Spielbericht: 1. FC Heidenheim - 1. FC Kaiserslautern 3:1

Anspruch und Wirklichkeit

Anspruch und Wirklichkeit


Frust auf der Ostalb. Der 1. FC Kaiserslautern verliert 1:3 in Heidenheim. Pech und individuelle Fehler kosten die Roten Teufeln die Punkte. DBB-Autor paulgeht fasst den Freitagabend in Heidenheim zusammen.

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„Die Roten Teufel wollen endlich wieder zurück in die Bundesliga“. Mit diesem Satz beginnt das Portrait der Gastmannschaft in der Stadionzeitung des 1. FC Heidenheim. Wohl niemand, aber wirklich niemand im Umfeld des FCK würde diesem Satz widersprechen wollen. Allein: Anspruch und Wirklichkeit passen seit geraumer Zeit nicht richtig zusammen. Es sind die Nuancen, kleine individuelle Fehler mit großer Folgewirkung, die dem FCK das Leben schwer machen. So auch wieder in Heidenheim. Unterstützt von ca. 1.500 mitgereisten Anhängern aus der Pfalz, die ungeachtet der kritischen Worte einiger Spieler ihre Mannschaft antrieben, anpeitschten und bedingungslos anfeuerten. Über mangelnde Unterstützung konnte sich keiner der Spieler beklagen. Auch und gerade, als die Roten Teufel ihre Führung verspielten und zurücklagen.

Dabei hatte der FCK eigentlich gut begonnen. Trainer Kosta Runjaic veränderte seine Startelf im Vergleich zum Paderborn-Spiel: Für Patrick Ziegler, der noch nicht die erhoffte Verstärkung ist, rückte mit Antonio Colak ein zweiter Stürmer in die Mannschaft, der in einem 4-4-2 die zweite Spitze neben Kacper Przybylko einnahm. Eine ebenso offensivere wie gute Variante. Denn der FCK war von Beginn an die aktivere Mannschaft, erarbeitete sich konsequent mehr Spielanteile und hatte auch die besseren Chancen. Vor allem in der Spieleröffnung zeigten sich die Lautrer aktiver als noch zu Wochenbeginn. Schnelle Verlagerungen und Diagonalpässe setzen die Hausherren unter Druck. So ging Lautern schon fast mustergültig in der 20. Minute in Führung: Daniel Halfar behauptete den Ball im Mittelfeld und spielte mit Tempo den auf die rechte Seite ausgewichenen Markus Karl an, der wiederum nicht lange zögerte und mit einer halbdiagonalen Flanke in den Strafraum Kacper Przybylko bediente. Kopfball, Tor, 1:0. So einfach ist das. Nicht nur Kosta Runjaic, auch der Gästeanhang feierte und schien erleichtert. Also alles wieder in Butter?

Nicht ganz, denn schon in der ersten Halbzeit zeigte der FCK in der Defensive deutliche Schwächen. Gerade bei schnellen Gegenstößen des FCH kam die Hintermannschaft der Roten Teufel viel zu häufig ins Schwimmen. Manchmal reichte schon ein einfacher Steilpass, um die Lautrer Abwehrreihen auszuhebeln. Nur durch Rettungstaten in letzter Sekunde konnten die Pfälzer die Situationen entschärfen. Oder mit viel Glück, wie in der 31. Minute: Tim Heubach stoppte Andreas Voglsammer im Laufduell regelwidrig, indem er ihm von hinten in die Beine fiel. Da der agile und durchstartende FCH-Stürmer frei auf das Tor von Müller zugelaufen wäre, hätte Schiedsrichter Brand wohl auf Notbremse und Platzverweis entscheiden müssen. Stattdessen ließ der Unparteiische die Partie weiterlaufen. Sehr zum Unmut des heimischen Publikums, das mit einem lauten Pfeifkonzert protestierte.

Ohnehin präsentierte sich der FCH-Anhang gut aufgelegt. Fangesänge vom Zentrum der Osttribüne wurden immer wieder auch auf der Haupt- und Gegentribüne übernommen. Die Lautstärke, aber auch die abwechslungsreichen Schlachtrufe hinterließen einen guten Eindruck. Auch wenn die Heidenheimer Fanszene sich zahlenmäßig natürlich nicht mit den Großen des Profifußballs messen kann - es ist dort eine lebendige, geschlossene und bunte Fangemeinschaft entstanden, wie auch die zahlreichen Fahnen und Zaunflaggen andeuten.

