Erst vier Siege in Folge, dann nur einer aus fünf Partien. Leistungsknick? "Topteam-Komplex"? Unser Zwischenzeugnis zeigt: Ja, die Punktausbeute des 1. FC Kaiserslautern hat nachgelassen. Licht und Schatten aber wechselten schon in der Hochphase.
Neun Spieltage sind zwischen dem Winter-Break der 2. Bundesliga und der Länderspielpause im März vergangen. Entsprechend viel Zeit mussten wir uns bis zu unserem letzten Zwischenzeugnis der Saison 2024/25 nehmen. Und das zerfällt auf den ersten Blick in zwei Abschnitte. Auf einen Traumstart mit vier Siegen in der Rückrunde folgten fünf Partien mit zwei Niederlagen und zwei Remis. Gewonnen werden konnte nur die mittlere, 3:0 gegen den Tabellenletzten Regensburg.
Was lässt sich daraus schließen? Sind die Roten Teufel nach ein paar glücklichen - Achtung, Wortspiel - Anfangs-Erfolgen einfach nur wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet? Hat sie bereits Mitte Februar ein Frühjahrs-Blues nach HSV-Art ereilt? "Reicht's" halt nicht für mehr, noch nicht jedenfalls? Schauen wir mal genauer hin.
Die, die's bereits getan haben, haben festgestellt: Die Vier-Siege-Serie kam ausnahmslos gegen Gegner aus der unteren Tabellenhälfte zustande. Anschließend ging's gegen Vertreter der oberen Region, und da hingen die Trauben halt hoch. Zu hoch. Die Frage ist allerdings: naturgemäß zu hoch? Oder zu hoch für dieses FCK-Team, das mit den Besten der Liga doch (noch) nicht mithalten kann? Einige sagen, die Mannschaft beherrsche halt die Pflicht, aber leider nicht die Kür. Andere sprechen gar von einem "Komplex", den die Pfälzer gegen sogenannte "Topteams" entwickelt hätten. Und der habe sich schon in der Hinserie abgezeichnet.
Komplex? Nur den Ergebnissen nach
Das stimmt - wann mann nur die nackten Ergebnisse betrachtet. Ergebnisse können aber auch ziemliche Zufallsprodukte sein, wie die Lautrer zuletzt bei ihrem 3:5 in Paderborn leidvoll erfahren mussten. Hätten Schiedsrichtergespann und VAR den Endstand ausgewürfelt, wärs am Ende genauso gerecht gewesen wie nach 90 Minuten Fußball.
Mit der gezeigten Leistung jedenfalls müssen die Verlierer nur bedingt unzufrieden sein. Rein fußballerisch gesehen, begegneten sie der spielstarken Kwasniok-Elf über weite Strecken sogar besser als bei ihrem 3:0-Sieg in der Hinrunde. Das Gleiche gilt für ihren 2:1-Auswärtssieg in der vergangenen Saison. Da kamen die Betze-Buben erst zu Potte, nachdem der Gegner ein paar erstklassige Chancen ausgelassen hatte.
Was die gezeigten Leistungen angeht, wirkten die Pfälzer auch in den anderen Partien gegen "Topteams" nicht unbedingt komplexbeladen, jedenfalls nicht durchgehend. Beim 1:1 gegen Elversberg zeigten sie in der ersten Hälfte sogar ihre bislang beste Leistung in der Rückrunde. Auch wenn es nicht durchweg nach Fußball-Feuerwerk ausgesehen haben mag. Aber die Art und Weise, wie sie den Gegner hochkonzentriert und geschlossen aufrückend vom eigenen Tor weghielten und das gegnerische bis zu Ragnar Aches 1:0 immer wieder einkreisten, war für Zweitiga-Verhältnisse durchaus "top". Die 0:1-Hinspiel-Niederlage gegen die "Elv" war hingegen unterm Strich zwar eine Enttäuschung, allerdings darf den Roten Teufeln da zumindest eine ordentliche erste Hälfte attestiert werden.
