Das nächste Schnäppchen ist eingetütet: Für bescheidene 250.000 Euro Ablöse kehrt Erik Wekesser zum 1. FC Kaiserslautern zurück. Der 26-Jährige hat nun, mit rund acht Jahren Verspätung, Gelegenheit, sein Profi-Debüt im Betze-Trikot zu geben.
Seine bevorzugte Lieblingsnummer hat er sich bereits gesichert: die 13, die zuletzt Terrence Boyd trug. Denn auch Neuzugang Erik Wekesser sieht sie als Glückszahl, Pech soll sie lediglich gegnerischen Abwehrspielern bringen. Damit ist die erste Weiche gestellt, dass der nunmehr 26-Jährige demnächst eine erfolgreiche Premiere als Profi bei den Roten Teufel feiert. Die nämlich ist ihm vor acht Jahren versagt geblieben.
In den Saisons 2015/16 und 2016/17 hatte er bereits einen Profivertrag beim FCK, trainierte bei der Ersten Mannschaft mit, ein Einsatz war ihm aber versagt geblieben. Seine Trainer waren Kosta Runjaic, Konrad Fünfstück, Tayfun Korkut und Norbert Meier. Spielen durfte Wekesser aber nur in der zweiten Mannschaft, damals in der Regionalliga Südwest.
"Habe sicher auch den ein oder anderen Fehler gemacht"
Dass es in diesen unruhigen Zeiten für einen Nachwuchskicker schwer war, den Durchbruch zu schaffen, liegt auf der Hand. Erik Wekesser blickt aber durchaus auch selbstkritisch zurück: "Ich habe damals sicher auch den einen oder anderen Fehler gemacht. Ich kam nach meinem ersten A-Jugend-Jahr als Junioren-Nationalspieler zu den Profis. Da hat man die Erwartung, schnell Fuß zu fassen. Wenn man dann nicht im Kader ist, macht man sich seine Gedanken, ist ein bisschen frustriert und trainiert deshalb vielleicht nicht so, wie man sollte", erklärte er 2019 bei "Idowa", einem regionalen Nachrichtenmagazin in Regensburg, nachdem er beim SSV Jahn angeheuert hatte. Und schob nach, welche Erkenntnis er aus dieser Erfahrung mitnahm: "Man muss geduldig sein und einfach immer hart an sich arbeiten. Dann kommt der Rest von alleine."
Hohe Erwartungen hatte damals aber nicht nur er selbst. Wekesser galt als Juwel. Geboren im baden-württembergischen Schwetzingen, hatte er seit 2007 sämtliche Junioren-Mannschaften des FCK durchlaufen und war Jugend-Nationalspieler geworden. In seinen insgesamt sieben Einsätzen für die U18- und U19-Auswahl markierte der Stürmer vier Treffer. Aufhorchen ließ vor allem sein Auftritt beim 3:2-Sieg der DFB-Elf gegen Tschechien im November 2014, bei dem der als Rechtsaußen eingesetzte Wekesser gleich zweimal traf.
Im Sommer 2017 aber sah das Talent keine Perspektive mehr am Betzenberg - weder bei den Profis, noch in der Zweiten Mannschaft, die in die Oberliga abstieg. Was die Möglichkeit bot, seinen Vertrag aufzulösen. Er wollte wenigstens in der Regionalliga bleiben - und wechselte zur zu diesem Zeitpunkt finanziell bereits schwer gebeutelten TuS Koblenz.
Über Koblenz und Walldorf zum Jahn
Dort wirft ihn eine Fußverletzung zurück, so dass er zunächst nur zu Kurzeinsätzen kommt. In der Winterpause ergibt sich für ihn die Chance, zurück in seine Heimat zu wechseln: zum FC-Astoria Walldorf, der nur 15 Minuten von seinem Geburtsort Schwetzingen entfernt liegt. In der vertrauten Umgebung mit seiner Familie blüht er auf: "Sie hat mir geholfen, den Glauben an mich selbst nicht zu verlieren", erzählt er später bei Der Betze brennt. Denn den Traum, es doch noch nach oben zu schaffen, hat er nicht aufgegeben. Er konzentriert sich weiter auf den Fußball, schiebt alleine Zusatzschichten, da in Walldorf nur einmal am Tag trainiert wird. In der Spielzeit 2018/19 markiert der Linksfuß 16 Treffer für Walldorf, kommt dabei auf allen Offensivpositionen zum Einsatz.
Das bleibt nicht unverborgen. Der SSV Jahn Regensburg klopft an. Cheftrainer Achim Beierlorzer und Geschäftsführer Christian Keller, heute Geschäftsführer des 1. FC Köln, überzeugen ihn, zum Zweitligisten zu wechseln. Der Sprung über zwei Klassen gelingt - obwohl er während der Saisonvorbereitung 2019 mit einem Außenbandriss ausfällt. In der Runde aber kommt er anschließend auf 16 Startelf-Einsätze, erzielt drei Treffer.
Noch während der Spielzeit verlässt Beierlorzer den Verein, wird durch seinen Nachfolger Mersad Selimbegovic ersetzt. Und der hat im Sommer 2020 eine Idee: Er funktioniert den Jungen zum linken Verteidiger um. Dafür prädestinierten ihn sein "linker Huf", aber auch seine Lernwilligkeit, lobt Selimbegovic den 1,86 großen Athleten: "Er hat eine überragende Mentalität, bringt Wucht mit, haut sich voll rein und ist auch spielerisch gut dabei."
