
Spielbericht: Arminia Bielefeld - 1. FC Kaiserslautern 3:2
Gebrochene Herzen
Der 1. FC Kaiserslautern ist erstmals in seiner Vereinsgeschichte in die 3. Liga abgestiegen. Das Spiel in Bielefeld fühlte sich für die mitgereisten FCK-Fans noch einmal wie eine schallende Ohrfeige an.
- Fotogalerie | Fanfotos: Arminia Bielefeld - 1. FC Kaiserslautern
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Als eigentlich alles zu spät war, hatte der FCK noch einmal die Brechstange ausgepackt. Alles, was in der durch einen Platzverweis mal wieder dezimierten Mannschaft auch nur irgendwie Offensivgefahr ausstrahlte, war nach vorne gestürmt. Zweimal noch hatten die Roten Teufel das 3:2 auf dem Fuß, doch der Ball wollte einfach nicht über die Linie. Dann ein Konter der Hausherren, das 2:3, der Abpfiff, das Ende.
Wie geht man mit dem drohenden Abstieg um?
Wie tritt man dem wahrscheinlich größten Tiefschlag seiner Vereinsgeschichte eigentlich entgegen? Mit dieser Frage mussten sich wohl alle FCK-Fans am Freitagmorgen beschäftigen. Mehr als 1.000 von ihnen hatten die Reise nach Ostwestfalen angetreten, um sich gemeinsam mit der Mannschaft gegen das drohende Schicksal im Gastspiel bei Arminia Bielefeld zu stemmen. Der Abstieg in die 3. Liga - für den FCK seit längerer Zeit, eigentlich seit der Hinrunde, eine reale Bedrohung. Und doch immer noch so unbegreiflich.
Doch je näher das Unausweichliche auch zuletzt gerückt war, eine endgültige Antwort, ein Patentrezept, wie man damit umgeht, gibt es nicht. Jeder hat in den vergangenen Wochen seinen eigenen Weg gefunden, den Schmerz, die Wut, das Elend zu verarbeiten: Die einen distanzieren sich, die anderen bekennen sich erst recht zu ihrem Klub. Wieder andere machen ihrem Ärger Luft oder wenden sich einfach komplett ab. Und doch steht hinter diesem Verein, auch wenn es ein mittlerweile hohler Begriff ist, eine Region, eine Mentalität, ein Glaube.
Zur Pause hätte es schon 0:3 stehen können
So präsentierte sich der baulich gesehen undankbare Gästeblock im eigentlich schmucken Bielefelder Stadion immer wieder in einem wilden Durcheinander. Laute Anfeuerungsrufe wurden von frustriertem Schweigen oder wütenden Reaktionen abgelöst, um gleich darauf wieder in lauten Support umzuschlagen. Dabei war Gästeanhang gar nicht komplett: Drei Busbesatzungen der Lautrer Ultras konnten ihren Verein nicht von der Tribüne aus unterstützen, sondern wurden von der Polizei 90 Minuten lang auf dem Stadionvorplatz eingekesselt - eine Aktion, die selbst die Bielefelder Stadion-Securities nicht nachvollziehen konnten.
Die Ultras bekamen damit nicht zu sehen, wie der FCK zur Pause eigentlich mit 0:3 in Rückstand hätte liegen müssen. Sie sahen nicht, wie mitunter unfassbar dilettantisch sich die Lautrer Defensive phasenweise anstellte und die Hausherren ihrerseits um die kleine Chance auf den Aufstiegsrelegationsplatz kämpften.
Doch als die Mannschaften in der Kabine waren, flimmerte - auch wenn es der Highlight-Zusammenschnitt der Stadion-Regie nicht wahrhaben wollte - die "Null" bei der Arminia und die "Eins" beim FCK. Sebastian Andersson hatte den Ball kurz vor der Pause irgendwie ins Tor gestochert und den Betze in Front gebracht.
War das der Glaube an das Wunder oder einfach nur Freude über ein bisschen Versöhnung? Die Anhänger der Roten Teufel bejubelten das Tor ausgiebig. Als Andersson nach der Pause auch noch auf 2:0 stellte, knallte die Freude aus dem Gästebereich förmlich heraus. Sollte das Schicksal tatsächlich am Abgrund noch ein kleines Geschenk für die geschundene FCK-Seele bereithalten? Ein kleines Bonbon?
Der letzte Akt
Nein. Denn das Schicksal erwies sich als Arschloch. Gerade, als ein Hauch Zufriedenheit das rot-weiße Lager umgab, brach es wie so oft in dieser Spielzeit über den FCK herein. Ausgangspunkt war mal wieder ein Abstimmungsfehler, der DSC-Angreifer Fabian Klos frei vor Marius Müller auftauchen ließ. Ein Haken, ein Schuss, ein Handspiel. Benjamin Kessel hatte versucht, auf der Linie das Schlimmste zu verhindern, wurde allerdings von Guido Winkmann des Feldes verwiesen. Der Strafstoß landete im Tor, das mit über 21.000 Zuschauern stattlich gefüllte Stadion bebte - und irgendwie war jedem Betze-Fan in der mittlerweile tiefstehenden, goldenen Aprilsonne jetzt klar, was folgen würde. Der finale Akt einer bis ins Letzte beschissenen Spielzeit.
