg sein"


Im zweiten Teil des großen DBB-Interviews spricht Flavio Becca über die Chancen und Risiken, die ein Einstieg beim 1. FC Kaiserslautern bietet. Der Luxemburger möchte bis zu 25 Millionen Euro in den Verein stecken und interessiert sich auch für das Fritz-Walter-Stadion.

Der Betze brennt: Flavio Becca, wieso haben Sie sich ausgerechnet den 1. FC Kaiserslautern als "ihren" Fußballklub in Deutschland ausgesucht?

Flavio Becca (57): Auch durch die Nähe zu Luxemburg bedingt, war ich schon immer Sympathisant des FCK. Schon als Kind und auch in den letzten Jahren habe ich immer nach den Ergebnissen von Kaiserslautern geschaut. Ich kenne auch die ganze Geschichte des Vereins, weiß was gelaufen ist, schon seit Atze Friedrich. Es wurde finde ich in der Vergangenheit viel zu viel zugeschaut - sonst wäre es gar nicht so weit gekommen. Aber unabhängig davon war für mich immer klar: Sollte ich mich im deutschen Fußball beteiligen, dann nur in Kaiserslautern.

Der Betze brennt: Aber wissen Sie wirklich, worauf Sie sich hier bei uns einlassen? Auf dieses Leben in der Bude, auf diese Emotionen, auf diese Leidenschaft manchmal jenseits aller Realitätsgrenzen - im negativen wie im positiven Sinne?

Becca: Selbstverständlich weiß ich das. Das ist sogar einer der Hauptgründe, die mich so am FCK reizen. Was hier möglich ist mit all den Emotionen und den sich daraus bietenden Chancen, danach muss man woanders lange suchen.

"Es stimmt nicht, dass Littig gar keinen Kontakt zu uns hatte"

Der Betze brennt: Rund um den turbulenten Monat Mai haben Sie in dieser Hinsicht ja schon einiges erlebt mit dem FCK...

Becca: Um es noch mal ganz deutlich zu machen: Die Rücktrittsforderung gegen Michael Littig (den damaligen FCK-Aufsichtsratsvorsitzenden; Anm. d. Red.) hat verständlicherweise viele Fragen aufgeworfen. Es wurde die ganze Zeit nur über Flavio Becca sowie über Patrick Banf, Martin Bader und Michael Klatt (der Beiratsvorsitzende und die beiden Geschäftsführer; Anm. d. Red.) gesprochen. Mir ist es wichtig zu betonen, dass diese Personen ein Mandat von den FCK-Gremien hatten, um die Verhandlungen zu führen. Und auch, dass es zu Littig gar keinen Kontakt gegeben habe, stimmt nicht: Er selbst hat Mitte Mai mehrere lange Telefongespräche mit unserem internen Prokuristen geführt, zuletzt am 16. Mai (dem Tag der Entscheidung im FCK-Beirat; Anm. d. Red.). In den Monaten zuvor hatte er öfter SMS-Kontakt mit einem gemeinsamen Bekannten gehabt. Am 15. Mai hatte er angeboten, auf dem Rückweg von seinem Termin mit Quattrex in Paris noch bei uns in Luxemburg vorbeizukommen, was dann aber nicht geschah. Also kann man definitiv nicht sagen, dass er gar nicht in Kontakt mit uns war. Und auch mit den anderen FCK-Gremien hat schon ein Treffen stattgefunden.

Der Betze brennt: Wann und wo ist das passiert?

Becca: Nach der Entscheidung zu meinen Gunsten und nachdem der FCK die Lizenz bekommen hatte, habe ich sämtliche Räte des FCK zum Kennenlernen nach Luxemburg eingeladen. Das war Mitte Juni. Bedauerlicherweise waren der Ehrenrat sowie Jürgen Kind, der im Übrigen gegen mein Investment und somit gegen die Lizenz für den FCK gestimmt hatte, bei diesem Treffen nicht präsent (auf DBB-Nachfrage hierzu antwortet Beiratsmitglied Jürgen Kind, dass er sich bei dem Juni-Treffen in Luxemburg aufgrund eines Trauerfalls entschuldigen ließ, zudem habe er auch nicht "gegen die Lizenz" des FCK gestimmt; Anm. d. Red.).
Um mit diesem Thema aber nun abzuschließen, möchte ich betonen, dass ich nie den Eindruck hatte, dass Patrick Banf, Martin Bader und Michael Klatt in unseren Gesprächen nicht das Interesse des Vereins 1. FC Kaiserslautern vertreten hätten - im Gegenteil!

