Viel Spekulatius. Nehmen wir mal das, was wir wirklich wissen:
Zunächst ist der Brief an sich äußerst ungewöhnlich, da er nichts konkretes enthält. Normalerweise sind solche Depotmitteilungen sehr technisch: nach dem Motto: Rückzahlung der Anleihe [ ] oder Zeichnung einer neune Anleihe zu 5% für 3 Jahre [ ]. Bitte kreuzen Sie an was Sie wollen. Da es offensichtlich immer noch keine Wertpapierprospekt gibt (denn das brauche ich in jedem Fall auch für die Anleihe), hat man sich - warum auch immer - für diesen mehr als unkonkreten Brief entschieden.
Auch die Diskussion, ob nun der e.V. oder die KGaA als Emittent auftritt finde ich nicht wirklich entscheidend. Entscheidend ist die Frage, ob der Verein tatsächlich für drei Jahre durchfinanziert ist - und da habe ich meine Zweifel.
Gibt es eine Zusage der Stadt, die Pachtreduktion auch nach der nächsten Saison fortzusetzen? Oder wie soll eine potentiell höhere Pacht v. bis zu EUR 3,6 Mio. finanziert werden?
Werden nur EUR 2 Mio. aus der neuen Anleihe platziert, wie wird dann der Rest finanziert? Über eine Zwischenfinanzierung?
Wie sind die Konditionen der (besicherten?) Zwischenfinanzierung im Verhältnis zur (unbesicherten?) Anleihe? Bekommt die Bank mit Sicherheiten 10% während die Anleihe ohne Sicherheiten 5% abwerfen soll?
Vor zwei Wochen ist der Prospekt des HSV (
https://www.hsv-anleihe.de/wp-content/u ... ospekt.pdf) veröffentlicht worden. Wer Interesse hat, sollte sich das mal durchlesen, denn es wird ziemlich deutlich, welche Transparenz geschaffen wird. Das Wort Insolvenz kommt im HSV Prospekt 26x vor.
Letztlich bleibt uns nichts anderes übrig als abzuwarten. Allerdings scheint das Erinnerungsvermögen unserer Führungskräfte nicht all zu lange zu reichen:
Zu beidem gehöre der Glaube an ein Projekt auch jenseits nackter Finanzkennzahlen, und viele Entwicklungen – gerade sportliche – seien nur bedingt prognostizierbar, führt Klatt aus. Nicht zuletzt aufgrund des Emotionalisierungscharakters eines Fußballvereins seien Eigenkapital-nahe Finanzierungsinstrumente passender als klassische Bankdarlehen. „Angesichts der aktuellen finanziellen Situation scheint eine mögliche Ausgliederung der Profiabteilung eine geeignete Maßnahme zu sein, um für den Verein Wagniskapital in nennenswerter Höhe erschließbar zu machen.“
So Michael Klatt im Sommer 2017. Und jedem, wirklich jedem, der sich mit der Materie auskennt, musste klar sein, dass man einen Ankerinvestor braucht, bevor weitere Investoren aufspringen. Denn nur durch einen Ankerinvestor ist die Sicherheit der anderen Investoren gegeben. Und wir suchen nicht seit 3 Monaten nach Investoren sondern seit mind. 2,5 Jahren. Der Aufsichtsrat unter Riesenkampf hat sehr frühzeitig damit begonnen und Klatt hat die Suche nach dem Rücktritt von Gries gemeinsam mit Banf federführend übernommen. Es ist also mitnichten eine Frage der Zeit sondern vielmehr die Frage, ob man mit den richtigen Konzept gesucht hat. Im übrigen ist es der Traum der meisten Kapitalsuchenden Investoren zu finden, die viel Geld geben und wenig mitreden wollen - es ist allerdings auch ein nahezu immer unerfüllter Traum.
Noch eine Anmerkung: Michael Klatt wurde eine Last und eine Erwartungshaltung auf die Schultern gelegt, die er gar nicht erfüllen konnte. Das habe ich hier schon vor 3 Jahren geschrieben. Er hat allerdings auch nicht besonders viel dazu beigetragen, dieses Bild gerade zurücken. Denn letztlich ist die Verschuldung seit seiner Amtsübernahme deutlich gestiegen. Und das wesentliche Ziel, nämlich Eigenkapitalinvestoren zu finden ist (bisher) nicht geglückt. Parallel ist die sportliche Kompetenz des Vereins in einem atemberaubenden Tempo erodiert und die Einnahmenseite hat sich damit pulverisiert. Dies war alles in seiner Amtszeit. Ist er alleine dafür verantwortlich? Mit Sicherheit nicht. Kann er sich hinstellen und sagen: Ich habe die Finanzen verwaltet und für alles andere bin ich nicht verantwortlich? Mit Sicherheit nicht. Und was mich dabei insbesondere ärgert, dass Hilfe immer wieder abgelehnt wurde. Nicht nur von mir sondern von vielen anderen Leuten. Auf viel wichtigerem Level und auf ganz anderem Niveau. Immer wieder: Ich kann das besser - und am besten kann ich es alleine. Dabei dachte ich immer: Nur zusammen sind wir Lautern.