Rezension: Buch "3:2 - Deutschland ist Weltmeister!"

Kameraden für ein ganzes Leben

Kameraden für ein ganzes Leben


Im Buch "3:2 - Deutschland ist Weltmeister" hat Fritz Walter seine Erinnerungen an das Wunder von Bern geschildert. Das beeindruckende Zeitzeugnis ist jetzt in einer Neuauflage erschienen - wir haben es in der Jubiläumswoche noch einmal gelesen.

Neu sind die auf 244 Seiten gefassten Erinnerungen Fritz Walters nicht. Wie auch. Ist der größte Fußballer aller Zeiten doch schon am 17. Juni 2002 im Alter von 81 Jahren verstorben. Schon im Sommer 1954, kurz nach dem WM-Erfolg, hatte sich Fritz hingesetzt und die Erlebnisse an die Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz zu Papier gebracht. Aus der Sicht der Mannschaft. Aus seiner Sicht. Der Sicht des damals 34-jährigen Kapitäns. Aber vor allem aus der Sicht eines beispiellosen Menschen, Kameraden und Freundes. Das wird auf jeder einzelnen Seite spürbar. Mehrere Neuauflagen gab es in den letzten 60 Jahren, bis heute gilt der Band mit über einer Million verkaufter Exemplare als eines der bedeutendsten Werke der Sportliteratur. Die jüngste Neufassung stammt von 2020 und ist unter anderem um ein Vorwort des Lautrer Mit-Weltmeisters Horst Eckel ergänzt.

Über allem steht die Kameradschaft: Der Schlüssel zum Jahrhundert-Erfolg

Und so liest sich die Geschichte fast wie ein Tagebuch Fritz Walters. Stellenweise hat man das Gefühl, man ist dabei, wenn Fritz neben seinem Kameraden Toni Turek im Liegestuhl am See liegt, Bruder Ottmar darin mit bloßen Händen Fische fängt oder den Trainer Sepp Herberger Zweifel plagen, ob nun Bernie Klodt oder der "Boss" Helmut Rahn im Viertelfinale gegen Jugoslawien stürmen soll.

Neben den sportlichen Erinnerungen und Einschätzungen schafft das Buch, das nahe zu bringen, was die 54er-Weltmeister - und Fritz Walter im Speziellen - so einmalig macht: Ihr Sinn für Kameradschaft, Zusammenhalt und Bescheidenheit. Das fängt schon auf den einleitenden Seiten an, wo jeder Mitspieler in ein paar Worten seine Erinnerung an das Finale in Bern und ein persönliches Grußwort an Fritz und sein Buch fasst. "Denkst du noch an unseren Schlachtruf 'Heute machen wir einen Wirbel!' Es wäre schön, wenn du mit deinen Erinnerungen auch einen Wirbel machst", schreibt zum Beispiel der Final-Torschütze Max Morlock.

Und Fritz Walter selbst schildert Momente, in denen er sich bei allmorgendlichen kilometerweiten Waldläufen die Frage stellte: "Warum mache ich das eigentlich? Ich könnte ja auch etwas langsamer laufen." Seine Antwort? "Nein, das wäre ein Verrat an meinen Kameraden. Ihnen bin ich verpflichtet." Das war Fritz, und das machte den "Geist von Spiez" aus.

Ausgang ist eine FCK-Schmach - Der in die Jahre gekommene Außenseiter

Die Erinnerungen beginnen bereits weit vor der Weltmeisterschaft 1954, in den Qualifikationsspielen und mit einer schmerzlichen Niederlage: Am 23. Mai 1954 verliert der 1. FC Kaiserslautern als hoher Favorit das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft gegen Hannover 96 krachend mit 1:5 - mit dabei die fünf Lautrer Nationalspieler, die später den Kern der Weltmeister-Mannschaft stellen sollte, was Nationaltrainer Herberger zunächst viel Kritik einbringt. Dabei wird insbesondere auf den "alten Fritz" eingeschlagen. Kritik, die ihm zu schaffen macht, wie auch am Ende des Buches nochmals deutlich wird.

Doch die DFB-Elf geht ihren Weg. Den Weg als Außenseiter, den Fritz Walter Spiel für Spiel mit einem detaillierten Spielbericht beschreibt. Auch das Training und die Vorbereitung dazwischen schildert er genau und so ist der Leser sowohl Zeuge des triumphalen 3:2-Finalsiegs, als auch Insasse im Omnibus, in dem sich die Nationalelf selbst nach der 3:8-Klatsche im ersten Spiel gegen die Ungarn mit Liedern bei Laune hält.

Untermalt und aufgehübscht wird das Ganze in der Neuauflage durch seitenweise Bilder und Aufnahmen der Weltmeisterschaft, den anschließenden Feierlichkeiten, aber auch Fotos des privaten Fritz Walters, beispielsweise von seiner Hochzeit mit Frau Italia im Oktober 1948.

Die Geschichte ist lange her, doch ihre Werte gelten noch heute

Die Erzählungen enden mit einem Kapitel, das mit "Schattenseiten" überschrieben ist und die sich mit Zweifeln des Spielführers auseinandersetzen, ob es nicht besser sei, nach dem Höhepunkt von Bern, seine Karriere zu beenden. Doch auch hier wird die unerschütterliche Kameradschaft Fritz Walters deutlich, der beschließt "er kann den Chef Herberger nicht im Stich lassen."

Das Buch schließt mit Erinnerungen von Hans-Peter Schössler und Udo Muras vom DFB aus dem Frühsommer 2020, die den Bogen in die Gegenwart schlagen und verdeutlichen: Die Geschichte Fritz Walters mag lange her sein, doch seine Werte und die damit verbundene Erfolgsgeschichte, die 1954 einem ganzen Land Auftrieb und Selbstwertgefühl gegeben haben, wirken bis heute nach.

Die Jubiläumsauflage von Fritz Walters "3:2 - Deutschland ist Weltmeister" ist für 19,90 Euro unter anderem bei Amazon und überall im gut sortierten Buchhandel erhältlich.


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Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit1993

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