Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - TuS Koblenz 2:1

„Mir fresse Fisch!“

„Mir fresse Fisch!“


Ein seit 1996 bestehendes Ritual zwischen mir und meinem Dauer-Dino-Kumpel „Dem-letzten-aller-Hotic-Fans“ regelt unmissverständlich die Nahrungsaufnahme von ehemaligen Wassertieren in Folge eines Sieges mit nur einem Tor Differenz. Sozusagen um zu attestieren, das war etwas fleischlos, aber auch nicht ganz brotlose Kunst, davon kann man leben. Zum Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen die TuS Koblenz war es mal wieder soweit.

32.194 Zuschauer, davon knapp 2.500 „Tussen“ aus Neuendorf, wollten den FCK sehn. Freitagabends war das schon mehr, aber auch schon weniger, vor allem nach so grandiosen Kicks wie dem vor Wochenfrist im Frankfurter Waldstadion. Schon beim „Nuffmache“ traf man auf proletierende und sabbernde Minderjährige vom deutschen Eck, und es wurde einem mal wieder bewusst, dass, sobald ein schwarz-blauer Schal an mir vorbei flaniert, der Reiz, etwas Dummes zu tun, wesentlich größer ist, als bei anderen Farbkombinationen. Da kommt man sich gleich wieder vor wie im gallischen Dorf, rings umschlossen von Babaorum (Monnem), Aquarium (Saarebruck), Kleinbonum (Neuendorf) und Laudanum (Triäää). Also durchatmen, Zaubertrank holen und „ab enninn!“

Die Westkurve war gut aufgelegt, klare Zielvorgabe nach der Niederlage, wir stehn zusammen! Allerdings nichts weltbewegendes, Standardprogramm. Ein schönes Gruß-Transparent Richtung „Ottes“, der schon letzte Woche 85 wurde und zu seinem Geburtstag leider nix bekam von der Mannschaft, also auch hier eine klare Zielsetzung - Wiedergutmachung! Von den Rheinpreußen hörte man eigentlich streng genommen nur einmal etwas, kurz vor dem Einlaufen der Teams, ansonsten Funkstille.

FCK-Trainer Milan Sasic stand unter Druck, das war bekannt, und wechselte dreimal. Kotysch, Paljic und Hesse mussten für Dick, Simpson und Lakic raus, Amedick schaffte es leider nicht fit zu werden, Damjanovic ersetze ihn neben Ouattara. Kapitän Bellinghausen fehlte ebenso, die Binde trug Dzaka. Simpson von Anfang an zu bringen war mutig und bedeutete letzlich drei Spitzen, auch wenn Josh sich etwas „hängen“ ließ. Dahinter sowas wie ein taktischer Wechsel, Dzaka fast linientreu mit Demai, keine wirkliche Doppel-6, eher eine Doppel-8. Dick auf der ungewohnten linken Seite als Fütterer von Josh und links das Pendant dazu Sam hinter Lakic, in der Mitte Jendrisek als „Metermacher“ mit Zug nach links.

Nach einer Gedenkminute für die Amok-Opfer, die wie immer vom vereinzeltem Pöbel auf beiden Seiten gestört wurde, - was ich schlicht ekelhaft finde, Freunde - gings dann los. Der Betze startete druckvoll und energisch, wie man es Heimspielen erwartet, es gab ja nicht nur was gut zu machen für die Arbeitsverweigerung letzte Woche, sondern auch fürs Hinspiel, ich will es gar nicht erwähnen. Doch die erste Chance hatte die TuS nach einem „Befreiungsschlag“ von Robles, der an der Mittellinie wartetende Ex-Teufel Rüdiger Ziehl zielte aber zu schlecht aus 45 Metern. Danach Koblenz gleichwertig und im Spielaufbau klar besser, die neben Freiburg beste Mannschaft der Rückrunde zeigte, was in ihr steckt. One-Touch ala Freiburg gegen Sasics High-Touch ala England 1966. Lakic war ja wieder dabei, konnte aber so manchen Ball nicht ohne Ellbogen erreichen, was Schiri Kempter zu wiederholten Pfiffen veranlasste und ihm seinen Spaß mit dem FCK wohl nahm. Fortan wurde er zum unerträglichsten Milchbubi der bisherigen Saison, der schlicht alles was er bei blau laufen ließ, bei rot ahndete und umgekehrt.

