Der zweite Tag in Campoamor begann laut. Denn wie sieht es eigentlich aus, wenn sich Fußballfans im Trainingslager auf eine ebenso wichtige wie anstrengende Rückrunde vorbereiten? Alkohol gehört auf jeden Fall dazu, außerdem natürlich Stadionstimmung üben aka. Rumgröhlen. In der Nacht von Freitag auf Samstag wuchs die Gruppe der FCK-Fans auf etwa 60 Personen und schon wurde auch die örtliche Polizei auf die Schlachtenbummler aufmerksam. Weder die Stadionhits aus Kaiserslautern noch der Soundtrack von „New Kids“ konnten die Ordnungshüter dabei überzeugen.
Beim Morgentraining um 10:00 Uhr waren trotzdem alle Mann an Bord und sahen unter anderem die von der Fanvertretung erstmals durchgeführte Pokalverleihung für den „Menschen des Tages“. Doppelte Preisträger heute: M. und M., die wie schon im Vorjahr das Kunststück schafften, 200 km entfernt von Campoamor am Flughafen festzusitzen, weil sie keinen Mietwagen bekamen (mangels Vorbereitung und Kreditkarte). In diesem Zusammenhang eine Bemerkung in eigener Sache: Dieses Tagebuch wird möglichst viele Anekdoten vom Drumherum erzählen, aber wir beachten natürlich trotzdem auch die Privatsphäre der Beteiligten - und manche Dinge, die im Trainingslager passieren, bleiben im Trainingslager.
Nach einem kurzen Knigge-Kurs durch den anwesenden FCK-Fanbetreuer schauten sich dann die meisten ihre erste Trainingseinheit dieses Jahres an. Marco Kurz ließ seine Jungs in mehreren Gruppen trainieren und insbesondere Angriffe, Passspiel und Torschüsse üben. Im Laufe des Tages kehrte auch der kränkelnde Rodnei weiter ins Mannschaftstraining zurück, während Adam Nemec und Nicolai Jörgensen vorübergehend etwas kürzer treten mussten.
Mittags machte dann der örtliche Supermarkt sein Geschäft des Jahres, als zwei dutzend ausgehungerte FCK-Fans ihre Wochenration an Speis und Trank einkauften und danach die Grills in den Ferienwohnungen anschmissen: Das typisch deutsche Grillgut sucht man hier unten zwar vergebens, aber zumindest gab es Würstchen und auch das Wetter blieb bei über 20 Grad weiter traumhaft.
Beim Nachmittagstraining wurde es dann allerdings hektischer. Die mit dem Mietauto ankommenden Fans standen an der Einfahrt des Trainingsgeländes plötzlich vor verschlossenen Türen, Gerüchte der FCK hätte die Anhänger ausgesperrt machten die Runde. Diese stellten sich jedoch erwartungsgemäß als falsch heraus, vielmehr hatte das Golfhotel nach Ansage der Polizei die Fans aufgrund der vorigen Ruhestörungen ausgesperrt. Wie soll man sich so vernünftig auf die Rückrunde vorbereiten?!? Auch sonst war es ein eher emotionaler Tag, aber im Fußball geht es eben auch mal (verbal) Mann gegen Mann - Details bleiben an dieser Stelle außen vor, siehe oben, aber so lange man sich anschließend die Hand schütteln kann ist doch alles im grünen Bereich, oder?!
Die Fans durften letztendlich die Strecke zum Trainingsplatz zu Fuß zurücklegen und am Sonntag auch wieder den gewohnten Weg mit dem Auto nehmen. Geübt wurde auf dem einwandfreien Geläuf das Abwehrverhalten und nicht nur Gerry Ehrmann ließ seine Schützlinge danach ordentlich schwitzen. Weitere Auffälligkeit: Im Training sieht alles so einfach aus, gefühlt jeder Schuss landet im Winkel und alle noch so anspruchsvollen Tricks funktionieren. Miese Stimmung herrscht jedenfalls trotz aller Konzentration nicht in der Mannschaft, da waren sich die Beobachter einig.
Vor dem individuellen Fan-Trainingsprogramm am Abend entdeckte eine neunköpfige Reisegruppe dann noch ihre Sympathien für die Lokalmatadoren von Hercules Alicante. Beim Aufstiegskandidaten der zweiten spanischen Liga kam im Spiel gegen UD Las Palmas fast sowas wie Betze-Stimmung auf. Der Schiedsrichter machte sich jedenfalls wenige Freunde, die weißen Taschentücher (in Spanien ein eher schlechtes Zeichen) wurden schon in der ersten Halbzeit gewedelt und die je 20 Ultras auf beiden Hintertortribünen zogen relativ unbeeindruckt ihr Ding durch. Die restlichen der 9.200 Zuschauer sorgten allerdings für eine sehr ordentliche Old-School-Atmosphäre, gedopt mit massig Sonnenblumenkernen und alkoholfreiem Bier, und Alicante gewann in letzter Minute durch - Ironie des Schicksals - einen Elfmeter mit 2:1. Hercules, Hercules!
Mit diesem zweiten Tag ging das Trainingslager nach dem eher ruhigen Auftakt am Freitag so richtig los. Der Sonntag wird das erste Testspiel und weitere Erkenntnisse mit sich bringen!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas
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