Nachdem der Thread sehr vielfältig und interessant für einen Nichtfußballspieler ist, möchte ich meine Gedanken und meine Verarbeitung des Saisonverlaufs incl. des Stuttgartspiels denn auch noch preisgeben. Also Fußball spielte ich eher Hobby mäßig (auf einem verkleinerten Spielfeld, da ich auch aus einer anderen Sportart komme).
Aber Stefan Kretschmar (ehemaliger Handballnationalspieler) meinte am Freitag über Manuel Neuer, dass dieser sich den einen oder anderen Tipp von einem Handballtorhüter einholt. Mit Sicherheit ganz interessant, weil viele Gemeinsamkeiten zwischen den Sportarten bestehen. Und dass wohl nicht nur für den Torhüter.
Unter einem 4-4-2 oder 4-1-4-1 kann ich mir was vorstellen, wenngleich da natürlich noch neben der reinen Formation noch viele weitere Überlegungen dahinter stehen, die ich weniger überblicken kann. Als cleverer Handballabwehrspieler kannst Du aber viel aus den Bewegungsverlauf der Angriffsspielern lesen und weißt auch genau wann Du Räume anbieten kannst, die Du dann mit einem einzigen Schritt kurz zumachst, so dass Du dann letztlich auch in der aktiven statt passiven Rolle bist. Letztlich führte dies dann zu mehreren provozierten Stürmerfouls, weil der Gegenspieler etwas irritiert war. Inwiefern das was für den Fußball bringt sei mal dahin gestellt. Aber im Gegensatz zum Fußball hast Du beim Handball viel mehr Positionsspiele, Spielzüge, Zweikämpfe oder Umschaltsequenzen …
Erwartungshaltung vor der Saison
Nach den Angaben von Transfermarkt.de sowie den Etatzahlen stand eigentlich schon vor der Saison klar fest, dass wir einer der Abstiegskandidaten zu sein scheinen. Trotz der sehr guten Platzierung war die letzte Saison recht überdurchschnittlich glücklich verlaufen, was speziell die Begegnungen gegen die Borussia aus M´gladbach belegt: Mo Idrissou und Bailey sei dank! Nichtsdestotrotz muss man sich das Glück halt auch erkämpfen. Zudem muss man auch mal ganz klar festhalten, dass die Rhein-Zeitung bei Ihrer Berichterstattung nach der JHV 2010 über die Etatzahlen (Spieleretat/Gesamtetat) sehr geschlampt hat, weil man da mal so mir nichts dir nichts ein paar Dreher drin hatte, die das Bild der verschwenderischen Betzenberger im 100km-Umkreis des Oberwerths dann doch noch gestützt hatte.
Schaut man sich dann auch noch die Abgänge an, so wiegen der Weggang von Lakic, Hoffer, Ilicevic dann doch sehr schwer. Mit Lakic wurde dann unter der gütlichen VW-Mithilfe eine eingespielte Korsettstange aus dem funktionierenden Gesamtgerippe gerissen, dessen bildhafte Bekanntgabe bereits in der letzten Saison das Ziel Klassenerhalt stark gefährdete. Dafür nochmals vielen Dank, VW! Der Weggang hat sich für mich dann auch sehr stark beim Bayernspiel bemerkbar gemacht, wo Shechter gegen van Boyten leider noch nicht die Klasse hatte, sich im Zweikampf zu behaupten. Mit Lakic wäre der Zweikampf für den FCK ausgegangen, weil der wohl auf die begleitenden Hiebe des Münchners sensitiver bereits vor dem späteren Zweikampf gefallen wäre. Letztlich war für mich dieser Zweikampf mitentscheidend für die saft- und kraftlose Schmach gegen die Lederhosen.
Ilicevic habe ich als Spielertyp eigentlich schon sehr geschätzt, wenngleich es wohl auch das Beste war ihn zu verkaufen; auch für das Mannschaftsgefüge. Schmerzen tut mir da der Weggang von Hoffer eher, weil er wohl auch vom Typ ein Kandidat für den von Rosso angesprochenen Catenaccio wäre. In Erinnerung geblieben sind mir vor allem seine ersten beiden Spielminuten im Trikot des FCK, die letztlich mit der Herunterstellung eines Kölnerspielers endeten. Moravek gehörte natürlich auch zu den Spielern, die man gerne im Kader des FCK weiter gesehen hätte.
