Spielbericht: Karlsruher SC - 1. FC Kaiserslautern 2:0

Willenlos im Wildpark

Willenlos im Wildpark


Der 1. FC Kaiserslautern verliert das Südwest-Derby beim Karlsruher SC. Schlimm genug - aber die Niederlage ist auch noch verdient. DBB-Autor paulgeht fasst das Spiel von Samstagmittag zusammen.

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Derbys in der zweiten Liga gehören eigentlich zu den Highlights der Saison, bieten sie doch im grauen Liga-Alltag eine willkommene Abwechslung. Doch wenn ein Großteil des sonst so sing- und anfeuerungsfreudigen FCK-Anhangs den Support Mitte der zweiten Halbzeit nahezu einstellt, dann muss die spielerische Darbietung der eigenen Mannschaft schon ein gewisses Level an Unansehnlichkeit erreicht haben. Tatsächlich präsentierten sich die Roten Teufel von ihrer schlechtesten Seite. Ideen- und kampflos trat der FCK auf, bot eine der schwächsten Saisonleistungen. „Wir waren heute einfach schlecht“, fasste Daniel Halfar nach dem Spiel die 90 Minuten treffend zusammen. Für viele Fans fühlte sich der uninspirierte Auftritt in Karlsruhe wie die ultimative, emotionale Vollbremsung nach den in den letzten Wochen zaghaft gewachsenen Hoffnungen an. Und so schwieg nahezu die komplette Gästekurve ab der 60. Minute. Müde davon, dem schwachen Gekicke der eigenen Mannschaft noch etwas Positives abgewinnen zu müssen.

Deutlich besser und optimistischer war die Stimmung noch vor dem Anpfiff. Rund 4.500 pfälzische Schlachtenbummler hatten sich unter die insgesamt 22.932 Zuschauer im Wildparkstadion gemischt und sorgten in den ersten Minuten für eine tolle und stimmgewaltige Kulisse. Zum Einlaufen der Mannschaften wurden im unteren Bereich des Gästeblocks einige Nebeltöpfe und Bengalos gezündet, die eine gewaltige rot-weiße Wand bildeten. An dieser Stelle muss allerdings Erwähnung finden: Man kann und darf über Pyrotechnik sicherlich geteilter Meinung sein. Man kann sie gut finden oder schlecht oder einfach zu teuer. Ein absolutes No-Go ist aber das unkontrollierte Abschießen und Werfen von Bengalos oder Böllern, wie es in Karlsruhe vereinzelt passiert ist.

Durch den verletzungsbedingten Ausfall Jean Zimmers musste Konrad Fünfstück seine Startelf erstmals in seiner Amtszeit verändern. Patrick Ziegler rückte nach abgesessener Rotsperre auf die Position des Rechtsverteidigers. Auch im Mittelfeld baute der Trainer um, setzte auf Ruben Jenssen im Zentrum und beorderte Daniel Halfar statt Marcus Piossek auf die rechte Außenbahn. Ein Plan, der trotz anfänglich leichter Überlegenheit nicht aufging: Halfar blieb auf der Seite mit Ziegler nahezu wirkungslos. Im Zentrum konnte Ruben Jenssen gemeinsam mit Markus Karl keine Akzente nach vorne setzen, weshalb auch die beiden Sturmspitzen Kacper Przybylko und Antonio Colak bindungs- und wirkungslos blieben. Der KSC machte die Räume eng, attackierte die Lautrer auf Höhe der Mittellinie konsequent und überließ den Gästen dafür den Ball. Satte 60% Ballbesitz verzeichneten die Statistiker für den FCK. Doch wie schon unter Kosta Runjaic fand die Mannschaft keine Ideen, Mittel und Wege, aus dieser Dominanz Kapital zu schlagen.

Als der KSC dann auch noch durch einen diskussionswürdigen Elfmeter kurz vor der Pause mit 1:0 in Führung ging, war die Partie eigentlich schon gelaufen. Zuvor hatten sich die giftigen Badener mehr vom Spiel erarbeitet und sorgten für Hochbetrieb in der Hintermannschaft des FCK, die auch nach der Halbzeit völlig von der Rolle war. Nach nur drei weiteren Minuten führte der KSC mit 2:0. „Es wird dann brutal schwierig, gegen eine Mannschaft noch etwas zu holen, die tief und kompakt steht, auf den Ballverlust lauert und die Bälle in die Tiefe spielt“, erklärte Konrad Fünfstück später, der nach seinem Platzverweis in Sandhausen merklich defensiver an der Seitenlinie coachte als man von ihm gewohnt ist. Auch er musste zustimmen, dass Einstellung und Leistung eines Derbys nicht würdig waren.

