@playball
1. Athletik: Sagte ich ja, dass ich mir da mehr von Wolf erwartet hätte. Dennoch waren die Spieler früher nicht athletischer (=kräftiger, muskulöser), sondern einfach mehr auf Ausdauer getrimmt. Trainer, die noch Waldläufe durchführen, sind doch heute verpönt. Früher gabs Trainer, da haben die in einer Vorbereitung erst nach zwei Wochen Laufen mal den Ball gesehen --> beim Zirkeltraining, wohlgemerkt, wenn sie über ihn drüber sprangen.
Das allein hat uns aber auch nicht weiter geholfen. Warum war wohl der deutsche Fußball in den Neunzigern am Boden? Rennen konnten wir auch da noch. Allein, es waren Technik und Taktik vernachlässigt worden bei der Ausbildung.
Heute sind die jungen Spieler taktisch und technisch hervorragend geschult (daher sind auch unsere Jungen letzte Saison so eingeschlagen!), weisen aber im Gegensatz zu früher körperliche Defizite auf, weil weniger hart trainiert wurde.
Das Spezialtraining könnte man auch heute noch machen. Da sehe ich zu den Flexibilitäten, die m.E. erfordert werden heute, keinen Widerspruch. Warum nicht drei Trainingseinheiten am Tag, eine mit Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer, später eine taktische Einheit mit Spielzügen und Ballverhalten, zum Abschluss dann ein Spielchen mit deren Umsetzung und zuletzt abends mal noch Techniktraining mit Lockerungsübungen am Ball? Ich muss täglich mind. 9 Stunden arbeiten und gehe an mind. drei Tagen die Woche abends noch in mein Haus (momentan noch Baustelle), arbeite dort auch noch den ganzen Samstag und wenn es sein muss auch sonntags. Na und? Ich überlebs auch...
Durchtrainiertere Spieler wären auch nicht so verletzungsanfällig wie unsere Mädchen heutzutage. Wie häufig liest man schließlich von Studien, die besagen, dass zu unausgewogen und zu wenig trainiert wird für die Anforderungen des Spitzensports. Wenn ich sehe, dass ein Schwimmer am Tag bald sieben Stunden im Becken und im Kraftraum ist, oder ein Tennisspieler eine ganze Woche lang jeden Tag Tennis spielt bei einem Turnier, daneben aber auch noch trainiert, dann frage ich mich allen Ernstes, wie verzärtelt unsere Fußballer doch sein müssen...
2. Kurve: Früher musste die Kurve nicht das Gefühl haben, dass noch etwas gehen könnte. Die Kurve wusste, wenn sie Gas gibt, dann geht IMMER was. Heute gibt die Kurve aber nur noch selten Gas. Lieder werden angestimmt, einmal auch noch kräftig wiederholt, dann aber völlig unmotiviert abgebrochen, wenn nicht innerhalb von diesen 10 Sekunden die Mannschaft Gas gibt. Mein Gott, wenn ich an das Glasgow-Spiel denke, das war um 16 Uhr nachmittags! Trotzdem war da eine Stimmung, die war phänomenal. Die Kurve hat sich schon bei der Aufstellung selbst gefeiert, obwohl es kaum einer für möglich hielt nach dem schwachen Hinspiel in Glasgow, dass da noch was geehn könnte, wurde trotzdem lauthals Lied für Lied durchgezogen. Die Folge war, dass ein junger Klose über sich hinaus wuchs, ein Grammozis einen richtig genialen Sololauf hinlegte und nach dessen Flanke selbst ein Lokvenc mal ein Kopfballtor erzielte.

Gegen 60 hats doch auch geklappt, aber irgendwie rafft der Nachwuchs das nicht, dass nur der Dauersupport solche Phlegmaten wie Müller und Opara nach vorne treibt...
Man kann das meinetwegen noch entschuldigen damit, dass die Jungen seit 2000 keinen gescheiten Fußball mehr gesehen haben bei uns oder nur sehr selten. Ich denke aber eher, dass das bei denen auch ein Mentalitätsproblem ist. Der Gemeinschaftswille scheint mir weniger ausgeprägt als früher. Wäre dann aber eher eine Gesellschaftsdebatte als eine Debatte hier. Von daher gehe ich darauf auch nicht näher ein.
3. WM 1986: Sie war nicht nur in der Vorrunde langweilig, auch der Großteil der Finalspiele war langweilig. Unsere Spiele gegen Marokko und Mexiko lebten einzig und allein von der Spannung und waren nix als Krampf und Kampf. Hohes Tempo konnte ich darin nicht erkennen. Auch unser Halbfinalspiel in Mexiko war wenig temporeich, das habe ich noch nicht so lange her erst mal wieder bei Eurosport so nebenbei sehen können. Genau genommen gab es genau drei herausragende Spiele bei jener WM. Das waren auch genau die von dir angesprochenen mit ENG-ARG, FRA-BRA und DEU-ARG. Der Rest war guter Durchschnitt, technisch fein, aber wenig schnell.
