Interview des Monats: FCK-Rückkehrer Jean Zimmer, Teil 1/2

"Die Fans haben einen großen Anteil an meiner Rückkehr"

"Die Fans haben einen großen Anteil an meiner Rückkehr"


Er ist zurück im Trikot des 1. FC Kaiserslautern: Im großen DBB-Interview spricht ein spürbar erwachsen gewordener Jean Zimmer über die Erfahrungen, die er auf den Betze mitbringt, und seine Ziele für die nähere Zukunft.

Der Betze brennt: Jean Zimmer, jetzt wo du ein wenig Abstand gewonnen hast: Wie hast du dein erstes Spiel im FCK-Trikot seit viereinhalb Jahren erlebt, das 1:1 letzten Samstag in Verl?

Jean Zimmer (27): Persönlich war’s ein tolles Gefühl, wieder mal dieses Trikot überzustreifen. Generell ist es natürlich enttäuschend, den Sieg wieder aus der Hand gegeben zu haben. Wenn wir das 2:0 machen, und die Chancen dazu waren da, brennt da nix mehr an. Über 90 Minuten gesehen muss man allerdings sagen, dass dieses Unentschieden gerecht war.

Der Betze brennt: Nach dem 1:0 seid ihr zehn Minuten lang richtig gut im Spiel gewesen ...

Zimmer: Ja, da hat man gesehen, wie dringend wir Erfolgserlebnisse brauchen, um Überzeugung und Selbstvertrauen zu tanken. Der Treffer war ja auch kein Glückstor, sondern richtig gut rausgespielt.

Der Betze brennt: War es der verschossene Elfer, der euch danach wieder runtergezogen hat?

Zimmer: Das war ein Nackenschlag, aber "runtergezogen" würde ich nicht sagen. Es war vielmehr so, dass dieser Moment den Gegner wieder gepusht hat, er dann alles nach vorne geworfen hat. Und so zum Ausgleich gekommen ist.

"Es ist ein tolles Gefühl, dieses Trikot wieder überzustreifen"

Der Betze brennt: Viereinhalb Jahre sind im Profifußball eine lange Zeit, beim FCK sogar gefühlt noch länger als anderswo. Auf wie viele vertraute Gesichter bist du denn noch gestoßen?

Zimmer: Ich kenne schon noch ein paar Leute wie beispielsweise Physiotherapeut Frank Sänger, Athletiktrainer Bastian Becker oder Torwarttrainer Sven Höh. Und natürlich Videoanalyst Niklas Martin, der einer meiner besten Freunde und Patenonkel meiner Tochter Charlotte ist. Der war in meiner ersten Zeit am Betze allerdings noch kein Videoanalyst, sondern stand mit mir als Fan in der Westkurve.

Der Betze brennt: Hat er auch Einfluss darauf gehabt, dass du wieder zurückgekommen ist?

Zimmer: Wir haben erst darüber geredet, als der Wechsel durch war, mit angebahnt hat er ihn nicht. Ich weiß, es gab auch im Sommer schon Gerüchte, als ich mit meiner Familie bei meinen Eltern in Labach (bei Landstuhl; Anm. d. Red.) Urlaub machte und mal in Kaiserslautern war, aber da gab es noch keine Gespräche. Damals suchte ich Abstand vom Fußball, nachdem die Fortuna abgestiegen war. Konkret wurde der Wechsel erst im Lauf der Runde, als sich abzeichnete, dass ich in Düsseldorf nicht mehr so viel Spielzeit bekomme.

Der Betze brennt: Und warum Kaiserslautern? Hier ist zwar deine Heimat, aber halt auch 3. Liga ...

Zimmer: Ich hatte auch Angebote von Zweitligisten. Aber es ging ja zunächst mal nur um eine Ausleihe bis Sommer, da dachte ich mir: Woanders musst du erst einmal ankommen, eine Wohnung suchen, in einer neuen Umgebung klarkommen - und das alles wegen vielleicht nur drei, vier Monaten? Da war Lautern der logischere Schritt. Hier muss ich mich nicht eingewöhnen.

