Im Blickpunkt: Der FCK nach dem Trainerwechsel

Wie viel Zuversicht ist angemessen?

Wie viel Zuversicht ist angemessen?


Mit vier Punkten aus den zwei Spielen nach dem Trainerwechsel hat der 1. FC Kaiserslautern die Hoffnungen auf eine Trendwende genährt. Doch wie viel Euphorie ist angesichts des letzten Tabellenplatzes mit sechs Punkten auf dem Konto angemessen?

Eine wichtige Prüfung stand Christoph Moritz am Freitagabend nach dem Schlusspfiff noch bevor. Mehr als 13 Kilometer war der 27-Jährige gegen den FC St. Pauli gerannt, hatte unentwegt Löcher gestopft, Passwege zugestellt und versucht, Bälle zu erobern. Doch nun war Moritz von seinen Mannschaftskameraden vorgeschickt worden, um beim Trainer die Erlaubnis für einen kleinen, späten Ausflug in die Hamburger City zu bekommen.

Ob Strasser dem Wunsch seiner Mannschaft entsprach und diese zumindest noch ein Stündchen in das Nachtleben der Hansestadt reinschnuppern durfte, ist nicht überliefert. Denkbar ist aber, dass sich seine Spieler mit dem Wunsch nach einem kleinen Extra-Ausflug noch gedulden mussten - zumindest bis sich der FCK sich wieder in ruhigeren Fahrwassern befindet.

Denn in einem waren sich am vergangenen Freitag fast alle einig: Das errungene 1:1 am Millerntor lässt sich zwar als ein "Punkt für die Moral" verbuchen. Eine gewisse Leichtigkeit und Erleichterung, ja eine fast schon euphorische Stimmung waren Mannschaft und Fans nach dem Schlusspfiff anzumerken. Doch spätestens mit Fürths Sieg am Sonntag (2:1 gegen Aue), durch den die Roten Teufel wieder auf den letzten Tabellenplatz zurückfielen, sollte es damit vorbei gewesen sein.

Kann der FCK die liegengelassenen Punkte aufholen?

Die Lage ist weiterhin prekär. Legt man die 40-Punkte-Marke als Zielmarke fest, heißt das auf 34 Saisonspiele hochgerechnet und gerundet: Im Schnitt muss eine Mannschaft 1,2 Zähler pro Spieltag einfahren. Nach zehn Spieltagen bringen es die Roten Teufel aber gerade einmal auf 0,6 Zähler im Schnitt. Der Druck ist in den letzten sieben Hinrundenspielen hoch, die verlorenen Punkte müssen dringend aufgeholt werden. Klar ist: Spätestens jetzt kommen mit Duisburg, Regensburg und Co. die Gegner, gegen die gewonnen werden muss.

Zum Vergleich: Der FC St. Pauli hatte in der Vorsaison zum gleichen Zeitpunkt fünf Punkte auf dem Konto. Nach der Hinrunde waren es 13. Gerettet haben sich die Kiezkicker nur durch einen atemberaubenden Run in der Rückrunde mit satten 30 Zählern. Ist dem FCK eine ähnliche Überperformance zuzutrauen?

Bleibt die Mannschaft weiterhin "dran"?

Wie schon in den vergangenen Monaten hängt das wohl maßgeblich mit der mentalen Stärke zusammen. Den Willen konnte man der Mannschaft am Freitag nicht absprechen: 118,32 Kilometer war das Strasser-Team am Millerntor gerannt. Mit müden Beinen stapften Sebastian Andersson, Gino Fechner und Co. im Anschluss in die Kabine, zufrieden damit, dass der Aufwand zumindest mit einem Punkt belohnt wurde. Die Aussagekraft der Laufstatistik ist aber begrenzt: 118,29 Kilometer liefen die Roten Teufel auch im Heimspiel gegen Aue - es war das letzte unter Cheftrainer Norbert Meier.

Auch das Comeback nach dem Rückstand ist zwar absolut wichtig für das Selbstvertrauen, gerade auswärts. Doch auch gegen Braunschweig und Kiel glichen die Betze-Jungs nach einem 0:1 noch aus. Die davon ausgehende Wirkung hielt aber nicht lange an, auch weil in Kiel in der Schlussminute ein kolossaler Nackenschlag folgte.

Wie lange hält der Strasser-Effekt an?

Und doch ist im Vergleich zu damals einiges anders: Der entscheidende Unterschied heißt Jeff Strasser. Auch wenn längst noch nicht alles im Lautrer Spiel stimmig ist: Die Handschrift des Trainers ist, wie auch Phillipp Mwene betonte, erkennbar. Strasser setzt auf Kompaktheit, Pressing, das kurz vor der Mittellinie mit den Stürmern beginnt und vertikales Umschaltspiel - soweit keine bahnbrechenden Innovationen auf dem Betzenberg. Unbekannt war dagegen die Art und Weise, wie die Mannschaft die Vorgaben über weite Strecken des Spiels auf den Rasen brachte. All das sieht gut aus, muss sich aber zur tragfähigen Philosophie entwickeln. Denn viel zu oft ist in den vergangenen Jahren ein Trainereffekt beim FCK trotz vielversprechendem Start verpufft.

Strasser jedenfalls geht die Aufgabe mit hoher Intensität an. Nach seinem geglückten Auftakt gegen Fürth nutzte der 43-Jährige die Länderspielpause für akribische Arbeit mit seinem Team. Er freue sich nun, erwähnte er nach dem St. Pauli-Spiel mit Blick auf den anstehenden freien Sonntag, endlich mal wieder seine Familie wiederzusehen. Das Private kam beim Luxemburger aufgrund seiner neuen Verpflichtungen in den zurückliegenden Tagen etwas zu kurz. Schon am Montag und Dienstag stand Strasser wieder auf dem Trainingsplatz, beobachte außerdem das U23-Spiel am Abend live vor Ort.

Der Aufwand ist hoch, doch nun sind vor allem Konstanz und Konzentration gefragt, um die positiven Ansätze unter der Leitung des neuen Trainers fortzuführen und damit wirklich klar zu machen: Die Trendwende ist geschafft. Und sollte die Mannschaft somit schnell den Weg aus dem Tabellenkeller finden, dann winkt er womöglich bald schon mehr, als nur ein paar vergnügliche Stunden in Hamburg. Die Euphorie aber sollte sich noch etwas gedulden.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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