Ich will es noch mal anders ausdrücken: wegen der Hitze war schnelles Spiel kaum möglich, dadurch waren technisch begabtere Mannschaften im Vorteil. Kampfbetontere Truppen (s. England oder unsere Truppe) hatten von vornherein Probleme, ihr kraftraubendes Spiel auf den Platz zu übertragen. Damit waren viele taktische Manöver wie Pressing, Gegner doppeln oder dergleichen kaum über 90 Minuten durchführbar. Die deutsche Mannschaft ist dann dank einzelner Könner (Matthäus, Brehme, Völler, Rummenigge, Littbarski) trotzdem weiter gekommen, auch und vor allem wegen ihrer gefährlichen Standards (die meisten deutschen Tore fielen aus Freistößen oder Ecken, dazu das gewonnene Elferschießen gegen Mexiko).
Von daher nehme ich mein vorheriges Urteil ein wenig zurück und sage noch mal konkret: die WM 1986 ist vor allem deshalb als attraktiv zu zählen, weil die Technik im Vordergrund stand, taktische Spielereien wie bei den letzten beiden WMs nicht zum Tragen kamen. Sie muss aber wegen der Hitze als eine der langsameren WMs angesehen werden.
Die schlechteste WM fand ich aber spielerisch nach wie vor in den USA. Da gab es selbst letztes Jahr (dank unserer Elf) besseres zu sehen.
4. Spezialisierung/Flexibilität: Ich sehe das nach wie vor anders als du. Ich sehe auch nicht die Möglichkeit, zehn spezialisierte Feldspieler zu holen anstelle 20 anderer Profis, wovon 10 durchs Raster fallen, denn die Ausbildung heutzutage läuft diesem spezialisierten Spielertyp entgegen.
Ich sehe auch nach wie vor den Vorteil eines spezialisierten Innenverteidigers heute nicht mehr. Klar wäre es besser, wenn der IV so gebaut ist wie Stumpf, an dem "niemand vorbei kam" (nun, wir haben dann aber trotzdem reichlich Tore kassiert damals, als er bei uns spielte). Ist es aber nicht eher von Vorteil, wenn der IV in der Lage ist, darüber hinaus noch einen guten Pass zu spielen, damit schnell ein Gegenangriff eingeleitet werden kann? Ist es nicht besser, wenn ein Außenverteidiger auch gleichzeitig Flanken schlagen kann, anstatt nur schnell und zweikampfstark zu sein, oder sich gar mal in die Mitte fallen lassen kann, wenn erforderlich, um dort Überzahl zu schaffen? Ist es nicht sinnvoll, wenn der DM und der OM auch mal die Plätze tauschen können, weil beide zweikampfstark und passsicher sind, sodass das Team in der Offensive schwerer ausrechenbar wird? Und ist es nicht besser, wenn ein Stürmer, der kopfballstark ist, sich auch mal nach draußen fallen lassen kann und eine brauchbare Flanke zum aufrückenden OM hinbekommt, oder der Mittelstürmer auch mal am Boden einen Gegenspieler stehen lassen kann? Oder der Außenstürmer auch mal nach innen ziehen kann, weil er kopfballstark genug ist, um auch mal bei einer Flanke von der anderen Seite in der Mitte zu treffen?
Hast du solche Spielertypen im Team, dann bist du ganz, ganz schwer ausrechenbar, weil der Gegner dann nie weiß was kommt. Du kannst wesentlich schneller dein Spiel aufziehen, ein anderer Spieler eröffnet plötzlich das Spiel anstelle des erwarteten, es werden Lücken gerissen. Die dann von den Stürmern auch mal genutzt werden müssen...
Von daher finde ich auch ein 4-5-1-System, das RICHTIG interpretiert wird (nämlich das Verschieben im Offensivfall zu einem 2-5-3 und nicht wie bei uns das Stehen bleiben bei einem 4-5-1 und das Beobachten des Mitspielers mit Ball, die dann die ärmste Sau ist <-- meistens Hajnal), gar nicht ganz so schlecht, vor allem (und da wiederhole ich mich mal wieder) wenn die Außen gut besetzt sind, sodass der Stürmer in der Mitte mit Flanken gefüttert werden kann und die nachrückenden Mittelfeldspieler den Ballführenden unterstützen können.