Schwach gegen 96, gegen den HSV ein gutes Hinspiel
Bei ihrem 0:0 gegen Hannover wiederum waren die Anfang-Schützlinge, über die komplette Spielzeit betrachtet, fraglos das schwächere Team. Die beiden guten Einschussgelegenheiten, mit denen sie kurz vor Schluss die Partie noch hätten auf ihre Seite ziehen können, belegen jedoch, wie verdammt eng in dieser Liga zugeht. Das 1:3 im Hinspiel war für 96 ebenfalls eine ziemlich klare Angelegenheit. Noch klarer war das 0:3, das sich der Lautrer bei ihrem Gastspiel in Hamburg leisteten. Allerdings war man im Hinspiel uffem Betze gegen die Hanseaten ganz nah dran am Dreier, und der wäre auch verdient gewesen. Bis Davie Selke in der Nachspielzeit zuschlug.
Topteam-Komplex? Die vier Siege in Folge gegen tabellarische Kellerkinder gestalteten sich doch auch nicht so souverän, wie sie auf dem Papier hinterher aussahen. Erinnert sei nur an den Last-Minute-Treffer Luca Sirchs, der das 2:1 gegen Preußen Münster bescherte. Zuvor hatte man in einer längeren Schwächephase die 1:0-Führung abgeben müssen. Oder an den 1:0-Siegtreffer des gleichen Kickers bei Hertha BSC. Der resultierte aus der so ziemlich einzigen Tor-Aktion, die die Lautrer an diesem Abend zustande brachten.
Mit "Komplex" gegen Topteams wären wir daher vorsichtig. Zumindest, bis auch die zweiten Partien gegen Düsseldorf, Magdeburg und Köln bespielt sind. Drei Gegner übrigens, gegen die die Roten Teufel bislang vier Punkte aus drei Spielen holten, also eine relativ ausgeglichene Bilanz aufweisen.
Licht und Schatten wechseln zu oft und zu krass
Die Trennlinien zwischen "gut" und "schlecht" sollten nicht im Tabellenbild, sondern im Verlauf eines FCK-Spiels gesucht werden. Da wechseln sich nach wie vor starke und schwache Phasen ab, zu oft und zu krass. Als Beleg seien hier nochmal die gnadenlos verratzten Anfangsminuten in Paderborn angeführt, ihnen gegenüber gestellt die bockstarken 25 Minuten nach der Pause, die auch nach Aches 3:3 noch andauerten.
Ohne Frage also punktet der FCK gegen starke Teams schwächer. Doch er spielt nicht unbedingt schlechter. Und dass er aktuell auf Platz 4 steht, liegt in erster Linie daran, dass er sich gegen sogenannte "Kleine" keine Blöße gibt. Gegen alle drei Aufsteiger sämtliche Spiele gewonnen zu haben, zeugt auch von Stärke - und ist eben keine Selbstverständlichkeit. Auf Anfrage bestätigen könnte das neben anderen ein gewisser Stefan Kuntz, zu erreichen über die Geschäftsstelle des Hamburger SV. Konkret in Zahlen: Gegen die Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte holte die Anfang-Elf bisher 32 Zähler, gegen die Konkurrenten von oben nur elf.
Die Neuen: Bauer und Breithaupt passen
Der Blick muss an dieser an Stelle aber auch auf die neuen Personalien gerichtet werden. Wie schon in der Winterpause 2023/24 war der FCK auch zu diesem Jahreswechsel auf dem Transfermarkt wieder außer aktiv. Die Bilanz ist bislang durchwachsen, mit Tendenz zum Positiven. Maxi Bauer entpuppt sich als insgesamt gleichwertiger Ersatz für den überraschend abgewanderten Boris Tomiak. Wenn auch nicht immer souverän in der Abwehrarbeit, aber das war "Bobo" auch nicht immer, gerade auch in seiner letzten Halbserie am Betzenberg. Dafür aber hat Bauer Sirch in der Dreier-Abwehrkette als "Mann für den ersten Pass" abgelöst.
