Interview mit Aufsichtsratskandidat Jürgen Kind

„Mehr als nur der Kandidat der Fans“

„Mehr als nur der Kandidat der Fans“


Jürgen Kind, als Mitarbeiter von „Der Betze brennt“ auch unter dem Pseudonym „Altmeister“ bekannt, tritt am Mittwoch als Bewerber aus der Fan-Basis zur Aufsichtsratswahl beim 1. FC Kaiserslautern an. Der 44-jährige Unternehmer sieht sich dennoch als vollwertigen Aufsichtsratskandidaten und erklärt im Interview auf „Der Betze brennt“, warum man ihn nicht nur auf sein Fan-Dasein beschränken sollte und warum er sich als guten Kandidaten für einen Neuanfang auch im zweithöchsten Vereinsgremium sieht.

Der Betze brennt: Hallo Jürgen! Wo warst Du am späten Nachmittag des 26. September 2007 (0:2-Heimniederlage gegen den SV Wehen-Wiesbaden, vor dem Minusrekord von 17.102 Zuschauern mittwochs um 17:30 Uhr; Anm. d. Red.)?

Jürgen Kind (44): Ich war im Stadion. Und wie die laut damaligen Presseberichten inoffiziell nur noch weiteren 12.500 Zuschauer, die effektiv noch da waren, war ich fertig mit der Welt. Viele Dauerkarteninhaber waren sowieso schon zu Hause geblieben, andere warfen nach dieser Pleite ihre Saisontickets vor laufenden Kameras in den nächsten Gulli. Ich war vom sich bereits länger abzeichnenden, nun aber existenzbedrohenden Niedergang des FCK in dieser Spielzeit 2007/08 so entsetzt, dass ich mich darüber unbedingt mit dem damaligen FCK-Vorstandsvorsitzenden Erwin Göbel unterhalten wollte, um Lösungsmöglichkeiten für den Verein herauszuarbeiten. Ich erhielt also einen Termin, brachte wie abgesprochen noch einige andere Mitarbeiter von „Der Betze brennt“ mit, und entschied mich nach diesem Gespräch mit Herrn Göbel, bei der nächsten Aufsichtsratswahl als Kandidat anzutreten.

Der Betze brennt: Stell Dich doch bitte kurz vor, zunächst beruflich und privat.

Kind: Ich bin 1964 in Saarburg geboren und wuchs in Trier auf. Seit insgesamt 15 Jahren bin ich selbständig mit einer Firma, die meine Frau und ich zusammen in der Nähe von Köln gegründet und bald darauf eben nach Köln verlagert haben. Wir bieten Beratungen, Coachings, Seminare und ganze Ausbildungsreihen in Eigenregie an und haben darüber hinaus einige Kooperationen mit anderen Anbietern in diesem Segment, um gemeinsame Konzepte verschiedenen Firmen anzubieten - das Ganze im Bereich Fitness/Wellness/Gesundheit. Unser Einzugsgebiet ist Köln und ein Umkreis von etwa 120 Kilometern, in Einzelfällen kommen unsere Kunden auch von erheblich weiter her zu uns oder wir fahren entsprechend zu ihnen. Privat bin ich seit 17 Jahren verheiratet und ein genauso verrückter Bruce-Springsteen- wie FCK-Fan.

Der Betze brennt: Und welchen Bezug hast Du zum 1. FC Kaiserslautern?

Kind: Ich kam 1973, also als 9-jähriger, im Schlepptau meines Vaters erstmalig zum Betze. In den dann folgenden 35 Jahren habe ich dann nicht mehr viele Heimspiele verpasst, obwohl ich nie in Kaiserslautern selbst gewohnt habe. Seit fast 30 Jahren habe ich eine Dauerkarte auf dem Betze. Da ich ziemlich bald auch damit begann, regelmäßig Auswärtsspiele zu besuchen und irgendwann „Allesfahrer“ war, habe ich mittlerweile tatsächlich mehr als 1.000 FCK-Spiele live gesehen. Im Moment komme ich selbst in dieser zweiten Liga noch auf rund 28 bis 30 Live-Spiele im Jahr. Ich denke, es werden im Laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte noch zahleiche weitere Spiele hinzukommen. Zusätzliche Termine im Rahmen der Verpflichtungen eines Aufsichtsrates kann ich dennoch wahrnehmen, da ich aufgrund meiner selbständigen Tätigkeit zeitlich sehr flexibel bin.