Ich mag noch nachvollziehen, dass die Spezialisierung eine Vereinfachung des eigenen Spiels darstellt, was es dem Spieler innerhalb der Mannschaft leichter macht, seine Aufgaben zu kapieren und von daher vielleicht bessere Leistungen zu erwarten sind. Aber ich erwarte eigentlich heute von den Spielern, dass sie mehr können als das. Ihre Ausbildung im taktischen und technischen Bereich ist um Längen besser als noch vor 20 Jahren, heute können sich auch schon junge Kicker ganz auf Fußball einstellen in ihrer Jugendzeit, die Jugendzentren machen es möglich. Und da unser Team mit wenigen Ausnahmen weit unter 30 Jahre alt ist, hätte ich mir da auch mehr erwartet von den Jungs (ich nehme mal an, Wolf auch). Zumindest erklärt das auch die Fülle an jungen Franzosen, die in den Neunzigern sicherlich die beste Fußballschule genossen haben...
Warum kann unsere Truppe das also nicht konsequent umsetzen, was Trainer und ich hier fordern? Ich behaupte, es liegt weniger am Einsatzwillen sondern vielmehr daran, dass wir zu viele verletzungsanfällige Spieler haben, die nicht durchtrainiert und damit konditionell nicht auf der Höhe sind, was wiederum Formschwäche bedeutet. Wenn ich lese, dass ein Meißner bei 1,86 m ein Gewicht von 96 Kilo auf die Waage bringt, da frage ich mich schon, wie das zu Stande kommt...
Ein Verteidiger, der nix macht, als seinem Gegenspieler 90 Minuten hinterher zu rennen, der ist m.E. ein verlorener Spieler. Zwar schaltet er den Gegenspieler über die meiste Zeit auch aus, aber ein Spielertyp wie Makaay, der lacht doch nur über einen solchen Verteidiger. Nach einer Viertelstunde hat er seinen Gegner ausgeguckt und läuft ihm gnadenlos davon beim nächsten Angriff. Hat er dagegen mehrere neben sich, die sich abwechselnd um ihn kümmern, dann kann er sich auch nicht auf diese genauer einstellen, muss umdenken, anders laufen wie auch immer.
Wolf hat die Spieler also gekauft, weil er sich sicherlich auch mehr von ihnen versprochen hat. Dass da wieder mal ein paar dabei sind, die weit hinter den Erwartungen zurück bleiben, das ist aber nix überraschendes und weder neu noch einmalig und auch nicht nur beim FCK zu finden (man schaue nach Kölle). Das hatte auch Otto schon (Komljenovic, Sobotzik, Djorkaeff, letzterer blieb außer in seiner ersten Halbserie weit hinter den Erwartungen zurück und war auch menschlich katastrophal, ein Spalter; um nur ein paar zu nennen), bei seinen Nachfolgern wars noch schlimmer (man denke an die Gerets-Saison mit Nurmela, Vreven und Mettomo). Im Gegensatz zu denen betreibt Wolf ja eine richtig gehend sensationelle Einkaufspolitik: 50 % Erfolg, wann hatten wir das schon zuletzt?!?
5. Wuttke lasse ich jetzt aus. Ich konnte den nie leiden. Die paar guten Spiele, die er unbestritten gemacht hat, haben es auch nicht rausgerissen. Mag sein, dass wir ohne ihn noch schlechter da gestanden hätten bisweilen, will ich ja gar nicht bestreiten.
Ich bin aber schon ein wenig überrascht, wie du z.B. Engelhardt ob wenig professionellem Verhalten in Diskotheken kritisierst (zumindest als dies aktuell war), Wuttkes ungebührliches Verhalten neben dem Platz aber entschuldigst. Und komm mir nicht damit, dass der immer Leistung gebracht hätte, das hat er, wie du oben richtig schriebst, nicht.
6. Toppi: Ich denke nicht, dass ich übertreibe. Letzten Endes ist es ihm nämlich nicht gelungen, aus seinen Mannschaften was AUF DAUER zu machen. Sicher, bei der Eintracht hatte auch Heynckes seinen großen Anteil am letztendlichen Absturz. Aber die hatte ich auch nie mit dem Toppi-Phänomen betitelt (lies es noch mal nach), da hatte ich nur geschrieben, dass es später auch mit denen in Liga Zwei ging, als Toppi dann weg war. Mehr nicht.
Zu den verschiedentlichen Gründen für das Scheitern bei den jeweiligen Mannschaften möchte ich gar nicht näher eingehen. Fakt ist:
- mit dem HSV nach oben gekommen, die Meisterschaft nicht geschafft, weil eingebrochen, danach Absturz, der von Doll abgefangen wurde.