Der Ausgleich, das letzte Aufbäumen in Unterzahl, eine völlig wilde Schlussphase, die Brechstange, die Chancen, das Gegentor. Aus und vorbei. Winkmann pfiff die Partie gar nicht mehr an. Während das Bielefelder Team sein Glück kaum fassen konnte und die Heimtribüne, die sich zu Spielbeginn in einer tollen Choreographie präsentiert hatte, "Oh wie ist das schön" anstimmte, sanken die meisten FCK-Profis zu Boden. Marius Müller saß völlig aufgelöst auf dem Rasen, andere Spieler blickten starr auf den Platz. Der Abstieg, nach 1996, 2006 und 2012 zum vierten Mal in der Fremde, war besiegelt. Eine Mischung aus Applaus, aufmunternden Rufen, aber auch vereinzelten wütenden Reaktionen schlug den Spielern entgegen, die minutenlang konsterniert vor dem Gästeblock standen.
Tränen auf beiden Seiten. Dann ein geschlossenes "You'll never walk alone", der Abgang ins Ungewisse und die Leere. Gebrochene Herzen.
Quelle: Der Betze brennt

Stimmen zum Spiel
"Für jeden von uns der sportlich schlimmste Tag"
Aus und vorbei: Der 1. FC Kaiserslautern ist abgestiegen. Nach dem 2:3 in Bielefeld gaben Christoph Moritz und Phillipp Mwene Einblick in ihr Seelenleben. Martin Bader dachte schon voraus.
Am Ende hatte der FCK noch einmal alles nach vorne geworfen, doch das dritte Tor, welches die rechnerische Chance auf den Klassenerhalt am Leben gehalten hätte, wollte nicht fallen. Stattdessen kassierten die Lautrer das 2:3 in der Schlusssekunde - und waren damit abgestiegen. Auch wenn der Fall in die 3. Liga schon länger abzusehen war, bei einigen FCK-Akteuren liefen nach dem Schlusspfiff die Tränen. "Wenn es endgültig ist, sitzt du da. Keiner sagt was. Jeder hat versucht, damit umzugehen", beschrieb Phillipp Mwene die Stimmung nach dem Schlusspfiff in der Kabine.
Moritz: "Das hat keiner gerne in seiner Vita stehen"
"Das ist wahrscheinlich für jeden von uns der sportlich schlimmste Tag", sagte ein nachdenklicher Christoph Moritz. "Den FCK von der 2. in die 3. Liga zu bringen - das hat keiner gerne in seiner Vita stehen." Ein großes Lob hatte der Kapitän wie Mwene für die mitgereisten Fans übrig, die der Mannschaft zum überwiegenden Teil Applaus spendeten". "Das ist nicht normal. Hätten sie uns ausgepfiffen, hätte ich das verstanden", so Mwene. "Deswegen tut es einem so unendlich leid für die Leute", betonte Moritz angesichts des gut gefüllten Fanblocks und dessen Reaktion nach dem Schlusspfiff.
Glück oder Pech? "Darüber müssen wir nicht mehr reden"
Mit dem Spiel wollten sich beide Akteure gar nicht mehr befassen. Auch wenn das Team lange Zeit eine ansprechende Leistung gezeigt hatte, fehlten am Ende trotzdem die letzten Prozent, um den Sieg davon zu tragen. "Ein Spiegel der ganzen Saison", hatte Moritz gesehen. Die guten Möglichkeiten zum Schluss wollte der Mittelfeldmann aber nicht mit Glück oder Pech erklären. "Darüber müssen wir dann nach 32 Spieltagen auch nicht mehr reden."
"Absoluter Witz" für Frontzeck - Bader: "Müssen jetzt liefern"
Michael Frontzeck sprach von einer "bitteren Stunde". Aufgrund der starken Rückrunde bezeichnete der 54-Jährige den Abstieg als einen "absoluten Witz". "Ich bin erst sei Februar hier", fügte Martin Bader an. "Aber das heute nimmt einen mit. Es fühlt sich an, als wäre ich schon länger hier." Der Sportvorstand dachte schon wenige Minuten nach dem Schlusspfiff voraus. Es gelte nun die Kaderplanung noch weiter zu intensivieren und die kommende Spielzeit gut zu planen, schließlich habe man den Fans gegenüber eine Verpflichtung. "Wir müssen jetzt liefern", so Bader.
Quelle: Der Betze brennt
Ergänzung, 29.04.2018:

Kritik am Polizeieinsatz beim Spiel in Bielefeld
Warum waren eigentlich die FCK-Ultras zu größten Teilen nicht beim Spiel in Bielefeld anwesend? Die "Rot-Weiße Hilfe" klärt heute über die Vorfälle hinter dem Gästeblock des Alm-Stadions auf und kritisiert dabei deutlich den Einsatz der Bielefelder Polizeikräfte.
