Für mich stellt sich eher die Frage der Kausalität. Hat man einen erfolgreichen Spielstil umgestellt oder haben sich die Gegner auf den Spielstil eingestellt und deshalb musste etwas geändert werden. Konterfußball, bei dem man reagiert und dem Gegner Ball und Spiel überlässt, kann situativ immer erfolgreich sein und ist gegen spielstarke Gegner ohnehin das Mittel der Wahl, weil man schlicht auch keine Chance auf mehr eigenen Ballbesitz hat. Mittel- bis langfristig ist es aber eben keine Strategie, wie die Statistik zeigt. Die Mannschaften mit dem wenigsten Ballbesitz steigen irgendwann ab. Das ist auch irgendwie logisch, weil es schlicht in der Natur des Fußballs liegt. Damit ist nicht gemeint, dass man den Ball Ewigkeiten in den eigenen Defensiv-Reihen zirkuliert - sondern eine Spielanlage, die grundsätzlich darauf ausgelegt ist, den Ball haben zu wollen. Pauli oder Düsseldorf haben das letztes Jahr durch eine exzessive Laufarbeit gemacht, indem sie den Gegner praktisch permanent über den ganzen Platz gejagt (gepresst) haben und somit ständig Stress erzeugt haben, um an den Ball zu kommen. Bei Ballbesitz geht es dann schon schnell nach vorne und nicht zurück, um den Ball zu sichern. Aber in Summe bekommt man so einfach öfter den Ball. Das war in den Spielen, in denen wir so ähnlich gespielt haben, auch zu beobachten. Außerdem hat das den Nebeneffekt, dass man die eigene Defensive entlastet und somit weniger Tore bekommt (Stichwort: "Die Verteidigung fängt im Sturm an").bonds hat geschrieben:Doch als der Versuch unternommen wurde, einen dominanteren, agierenden Stil zu etablieren, ließen die Ergebnisse nach..
Hier wurde teilweise so getan, als wäre es ein probates Mittel gewesen, mit dem Underdog Fußball (den ich sugeil fand), den wir in der Hinrunde 22/23 gespielt haben, einfach weiterzumachen. Das ist schlichtweg falsch. Schaut man sich die Rückrunde 22/23 an, hat man gegen Pauli, Paderborn, Fürth, Magdeburg, Sandhausen, Darmstadt, Heidenheim, Braunschweig, Regensburg, Rostock, Nürnberg, Bielefeld in Folge und in Summe noch 7 Punkte geholt - jeweils mit Doppel Sechs und dem klassischen Konter-Stil. Man war schlichtweg ausgeguckt und musste taktisch reagieren. Von daher musste Schuster auch kein System spielen, was er nicht wollte, sondern er hat schlichtweg versucht, den Spielstil so zu justieren, dass wir wieder mehr Spiele gewinnen. Rausgelassen habe ich das Spiel gegen Hamburg: Ein typischer Fall von - dort hat die Taktik gepasst. Flutlichtspiel, wir totaler Underdog, Tim Walter scheißt auf jede Videoanalyse und tut uns den Gefallen voll ins offene Messer zu laufen und außerdem noch Ritter, der in solchen Spielen gerne nochmal 20% drauflegt.
Markus Anfang beschreibt in dem Interview ja mehrfach, dass man ihm die Zeit gibt, seine Spielphilosophie umzusetzen. Ich hoffe, das diejenigen, die Ruhe und Kontinuität rauf und runter beten, sich diesmal auch daran halten - glaube allerdings selbst, dass dies ein frommer Wunsch ist. Das Einzige, was Ruhe bringt, sind Erfolge - und im Falle von Markus Anfang sehr schnell. Andernfalls haben wir nach 5-7 Spieltagen dieselbe Situation wie unter Grammozis - ich befürchte dann aber mit deutlich mehr Kollateralschaden.