- mit Bochum nach oben gekommen und Großes erreicht, dann nur ein Jahr später wieder der Sturz ins Bodenlose, mit Rausschmiss und Abstieg in Liga Zwei.
- mit Bayer gleich drei (!) Titel auf der Zielgeraden verbaselt! Danach Absturz ins Bodenlose und das Vermeiden des Abstiegs nur, weil er rechtzeitig entlassen wurde.
Bei allen dreien bleibt vor allem festzuhalten, dass er euphorisch und hervorragend gearbeitet hat, so lange es lief. Als es aber nicht mehr lief, war nur noch eine große Ratlosigkeit vorhanden, die jeweiligen Truppen galten als zerstritten (am schlimmsten beim HSV, aber auch bei Bayer).
Da sage ich ganz ehrlich: einen Trainer über zwei Jahre, der uns letzten Endes vielleicht wieder genau dort hin bringt, wo wir vorher waren, den brauche ich nicht!
7. Klopp: Völlig richtig, dass der momentan KEIN Thema für uns sein KANN. Er sagte auch selbst in einem Interview vor gut zwei Jahren, dass er es sich sehr gut vorstellen könne, mal auf dem Betzenberg zu trainieren, dass er begeistert sei vom Verein und den Fans und deren Mentalität. Er betonte aber auch, dass dies nicht nahtlos von den 05ern zum FCK ginge, dass dann etwas anderes dazwischen liegen müsse. Wäre dies gegeben, dann könnte er es sich aber sehr gut vorstellen.
Nicht anders sehe ich das auch. Vielleicht in ein paar Jahren, wenn wir konsolidiert sind in Liga 1...
8. Sportdirektor--> Zitat: "Mit Martin Wagner koennte ich mich anfreunden." Na, da sind wir doch immerhin mal bei etwas einer Meinung.
Sicher wird auf Dauer der Sportdirektor kein alleiniger Heilsbringer sein. Das behauptete ich auch nicht. Ich war der Meinung, dass das Signal einer schnellen Verpflichtung eines Sportdirektors Wagner positiv genug sein könnte, doch noch den Aufstieg zu packen, auch mit Wolf. Und ein Martin Wagner besitzt nicht zuletzt durch seine Spielerberatertätigkeit die nötige Erfahrung, durch sein Verhältnis zum FCK bringt er auch das nötige Herzblut mit.
Auf Dauer muss man sicherlich auch die Vereinsstrukturen hinterfragen, da gebe ich dir Recht. Das dürfte aber weder aufstiegsrelevant mehr sein noch in der kurzen Zeit zu bewerkstelligen, die uns bis zum letzten Spieltag bleibt.
Der Wirbel um Pander ist rein medienbedingt. Ich denke nicht, dass für die Vereinsführung Pander wirklich ein ernsthaftes Thema war. Vielleicht für Wolf, der in WOB ja mit ihm zusammen gearbeitet hat. Auch durchaus erfolgreich, wie ich meine.
Überhaupt kommt mir die Arbeit Panders viel zu schlecht weg in den Medien und vor allem auch hier im Forum. Den letztendlichen Niedergang in WOB muss man bei VW suchen, die zu viel auf einmal wollten, damit erst Wolf und schließlich Pander vergraulten, welche eher als Mahner da standen, den Erfolg behutsam aufzubauen und nicht wahllos in Argentinien zusammen zu kaufen. Man sieht ja auch, was danach noch kam, nachdem Pander und Wolf weg waren. Immer teurere Spieler und immer weniger Erfolg.
Auch in Gladbach sehe ich die Schuld weniger bei Pander als bei den Vorgängern. Hochstätter hatte mit Advokaat richtigen Mist gebaut. Den kleinen arroganten Käsesack, bekennender Deutschhasser (auch hier sei wieder an das Glasgow-Spiel erinnert, als er übel ablederte nach dem Hinspiel), zu verpflichten, das war doch ein vorherbestimmter GAU. Die Folgen dauern jetzt noch an. Was man Pander dabei vielleicht ankreiden kann, das ist, dass er immer noch nicht gerafft hatte, dass Heynckes nun mal kein Trainer für die deutsche Bundesliga ist. Immerhin hatte der das gleich bei drei vorangegangenen Stationen unter Beweis gestellt, in Bayern zumindest teilweise, in Frankfurt und auf Schalke aber doch sehr deutlich.
Ich persönlich fände Gähnen (

) schlimmer als Pander, ganz zu schweigen vom früheren Dortmunder Totengräber, der jetzt grad in Köln vollendet, was Rettig nicht mehr geschafft hatte. Auch Rüssmann wäre eher schlecht für uns, behaupte ich.
So, das wars mal wieder.
Grüße, SuperMario