Der Betze brennt: Was motiviert Dich zu Deiner Kandidatur für den Aufsichtsrat des FCK?

Kind: Ich bin zunächst einmal der Meinung, dass der Aufsichtsrat durchaus jemanden vertragen kann, der in der vielfältigen Fanszene tief verwurzelt ist, obwohl wir natürlich auch schon einen sehr engagierten Fanbetreuer haben. Ich könnte dort mit Sicherheit auch dem Vorstand den Rücken in dieser Beziehung etwas frei halten, da ich manche Anfrage oder bestimmte Anliegen verschiedener Fangruppen im Vorfeld abfangen könnte. Ich habe einen guten Kontakt zu verschiedensten Fans und Fanclubs und weiß durchaus, wer dort wie tickt. Ich bin aber dennoch völlig unabhängig und habe niemandem irgendwas versprochen, das ich nun einhalten müsste. Wenn wir uns darüber hinaus einmal die jüngere Vereinsgeschichte der letzten Jahre anschauen, dann wird man feststellen, dass manche Entscheidungen auch im Aufsichtsrat nicht immer sehr glücklich waren, was einige der Herren ja dankenswerterweise mittlerweile auch eingeräumt haben. Damit will ich persönlich niemandem zu nahe treten, für mich war das aber auch eine Motivation, überhaupt selbst anzutreten.

Der Betze brennt: Welche Kompetenzen kannst speziell Du in den Verein einbringen, neben der für ein Aufsichtsratsmitglied obligatorischen Kenntnis von wirtschaftlichen Sachverhalten?

Kind: Ich komme aus einem selbständigen Elternhaus. Alle bei uns von den Großeltern über meine Eltern sowie die meisten derer Geschwister waren selbständig. Also wurde ich es fast traditionsgemäß auch. Was ich damit meine: Ich bin es gewohnt quer zu denken, alles zu hinterfragen. Kritisch, aber immer konstruktiv. Denn es muss ja auch in schwierigen Zeiten immer weiter gehen. Jammern gibt es bei mir nicht, sofort wird nach der nächsten Lösungsmöglichkeit gesucht. Ich würde das als kreativen Kampfgeist bezeichnen, den man auch in einem Organ wie dem Aufsichtsrat einbringen kann. Selbstverständlich verfüge ich auch über entsprechendes wirtschaftliches Know-How, denn Etatansätze zu konzipieren und mit Leben zu erfüllen oder Geschäftsentwicklungen bzw. Bilanzen zu interpretieren, da gehört zu meinem tagtäglichen Arbeitsaufkommen ganz selbstverständlich dazu. Darüber hinaus traue ich mir zu, eine ordentliche Portion an gesundem Menschenverstand einzubringen, was gelegentlich mehr wert ist als mancher Doktortitel.

Der Betze brennt: Wie siehst Du die Zukunft des FCK?

Kind: Ich war bereits vor dieser Saison als einer von relativ wenigen der Meinung, dass der Relegationsplatz durchaus möglich sein könnte. Falls der Wiederaufstieg 2009 nicht gelingen sollte, muss sofort für 2010 der nächste Versuch gestartet werden. Der FCK als Urgestein der Bundesliga muss einfach, hoffentlich dann in allen Bereichen gut aufgestellt, wieder zurück ins Fußball-Oberhaus. Finanziell wird der Verein sicherlich noch einige Zeit brauchen, um auch später einmal wieder in der Bundesliga konkurrenzfähig zu sein, aber auch hier sollten wir die allerschlimmsten Zeiten hinter uns haben. Dennoch gibt es natürlich noch genug zu tun. Ich bin aber unter dem Strich trotz der Erfahrungen der letzten Jahre insgesamt durchaus optimistisch, was die Zukunft des Vereins angeht.

