Hall of Game: 1. FC Kaiserslautern - Preußen Münster 2:1 (1950/51)

Kaiserslautern wird erstmals Deutscher Meister

Kaiserslautern wird erstmals Deutscher Meister


Im Sommer 1951 feierte Kaiserslautern sein 675-jähriges Stadtjubiläum. Damals eine große Sache, doch ein anderes Ereignis zog die Bürger noch viel mehr in ihren Bann: Die erste Deutsche Meisterschaft des 1. FC Kaiserslautern, nachdem man sich 1948 noch mit dem Vize-Titel begnügen musste und ein Jahr später mit Platz 3.

In der Endrunde hatten sich die Roten Teufel gegen die SpVgg Fürth, den FC St. Pauli und Schalke 04 durchgesetzt. Die Heimspiele fanden damals in Ludwigshafen statt, wo selbst das Südweststadion mit 65.000 Plätzen zu klein war, um der Begeisterung rund um die Walter-Elf gerecht zu werden. Im Spiel gegen Fürth aber dann der Schock: Ottmar Walter, Lauterns bester Stürmer, verletzte sich. Sein Einsatz im Finale blieb lange ungewiss, mit einem eingeklemmten Nerv musste „Ottes“ erstmal das Gipsbett hüten. Eine angedachte Operation hätte nicht nur das Endspiel, sondern seine komplette Fußballkarriere gefährdet, deshalb versuchte er, sich mit Massagen und gymnastischen Übungen wieder auf Trab zu bringen.

Einige Tage vor dem Finale am 30. Juni 1951 reiste der FCK dann per Flugzeug nach Berlin und Ottmar Walter war dabei. In einem letzten Test wurde der ASV Landau mit 16:1 besiegt und der 26-jährige Angreifer hatte durchgespielt. Ob er auch im Endspiel zum Einsatz kommen sollte, diese Entscheidung überließ der vor der Saison gekommene Trainer Richard Schneider aber dem Spieler - sein Bruder Fritz Walter und das komplette Team standen ebenfalls dahinter. An dieser Verantwortung hatte „Ottes“ schwer zu tragen, denn zu allem Überfluss gab es damals noch keine Auswechslungen. Bei einer erneuten Verletzung hätten seine Mitstreiter das Spiel also in Unterzahl zu Ende bringen müssen, vielleicht über 120 Minuten. Dennoch: Ottmar Walter spielte, und er sollte zum Helden des Tages werden.

80.000 bis 100.000 Zuschauer - hier gehen die Angaben auseinander - sahen im Berliner Olympiastadion das 40. Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Gegner der Walter-Elf war Preußen Münster, das mit seiner gewaltigen Angriffsreihe, genannt „der 100.000-Mark-Sturm“, bundesweit für Furore sorgte.

Der damalige Starreporter Ludwig Maiboom fragte Ottmar Walter, ob man den gegen diese Offensive eine Chance habe und ob er persönlich treffen werde. Ottmar antwortete gewohnt selbstbewusst: „Wir sind auch gut drauf, wir werden auch stürmen, wir fühlen uns auch schussstark. Ich habe das Gefühl, dass ich gegen die Preußen zwei Tore mache.“

An den Finaltag erinnert sich Rechtsverteidiger Helmut Rasch, der vier Familienmitglieder im Stadion begrüßen durfte, noch gut: „Der Tribünen-Sitzplatz kostete 2,50 DM, also etwa 1,30 Euro. (…) Es war ein Sommertag, dieser Samstag, welch ein Glück, dass der Spielbeginn auf 18:00 Uhr festgelegt war. Es war also nichts mit 'Fritz-Walter-Wetter'.“

Kaiserslautern begann das Spiel etwas überraschend mit einem 2-4-4-System (!). Anders als es sich vermuten lässt, war das Finale aber zunächst eher von der Defensive auf beiden Seiten geprägt, die beiden besten Offensivmannschaften der Liga wollten sich keine Blöße geben. Erst nach einem längeren Abtasten gab es die ersten Chancen, bis zum Halbzeitpfiff aber erstmal keine Tore.