Mit Tim Breithaupt hat Markus Anfang endlich den Ankerspieler auf der Sechs gefunden, den er zuvor nicht im Kader hatte, aller augenscheinlichen Kandidaten zum Trotz. Afeez Aremu dürfte nun außen vor sein. Schien er im Lauf der Hinrunde noch endlich Fuß zu fassen, schoss er sich mit seinen Wechselspielchen in der Winterpause, die ihn rund zwei Wochen vom Trainingsbetrieb fernhielten, wohl endgültig ins Aus - echt jetzt, Junge, Russland?
Simoni kann sich nun beweisen - Fragezeichen hinter Alidou und Ranos
Nach Julian Krahls Verletzung wird Keeper Simon Simoni nun in den nächsten Wochen Gelegenheit haben, sich zu beweisen. Was über ihn bislang so zu hören und zu lesen ist, stimmt aber zuversichtlich. Grant Ranos stand erst zweimal kurz auf dem Feld, insgesamt 18 Minuten. Noch lässt sich nicht recht einschätzen, welche Rolle er überhaupt spielen soll. Ein Backup für Ache ist er nicht wirklich, eher einer für neben die Neun oder dahinter. Und dafür stehen ebenso Daisuke Yokota, Daniel Hanslik, Kenny Redondo und Marlon Ritter zur Verfügung.
Faride Alidou hingegen hatte als Einwechselspieler wesentlich mehr Zeit, auf sich aufmerksam zu machen, blieb bislang aber noch ohne jede Wirkung. Wohlwollend ausgedrückt: Das ist noch viel Luft nach oben. Die sollte er auch nutzen, denn er ist der einzige Wintertransfer, der nicht geliehen ist.
Von der Bank kommt keine Power mehr
Alidous fruchtlose Auftritte als Einwechselspieler wiederum weisen auf ein Problem hin, dass den FCK im Saisonfinale noch Punkte kosten könnte. Von der Bank kommt derzeit nichts, was einem Spiel so nach 75 Minuten nochmal Auftrieb könnte. Deutlich zu sehen zuletzt gegen Elversberg und in Paderborn.
Den größten Effekt hatte noch der Sirch-Heuer-Move, mit dem Markus Anfang erstmals gegen Münster aufwartete. Jannis Heuer wird für Filip Kaloc eingewechselt und rückt in die Abwehrkette, Sirch dafür nach vorn und macht als Achter Dampf nach vorne. Führte gegen die Preußen zum Siegtreffer. Ansonsten aber ist der aktuelle Coach weit entfernt von der Trefferquote, die etwa Dirk Schuster mit seinen Joker-Spielchen erzielte.
Die Wettbewerber scheinen sich besser darauf zu verstehen, mit ihren Einwechslungen nochmal fürAuftrieb zu sorgen. Erinnert sei hier nur daran, wie der HSV im Hinspiel aufdrehte, als er zum Ende hin noch Kicker wie Jean-Luc Dompé und Selke in die Schlacht werfen konnte. Oder Paderborn zuletzt mit Antonio Grimaldi. Wobei dessen Beitrag zum Sieg der Seinen nicht nur im Erzielen des Treffers zum 4:3 bestand, sondern ebenso darin, per Foulspiel Sirch und Krahl aus dem Spiel zu nehmen. Ist nicht schön, aber auch effektiv.
Yokota ist nicht mehr so stark wie in der Hinrunde
Beim bereits vorhandenen Personal wiederum haben sich einige Leistungsbilder verschoben. Schon vor seiner Verletzung war Daisuke Yokota nicht mehr so präsent wie in der ersten Halbserie. Dafür sind viele Erklärungen denkbar.
Die einfachste: Die Gegner haben sich nun besser auf ihn eingestellt. Eine weitere: Eine Runde wie diese hat der nunmehr 24-Jährige auf diesem Level noch nie gespielt - dass er seine Form durchgehend hält, überrascht im Grunde nicht wirklich. Und: Seit Marlon Ritter wieder regelmäßig in der Startelf steht, hat sich die Rolle des Japaners ein wenig verändert. Er spielt jetzt weiter vorne, ist mehr zweiter Stürmer als nach innen ziehender Rechtsaußen. Womöglich liegt ihm das weniger.
