Kummt Senf druff

Endlich rollt der Ball wieder

Endlich rollt der Ball wieder


Das Leben hat wieder einen Sinn, denn die Bundesligasaison hat begonnen. „Endlich“, sagen sich die zahllosen Fußballfans landauf, landab. Die Phänomene gleichen sich in jedem Jahr. Nach einer langen, oft anstrengenden letzten Saison freut man sich zunächst durchaus auf die Sommerpause, die aber Wochen später nur noch als nervig und viel zu lang empfunden wird. Erst recht, wenn nicht mal eine Welt- oder Europameisterschaft zur Ablenkung ansteht.

Selbstverständlich verfolgt man die Transferbemühungen des eigenen Vereins, diskutiert über Sinn oder Unsinn des Kaufs oder Verkaufs ausgewählter Akteure, aber echte Spiele kann man dadurch nicht ersetzen. Testkicks mit Freundschaftcharakter sind da ebenfalls nur ein schwacher Ersatz für den Ligaalltag, auch wenn sie selbstverständlich ihren Sinn haben. Auch die immer früher startenden Qualifikationsspiele in den internationalen Wettbewerben sind nur ein kleiner Trost. Sie sind höchstens für echte Groundhopper sinnbringend, die so noch früher noch mehr Länderpunkte sammeln können. Und natürlich für die Anhänger der jeweiligen Vereine, nicht jedoch für den gemeinen Zweitliga-Supporter.

Doch spätestens ab Ende Juli, Anfang August ist die Welt für den echten Fan wieder in Ordnung. Denn dann greift „sein“ Verein endlich wieder aktiv ins Geschehen ein. Saisonbeginn im Pokal- und Ligabetrieb! Endlich beginnt wieder das „richtige“ Leben. Vorfreude auf die anstehende Spielzeit. Das war schon immer so und wird vermutlich auch immer so bleiben.

Dennoch müssen sich die Zuschauer auch in diesem Sommer wieder mit einigen Veränderungen anfreunden. Da deutsche Fußballfans eher traditionsbewusst sind, war man beispielsweise gespannt, wie sie die neuen Anstoßzeiten annehmen würden. Erstmals im deutschen Profifußball wurde nun etwa in der zweiten Liga an einem Samstag um 13:00 Uhr gespielt. Bei einer Kulisse von rund 27.000 Besuchern kann man beim 1. FC Kaiserslautern nicht unbedingt davon sprechen, dass diese Anstoßzeit ein großer Erfolg war, bewegte sich der letztjährige Zuschauerschnitt doch bei annähernd 35.000 und kamen zu den jeweils ersten Heimspielen in den vergangenen Jahren auch erheblich mehr Besucher (2006: 40.000 gegen Essen; 2007: 46.000 gegen Mönchengladbach; 2008: 35.000 gegen Nürnberg). Allerdings spielt sicherlich auch nicht nur die neue, ungewohnte Anstoßzeit hier eine Rolle. Man sollte auch andere Faktoren wie den eher unglücklichen Saisonausklang 2008/2009 oder offenbar nicht zu verhindernde Preiserhöhungen in Betracht ziehen.

In der Bundesliga war das neue Sonntagnachmittagsspiel zwischen Bochum und Mönchengladbach im eher kleinen Bochumer Ruhrstadion mit 29.700 Besuchern nicht ausverkauft, obwohl rund 10.000 Gästefans anreisten. Rund 1.500 Plätze blieben trotzdem leer. Sonntag, 15:30 Uhr? Sicherlich auch gewöhnungsbedürftig für ein Erstligaspiel.

Und nun kommt die Kirche ins Spiel. Zahlreiche Kirchenverbände beklagten öffentlich die nun noch mehr zerfledderten Spieltage und mahnten an, dass es nun - zu Lasten der Familien - zum Phänomen kommen könne, dass Familienväter (obwohl es mehr Frauen gibt, die sich für Fußball interessieren, als die Kirchenvertreter wohl ahnen!) von Samstagmittag bis Sonntagabend mehr oder weniger ununterbrochen vor dem TV-Gerät sitzen, um kein Spiel zu verpassen. Dies ginge natürlich zu Lasten der Familien. Ein ganz neuer Aspekt also! Das die Amateurvereine und die Stadiongänger, also zwei ganz entscheidende Teile der Basis des Fußballs, die zerfledderten Anstoßzeiten ebenfalls ablehnen, muss da gar nicht erst wieder erwähnt werden.

Christian Seifert, der mächtige Boss der Deutschen Fußball-Liga (DFL), hingegen sagte am Sonntag in einem Interview genau das Gegenteil, sprach von den neuen Möglichkeiten für TV-Zuschauer, die sich nun noch mehr Spiele live anschauen zu können - und diese nicht nur in Konferenzen oder Zusammenfassungen. Traumhafte Bedingungen! Was er dabei vergaß zu sagen, war, dass die Proteste zahlreicher regelmäßiger Stadionbesucher gegen immer neue Anstoßzeiten somit großteils ins Leere gelaufen sind, worüber diese sicherlich nicht wirklich amüsiert waren. Womit wir wieder bei den Zuschauerzahlen wären...

Warten wir also einmal ab, wie sich die Zuschauerzahlen in den Stadien und wie sich die TV-Quoten entwickeln (die ARD-Sportschau am Samstagabend hatte einen Einbruch von mehr als einer Million Zuschauer, da nun zeitgleich auf Premiere-Nachfolger Sky das „Spiel der Woche“ ausgetragen wird). Dann wird man in ein paar Monaten ein erstes Zwischenfazit in Sachen Anstoßzeiten und TV-Fußball ziehen können. Sicher kann man nicht immer nur alles abblocken, was an Neuerungen angedacht wird. Andererseits haben gerade die Stadionbesucher nicht zum ersten Mal das Gefühl, dass man zwar als stimmungsvolles Beiwerk gerne gesehen wird, dass aber ihre durchaus ernst zu nehmenden Anliegen in Sachen fanfreundlichere Anstoßzeiten von den Oberen der DFL gerne mal übersehen werden.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Altmeister

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