Das Spiel war flott und gezeichnet von Fehlpässen und Kopfballduellen, oftmals versäumte es der FCK einfach mal flach in die Gasse oder über außen zu spielen, stattdessen wurde die Kugel mit einer unglaublichen Ungenauigkeit und einer enormen Flughöhe, wenn sie runter kam, war Eis drauf, nach vorne bugsiert. So war es überraschend, dass in der 16. Minute eine 50-Meter-Freistoß-Flanke von Demai mit Zwischenstation Lakic schließlich Jendrisek vor die Füße fiel, ich unterstelle mal netterweise Absicht. Erik fackelte nicht lange und setzte das Leder aus spitzem Winkel sicher neben den langen Pfosten. Teufel eins - „Tussen“ null.

Was die Lautringer im Rund erheiterte, währte aber nur drei Minuten, den einer jener unberechtigten Freistöße wurde, nachdem Schiri Kempter die Mauer auf gefühlte 11,50 befahl, vom Lomic gefühlvoll an die Unterlatte befördert, von dort „dotze“ er zweimal auf, genau da wo Dzaka stehen wollte, aber nicht durfte, weil Robles ihn weggeschickt hatte. Kuqi staubte ab und netze zum 1:1. Quasi ein „Tormannfehler“, wenn man es genau betrachtet.

Es folgte eine zerfahrene und langweilige Resthälfte, unterbrochen von einem ungefährlichen Freistoß der Kowwelenzer (36.) und einer guten Schlussaktion von Simspon (44.), der nach Pass von wiederum Demai aus 15 Metern die Kiste eigentlich machen muss, aber zu nervös und hektisch abschloß. Das passte zum Spiel der Roten insgesamt, insbesondere die Viererkette wirkte auffällig unkoordiniert und wacklig, was Dzaka und Demai vornedran aber - ernsthaft - gut kompensierten!

Nach der Pause ging wieder der FCK in die Offensive, Demai wurde zum Ballverteiler und Dzaka machte die Räume lang. Gute Zusammenarbeit, vorne liefen die Stürmer Kilometer am laufenden Band. Der Betze machte das, was er kann! Rennen und Bolzen, aber das machte er mit dem notwendigen Aufwand und daher kam auch Koblenz kaum zum Zug. Auf Lautrer Seite wurde das Flügelspiel aber nun fast völlig eingestellt, Sam bekam kaum noch Bälle. Der Drang nach vorne durch lange Bälle auf Jendrisek und Lakic nervte Koblenz aber zusehends, besonders Lakic trug auch durch viele kleine Fouls im Zweikampf zu den vielen Unterbrechungen bei, die die TuS eher aus dem Konzept brachten wie den FCK. Lakic sah erst sehr spät gelb, berechtigt, das hätte auch anders ausgehen können. Nach einem Konter und einer Flanke des starken Vata hatte erneut Ziehl die Chance zur Neuendorfer Führung (60.), seinen Kopfball setzte er knapp neben die Kiste, den hätte Luis wohl nicht mehr erreicht.

Zwei Minuten später die auffälligste Aktion von Sam, der wunderschön einen Fallrückzieher ansetzte und leider den Koblenzer Hartmann traf, sonst hätten wir mal wieder ein Tor des Monats am Betze gesehen. Weil Sam aber seine Position nicht mehr halten konnte, kam kurz danach dann Paljic rein für ihn (64.). Jetzt also ein Linksfuß auf rechts, und mit Dick ein Rechtsfuß auf links. Milan, was denkst du dir eigentlich bei so Einwechslungen? Aber es hat ja dann schnell funktioniert! Zufall oder nicht, durch die Einwechslung entstand ein kleines Vakuum im linken Mittelfeld für etwa drei Minuten, die nutzte Josh in bekannter Manier wie Forrest Gump: „Run, Josh, Run!“

Allerdings bekam er eine göttliche Eingebung, die ihm befahl, den Kopf mal oben zu haben und so sah er den am Sechzehner frei mitlaufenden Dzaka, legte kurz zurück, und Anel zielte genau. Ansatzlos, den Tormann ausgeguckt und am Freund und Feind vorbei ins freie rechte untere Eck. Super-Tor! 2:1 Lautern (68.), und Dzaka krönte so seine bisher vielleicht beste Leistung in einem Heimspiel - zumindest die couragierteste. Das er hinterher den Finger auf die Lippen legte, um den Fans zu bedeuten, sie mögen ihn nicht mehr kritisieren, war allerdings überflüssig. Würde er jede Woche so spielen, gäbs auch keine Kritik! Die ist also durchaus nach wie vor berechtigt, gestern allerdings: Daumen hoch, Anel! Möge es ein „Aufbruch“ für dich sein!