"Über die Kaufoption nachzudenken, macht jetzt noch keinen Sinn"

Der Betze brennt: Und die Fans? Im Moment haben wir ja leider nur Geisterspiele, aber inwieweit haben sie zu deiner Entscheidung beigetragen?

Zimmer: Die haben natürlich auch eine Rolle gespielt und hatten einen großen Anteil. In Kaiserslautern bin ich immer wertgeschätzt worden, das habe ich auch als ich weg war und jetzt nach meiner Rückkehr direkt wieder gespürt. Das tut gut. Hoffentlich können wir auch bald wieder vor Fans spielen.

Der Betze brennt: Die FCK-Fans hoffen natürlich, dass du länger bleibst. Wie verhält sich das mit deiner Kaufoption?

Zimmer: Die gibt es. Da muss man halt sehen, was wollen die Vereine, was will ich, und wie werden wir uns einig? Alle drei Parteien haben da im Sommer ein Wörtchen mitzureden. Im Moment macht es nicht viel Sinn, über den Sommer hinaus zu planen. Das Geschäft ist so schnelllebig. Guckt euch doch mal Hansi Flick an. Vor vier Wochen hat sich Fußball-Deutschland noch aufgeregt, weshalb er nicht zum Welttrainer gewählt worden ist, jetzt sind die Bayern im Pokal gegen Holstein Kiel rausgeflogen und jeder schimpft auf ihn.

Der Betze brennt: Wann haben deine Eltern denn erfahren, dass du zurück nach Hause kommst?

Zimmer: Nachdem mir unterschriftsreife Papiere vorlagen, also tatsächlich erst ein paar Tage vor dem Wechsel. Alles andere macht in diesem Geschäft doch keinen Sinn. Warum hätte ich sie unnötig in Aufregung versetzen sollen?

Der Betze brennt: Wie hast du das während deiner Ausleihe mit deiner Familie geregelt?

Zimmer: Wie gesagt, meine Eltern wohnen mittlerweile in Labach, aber zum täglichen Pendeln ist mir auch das zu weit, also hab ich mir ein möbliertes Zimmer in Kaiserslautern genommen. Meine Frau und meine Tochter sind in Düsseldorf geblieben, aber wir besuchen uns, so oft es geht. Meine Frau ist ja auch berufstätig, dass sie diesen Weg mitgeht, ist nicht selbstverständlich, da habe ich wirklich großes Glück. Sie wird jetzt von ihrer Schwester unterstützt.

Der Betze brennt: Deine Tochter ist jetzt zehn Monate alt. Bist du denn zuletzt einigermaßen regelmäßig zum Schlafen gekommen?

Zimmer: In den ersten Monaten nach der Geburt habe ich zuhause im Gästezimmer gepennt. Mittlerweile schläft Charlotte im Kinderzimmer, wird nachts aber immer mal wach. Ich muss aber zugegeben, ich bekomme das nie mit. Das ist manchmal schon unangenehm, wenn ich morgens erfahre, dass meine Frau sich die Nacht um die Ohren schlagen musste. Gerecht ist das nicht.

"Mittlerweile denke ich: Es kommt immer, wie es kommen soll"

Der Betze brennt: Wie zu hören war, warst du dir mit dem FCK schnell einig, doch dauerte es noch eine Weile, bis auch beide Vereine grünes Licht gaben. Solche Hängepartien bist du ja gewohnt. Als du nach dem Aufstieg 2018 in Düsseldorf bleiben wolltest, zog es sich ebenfalls eine Weile hin, bis dein Leihvertrag mit dem VfB Stuttgart in einen Kaufvertrag umgewandelt war. Ist man gelassener, wenn man das zum zweiten Mal erlebt?

Zimmer: Nein, eigentlich empfand ich die Situation vor zwei Jahren entspannter, weil sich das alles in der Sommerpause abspielte und ich da erstmal sowieso im Urlaub war. Diesmal sollte der Wechsel ja mitten in der Saison über die Bühne gehen. Da saß ich buchstäblich auf gepackten Koffern. Ich hatte mich schon Tage zuvor von der Mannschaft verabschiedet und trainierte nur noch individuell.

