Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Eintracht Braunschweig 2:1

Unter den Augen der fünf Weltmeister

Unter den Augen der fünf Weltmeister


Gänsehaut am Anfang, Abschiedsstimmung am Ende, und dazwischen eine gute Portion „Betze“: Unser neuer DBB-Autor paulgeht blickt auf den Heimsieg des 1. FC Kaiserslautern gegen Eintracht Braunschweig zurück.

- Spielfotos: 1. FC Kaiserslautern - Eintracht Braunschweig
- Fanfotos: 1. FC Kaiserslautern - Eintracht Braunschweig

60 Jahre ist es her, da zogen fünf Fußballspieler aus Kaiserslautern aus, um mit der deutschen Nationalmannschaft zum ersten Mal nach dem Krieg bei einer Fußball-Weltmeisterschaft anzutreten. Mit Leidenschaft und Emotionen, mit Kameradschaft und Teamgeist nahm das seinen Lauf, was am 4. Juli 1954 im „Wunder von Bern“ gipfelte. Deutschland wurde zum ersten Mal Weltmeister und mittendrin: die fünf Lautrer WM-Helden.

Die Geschichte dieser Helden ist schon oft erzählt worden und wahrscheinlich jeder kennt sie. Doch in Zeiten, in denen ganze PR- und Marketing-Abteilungen großer Unternehmen ihre eigenen Fußballklubs entwerfen und in die Bundesliga kaufen, kann man die Geschichte der Weltmeister und ihrer Werte eigentlich gar nicht oft genug wiederholen. Und so kam es, dass zum Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen Eintracht Braunschweig ihnen zu Ehren die Westkurve in einer sagenhaften Choreographie erstrahlte: Zunächst schlängelte sich der WM-Zug von 1954, auf eine lange weiße Stoffbahn gemalt, vor der Westkurve entlang. Kurz darauf stiegen aus der Tribüne, an Seilen befestigt, Werner Kohlmeyer, Horst Eckel, Ottmar Walter und Werner Liebrich auf. Sie rahmten in ihrer Mitte eine große Blockfahne mit dem Konterfei des fünften Helden und Kapitäns der Nationalmannschaft ein: Fritz Walter. Passend dazu stand vor der Tribüne in großen Buchstaben geschrieben: „Als Namenlose zogt ihr aus - Als Weltmeister kamt ihr nach Haus' - Deutschlands größter Triumph war errungen - Für immer unsere Helden, ihr Lautrer Jungen!“ Stolz und lauter Applaus von den 33.289 Zuschauern im Stadion für diese von der „Generation Luzifer organisierte Aktion und auch Fritz Walter bedankte sich auf seine Weise: zur Halbzeit schickte er eine kurze, aber heftige Brise „Fritz-Walter-Wetter“ über seinen Betzenberg.

Mit diesen Gänsehaut-Momenten und sozusagen unter den Augen der fünf Weltmeister ging es in das dritte Saisonspiel des FCK, für das die Braunschweiger Eintracht - gerade von einem einjährigen Ausflug in die Bundesliga zurückgekehrt - im Fritz-Walter-Stadion gastierte. Lauterns Trainer Kosta Runjaic stellte das Team nach dem Pokal-Kraftakt in Wiesbaden auf vier Positionen um. Im Sturm begann wieder Srdjan Lakic, Marcel Gaus kehrte auf der linken Außenbahn zurück, im defensiven Mittelfeld wurde Willi Orban durch Markus Karl ersetzt und in der Abwehr durfte Jean Zimmer beginnen. Zimmer war es auch, der nach zwei Minuten zunächst einen Zweikampf bärenstark gewann, den anschließenden Einwurf jedoch etwas unglücklich ausführte. Der Ball landete beim Gegner und wenige Augenblicke später versenkte Braunschweigs Dennis Kruppke den Ball volley im rechten Lautrer Toreck. Die kalte Dusche für die Roten Teufel nach nur drei Spielminuten.

Aber: der Schock war nur von kurzer Dauer. Lautstark angefeuert von der Westkurve erholte sich das Team schnell, drängte Braunschweig in die eigene Hälfte und näherte sich nach und nach dem gegnerischen Tor. So dauerte es auch nur acht Minuten, bis der Ausgleich gelang - ausgerechnet durch den zuletzt häufig kritisierten Karim Matmour. Einen weiten Abschlag von Tobias Sippel verlängerte Srdjan Lakic, der sich im Kopfballduell gleich gegen zwei Gegenspieler durchsetzte, mustergültig in den Lauf von Matmour. Der Winkel schien schon fast zu spitz, doch mit einem beherzten Schuss aus etwa 15 Meter knallte der Algerier den Ball vorbei am Eintracht-Keeper ins Netz. Durchatmen! Im Anschluss bemühten sich beide Teams erst einmal um Ordnung und Kontrolle, wobei der FCK die deutlich bessere Figur machte. Zwar fehlte manchmal, wie schon in den vorangegangenen Spielen, ein wenig Präzision oder Konsequenz, aber insgesamt hatten die Roten Teufel die Partie im Griff. Aus spielerischer Sicht war der Auftritt gegen Braunschweig unbestritten die beste Saisonleistung.