Der Betze brennt: Diskussionswürdige Themen waren und sind stets der mögliche Einstieg eines Investors (Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung) oder der Verkauf des Namens Fritz-Walter-Stadion. Wie ist Dein Standpunkt bezüglich einer möglichen Ausgliederung, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die so genannte 50+1-Regelung?

Kind: Das ist natürlich in erster Linie eine Fragestellung für den Vorstand, ein Aufsichtsrat sollte dazu aber auch eine Meinung haben. Ich bin im Gegensatz zu meinem Namensvetter Martin Kind aus Hannover, mit dem ich weder verwandt noch verschwägert bin, der Meinung, dass die 50+1-Regelung unbedingt erhalten bleiben sollte. Thema Ausgliederung: Der Verein dürfte alleine schon aus rechtlichen Gründen um eine Ausgliederung nicht herum zu kommen, wie auch Stefan Kuntz ja kürzlich erwähnte. Die Frage wäre dann, wann und in welcher Form Anteile am Verein verkauft werden. Die Gesellschaftsform ist natürlich auch entscheidend. Ich sehe einige Probleme bei einer AG, könnte mir hier eher eine KGaA vorstellen. Hier besteht seitens des Vorstandes noch Informationsbedarf im Vorfeld einer solchen Maßnahme. Die Fans und Vereinsmitglieder müssen von Anfang an diesbezüglich voll mit eingebunden werden.

Der Betze brennt: Und wie stehst Du als potentielles Aufsichtsratsmitglied zu einem möglichen Verkauf der Namensrechte am Fritz-Walter-Stadion?

Kind: Grundsätzlich wäre es mir am liebsten, dass wir über ein solches Vorhaben gar nicht erst diskutieren müssten und den Stadionnamen einfach beibehalten könnten, wie er ist. Dafür beneiden uns viele Fans anderer Vereine. Die Frage der Umbenennung wird allerdings voraussichtlich in nicht allzu ferner Zukunft auf die Tagesordnung kommen. Der Verein braucht zusätzliches Geld. Die Frage, die viele bewegt, lautet: Wo ist die Grenze des modernen Fußballs, wo man als Fan einfach nicht mehr mitgehen kann? Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die Fritz Walter noch persönlich kannten und die unisono sagten, dass es dem Fritz peinlich gewesen wäre, wenn darüber überhaupt so lange diskutiert werden würde und man schließlich an das Fortkommen des Vereins denken müsse. Falls der Vorstand also hier ein schlüssiges Konzept unter Einbeziehung des bisherigen Stadionnamens präsentieren würde, wäre ich nicht von vorneherein dagegen, wenn auch nicht wirklich glücklich darüber. Ein Konzept könnte aber auch jenes von Eintracht Braunschweig sein: Dort haben regionale Unternehmen die Namensrechte gekauft, nehmen sie jedoch nicht wahr, so dass der Stadionname erhalten bleibt und die Unternehmen trotzdem in den Medien präsent sind.

Der Betze brennt: Du bist Mitarbeiter und offiziell von „Der Betze brennt“ unterstützter Kandidat. Was würde sich an diesem Engagement ändern, wenn die Vereinsmitglieder Dich in den Aufsichtsrat wählen würden?

Kind: Ich würde mich in Zukunft nicht mehr im Internetforum äußern und auch keine Berichte mehr schreiben. Selbstverständlich würden keinerlei Interna aus dem Innenleben des Vereins nach außen sickern. Das dürfte sich von selbst verstehen, denn es darf immer nur um die Vereinsinteressen gehen und nicht um die persönlichen Eitelkeiten einzelner.

Der Betze brennt: Und was dürften sich die Fans und Mitglieder von Dir neben der Aufsicht über die wirtschaftlichen Vorgänge beim FCK erwarten? Du siehst Dich ja ausdrücklich auch als Kandidat aus den Reihen der Fan-Basis.