"Meine Absichtserklärung: Bis zu 25 Millionen innerhalb von fünf Jahren"



Der Betze brennt: Sie haben dem FCK eine Bürgschaft für ein Darlehen in Höhe von 2,6 Millionen Euro gewährt, welches in Eigenkapital umgewandelt werden soll. Warum nicht gleich ein Eigenkapital-Investment? So hätten manche Diskussionen und Streitigkeiten im Vorfeld vermieden werden können.

Becca: Ganz einfach: Weil der Vereinswert, der zu dem Zeitpunkt auf dem Tisch lag, und zwar 120 Millionen Euro, für meine Begriffe nicht mit der aktuellen Realität in Einklang gebracht werden kann. Wir wollten dem FCK keinen Wert diktieren, für den wir ins Kapital einsteigen könnten. Wir verhandeln keinen Vereinswert. Das ist ein langer Prozess. Deswegen haben wir das für die Lizenz nötige Geld bereitgestellt, um danach in Ruhe alles weitere zu klären. Der FCK ist aktuell damit beschäftigt, den Vereinswert realistisch zu berechnen. Wenn das abgeschlossen ist, findet gemäß unserer Absichtserklärung die Umwandlung des ersten Teilbetrages in Eigenkapital statt - nach jetzigem Planungsstand soll das noch im Sommer 2019 geschehen.

Der Betze brennt: Die besagte Absichtserklärung stammte zunächst von April und wurde von Ihnen im Juni noch ein zweites Mal schriftlich bekräftigt. Ganz konkret gefragt: Was ist der Inhalt dieser Absichtserklärung?

Becca: In den kommenden fünf Jahren beabsichtige ich, bis zu 25 Millionen Euro in den FCK zu stecken - das ist in diesem Schriftstück festgehalten. Und diese Vereinbarung wird übrigens nicht nur von den FCK-Verantwortlichen und von mir akzeptiert. Sondern auch Quattrex als wichtiger Geldgeber sieht damit die finanzielle Zukunft des Vereins auch über die laufende Saison hinaus gesichert.

Der Betze brennt: Die Anschlussfrage, die viele FCK-Fans brennend interessiert: Wann wird dieses Geld, wann werden diese 25 Millionen Euro fließen?

Becca: Es soll dann fließen, wenn es benötigt wird. Dieses Jahr waren es eben nur rund drei Millionen, die nach gemeinsamer Einschätzung der FCK-Verantwortlichen und von uns gebraucht wurden. Jetzt schauen wir, was passiert. Wenn wir im Winter zulegen müssen, müssen wir finanziell eben nachlegen. Es ist immer eine Frage des Bedarfs.

"Nur Eigenkapital? Ich muss auch auf mein Investment aufpassen"

Der Betze brennt: Also ein Schritt nach dem anderen. Eine weitere sich stellende Frage: In welcher Form sollen die für die kommenden fünf Jahre in Aussicht gestellten 25 Millionen Euro fließen? Reden wir ausschließlich von Eigenkapital?

Becca: Alles ist möglich. Natürlich benötigt der Klub Eigenkapital, darum drehten sich auch von Anfang an alle Diskussionen. Aber wir brauchen - wie schon gesagt - auch einen Einfluss auf unsere Investitionen. Eigenkapital oder Darlehen, es wird nie nur das eine oder nur das andere sein. Ein Darlehen hilft uns auch, um im Notfall mal etwas sagen zu können. Eigenkapital hingegen käme quasi einem Blankoscheck gleich. Deshalb haben wir gesagt, wir geben jetzt erstmal die benötigten 2,6 Millionen Euro, zunächst als Bürgschaft und dann als Eigenkapital, und danach sehen wir weiter. Die bis zu 25 Millionen Euro sind in der Absichtserklärung schriftlich festgehalten. Ich will und muss aber auch auf mein Investment aufpassen, wir reden schließlich über Summen im zweistelligen Millionenbereich.

Der Betze brennt: Wird ausschließlich dieses Geld reichen, um die Rückkehr in die Bundesliga zu realisieren?

Becca: Das kann ich noch nicht abschätzen, weil es von vielen noch ungewissen Faktoren abhängt.

"Eine konkurrenzfähige Mannschaft und Top-Niveau im NLZ"



Der Betze brennt: Ein wichtiger Punkt ist zudem: Wie und wo soll das Geld eingesetzt werden?

Becca: In erster Linie müssen wir eine konkurrenzfähige Mannschaft aufbauen. Auch ausländische Spieler könnten dafür interessant sein. Man muss auf jeden Fall das Beste aus dem Netzwerk machen, das man hat.

Der Betze brennt: Soll auch ein Teil der angekündigten Millionen in die Infrastruktur gesteckt werden, etwa in das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ)?