"MR7" dagegen hat zu alter Stärke zurückgefunden. Vier Treffer, ein Assist allein in der Rückrunde, in der ersten Halbserie hatte er nur einmal getroffen. Auf der linken Außenbahn hat Florian Kleinhansl nach dem HSV-Spiel Erik Wekesser abgelöst und auf dieser Position seither die Nase vorn. Richtig starker Auftritt gegen Regensburg. Auf der rechten Außenbahn liefert Jean Zimmer wieder regelmäßig und ordentlich ab, da Jan Gyamerah verletzungsbedingt weiterhin nicht durchstarten kann.
Und ob man Aaron Opoku nochmal im Einsatz erleben wird? Nach seinem angestrebten und gescheiterten Wechsel in der Winterpause stand er meist gar nicht mehr im Kader, durfte nur in Hamburg mal 40 Minuten ran. Zuletzt hatte er sich krankgemeldet.
Nach wie vor fehlen Spieler mit herausragenden Skills
Auf eine weitere Auffälligkeit gegenüber Teams, die sich in der nördlichen Tabellenhälfte aufhalten, haben wir schon in unserem Zwischenzeugnis im Dezember hingewiesen. Der FCK hat in den diversen Rankings der besten Skills nirgends einen Spieler, der weit vorne platziert ist. Ob im Passspiel, im Zweikampf, im Sprint, im intensiven Ausdauerlauf, beim Flanken oder, oder, oder: Überall werden etliche Kicker anderer Klubs gelistet, ehe mal der Name eines Lautrers erscheint.
Mit Ragnar Ache haben die Roten Teufel zwar den womöglich besten Kopfballstürmer in ihren Reihen. Der aber bekommt leider zu wenig Flanken aus dem Spiel heraus, als dass er diesen Status eindrucksvoll mit Zahlen bestätigen könnte. Faktisch getroffen hat Ache per Kopf erst fünf Mal, von 15 Treffern insgesamt. Vier Kopfballtreffer erzielte er nach Ecken.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der neue Sportdirektor Marcel Klos im DBB-Interview gerade erklärt hat, beim Scouting eine besondere Betonung auf den herausragenden Skill eines Spielers zu legen: die Eigenschaft, die er sich auch an einem schlechten Tag bewahrt. Da darf man in der Tat gespannt sein.
Nur eins ist sicher: Im nächsten Jahr wird's nicht leichter
Zu wenig Power von der Bank und zu wenig Spieler mit wirklich herausragenden Eigenschaften - könnten diese beiden Faktoren am Ende den Ausschlag dafür geben, dass es für den FCK nicht, oder auch noch nicht, "zu mehr reicht"? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Denn auch bei den Wettbewerbern wechseln Licht und Schatten.
Darauf zu spekulieren, man könnte sich im nächsten Jahr mit einem Aufstieg leichter tun, ist jedoch ebenso wenig eine Option. Denn auch die Zweite Liga 2025/26 wird wieder zur stärksten aller Zeiten erklärt werden. Vor der die Karten abermals komplett neu gemischt werden, und das nicht nur auf dem Betzenberg. Auch allen anderen Klubs werden im Sommer Leistungsträger weggekauft. Und sie müssen Leihspieler, die sie diese Saison stark gemacht haben, wieder abgeben.
Bis dahin heißt es: Nach vorne raus verkünden, von Spiel zu Spiel zu denken, und hinter den Kulissen die Drähte glühen zu lassen, um das nächste "Topteam" zusammenzustellen. Ohne jeden Komplex.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer
Weitere Links zum Thema:
- Zwischenzeugnis September: Erkenntnisse aus der Anfangs-Phase
- Zwischenzeugnis Oktober: Viel Schatten, wenig Licht
- Zwischenzeugnis November: Die Elf kompakt - und Dai dreht frei
- Zwischenzeugnis Dezember: Trotz Rückschlägen geht's voran