Der Betze brennt: Irgendwas geschenkt worden ist dir in deiner Karriere ja noch nie. Wenn man sich allein schon die Umwege betrachtet, die du bis zu deinem ersten Bundesligaspiel machen musstest: 2015 mit dem FCK den fast schon sicheren Aufstieg verspielt, 2016 Anfang der Rückrunde bei einem Erstligisten unterschrieben, der dann überraschend doch noch abgestiegen ist. Dann, als der VfB Stuttgart mit Dir den Wiederaufstieg geschafft hatte, zum Zweitligisten Düsseldorf abgeschoben - 2018 war es dann endlich soweit. Hast Du in dieser Zeit manchmal geglaubt, dass über Dir so etwas ein Fluch liegt?

Zimmer: Fluch würde ich das nicht nennen. Mittlerweile denke ich einfach: Es kommt immer, wie es kommen soll. Mein Wechsel nach Stuttgart damals kam schon unter sehr besonderen Umständen zustande. In meinem Vertrag mit dem FCK war eine Ausstiegsklausel, nach der ich für eine bestimmte Ablöse wechseln durfte. Ich hatte auch einige Interessenten an der Hand, entschied mich dann aber schon früh und zu eigentlich schlechteren Konditionen für den VfB Stuttgart, der zu diesem Zeitpunkt noch Tabellen-9. war. Da spielte sicherlich auch die finanzielle Situation des FCK eine Rolle. Am Saisonende musste ich dann aber doch zu einem Zweitligisten wechseln.

"Im heutigen Fußball bekommt man nicht jede Entscheidung begründet"

Der Betze brennt: Wo du dann zum ersten Mal erlebt hast, wie der Stellenwert eines Spielers in einem Verein mit dem Trainer steht und fällt. In den ersten vier Spielen unter Jos Luhukay warst du jedes Mal in der Startelf. Dann wurde er entlassen und unter Hannes Wolf warst du nur noch Ergänzungsspieler. In Düsseldorf später das Gleiche: Friedhelm Funkel hat auf dich gesetzt, Uwe Rösler nicht mehr. Woran liegt das, dass dich Trainer so unterschiedlich einschätzen?

Zimmer: Wenn ich das wüsste, könnte ich ja was dran ändern ... (lacht) Es ist nun einmal so, dass du als Spieler sehr vom Trainer abhängig bist. Du weißt auch, dass die sehr schnell wechseln können, aber auch das kannst du nicht ändern. Manchmal bekommst du erst wieder eine Chance, wenn sich ein anderer verletzt, manchmal auch dann nicht mehr. Und begründet wird es dir im heutigen Fußballgeschäft auch nicht immer, wenn du auf die Bank gesetzt wirst. Damit umzugehen, musst du lernen. Im Grunde kannst du nichts tun, als täglich im Training deine Arbeit zu machen.

Der Betze brennt: Mit Jeff Saibene hast du jetzt wieder einen Trainer, der voll auf dich zu setzen scheint. Nach dem Führungstreffer in Verl war zu sehen, wie ihr euch an der Seitenlinie unterhalten habt. Worum ging’s da?

Zimmer: Um was Taktisches: Wie kriegen wir die Räume neben unserem Sechser dicht? Mael Corboz, den Verl in der Pause eingewechselt hatte, hatte da zu viel Raum. Er hat ja dann auch den Ausgleich vorbereitet.

(Das Interview führten Eric Scherer und Thomas Hilmes.)

Morgen im zweiten Teil unseres Interviews des Monats: Jean Zimmer über sein erstes Kindheitserlebnis mit dem FCK, den verpassten Aufstieg 2015 und seine wichtigste Erkenntnis aus nun schon acht Jahren als Profifußballer.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Teil 2 des Interviews: "Fleiß und harte Arbeit werden sich am Ende auszahlen"

Kommentare 21 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken