Neues vom Betzenberg

Gegner-Check Paderborn: Stoppt die Torfabrik!

Gegner-Check Paderborn: Stoppt die Torfabrik!


Nach der ersten Auswärtsniederlage steht für den 1. FC Kaiserslautern direkt das nächste Gastspiel an: beim SC Paderborn. Eine Hammeraufgabe, denn die stärkste Offensive der Liga ist gerade wieder in Schwung gekommen.

So lief es seit dem Hinspiel: Bei seinem 1:0-Sieg auf dem Betzenberg am 4. Spieltag trat der SCP wie ein Aufstiegskandidat auf, und diesem Anspruch blieb er lange Zeit gerecht. Mit 35 Treffern nach 17 Spielen stellte die Elf von Lukas Kwasniok nach der Hinrunde die stärkste Offensive der Liga. Wer über die verfügt, steht in der Regel auch auf einem Aufstiegsplatz - doch Paderborn war lediglich Tabellen-6. Weshalb? Zum Hinrundenschluss hatte sich der Sportclub vier Niederlagen in Serie erlaubt. Ein Leistungseinbruch? Nur bedingt. Eher ein Beleg dafür, dass das "Momentum", von dem auch FCK-Trainer Dirk Schuster sagt, dass es gerade in der Zweiten Liga oft entscheidet, durchaus auch vier Mal in Folge auf Seite des Gegners sein kann. Denn von einem enttäuschendem 0:3 beim direkten Konkurrenten 1. FC Heidenheim mal abgesehen, hatte die Leistung der Westfalen meist gestimmt. Beim 2:3 gegen den Hamburger SV etwa lief es für sie äußerst unglücklich, beim 0:2 gegen Arminia Bielefeld mussten sie früh den Platzverweis ihres Stammtorhüters Jannik Huth hinnehmen. Jetzt scheint die Pechsträhne vorbei: Zum Rückrundenstart legte das Kwasniok-Team drei Siege in Folge hin, nur im DFB-Pokal gegen den VfB Stuttgart gab's ein 1:2 in der Schlusssekunde. Zuletzt ein 4:3-Spektakel nach 0:2-Rückstand bei Hannover 96, davor ein 4:1 über Fortuna Düsseldorf - die stärkste Offensive der Liga ist zurück. Aktuell punktgleich vor dem FCK auf Rang 4, ist der SC Paderborn zurück im Aufstiegsrennen.

Gewinner und Verlierer: Echte Verlierer gibt's in der Truppe eigentlich keine. Kwasniok steht ein auch qualitativ breiter Kader zur Verfügung, in dem er viel wechselt, was sein Team unberechenbar macht, aber auch Frustrationen vorbeugt. Abgesehen vielleicht von Leopold Zingerle, der in der Saison 2021/22 noch Stammkeeper war, danach von diversen Verletzungen heimgesucht wurde und nun nur noch die Nummer drei hinter Huth und Pelle Boevink ist. Dass Kapitän Ron Schallenberg zu den besten Sechsern der Liga gehört, ist schon länger bekannt. Nach erneut starker Hinrunde baggerte in der Winterpause Erstligist FC Augsburg an dem 24-Jährigen, doch Benjamin Weber, der neue Paderborner Sport-Geschäftsführer, schob einem Wechsel den Riegel vor. Der SCP will es sich künftig öfter leisten, zu Angeboten aus dem Oberhaus nein zu sagen. Ärgerlich für den FCK-Gegner: Mit Beginn der Rückrunde war Kai Klefisch aus langer Verletzungspause zurückgekehrt und bildete bei den positiven Ergebnissen mit Schallenberg eine stabile Doppel-Sechs - nun hat er sich ein Innenband angerissen und wird erneut wochenlang ausfallen. Direkt in die von Kwasniok bevorzugte Dreierkette integriert hat sich der erst 19-jährige Bashir Humphreys, den Weber vom FC Chelsea auslieh, wo er einst niemand geringerem als Thomas Tuchel assistierte, dem er seit dessen Mainzer Zeiten auf allen Karrierestationen zur Seite stand.