Alles in allem, war/ist natürlich damit zu rechnen, dass eine Platzierung im Mittelfeld (Platz 13-15) für den 1. FC Kaiserslautern realistisch ist, wenngleich man auch damit rechnen muss, dass man erst auf die letzten Meter das Ziel erreichen wird, da die Mannschaft sich die Pass- und Laufwege erst noch im Training erarbeiten muss.
Abschlusstraining am Donnerstag, 16:00 Uhr
Nach einer aufwendigen Bahnanreise über Bad Kreuznach/Bad Münster am Stein habe ich mir das Abschlusstraining der Jungs am Donnerstag angesehen; auch in Verbindung mit einem länger als geplanten Besuch (dank Eric) im noch zu entstehenden und für jeden zugänglichen Museum(-sentwurf). Das kann man auch durchaus gewissenhaft weiterempfehlen.
Eigentlich wollte ich mir mal ein aktuelles Bild davon machen wie Marco Kurz so arbeitet. Bei den bisherigen Besuchen (2-3) hatte ich eigentlich immer ein gutes Bauchgefühl gehabt.
Nun ja, ein Abschlusstraining hat jetzt auch nicht die Aussagekraft, als wenn man Tag für Tag sich das ganze anschaut, aber man konnte doch feststellen, dass die Stimmung recht gut war. Im Einzelnen konnte ich mich auch nicht mehr an die Übungen erinnern, geschweige wer da das Sagen hatte - Kurz oder Geronzel. Dazu war man zu weit entfernt. Später hatte der Co-Trainer viele Passübungen eingeleitet und diese betreut. Negativ fand ich das aus der Entfernung betrachtet nicht, da die Spieler recht aufmerksam waren und das Training auch eine klare Struktur zu haben schien. Positiv fand ich, dass man auch mal (zum Aufwärmen) Rugby spielte und auch sehr viele Übungen hatte, die das Freilaufen ohne Ball förderten.
Was aber recht negativ war, dass man keine Sitzmöglichkeit hatte; auch einen Kaffee oder eine Maß Bier

wäre perfekt gewesen.
Spiel am Freitag, 20:40
Für mich hatten sich eigentlich die Trainingseindrücke im Spiel bestätigt. Abgesehen vom Ergebnis, war es eine couragierte Leistung gegen einen biederen Gegner, den man im vorderen Mittelfeld der Liga einzuordnen hat. Dummerweise sehr effizient spielend.
Neben dem Spiel war die Atmosphäre schon sehr beeindruckend: Freitag Abend, Flutlicht, 20.000 kleine Flammen (Funken), mindestens 5000 Schwaben. Daran können sich die Mainzer mal ein Beispiel nehmen, denn so sieht Europapokal aus. Friedliche und respektvolle Stimmung auf dem bekanntesten Berg in Rheinland-Pfalz! Und auch das bengalische Feuer löst bei den verantwortlichen Schwaben keine Grundsatzdiskussion über Gute Schwaben – Böse Schwaben aus!
Das Ergebnis aus diesem Spiel war letztlich ernüchternd auch in Anbetracht der Gegentore, die aus abgefälschten Schüssen und Flanken resultierten. Dass dann der "begnadete" Techniker Bohlaruzz zum Matchwinner wurde und die Note 1,5 vom Kicker bekam. Dumm gelaufen. Das Fazit fällt dann aber schon wieder positiver aus, wenn man sich die Chance von Shechter und Fourtunis betrachtet. Hier scheint wohl auch wieder Spielkultur zusammenzuwachsen, die durchaus effektiv und leichtfüßig gegen jegliche Abwehrformation der Liga dagegen halten könnte. Was fehlt ist wohl noch die notwendige Durchschlagskraft.
Kaderzusammenstellung
Bei der Kaderzusammenstellung, darf man nicht vergessen welche finanziellen Mittel Stefan Kuntz und Marco Kurz zur Verfügung haben. Leider haben wir mit Lakic einen Spieler über drei Jahre aufgebaut und das Spiel nach ihm gerichtet für den wir am Ende der Saison keinen Cent gesehen haben. Das schmerzt. Dennoch drückt speziell auch die Person Lakic die Expertise von Kuntz/Kurz aus, da man in der Lage war einen Topstürmer (zu einem Zeitpunkt) zu entwickeln. Das dieser in Wolfsburg nicht funktioniert, scheint andere Gründe zu haben, zumal man dort die verschwenderische Qual der Wahl hat. (Auch hier wieder schöne Grüße an die Rhein-Zeitung mit einer kleinen Leseempfehlung:
http://www.sueddeutsche.de/sport/fussba ... -1.1126206).