Kind: Stimmt. Als Aufsichtsrat hat man sicherlich wenig Macht, aber durchaus einen gewissen Einfluss. Ich würde versuchen, in den Diskussionen innerhalb der Gremien, die ja letztendlich zu Entscheidungsprozessen führen, auf die Meinung der Fans hinzuweisen und deren Anliegen mit einzubeziehen. Wie würden also bestimmte Gruppierungen unter den Fans auf diese oder jene Entscheidung reagieren? Dies kann hier und dort eine durchaus sinnvolle, weitere Entscheidungshilfe sein. Natürlich sind solche Entscheidungen nach Möglichkeit rational zu treffen, aber ein bisschen Emotionalität hat noch selten geschadet. Gerade bei einem Verein wie dem FCK. Für dieses hohe Vereinsgremium könnte man also durchaus sagen, dass es nicht schaden würde, etwas mehr Basisdemokratie zu wagen. Trotzdem möchte ich aufgrund einiger Nachfragen nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich mich nicht nur als Kandidaten der Fans sehe - die mich ja ohnehin erstmal zu ihrem Vertreter im Aufsichtsrat wählen müssten - sondern als vollwertigen Bewerber um einen Sitz im Aufsichtsrat, der alle erforderlichen Voraussetzungen, Kontakte und Visionen mitbringt. Ein Teil davon ist meine Kenntnis über die Denkweise der Fans.

Der Betze brennt: Wie sieht für Dich die ideale Besetzung des Aufsichtsrates für einen Verein wie den 1. FC Kaiserslautern aus - ausgehend von den verschiedenen Referenzen der Bewerber, unter denen sich in den letzten Jahren ja beispielsweise Wirtschaftsfachleute, Juristen, Ärzte, Ex-Fußballer oder auch Vertreter der Fan-Basis und von Sponsoren befanden?

Kind: Nach Vorstellung der Kandidaten wurden ja bereits verschiedene Schwerpunkte jedes einzelnen Kandidaten klar erkenntlich. Ich denke, dass der künftige Aufsichtsrat beim FCK ausgewogen und gut besetzt sein sollte. Dazu gehören beispielsweise Kompetenzen in den Bereichen Wirtschaft, Recht, Fußball und Fans, aber auch Menschenkenntnis, Unabhängigkeit und Kritikfähigkeit. Der ausscheidende Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Buchholz sagte ja kürzlich auf einer der Fansitzungen, dass alle 13 Kandidaten vom Ehrenrat ohne Einschränkungen als für den Posten eines Aufsichtsrates befähigt eingestuft wurden. Das lässt für die Zukunft hoffen.

Der Betze brennt: Zum Abschluss: Was sollten die FCK-Fans und -Mitglieder bezüglich Deiner Kandidatur noch wissen und warum sollten sie Dir ihre Stimme geben?

Kind: Ich bin kein Linkmichel. Wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch ein. Mit mir würde eine absolut integere Persönlichkeit in Sachen FCK in den Aufsichtsrat kommen. Wer der Meinung ist, dass auch im Aufsichtsrat, wie bereits in anderen Vereinsgremien, ein personeller Neubeginn beim FCK sinnvoll wäre, hat mit meiner Person eine echte Alternative an der Hand. Ich finde es schade, dass es Leute gibt, die meine Kandidatur wegen meiner Fannähe eher kritisch sehen und mir immer wieder kuriose Aussagen wie etwa „Wir brauchen keine Fans im Aufsichtsrat“ um die Ohren werfen. Sind die anderen Kandidaten etwa keine Fans? Leider wurde von diesen Leuten die von mir wiederholt angebotene Möglichkeit, mich einmal näher kennen zu lernen nicht wahrgenommen. Denn diejenigen, die mich dann einmal wirklich kennen gelernt haben, sehen mich anschließend in der Regel durchweg positiv.

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Dir viel Erfolg bei der Aufsichtsratswahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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