Becca: Das ist sogar sehr wichtig, weil der Verein ohne dies nicht überleben kann. Wir haben die Pläne vom NLZ angefragt, wo ja in der Vergangenheit Arbeiten vorgesehen waren, die so nicht realisiert wurden. Sollten die Flächen rund um das Fritz-Walter-Stadion - die Stadt möchte dieses Gelände ja verkaufen - mal anderweitig genutzt werden als für Trainings- und Parkplätze, müssten auf dem Fröhnerhof neue Rasenflächen und auch ein erweiterter Kabinentrakt für die tägliche Trainingsarbeit der Profis errichtet werden. Der FCK braucht auch Trainer und Betreuer für den Nachwuchs, die auf einem Top-Niveau sind. Mit der Fan-Anleihe zum Ausbau des NLZ hatte der FCK damals eine sehr gute Idee. Nur leider wurde das Geld an anderer Stelle ausgegeben.

Der Betze brennt: Sie machen sehr deutlich, dass Sie im Gegenzug für Ihre Millionen auch Informationen und Mitsprache verlangen. Wie dürfen wir uns das vorstellen? Über einen Sitz im FCK-Beirat, was ab einer gewissen Summe ja möglich wäre?

Becca: Ein Sitz im Beirat wird meiner Meinung nach nicht ausreichen und ist auch zu diesem Zeitpunkt nicht die Priorität. Ich möchte auf jeden Fall grundsätzlich alle Prozesse sowie die ganze Organisation des Vereins sehr sorgfältig unter die Lupe nehmen, damit die Zusammenarbeit möglichst effizient ist und im Interesse des FCK organisiert wird.

"Ich muss mit 50+1 leben, sehe die Regel aber kritisch"

Der Betze brennt: Die Mitbestimmung im ganz großen Stil unterbindet in Deutschland die 50+1-Regel. Wie stehen Sie dazu?

Becca: Ich muss mit der 50+1-Regel leben, sehe sie aber kritisch, da sie viele gute Möglichkeiten für Fußballklubs verhindert. Irgendwann wird diese Regel auf europäischer Ebene kippen, da bin ich mir sicher.

Der Betze brennt: Selbst dann wäre die Regel in der Vereinssatzung des FCK aber nochmals zusätzlich verankert. Das haben die Mitglieder damals in einem Atemzug mit der Ausgliederung beschlossen.

Becca: Auch dann könnte sich der Satzungsausschuss nochmals mit dem Thema befassen und die Situation neu bewerten. Aktuell sieht das noch nicht jeder, aber gehen wir mal davon aus, dass unsere Zusammenarbeit neue Hoffnung und konkrete Resultate für den FCK mit sich bringt. In ein bis zwei Jahren wird hoffentlich dann jeder erkennen, dass ich nicht aus reinem Eigeninteresse hier bin, sondern im Sinne des Vereins.

Der Betze brennt: Der FCK hat seine Zukunft auf dem sogenannten Vier-Säulen-Modell aufgebaut. Neben einem oder mehreren größeren Investoren sollen sich auch mittelgroße regionale Geldgeber, ein stiller Teilhaber sowie die Mitglieder und Fans beteiligen können. Ist das aus Ihrer Sicht der richtige Weg?

Becca: Ob das der richtige Weg ist, wird sich zeigen. Das lässt sich für mich momentan noch nicht abschätzen, da ich mich beispielsweise mit dem Thema Fans als Investoren noch nicht ausführlich beschäftigt habe. Aber klar ist: Wir haben keine Absicht das Vier-Säulen-Modell in Frage zu stellen, es wurde schließlich mit 92 Prozent der Stimmen gewählt.

"Wir stellen das Vier-Säulen-Modell nicht in Frage"



Der Betze brennt: Über die ebenfalls am FCK interessierten Investoren Hans Sachs und Klaus Dienes hatten wir schon gesprochen, außerdem gab es da Anfang des Jahres auch noch den Russen Mikhail Ponomarew. Und eben Sie, Flavio Becca, als dritte Partei. War das in gewisser Form eine Konkurrenzsituation?

Becca: Das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun. Wir haben nicht gegeneinander verhandelt, sondern nur mit dem FCK.

Der Betze brennt: Wären Sie denn noch am Einstieg weiterer Großinvestoren interessiert?

Becca: Ich mag keine fremden Götter neben mir (lacht). Aber nein, Spaß beiseite: Diese Alternative hat sich nie gestellt. Es ist viel Porzellan zerschlagen worden, aber jetzt sollten wir nach vorne schauen.

Der Betze brennt: Das kostentechnisch mitunter größte Problem des FCK ist das Fritz-Walter-Stadion. Im kommenden Jahr steigt die Miete von 425.000 Euro wieder auf 2,4 Millionen. Welche Lösungsansätze sehen Sie hier?

