Spielbericht: 1. FC Magdeburg - 1. FC Kaiserslautern 0:1

Das erste Geisterspiel der FCK-Geschichte

Das erste Geisterspiel der FCK-Geschichte


Da war es also - das erste Geisterspiel für den 1. FC Kaiserslautern. DBB-Autor Thomas hat die Partie beim 1. FC Magdeburg begleitet und berichtet von einem wichtigen Sieg in unschöner Atmosphäre.

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90 Minuten vor dem Anpfiff wird am Magdeburger Stadion ein einzelner Eingang geöffnet. Wer heute hier rein will, der muss nicht nur einen guten Grund haben, sondern auch mehr als ein dutzend Seiten Formulare lesen, ausfüllen, gesundheitliche Angaben machen: "Leiden Sie unter Erkältungssymptomen?" "Hatten Sie in den letzten 14 Tagen Kontakt zu einer Person, die sich in einem Risikogebiet aufgehalten hat?" Inklusive der Spieler werden nur rund 200 Personen ins schmucke Heinz-Krügel-Stadion gelassen, das sonst mit mehr als 20.000 Zuschauern gefüllt wäre. Ich darf als mitgereister Journalist aus Kaiserslautern dabei sein, meine Freunde aus der Fankurve müssen draußen bleiben - das ist schon von vornherein ein komisches Gefühl. Zeitgleich mit mir kommen die Fußballer an: Die Magdeburger einzeln in Privatautos, die Roten Teufel mit dem Mannschaftsbus und zusätzlichen Neunsitzern. Am Stadioneingang wird Fieber gemessen. Alles okay - ich bin drin.

Man hört jeden Ruf, sogar jeden Ballkontakt

Schon beim Aufwärmen wird klar, dass hier heute eine ganz spezielle Atmosphäre wartet. Man hört jeden Ruf, sogar jeden Ballkontakt, von den leeren Rängen schallen alle Geräusch zurück. Wegen der Corona-Pandemie setzt die 3. Liga nach elf spielfreien Wochenenden ihre Saison fort, Zuschauer sind dabei nicht zugelassen. Das Fußball-Wort des Jahres heißt "Geisterspiele". Eine Maßnahme, die von den Fans und vor allem von den regelmäßigen Stadionbesuchern mehrheitlich abgelehnt wird - und zwar mit recht, wie man hier schon vor dem ersten Anpfiff merkt. Profifußball ohne Zuschauer ist nichts!

Dabei geht es rein sportlich um viel: Beide Teams waren als Aufstiegskandidaten in die Saison gestartet, beide Teams stehen nach 27 Spieltagen nur hauchdünn vor den Abstiegsplätzen. FCK-Trainer Boris Schommers setzt nach fast dreimonatiger Zwangspause wieder auf ein 4-3-3-System, diesmal mit drei Sechsern.

Pick auf Hainault: Ex-Magdeburger sorgen für die FCK-Führung

Und das Spiel beginnt gut und mit erstaunlich wenigen Fehlpässen. Noch besser sogar: Nach gerade mal fünf Minuten bringt eine Kombination von zwei Ex-Magdeburgern die Führung für den FCK. Ecke von Florian Pick, Kopfball von André Hainault - Tor für Lautern! Kein frenetischer Jubel im Stadion, aber trotzdem spürbare Freude. Schon gegen Meppen, im letzten Spiel vor der Corona-Pause, hatten die Roten Teufel ein Eckball-Tor erzielt und hier sind sie wieder erfolgreich in ihrer vorherigen Problemdisziplin.

An der Seitenlinie hört man immer wieder die Anweisungen der Trainer, was in einem vollbesetzten Stadion sonst nie der Fall ist. Vor allem Kevin McKenna ist lautstark. "Aggressiver, aggressiver", peitscht der Lautrer Co-Trainer seine Hintermannschaft an. Aber auch Boris Schommers' Worte sind immer wieder deutlich zu hören ("Spielt ruhig und mit Überzeugung nach vorne"). Magdeburgs Claus-Dieter Wollitz ist derweil schon Mitte der ersten Halbzeit der Verzweiflung nahe: "Was für eine Scheiße, Mann!" Die Spieler auf dem Platz kommunizieren hingegen verhältnismäßig wenig, abgesehen von gegenseitigen Anweisungen wie "schieben" oder "raus".

Szenen des Spiels: Hainault trifft, Schad rettet, Grill pariert

Nach dem Führungstreffer kommt Magdeburg besser ins Spiel und zwingt Lennart Grill im FCK-Tor zu mehreren Paraden. Der FCM ist jetzt klar die bestimmende Mannschaft, während bei den Roten Teufeln nicht allzu viel gelingt.

Und spätestens in der 2. Halbzeit kann man von einer schwimmenden FCK-Mannschaft sprechen: Kurz nach Wiederanpfiff rettet der starke Dominik Schad millimetergenau auf der Linie, kurz danach geht ein Kopfball der Magdeburger knapp vorbei. Und in der 69. Minute scheint es dann endgültig ins Auge zu gehen, als Kevin Kraus einen Gegenspieler im Strafraum berührt und Schiedsrichter Manuel Gräfe auf den Elfmeterpunkt zeigt. Aber - Grill hält gegen Jurgen Gjasula! Lautstarker Jubel von den Ersatzspielern auf der Tribüne! Das bekannte Fußball-Gefühl "Die könnten noch so lange spielen..." trifft heute voll auf die Magdeburger zu. Zwar vergeben die Roten Teufel durch die eingewechselten Lucas Röser und Hendrick Zuck die Vorentscheidung, können in der Schlussphase - in der es dank der veränderten Regeln zusammengerechnet neun Auswechslungen gibt - aber den ersten Sieg der Rückrunde nachhause schaukeln. Große Erleichterung!

Profifußball ohne Zuschauer braucht kein Mensch

So wie sonst ist an diesem Tag aber nichts, das merkt man auch am verhaltenen Schlussjubel im Abstandsmodus. Es gibt keine Siegesfeier am Gästeblock. Dass der FCK sich ein Stück weit von der Abstiegsgefahr distanzieren konnte - geht in der Stille unter. Der Stadionsprecher sagt noch ein paar Werbeansagen durch, die handgezählten zehn lokalen Journalisten auf der Tribüne ärgern sich, wir zwei mitgefahrenen Berichterstatter aus Kaiserslautern dürfen über einen Sieg schreiben. Eine Pressekonferenz findet mangels Nachfrage nicht statt, was den zwischendurch clinchenden Trainern Wollitz und Schommers auch nicht ganz unrecht zu sein scheint. Der sich lange gegen den Re-Start sträubende FCM hat das Geisterspiel perfekt organisiert, das muss man noch festhalten. Aber Profifußball ohne Zuschauer und ohne Fans - das braucht trotzdem kein Mensch.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | Torschütze Hainault: "Ein emotionaler Moment" (Der Betze brennt)

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