Nachdem wir uns bereits letzte Woche zum Polizeieinsatz beim Spiel gegen Dynamo Dresden zu Wort meldeten, möchten wir heute erneut unsere Sicht der Dinge zu den Geschehnissen beim Auswärtsspiel in Bielefeld äußern.
So wurden gestern ca. 80 FCK-Fans vor dem Spiel im Eingangsbereich des Gästeblocks von der Polizei eingekesselt und unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock brutal angegriffen. Auslöser war eine Bierdose, die abgegeben werden sollte, wohlgemerkt noch bevor überhaupt die Einlasskontrollen erfolgten. In Folge dessen kam es zu einem kurzen Handgemenge mit einem Ordner, der sich dabei leicht verletzt haben soll, woraufhin die komplette Gruppe der FCK-Anhänger eingekesselt wurde. Ziel der Maßnahme war es, den Angreifer des Ordners zu identifizieren, sodass seitens der Beamten eine Gasse gebildet wurde. Durch diese sollte die Gruppe einzeln durchgehen, um so ins Stadion zu gelangen, bzw. die Polizei die Möglichkeit hatte, den Täter zu identifizieren. Dies wurde von den FCK-Fans jedoch abgelehnt.
In der Folge verhielt sich die Gruppe absolut friedlich und übte sich in Geduld. Nach einiger Zeit fuhren dann vom benachbarten Ascheplatz einige Kastenwägen in den Eingangsbereich und schirmten so die Gruppe ab, auch um einen Sichtschutz zum Gästeblock zu erzeugen. Denn nur wenige Minuten später setzten die Beamten ihre Helme auf und begangen ohne Vorwarnung auf die eingekesselten Personen einzuschlagen. Unter heftigem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock wurde die Gruppe von allen Seiten attackiert, sodass es keine Möglichkeit gab, der Maßnahme auszuweichen. Dabei fiel u.a. ein Beamter auf, der seine Kollegen immer wieder animierte "richtig reinzuhauen". Weiterhin schlugen die Beamten einen Fan nieder, der, sobald er wieder aufzustehen versuchte, erneut mit Schlägen traktiert wurde. Die Polizei ließ eine an sich völlig friedliche und harmlose Situation eskalieren, aus welcher mehrere Verletzte und fünf Festnahmen hervorgingen.
Während die durch den Angriff nun in zwei kleinere Gruppen geteilten Personen einzeln aus den Kesseln geholt wurden, um sich einer erkennungsdienstlichen Maßnahme, samt Aufnahme von Bildern, zu unterziehen, wurden die festgenommenen Fans (darunter auch eine Person, die die Polizei für den Täter der Attacke auf den Ordner hielt, in Wahrheit jedoch unschuldig war) abgeschottet vom Rest behandelt. So wurde ein Betroffener von mehreren Beamten auf den Boden gedrückt, als "kleiner Pisser" beleidigt und bekam dabei mit beiden Daumen in die Augen gedrückt. Dies setzte sich auch fort, als der Betroffene gegen ein Polizeiauto gedrückt wurde und Handschellen angelegt bekam. Unter provozierenden Sprüchen wie "Seht ein, dass ihr verloren habt" oder "Hör auf den Harten zu spielen" wurde eine Personalienfeststellung durchgeführt, an dessen Ende die Handschellen wieder abgenommen wurden, wobei dies mit großer Verzögerung geschah, da es einige Zeit dauerte, bis die zuständigen Beamten den Schlüssel zum Öffnen gefunden hatten.
Währenddessen kamen auch die Maßnahmen gegen die nicht festgenommenen Fans langsam zu einem Ende, sodass man weiterhin eingekesselt, ohne Zugang zu Essen, Trinken oder einer Toilette, ausharren musste. Lediglich eine Fanbetreuerin von Arminia Bielefeld versorgte die Gruppe mit in Bechern abgefülltes Leitungswasser, wodurch einige durch Pfefferspray verletzte Personen notdürftig versorgt werden konnten. Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt schon längst abgepfiffen, sodass die aktive Fanszene die kompletten 90 Minuten des Abstiegsspiels verpasste und insgesamt ca. 3 Stunden von der Polizei festgehalten wurde.
Die Rot-Weiße Hilfe verurteilt das Vorgehen der Polizei NRW scharf und fordert Betroffene auf, sich zu melden. Des weiteren bitten wir darum, uns belastendes Bild- und Videomaterial des Polizeieinsatzes zukommen zu lassen, um rechtliche Schritte prüfen zu können.
Eure Rot-Weiße Hilfe Kaiserslautern
Quelle: Rot-Weiße Hilfe
Weitere Links zum Thema:
- Das sagt die Polizei: Personalien von 80 FCK-Ultras festgestellt (Polizei BI)