Becca: Eines ist klar: Du kannst den 1. FC Kaiserslautern nicht in ein anderes Stadion setzen. Dafür hängt zu viel Historie daran. Doch du musst es dir leisten können, Nostalgiker zu sein. Und darin liegt aktuell das Problem. Denn auf Dauer kannst du dir das in der 3. Liga nicht mehr leisten. Doch die Nutzungsmöglichkeiten sind bei weitem noch nicht ausgereizt beziehungsweise falsch ausgerichtet. Die Stadiongastronomie ist ein Gebiet, das man wahrscheinlich überdenken muss. Zudem gibt es so viele freie Flächen im Stadion, quasi Löcher, die zu stopfen sind, um Einnahmen zu erwirtschaften.

"Du kannst den FCK nicht in ein anderes Stadion setzen"

Der Betze brennt: Dann können Sie das Stadion ja kaufen und dem FCK zur Verfügung stellen. Sie sind regelmäßig in Kontakt mit Oberbürgermeister Klaus Weichel, neben dem Stadion auch wegen des Pfaff-Geländes und weiterer Flächen.

Becca: Natürlich habe ich Interesse am Fritz-Walter-Stadion, das ist ja nichts Neues. Doch wir stehen bei dem Punkt erst ganz am Anfang. Vertraglich ist das nicht so einfach. Doch die Ideen, die wir mit Oberbürgermeister Weichel ausgetauscht haben, stimmen mich positiv.

Der Betze brennt: Und was würde das für den FCK bedeuten?

Becca: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Aber die Fragen zu Immobilien und Grundstücken kommen jetzt noch zu früh. Da ist noch nichts. Heute zählt für mich in Kaiserslautern nur: Erster F-C-K! Und glaubt mir, das bleibt auch so. Ich bin nicht dazu da, um den FCK zu schlachten oder das Stadion abzureißen, denn da würde ich mir ja selbst eine Kugel in den Kopf schießen. Mein Ziel ist sportlicher Erfolg.

Der Betze brennt: Auf dieses Thema möchten wir gerne noch ausführlicher zu sprechen kommen. Wie lautet das Saisonziel von Flavio Becca?

Becca: Das Ziel kann in diesem Jahr nur der Aufstieg in die 2. Bundesliga sein. Das muss schnellstmöglich geschehen.

Der Betze brennt: Von Vereinsseite wird sich dahingehend nur sehr zurückhaltend geäußert.

Becca: Die FCK-Verantwortlichen haben auch dank meiner finanziellen Unterstützung den Kader bekommen, den sie haben wollten. Daran müssen sie sich jetzt messen lassen, was aber gar nicht negativ klingen soll, sondern das ist der normale sportliche Druck. Du musst eine positive Gestaltung der Realität erreichen. Den Zuschauern Lust machen, ins Stadion zu kommen. Und das erreichst du nicht, indem du dich klein redest.

"Schnellstmöglich aufsteigen: Das ist der normale sportliche Druck"



Der Betze brennt: Das erste Ziel lautet also schnellstmögliche Rückkehr in die 2. Bundesliga. Und dann?

Becca: Aus dem Bauch heraus: Fünf bis sechs Jahre erachte ich als realistisch für den Aufstieg in die Bundesliga. Versprechen kann ich das natürlich nicht.

Der Betze brennt: Wie sieht das langfristige Konzept aus?

Becca: Erstmal hatte der FCK zwei große Baustellen mit der Lizenz und der sportlichen Planung für die neue Saison. Diese sind nun erledigt. Ich muss und werde mir jetzt die Zeit nehmen und mich richtig in das Thema FCK reinknien. Die sportliche Mannschaft auf dem Feld und auch das gesamte Team drumherum müssen so zusammenpassen, dass der Verein auf dem schnellsten Wege in die 2. Bundesliga kommt. Ich werde meine Kontakte nutzen, die in dieser Form niemand in Kaiserslautern hat, um dem FCK auf dem Spielermarkt weiterzuhelfen.

Morgen im dritten und abschließenden Teil des großen DBB-Interviews: Flavio Becca über seinen persönlichen Werdegang, seine sonstigen Engagements im Sportbereich, den bevorstehenden Gerichtsprozess in Luxemburg sowie seine Prognose für den FCK im Jahr 2024.

(Das Interview führten Moritz Kreilinger und Thomas Hilmes.)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Teil 1 des Interviews: "Die Frage war: Wie bekommen wir Ruhe rein?"
- Teil 3 des Interviews: "Der FCK in fünf Jahren: Zweite Liga oben - mindestens"

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