Der zweite Abschnitt begann dafür umso furioser. Nichtmal zwei Minuten waren gespielt, da ließ Fiffi Gerritzen, einer der „100.000-Mark-Stürmer“, ließ Werner Kohlmeyer stehen und FCK-Schlussmann Karl Adam mit einem strammen Schuss keine Chance. 1:0 für Preußen Münster! Sekunden später traf Adi Preißler den Querbalken des Lautrer Gehäuses, fast die Vorentscheidung - und der endgültige Weckruf für die Roten Teufel.

Angetrieben von Fritz Walter brannte der FCK nun ein regelrechtes Feuerwerk ab und zeigte sich von seiner besten Seite. Nach gut einer Stunde spielte Kohlmeyer zu Fritz, der sich im Dribbling durchsetzte, zu Ottmar passte und somit den Ausgleich auflegte. Ottmar Walter schnappte sich das Leder ohne lange zu fackeln, zog vom Strafraum ab und schon stand es 1:1.

Noch einmal Helmut Rasch: „Das Spiel stand buchstäblich auf des Messers Schneide, auch Münster hatte seine Chancen.“ An die Entscheidung erinnert sich mit Horst Eckel ein weiterer Weggefährte: „Eine Viertelstunde später dann eine Ecke von Fritz, der Ball segelte von links durch den Strafraum und aus dem Hintergrund köpfte wiederum Ottmar ein. Ich stand direkt neben dem Torschützen und stürzte mich vor Freude auf ihn.“ „So wie wir es tausendfach geübt hatten“, ergänzt Rasch rückblickend mit Blick auf die Standardsituation.

In den letzten Minuten war die Lautrer Defensive dann hellwach und ließ dem hochkarätigen Preußen-Sturm keine Chance mehr. Der FCK wurde erstmals Deutscher Meister und Ottmar Walter war der Held des Tages. Ausgerechnet Ottmar, der schwer gezeichnet aus dem zweiten Weltkrieg zurückgekehrt war, der vor dem Endspiel noch ernsthaft über einen Verzicht auf seinen Einsatz nachdenken musste. Von seinen sagenhaften 336 Toren für den FCK hatte er gerade die zwei wichtigsten erzielt.

Was nun folgte, hatte das beschauliche Kaiserslautern ebenso wie die bescheidenen Spieler noch nicht gesehen. Montags ging es mit dem Zug zurück nach Mannheim, über die Rheinbrücke und in Richtung Kaiserslautern. Die Bahnstrecke war gesäumt von jubelnden Fans, ehe die Walter Elf am frühen Abend in ihrer Heimatstadt ankam. Der Bahnhofsplatz war hoffnungslos überfüllt, die Menschen kletterten auf Dächer und Eisenbahnmasten. Nach einer klassischen Begrüßung mit elf Kanonenschlägen und den Fanfarenklängen einer Musikkapelle startete der Triumphzug durch die festlich geschmückte Innenstadt, vorbei am Geburtshaus der Walter-Brüder in Richtung Betzenberg. Kaiserslautern hatte seine erste ganz große Fußballfeier.

Die Zeitung „Die Freiheit“ schrieb: „Kaiserslauterns größter Tag“, ohne zu wissen, das dem noch viele weitere große Tage folgen sollten. Die Fachpresse war sich einig, dass die Zuschauer eines der schönsten, fairsten und besten Endspiele überhaupt gesehen hatten. Und die Geschichtsbücher der FCK-Historie hielten fest: „Der Jubel, den die erste Deutsche Fußballmeisterschaft auslöste, übertraf wohl alles, was Kaiserslautern bis dahin erlebt hatte.“

Folgende elf Spieler holten die Viktoria im Endspiel von Berlin erstmals nach Kaiserslautern:

Adam - Rasch, Kohlmeyer - E. Liebrich, W. Liebrich, Jergens, Eckel - F. Walter, Baßler, Fuchs, O. Walter

Lieber Ottmar Walter, zu Deinem 88. Geburtstag wünschen wir Dir Gesundheit und alles erdenklich Gute!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Hall of Fame: Ottmar Walter - 300 Tore für "seinen" FCK

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