Spielbericht: Dynamo Dresden - 1. FC Kaiserslautern 3:2

Höllenbrand wegen der Roten Teufel

Höllenbrand wegen der Roten Teufel


Die Niederlage in Dresden fühlt sich für viele FCK-Fans nach „Hangover“ an. Die Roten Teufel ließen sich das Spiel beim Abstiegskandidaten aus der Hand nehmen - und müssen dennoch schnell den Kopf wieder frei bekommen und nach vorne schauen.

- Fotogalerie: Dresden-Kaiserslautern - Das Spiel
- Fotogalerie: Dresden-Kaiserslautern - Die Fans

Katerstimmung beim 1. FC Kaiserslautern. Einmal kurz an der süßen Tabellenführung genippt und dann schenkt die SG Dynamo Dresden ordentlich einen ein. Am nächsten morgen brummt der Schädel, lässt der Hunger auf sich warten und die Laune vor die Haustür zu gehen, kommt gar nicht erst auf. Lieber noch mal die Decke nach oben ziehen, den Kopf im Kissen versenken und die Bruchstücke der Erinnerungen an das Spiel zusammenlegen. Auch wenn es weh tut. Was war da eigentlich passiert? Wo konnte das passieren?

Nur wenige Fans des FCK dürften eine lange Nacht gehabt haben. In Zügen, Bussen oder PKWs legte der Großteil der rund 2.000 Anhängerinnen und Anhänger die für sie weite Strecke bis nach Dresden an die Elbe zurück. 13:00 Uhr Anstoßzeit im Rudolf-Harbig-Stadion, das bedeutet eine kurze Nacht und ein unruhiger Schlaf. Doch spätestens im und am Stadion wurde schnell klar, wieso man sich das heute besonders gern antut. Nicht wegen der Sprengstoffspürhunde (!) oder der Kastenwagen-Kolonnen der anders als zuvor in Lautern zurückhaltenden Polizei. Da ist dieser Durst auf Aufstieg, Durst nach Stadionatmosphäre, der Höllenbrand wegen der Roten Teufel.

Nach einer rundherum gelungenen Mottofahrt im letzten Jahr („Let's go Betze“ bei sommerlichen Temperaturen am 31.08.2012), knüpfte das Pfalz Inferno zur Jahreszeit passend mit schicken „Pfalz“-Bommelmützen an dieser Tradition an. Das Rot-Weiß-Rot im Gästeblock fiel dadurch von oben betrachtet etwas einheitlicher aus. Viele Trikots blieben jedoch unter der grauen oder schwarzen Winterjacke. Eingerahmt von Zaunfahnen und durchdrungen mit Fahnen und Doppelhaltern der aktiven Fans gefiel der Anblick im sonst schwarz-gelben Stadion. Anders als in einigen Auswärtspartien zuvor stellten die Heimfans die Mehrheit rund um den Platz. Es war eine beeindruckend stimmgewaltige Mehrheit, begünstigt auch durch den Spielverlauf.

Als die Mannschaften zum Spielbeginn das Feld betraten, gingen im FCK-Block weiße und rote Papierschnipsel in die Luft. Das Motto: „Pfalz - unsere Heimat, unsere Liebe“ auf einer Zaunfahne und eine Blockfahne mit Traditionslogo rundeten die Choreographie ab. Noch war die Welt in Ordnung. Doch die durchwachsenen ersten 30 Minuten hinterließen schnell Spuren bei den Fans. Vielleicht waren die Stimmbänder nicht richtig geölt, die Mützen etwas zu tief über die Ohren gezogen und die Nebenleute deshalb einen Tick zu leise, um selbst noch lauter und ausdauernder zu singen. Auf der anderen Seite sah man ein Spiel der Roten Teufel, dem die Dominanz abhanden gekommen war. Eine fatale Kombination. Statt zwei bis drei attackierender Lautrer, sorgten die Dresdner für Überzahlsituationen und setzten die Roten Teufel unter Druck. Immerhin war auf Tobias Sippel Verlass, der in einigen Situationen einen Rückstand verhinderte und anerkennende Gesänge aus dem Block kassierte. Doch als Olivier Occean per Abstauber quasi mit dem Pausenpfiff das kurz zuvor erzielte 1:0 der SGD egalisierte, sollten ja noch weitere 45 Minuten folgen. Alles auf Anfang. Im Block kippte die Stimmung wieder ins positive. Unvorstellbar, dass an diesem Tag die erste Niederlage anstehen sollte.

Nach dem Pausentee kamen beide Mannschaften unverändert aus der Kabine und lieferten sich einen Schlagabtausch auf Augenhöhe. Derweil berappelten sich die Heimfans auf den Rängen, peitschten ihre Mannschaft nach vorne oder versuchten sich unter Zuhilfenahme von auf Spruchbänder gemalten Wortspielen an der Provokation der Lautrer. Doch bevor „Der Betze flennt“, netzte Marcel Gaus in der 74. Minute zur 2:1-Führung ein. Der Betze flennte nun nicht, er tobte. Kaum jemand, der am Ende des Torjubels noch am ursprünglichen Platz stand. Notgedrungen rückten die Fans näher zusammen und Richtung Spielfeld. Im steilen Gästeblock taumelten viele nach unten. Spitzenreiter! Die Kölner wieder von Platz 1 verdrängt, wenn es bei dem Ergebnis bleibt, und wer wollte daran ernsthaft zweifeln. Auch die Fankurve von Dynamo holte das Spruchband wieder ein. Die Gästekurve hatte Oberwasser. Unsere Mannschaft lag in Führung, wir waren auf dem Weg in die erste Liga und wir hatten Durst auf mehr. Doch keine sechs Minuten später glich Dresden aus, nachdem Tobias Sippel und Jan Simunek den Ball völlig unnötig vertändelten, und legte weitere zwei Minuten später per Traumtor noch das 3:2 oben drauf. Das war so nicht vorgesehen. Verwirrung machte sich bei den FCK-Fans breit. Zwar waren noch mehr als zehn Minuten zu spielen, aber dieser Dämpfer fiel dann doch eine Nummer zu groß und zu heftig aus. Die Mannschaft warf zwar noch alles nach vorne, auch Tobi Sippel suchte sein Glück im gegnerischen Strafraum bei einem letzten Freistoß, gefolgt von einem letzten Eckball. Doch es sollte nicht sein. Da war sie: Die erste Niederlage unter Kosta Runjaic. Es dauerte etwas, bis der Schlusspfiff im Block angekommen war. Diese Niederlage verursachte also den Kater von heute morgen.

Aber hey! So ist das eben mit „Oh Rot-Weiß-Rot“. Das wird nicht der letzte Kater gewesen sein und es war auch nicht unser erste Kater. Das Gegenmittel liegt in Reichweite. Zwei Tage noch bis zum DFB-Pokal. Zwei Tage Zeit für „Coach Kosta“, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Zwei Tage Zeit für uns Fans, wieder Durst zu bekommen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Toco

Kommentare 128 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken