Neues vom Betzenberg

Hosianna oder das Ende der Welt

Der Dietmar hat einst in Heilbronn Touristik-Betriebswirtschaft studiert. Das hört sich ein bisschen nach weiter Welt an, aber daraus ist nichts geworden, was den heute 55-Jährigen aber auch nicht grämt. Dietmar ist Pfälzer, Dietmar kommt aus Kaiserslautern, Dietmar ist in Kaiserslautern, und Dietmar bleibt in Kaiserslautern. Die Pfalz und Kaiserslautern, das ist Heimat und wichtiger als die große weite Welt. "So ist es gekommen", sagt er, "und ich habe alles, was man braucht, um glücklich zu sein, eine liebe Frau, zwei tolle Kinder, einen guten Job." Dietmar könnte also glücklich sein, aber er ist es nicht. Ganz im Gegenteil, der Mann kommt sich vor "wie in einem Horrorfilm". Der Horror hat drei Buchstaben: FCK.

So lange er denken kann, ist Dietmar Fan des 1. FC Kaiserslautern. Der Betzenberg, der zwar nur 285 Meter hoch ist, aber trotzdem das Stadtbild prägt, weil er sich direkt hinter dem Zentrum erhebt, der "Betze" ist Dietmars zweite Heimat. Seit den späten Sechziger Jahren ist er Stammgast im Stadion auf dem Berg, das seit einigen Jahren nach Fritz Walter benannt ist, dem berühmtesten Sohn der Stadt. Trikot, Schal, Mütze, Kaffeetasse, Handtuch, was man eben so braucht als "echter FCKler", hat Dietmar zu Hause. Auch eine Fahne ist dabei, er hat sie, Horror, lange nicht mehr benutzt. Am Sonntag wird er ganz in Rot das Haus verlassen.

Sonntag. Der 18. Mai 2008 ist ein Schicksalstag. Für den 1. FC Kaiserslautern, für die Stadt, für die Pfalz - und für Dietmar. Ein Sieg gegen den bereits als Bundesliga-Aufsteiger feststehenden 1. FC Köln muss her, dann ist der Klassenerhalt in der 2. Bundesliga geschafft, dann ist die Apokalypse abgewendet, die den Namen "Dritte Liga" trägt. "Wenn wir gewinnen", sagt Dietmar, "dann wird gefeiert wie damals einundneunzig und achtundneunzig." 1991 und 1998 war der FCK deutscher Meister, was für Ereignisse, gefühlte Lichtjahre zurück.

Dietmar hat vorsorglich den Montag frei genommen. Das nennt man eine weise Entscheidung. Denn wenn der FCK gegen Köln nicht gewinnt, wenn der Traditionsclub tatsächlich in die Drittklassigkeit absteigen sollte, wird der Mann den freien Montag genauso brauchen. "Daran darf ich gar nicht denken" sagte er, "das hätte etwas vom Ende der Welt."

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Quelle und kompletter Text: Südkurier

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