Die unberechenbare Offensive: 44 Mal haben die Paderborner in dieser Saison schon getroffen, so oft wie sonst keiner. Sechs Mal haben sie mit drei oder mehr Toren Unterschied gesiegt, acht Mal schon haben sie in einem Spiel drei oder mehr Tore erzielt. Vor dieser Offensive könnte einem also angst und bange werden. Vor allem, weil man nie weiß, in welcher Konstellation der Trainer seine Angreifer aufs Feld schickt. Robert Leipertz etwa, mit elf Buden zurzeit bester Torschütze der Ostwestfalen: Zum Rückrundenauftakt in Karlsruhe stand er in der Startelf, markierte den 1:0-Siegtreffer, eine Woche später gegen Düsseldorf kam er nur als Joker, traf aber wieder. Zuletzt in Hannover durfte er erneut von Beginn an ran - und machte abermals sein Tor. Auch Marvin Pieringer, der bislang acht Mal netzte, und Felix Platte , bisher sechs Mal erfolgreich, können treffen, und Kwasniok hat auch kein Problem damit, die beiden Kanten auch mal nebeneinander starten zu lassen. Dann sind da noch der wuselige Florent Muslija, auf dessen Konto bisher vier Treffer und drei Assists gehen, sowie der pfeilschnelle Ex-Magdeburger Sirlord Conteh, der schon drei Mal traf. Wer von den Genannten startet und wer von der Bank kommt, das weiß nur Kwasniok. Im "Kicker" hat der Coach schon mal angedeutet, dass er gegen die Roten Teufel wohl anders zu Werke gehen will als zuletzt in Hannover: "Karlsruhe, Düsseldorf, Hannover, das sind drei Mannschaften, die spielen wollen und dem Gegner ein paar Räume lassen. Das sieht gegen Kaiserslautern völlig anders aus, und das macht die Zweite Liga eben so speziell. Du musst dich darauf einstellen und dann liefern."

Zahlenspiele: Welch eine Überraschung - der spielstarke SC Paderborn verzeichnet nach dem Hamburger SV den zweithöchsten Ballbesitzwert in der 2. Bundesliga - im Schnitt 59,9 Prozent. Und er spielt seine Pässe mit 85,3 Prozent Genauigkeit, da ist ebenfalls nur der HSV besser (86,1 Prozent). Starke Passspieler sind Innenverteidiger Marcel Hoffmeier, der die meisten Pässe überhaupt in der Zweiten Liga spielt, und Julian Justvan, der so viele linienüberwindende Pässe spielt wie kein zweiter. In punkto Genauigkeit (40 Prozent) wird er dabei noch Muslija getoppt, der die Hälfte seiner "filtrierenden" Pässe zum Mann bringt. Und: Keine andere Mannschaft schießt so häufig aufs Tor, im Schnitt 14,49 Mal pro Partie, Lautern dagegen nur 10,87 Mal. Aber: Die Roten Teufel zielen ein klein wenig besser - von ihren Schussversuchen kommen 39,7 Prozent aufs Tor - zweitbester Wert der Liga. Beim SCP dagegen nur 39,2 Prozent - drittbester. Die Kwasniok-Kicker sind in erster Linie Kombinationsspieler, im Flanken sind sie nur Mittelmaß, ebenso wie der FCK. Aber: Von seinen 44 Toren hat der SCP erst vier per Kopf erzielt, von seinen 26 Gegentreffern allerdings schon sieben aus der Luft kassiert. Vielleicht geht da was für Lautern.

Fazit: So ziemlich alles besser machen als zuletzt gegen St. Pauli, kann die Losung gegen dieses spielstarken Gegner nur lauten. Dirk Schuster hatte am Millerntor zum Beispiel ein besseres "Bewegen auf dem Verschiebebahnhof" sehen wollen. Genau das ist gegen den Paderborner Kombinationswirbel nun besonders intensiv gefragt. Geschlossen Richtung Ballnähe verschieben, Räume eng machen und vor allem: den Gegner nicht so nah an den Sechzehner kommen lassen, wie die Roten Teufel den Sankt Paulianern zuletzt viel zu oft gestatteten. Die "Crash"-Zone zwischen 20 und 40 Meter vorm eigenen Tor einrichten und dort die Zweikämpfe gewinnen. Und bei Standards die Vorteile in der Luft nutzen, die Boyd, Tomiak, Niehues und Co. haben sollten. Die Dreierkette, auf die Schuster am Millerntor während des Spiels umstellte, schon direkt vom Anpfiff zu formieren, könnte durchaus eine Überlegung wert sein, zumal Innenverteidiger Boris Tomiak wieder zur Verfügung steht, dessen Ausflüge auf die Sechs ja die Ausnahme bleiben sollen. Zur Vorbereitung empfiehlt sich gegebenenfalls, sich das 3:0 des 1. FC Heidenheim gegen Paderborn nochmal anzuschauen. Der FCH suchte und fand den Erfolg mit konsequentem Pressing und hoher Laufintensität. Und auch dran denken, dass man es im Hinspiel gegen diesen Gegner eigentlich gar nicht so schlecht gemacht hat. Selbst nach Hendrick Zucks Platzverweis kurz nach der Pause wäre es noch möglich gewesen, mindestens einen oder sogar alle drei Punkte am Betze zu behalten.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Freitag, 18:30 Uhr: Nächste Ausfahrt Paderborn (Der Betze brennt)

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