Der Stürmer wird Linksverteidiger - und startet durch
Die Umstellung gelingt: In seiner zweiten Saison beim SSV kommt Wekesser auf 29 Startelf-Einsätze, liefert vom linken Flügel aus vier Torvorlagen. Im DFB-Pokal kehrt er nach Kaiserslautern zurück. Er tritt als Stammkraft des Zweitligisten bei einem nunmehrigen Drittligisten an, der ihm 2017 keine Perspektive bieten konnte ... Nein, er verspüre keine Genugtuung, sondern nur Vorfreude, versichert er in der Geschichte, die ihm DBB zu diesem Anlass widmet.
In die Spielzeit darauf starten die Regensburger furios, stehen nach vier Siegen an den ersten vier Spieltagen auf Platz 1. Erik Wekesser ist einer der Leistungsträger, obwohl er beim 2:0 zur Saisonpremiere in Darmstadt fehlt: Diesmal ist's ein Knöchelbruch. 26 Mal ist er jedoch auch in dieser Runde von Anfang an dabei. Er profiliert sich als Meister des ruhenden Balles: Beim 2:2 gegen Nürnberg verwandelt er einen direkten Freistoß, hier zu sehen ab Minute 3:35:
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Beim 3:0-Sieg in Ingolstadt serviert er Kaan Caliskaner eine Ecke auf den Kopf. Hier zu sehen ab Minute 3:03:
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Insgesamt liefert Wekesser vier Torvorlagen in dieser Runde. Darunter auch eine eher kuriose bei der 2:3-Heimniederlage in Rostock, die aber belegt, dass ein Erik Wekesser auch nicht aufgibt, wenn er am Boden liegt.
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Der Jahn landet nach dem starken Saisonstart zwar nur auf Platz 15, aber der Linksverteidiger hat nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht. Und er ist nach Ablauf seines Dreijahresvertrags ablösefrei zu haben. Entsprechend viele Angebote liegen ihm vor. Den Zuschlag erhält der 1. FC Nürnberg. "Erik war sehr begehrt. Er kann die ganze linke Seite bearbeiten, kann hinten spielen, kann vorne spielen, kann Dreierkette, kann Vierkette", verteilt sein Trainer Robert Klauß reichlich Vorschusslorbeeren bei der Vorstellung des Neuen im "Frankenfernsehen", das ihn als das neue "Multitool im Glubb-Werkzeugkoffer" begrüßt.
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Die Hinrunde 2022/23 beginnt gut. Wekesser bleibt selbst nach dem Trainerwechsel von Robert Klauß zu Markus Weinzierl Stammkraft, ist in allen 17 Partien dabei, elf Mal von Beginn an. Im letzten Spiel vor Weihnachten aber muss er nach 63 Minuten raus: Kreuzbandriss. Damit ist die Saison für ihn gelaufen.
Später Start in die Saison 2023/24 - Comeback als Stürmer
Zu Beginn dieser Spielzeit kehrte er erst ab dem 11. Spieltag zurück. Beim 2:0-Sieg in Kiel brachte ihn der FCN-Trainer, der nun Christian Fiel hieß, erst in der Schlussminute. Auch danach wurde es schwer, in der Stammelf Fuß zu fassen. Zu stark spielte der Jungstar Nathaniel Brown auf. Dennoch kam das Stehaufmännchen in der Rückrunde doch noch zu sechs Startelf-Einsätzen, diesmal wieder als Stürmer. Beim 1:1 des FCN zuhause gegen den FCK stand er als Linksaußen auf dem Platz.
In diesem Sommer wechselt Konkurrent Brown zwar nach Frankfurt, doch mit Tim Handwerker kehrt ein Stamm-Linksverteidiger, der zuletzt nach Utrecht verliehen war, zum "Glubb" zurück. Daher entschloss sich Erik Wekesser, seine Dienste auf dem freien Markt anzubieten. Und den Zuschlag erhielt diesmal sein Heimatverein, vor dem Karlsruher SC und einigen anderen Interessenten aus dem In- und Ausland. Für gerade mal 250.000 Euro Ablöse.
Hinten links herrscht nun Konkurrenzkampf
Womit Geschäftsführer Thomas Hengen und Kaderplaner Enis Hajri nach der Verpflichtung von Jannis Heuer das nächste Schnäppchen geglückt ist. Wo auf der linken Seite Erik Wekesser seinen Platz finden könnte? Vorne trifft er auf Mitbewerber, die Kenny Redondo, Aaron Opoku, Richmond Tachie und Dickson Abiama heißen. Hinten auf Neuzugang Florian Kleinhansl, Youngster Mika Haas und wahrscheinlich Oldie Hendrick Zuck, dessen Vertragsverlängerung zwar anvisiert, aber noch nicht offiziell bestätigt ist. Demnach scheinen seine Chancen auf der linken Verteidigerseite größer - und sein Hauptkonkurrent wäre fraglos Kleinhansl.
Mit seiner Stärke bei Standards und seiner Dynamik nach vorne scheint Wekesser an Vorgänger Tymo Puchacz näher dran zu sein als der ehemalige Osnabrücker. Wekessers Endgeschwindigkeit liegt laut "bundesliga.de" bei 33,72 km/h (Puchacz: 35,65 km/h, Kleihansl 32,45 km/h). Sein Passquote wird von "Wyscout" für die Saison 2023/24 mit 77,7 Prozent angegeben. (Puchacz: 77,3 Prozent, Kleinhansl 78,6 Prozent). Auffällig präzise sind Wekessers lange Bälle: 57,9 Prozent Genauigkeit (Kleinhansl: 61,2 Prozent Puchacz: 50,8 Prozent.
Doch was nutzen all die Zahlenspiele? Die Wahrheit liegt auf Platz. Wie sagt Erik Wekesser doch so treffend im "Frankenfernsehen": "Viel quatschen gehört nicht zu meinem Paradedisziplinen."
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Erik Wekesser wechselt aus Nürnberg zurück nach Lautern (Pressemeldung FCK)