Zum anderen zeigt es aber auch, dass man mit Lakic einen Spieler hatte, der gewillt war zu kommunizieren - unter anderem mit einem Tiffert - und auch die Spieler mitzureißen. Ob dies auch bei Shechter, Kouhema, Fourtunis, Vermouth oder Sukuta-Pasu der Fall ist? Bleibt abzuwarten.
Aus der Zeit von Marco Kurz als Trainer schmerzen besonders die Abgänge von Sydney Sam, Jimmy Hoffer, Hlousek und auch Lakic. Aktuell setze ich sehr viel Hoffnung auf eine Weiterentwicklung von Fourtunis und Kouhema. Sukuta-Pasu würde ich in der aktuellen Verfassung eher bei Rückständen einwechseln, um sich für die erste Elf zu empfehlen, auch wenn er für die Balance bei Standardsituationen wohl brauchbar wäre. Aber auch hier vertraue ich da schon auf den Trainer.
Trainer und Ausblick
Marco Kurz besitzt einen besonders hohen Stellenwert als Trainer bei vielen FCK-Fans. So auch bei mir. Der Aufstieg und der Klassenerhalt sind mit Sicherheit auch eine persönliche Leistung von Marco Kurz. Auch dass er Spielern wie Lakic oder Sam das Vertrauen geschenkt hat und auch ihm dieses durch Leistung zurückgeschenkt wurde.
Negativ fallen da schon die suspendierten Spieler wie Amri oder Rivic ins Gewicht. Pflegeleicht sind diese Profis aber auch nicht. Nicht jeder Bundesligatrainer hätte diese genommen. Ein Pokerspiel wie wohl auch damals mit Sydney Sam oder Ilicevic, wenngleich sich das ausgezahlt hatte. Ich habe die Vermutung, dass Amri und Rivic ihre Spielweise nicht ändern konnten und auch wollten. Gerade in der jetzigen Situation mögen diese von dem ein oder anderen als Heilsbringer angesehen werden oder für den Buchhalter als totes Kapital (Rivic: 800.000€) verschrien werden. Nun ja einen nachträglichen Gegenbeweis, dass es mit diesen viel besser gelaufen wäre, kann es im Fußball ja nicht geben. In Zukunft brauche ich auch diesen Gegenbeweis nicht, weil ich mir sicher bin, dass es damit noch schlechter laufen würde. Anders verhält es sich da schon mit den neu in den Kader gekommenen Jugendspielern.
Aus meiner Bewertung zum Trainer wird eigentlich recht deutlich, dass ich als FCK-Fan mir einen Marco Kurz als Trainer ganz gut weiter vorstellen kann und will, wenngleich mir die Spielweise für den Abstiegskampf phasenweise zu offensiv optimistisch ausgerichtet ist.
Da tritt Freiburg doch sehr viel effizienter auf, speziell am letzten Spieltag auch glücklicher. Das sorgt für Frust.
Sollte die tabellarische Situation sich nicht in den nächsten 2-3 Monaten ändern oder gar noch verschlimmern, so muss man natürlich auch über den Trainer nachdenken. So ist das Business und so war das Business auch schon in der letzten Saison oder in der vorletzten Saison. Wie auch immer eine Entscheidung ausschauen könnte, so möchte ich mir diesen Worst Case mit einen Cheftrainer Ciriaco Sforza vorstellen - auch in Zusammenarbeit mit einem Marco Kurz und Geronzel in einer untergeordneten Co-Trainerfunktion. Nicht als situative Notlösung oder gar als Degradierung, sondern eher als ambitionierte Zukunftsvision, um dann irgendwann mal wieder an einem Abend mit Flutlicht eine Mannschaft aus dem europäischen Ausland zum Europapokal zu sehen. Den Typ Marco Kurz - als Münchner Löwe - würde ich eigentlich sehr ungern am Betzenberg missen: mit aller Wucht und Emotionalität.