Ganz anders die Gefühlslage auf der Gegenseite. Ein strahlender und zu Scherzen aufgelegter KSC-Coach Markus Kauczinski freute sich über den Sieg seiner Mannschaft und sprach von der besten Saisonleistung. Auch auf den Rängen feierten die Heimfans ihr Team, feuerten schon während des Spiels die blau-weiße Truppe an und hatten dabei natürlich jede Menge Häme für den Rivalen übrig. Untermalt von den üblichen Rufen und Gesängen, packte die Gegengerade kurz vor dem Abpfiff sogar die in Lautern nach einem Heimsieg üblichen weißen Taschentücher aus.

Das allerdings nahm man im Gästebereich, wo die Mannschaft vom Trainer noch kurz nach vorne an den Zaun geschickt wurde, fast schon gleichgültig zur Kenntnis. Statt Derbyfrust überwog vielmehr die Sorge wegen des abermaligen Rückfalls der eigenen Mannschaft in alte Zeiten. Dass die Roten Teufel im gesamten Spiel vor allem nur einen mickrigen Schuss auf das Tor zustande brachten, sollte alle Alarmglocken läuten lassen. Nicht nur spielerisch arm, auch enttäuschend willenlos trat das Team auf. Ist am Ende der nach dem Trainerwechsel eingetretene positive Effekt schon verpufft, fragte sich manch einer auf der Tribüne? „Es hat nichts mit dem Trainer zu tun, es hatte auch vor dem Wechsel nichts mit dem Trainer zu tun“, widerspricht FCK-Kapitän Daniel Halfar dieser Theorie. „Wir gehen top eingestellt in die Spiele. Was wir am Ende auf dem Platz tun, das hat wenig mit dem Coach zu tun.“ Liegt Halfar richtig, müsste sich allerdings spätestens dann angesichts zahlreicher Fehlpässe, Abstimmungsfehler und Unzulänglichkeiten endgültig die Frage nach der Qualität des Kaders stellen. Der Druck wird dadurch sicher nicht kleiner.

Schon am Dienstag – das betonten Mannschaft und Verantwortliche – bietet sich zwar im Pokal die Chance zur Wiedergutmachung. Doch der FCK dümpelt nun erst einmal endgültig im Mittelmaß der Zweitklassigkeit umher. Und als man das im Gästeblock nach etwa einer Stunde Spielzeit realisierte, breitete sich das Schweigen aus. Von Derbystimmung wollte spätestens da keiner mehr etwas wissen.

Mein Spieler des Spiels: In der DBB-Spielerbenotung (Notenabgabe noch möglich bis Sonntag, 14:45 Uhr) bekam Marius Müller mit vorläufig 3,4 die mit Abstand beste Durchschnittsbewertung. Angesichts der schlechten Leistung seiner Vorderleute keine Überraschung. Weil Müller aber auch nach dem Spiel deutliche Worte fand („Hier geht’s um Stolz und Ehre“), hat er sich diese Auszeichnung verdient.

Was sonst noch auffiel: Wie immer kursierten die schlimmsten Gerüchte vor dem Derby. Die Sicherheitskräfte zogen allerdings wie schon im März eine positive Bilanz. Lediglich eine größere Gruppe Karlsruher wurde vor dem Spiel in einem Waldstück vorübergehend festgesetzt, da sie angeblich Busse mit FCK-Fans angreifen wollten. Weiter wurden zwei FCK-Fans durch geworfene Gegenstände unglücklich getroffen und verarztet. Ansonsten blieb es am Samstag nach Auskunft der Polizei friedlich.

Update, 25.10.2015:
Wie unter anderem die Rot-Weiße Hilfe berichtet, ist es in der Halbzeitpause zu einem unverhältnismäßigen Polizeieinsatz hinter dem Gästeblock gekommen, bei dem FCK-Fans verletzt wurden. Zum Teil wurde dieser Vorfall auch auf Video dokumentiert: Zur Stellungnahme / Zum Video auf YouTube

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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