Instiktiv drehte ich mich nach links und grummelte „Mir fresse Fisch!“ Koblenz wechselte noch zweimal aus, jedoch war die Laufleistung der Rapolder-Jungs zu schlecht und Lautern wie gewohnt in der letzten Viertelstunde körperlich klar obenauf. Nur mit Standards konnte dieser Kick noch unentschieden ausgehen, aus dem Spiel heraus kam von den Tussen nix mehr, zwei absolut ungefährliche Fernschüsse, zu wenig um zu remisieren. Der Betze wartete nun auf Konter, warum auch nicht? Paljic sah noch Gelb, ist damit fürs Spiel in Ahlen gesperrt, auch Moussa holte sich seine Karte ab. Als Rapolder dann noch Taylor brachte, der uns im Hinspiel alleine abgeschossen hat,.... ich wollt ja nicht drüber reden. Taylor jedenfalls brachte auch nix mehr. Puuuuuh!

Ein knapper, aber durchaus verdienter Sieg, denn Lautern machte mehr fürs Spiel, agierte, wenngleich mit fragwürdigen Mitteln. Kein Vergleich zum Freiburg-Kick, als über 90 Minuten Pressing gemacht wurde und der Gegner quasi müde gerannt wurde. Dieses Mal haben wir uns selbst müde gelaufen, aber dank der besseren Kondition und mit ein bisschen Glück durchgehalten. Dennoch war für meine Begriffe Koblenz nicht der erwartet starke Gegner, der uns hinten rein drängt. Aber außer Vata machte da niemand Dampf, Ziehl hatte Pech und Kuqi hatte keine Chance gegen Damjanovic, der das da hinten gut erledigte.

Der FCK hatte keine individuellen Totalausfälle zu beklagen, was eine 100% Steigerung gegenüber dem Frankfurt-Spiel bedeutet, und hatte in Demai und Dzaka seine besten Einzelakteure. Herausragend auch die Laufleistung der drei Toreros Simpson, Lakic und Jendrisek, die praktisch das offensive Mittelfeld und den Sturm besetzten. Zitat von Fischfreund „Hotic“: „Unsere Stürmer sind die ärmsten Schweine!“! Hinten wars ein bisschen wackelig, aber ohne grobe Schnitzer, außer beim Tor durch Robles, wie ich meine. Ich denke, ohne das böse zu meinen, Sippel hätte seine Chance langsam verdient!

General Sasic hat mit einer taktischen Überraschung aufgewartet und es hat funktioniert, die Doppel-8. Ist die also auf dem Weg in die Geschichtsbücher wie zuvor die Doppel-Ecke? Abwarten! Aber eine sehr gute Variante! Wichtiger jedoch scheint, dass mit einem effektiveren Flügelspiel und einem wieder genesenen Amedick und Bellinghausen der FCK weiterhin oben bleiben kann, wenn es auch für ganz vorne sicher nicht reichen wird. Das wäre mit diesem Kader auch ein Selbstmordtrip, und Geld für bessere Leute werden wir wohl keins haben.

Milan hat also sein kleines Schicksalsspiel gewonnen, nun hoffe ich auf Ruhe und die Erkenntnis von ihm, dass er auch an sich noch viel arbeiten muss, wenn er den FCK irgendwann in Liga 1 trainieren will. Bis Sommer aber sollten die Rufe und Gerüchte von neuen Trainern nun verstummen, und Stefan den Spielern deutlich machen, wer hier Hausherr ist! Denn klar ist - wenn sie aufsteigen wollen, liegt es in ihrer Hand und sie wissen, dass wir dann trotzdem nicht mehr bezahlen können, als jetzt auch! Keine Hasadeur-Politik, bitte!

Und der Abend endete zum ersten Mal seit dem 6. Spieltag an der Fischbude in der Nord. Und es passte wie selten zuvor - kein Filetstückchen, aber eben auch kein verkohltes Brötchen - „Mir fresse Fisch!“

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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