Deutlich häufiger wird inzwischen der Weg zum Tor über die Außenspieler gesucht, zudem funktioniert die Abstimmung im Kombinationsspiel um einiges besser, als noch in der letzten Spielzeit. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang vor allem der junge Kevin Stöger, der wieder ordentlich Alarm in der gegnerischen Hälfte machte. Beinahe hätte sich der Österreicher für seine klasse Leistung selbst belohnen dürfen - in der 34. Minute drückte er den Ball zum 2:1 über die Linie - nur leider stand Vorlagengeber Lakic zuvor im Abseits. Lautern spielte weiter dominant, hatte deutlich mehr Ballbesitz und die besseren Chancen. Trotzdem wäre der Spielverlauf kurz vor der Halbzeit beinahe auf den Kopf gestellt worden. Mirko Boland tauchte plötzlich frei vor Tobias Sippel auf, schoss den Ball aber zur allgemeinen Erleichterung am rechten Pfosten vorbei. Puh! Ein Wachrüttler, denn der Szene vorausgegangen war mal wieder eine ziemliche wackelige Abwehrarbeit.

Doch der FCK ließ sich davon nicht beeindrucken, setzte sein Spiel auch nach dem Seitenwechsel einfach fort: dominant, druckvoll, aber ohne den letzten Zug. Braunschweig lauerte dagegen auf Konter, beraubte sich aber mit haarsträubenden Ballverlusten im Aufbauspiel selbst seiner Chancen. Die Schlüsselszene der Partie folgte in der 52. Minute: wieder war es Karim Matmour, der nach einem feinen Doppelpass mit Marcel Gaus Richtung Braunschweiger Tor stürmte und nur durch ein Foul vom Ex-Lautrer Matthias Henn gestoppt werden konnte. Elfmeter! Die Verantwortung übernahm Srjdan Lakic und höchst souverän schob der Kroate den Ball ins rechte Eck. 2:1! Wieder das Spiel gedreht! Freude und Euphorie, aber dann sofort die Frage: wie würde der FCK mit dieser Führung gegen konterstarke Braunschweiger umgehen? In den letzten beiden Spielzeiten hätte man sich wohl zurückgezogen, hinten reingestellt und abgewartet - aber nicht so am Sonntagmittag.

Der FCK spielte weiter, störte die Eintracht früh und hielt Braunschweig weitgehend fern vom eigenen Tor. Vielleicht haben Mannschaft und Trainer doch dazu gelernt? Es wäre zu hoffen, denn die Roten Teufel bekamen gleich mehrfach die Chance das Spiel zu entscheiden. Vor allem der eingewechselte Philipp Hofmann hatte die Möglichkeit, das Endergebnis um ein oder zwei Tore hochzuschrauben. In der 80. Minute landete sein Kopfball aus einem Meter Entfernung am Querbalken, in der Nachspielzeit traf er nach klasse Zuspiel von Neuzugang Amin Younes wieder nur Aluminium. Die Konsequenz: kollektives Haareraufen auf den Rängen, ein wütender Kosta Runjaic an der Seitenlinie und ein Spiel, das am Ende noch einmal deutlich spannender wurde, als eigentlich nötig gewesen wäre. Mit letzter Verzweiflung warf Braunschweig alles nach vorne, scheiterte aber entweder am nun installierten Elf-Mann-Bollwerk des FCK oder am eigenen Unvermögen.

Und so blieb es beim hochverdienten 2:1 und dem zweiten Sieg am dritten Spieltag für die Roten Teufel. Letztmalig startete der FCK mit sieben Punkten aus drei Spielen in der Aufstiegssaison 2009/2010. Entsprechend euphorisch, aber nicht überschwänglich, wurde das Team nach Abpfiff gefeiert, wobei einer einen ganz besonderen Applaus bekam: Marc Torrejón, seit 2012 im Betze-Trikot und mit Nachwuchs auf dem Arm, ließ sich von der Westkurve angesichts seiner bevorstehenden Wechsels nach Freiburg feiern und zugleich verabschieden. Eine schöne Szene, die wohl in Erinnerung bleiben wird. Torrejón wird der ohnehin instabilen Defensive fehlen, doch allzu arg beeinflussen sollte sein Abgang das Team nicht. Denn schon am Freitag gilt es, die souveräne Leistung in Aalen zu bestätigen. Dort hat die Mannschaft in Erinnerung an die letzte Saison wirklich noch etwas gut zu machen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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