Dem stand der FCK-Anhang gegenüber natürlich in nichts nach. Bunt, laut und kompakt präsentierte sich der Gästeanhang. Zum Einlaufen der Mannschaften wurde eine rot-weiß-rote Zettelchoreopraphie gezeigt, eingerahmt mit einem breiten Banner („Kaiserslautern“). Als zweiter Teil der Choreo hüllten kurz vor Anpfiff mehrere Rauchtöpfe in den gleichen Farben die Osttribüne ein. Auch zum Wiederanpfiff in Hälfte zwei, diesmal auf der „Bastion Betzenberg“-Fahne, zündeten die Lautrer Fans einige rot-leuchtende Bengalos. Auch im Rückstand feuerten die Anhänger ihre Männer noch an („Lautrer geben niemals auf“) und auch das dieser Tage viel zitierte Betze-Lied wurde nach dem Gegentreffer 1:2 lautstark angestimmt: „Läuft im Spiel mal nichts zusammen...“

Doch trotz des geschlossenen Supports – es war die 58. Minute, als Marius Müller beim Stand von 1:0 aus Lautrer Sicht den Ball nach einem Rückpass geradewegs in die Füße des FCH-Angreifers Smail Morabit spielte und damit den 1:1-Ausgleich verursachte. Unglücklich, ärgerlich, zweifelsohne auch unverdient zu diesem Zeitpunkt. Warum die Roten Teufel danach aber keine richtige Antwort fanden, sogar noch zwei weitere Gegentore, wieder jeweils durch individuelle Fehler (Colak mit Fehlpass, Vucur stößt mit Müller zusammen) provozierten, das muss Fragen aufwerfen. Von einer wilden Entschlossenheit und einer Reaktion, die man nach der unterirdischen Montagspartie zeigen wollte, blieb nach der 60. Minute nicht mehr viel übrig. Auch wenn die Männer in Rot zuvor eine solide Leistung zeigten, eigentlich sogar 2:0 hätten führen müssen (Schiedsrichter Brand verweigerte Zimmers Treffer die Anerkennung), die letzten 30 Minuten waren eine Enttäuschung.

Und so blieb am Ende nicht viel mehr übrig, als die üblichen Durchhalteparolen und mal wieder das Versprechen, am nächsten Spieltag eine bessere Leistung zeigen zu wollen. Kosta Runjaic betonte, dass man die nun zwei Wochen dauernde Länderspielpause für das Einüben und Festigen der Automatismen nutzen wolle. Fraglich, wieso diese allerdings nach einer kompletten Vorbereitung noch nicht sitzen. Oder vielmehr, weshalb andere Mannschaften dem FCK in diesen Punkten einiges voraus zu haben scheinen. Auch Heidenheim oder Paderborn hatten einen großen Umbruch im Sommer.

Es ist auch dringend nötig, wartet doch in zwei Wochen mit dem SC Freiburg der erste echte Härtetest. Und auch der schwelende Konflikt um den Frust der Anhänger ist noch längst nicht erstickt, wie auch die Reaktion nach dem Spiel zeigte. Auch wenn mit Jean Zimmer, Stipe Vucur, Tim Heubach und Kacper Przybylko wenigstens vier Spieler den Mut fanden, bis an den Zaun und damit nah zu den eigenen Fans zu gehen - als die Mannschaft ihren Anhängern für die Unterstützung dankte, da gab es neben den Aufmunterungsrufen für Marius Müller auch wieder einzelne Pfiffe und deutliche Gesten der Unzufriedenheit Richtung Trainerbank und Spielfeld.

„Die Roten Teufel wollen endlich wieder zurück in die Bundesliga“. Auch wenn die Heidenheimer Stadionzeitung damit Recht hat, fasst sie das ganze Situation gleich im nächsten Satz zusammen: „Dass der FCH dem legendären 1. FC Kaiserslautern einmal auf Augenhöhe begegnen würde, hätte noch vor wenigen Jahren wohl kaum jemand für möglich gehalten.“

Mein Spieler des Spiels: Es fällt schwer, einen Spieler herauszugreifen. Am besten präsentierte sich wohl noch der umtriebige und ballgewandte Daniel Halfar, auch wenn er ebenso wie seine Kollegen ab Minute 60 untertauchte. Der eigentliche Teufel des Tages war somit der 12. Mann: Die FCK-Fans zeigten über 90 Minuten vollen Support.

Was sonst noch auffiel: Alexander Ring sucht seit Wochen seine Form. Auch wenn er natürlich keine alleinige Schuld für die aktuelle Situation trägt, muss auch von ihm in Zukunft wieder mehr kommen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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