Zwei Tore des Monats gab es am Samstag auf dem Betze zu bestaunen. Beide durch den FCK. Sie überstrahlten sogar das Lakic-Comeback. Warum Trainer Runjaic trotz der drei Punkte noch mal mit seinen Mannen Tacheles reden muss, analysiert DBB-Autor Marky.
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Srdjan Lakic stand noch gar nicht auf dem Platz - und war irgendwie doch beteiligt am so wichtigen 1:0 des 1. FC Kaiserslautern, das Fürths Trainer Frank Kramer später als “Dosenöffner” für die Pfälzer interpretieren sollte. Nach stimmungsvollem Beginn war es auf den Rängen ruhiger geworden. Das leidenschaftliche Betzepublikum fand kaum Futter, um aus der Haut zu fahren. Erst nach knapp 40 Minuten brachen sich die Emotionen Bahn. Ja, ein Applaus-Orkan fegte von Block zu Block über die Westkurve. Erst war gar nicht zu erkennen, was die Eruptionen auf dem Fußballberg erzeugte. Der Grund war ein Auswechselspieler, der sich auf den Weg hinter das von Tobias Sippel im ersten Durchgang gehütete FCK-Tor im Westen machte. Der Grund war natürlich Srdjan Lakic. Und der meist diskutierte Rückkehrer ever ever ever hatte gerade zurückgeklatscht und gestrahlt wie zuletzt beim 5:0 gegen Schalke, da setzte auf einmal sein neuer Mannschaftskamerad Ruben Jenssen einen fantastischen Schlenzer in den Winkel. Dieser Ruben Jenssen, der bislang gefühlt noch nicht einmal in der ganzen Saison aufs Tor geschossen hatte. "Lucky" jubelte und der Betze war, wie es Pharrell Williams später treffend in einem der Halbzeitsongs ausdrückte, happy. Lakic dafür einen Scorerpunkt zuzuschreiben, wäre vielleicht übertrieben, aber es passte ins Bild. Es passt zu der total, total verrückten Beziehung zwischen Verein und Spieler.
"Wir haben in der ersten Halbzeit ein ausgeglichenes Spiel gesehen – nicht so wie ich mir das vorgestellt hatte”, ordnete FCK-Coach Kosta Runjaic die ersten 45 Minuten kritisch ein. Fürth habe sehr gut verteidigt und die Räume eng gemacht – “da haben wir nicht so überzeugt, wie ich das gedacht hatte”. Runjaic hatte, wie erwartet, auf das unter seiner Ägide neue 4-2-3-1-System gesetzt. Mit - und das gab’s bisher auch nicht - Kostas Fortounis auf der “10”. In der Winterpause hatte Runjaic kritisch angemahnt, dass seine Mannschaft zu wenig für das Spiel tun würde. Daran wollte er in seiner ersten richtigen Vorbereitung mit seinen Spielern arbeiten. Das, was er letztendlich auf dem Platz sah, konnte den Trainer freilich nicht zufrieden stellen. Die Außen Marcel Gaus und Karim Matmour blieben anfangs stumpf, beim Spielaufbau schaufelte man mehr Bälle ins Seitenaus als zum Mann. Hier fehlte dann doch ein fitter Jan Simunek, der gar nicht im Kader war, der von Dominique Heintz ersetzt wurde. Und sicher war auch Druck da: Bei einer Niederlage hätten die bislang recht konstanten Fürther den Vorsprung auf sieben Punkte ausbauen können. Der FCK hatte zudem die letzten beiden Heimspiele verloren. Und sicher stand da mit Fürth auch ein gut geordneter Gegner auf dem Platz, der enorm viel lief, der gut verschob, der rasant umschaltete. Aber in seinen wenigen Kontern dann doch nicht die Entschlossenheit zeigte (oder am ausgezeichneten Marc Torrejon scheiterte), dem Ruf als gefährlichste Offensive der Liga nicht gerecht wurde. Sinnbildlich für die Offensivleistungen des FCK in der ersten Halbzeit war die Anfangschance von Gaus, der freie Schussbahn hatte, aber dann doch erst wieder einen Schlenker machte - in schlechter Tradition der zurückliegenden Spiele gegen Düsseldorf und Paderborn. Ja, bis dann eben Ruben Jenssen die schmerzlich vermisste Zielstrebigkeit zeigte und - in bester Ivo-Ilicevic-Manier - etwas herrlich Verrücktes unternahm. “Endlich schießen die mal aus der zweiten Reihe”, dachten wohl Trainer und Fans unisono.
“In der zweiten Hälfte haben wir auf das 2:0 hingearbeitet”, so Runjaic. Den Roten Teufeln wuchsen nun augenscheinlich Flügel, Fortounis war on Fire. Alle taten was für das Spiel. Und selbst die genauso grandios herausgespielte wie vergebene Chance durch Matmour - der zudem den völlig verwaisten Mo Idrissou übersah - fiel da nicht schwer ins Gewicht. Denn Augenblicke später stand der Betze Kopf, als Florian Dick die irre Idee hatte, Arjen Robben zu kopieren. Zwei Tore des Monats in einem einzigen Spiel. Zwei FCK-Distanzschüsse. Drin. Sensationell. Total verrückt.
Und jetzt kam auch noch - unter Standing Ovations - Lakic aufs Feld, in der 64. Minute für Fortounis. Und nicht wenige dachten euphorisiert, der macht jetzt auch noch eins. Doch mit Prognosen sollte man gerade als FCK-Fan sehr vorsichtig sein. Es kam anders. Mit der Auswechslung des Griechen und der Umstellung auf ein 4-4-2 geriet das FCK-Gefüge durcheinander (unsere DBB-Taktik-Experten haben dies in ihrem Thread messerscharf analysiert). Die Dynamik war raus, der Esprit fehlte, die Kompaktheit ging verloren. Und der FCK “erzielte das dritte Tor sozusagen auch”, wie Runjaic süffisant anmerkte. “Wieder so ein einfaches Tor.” Einen recht harmlosen Schuss von Füllkrug konnte Sippel nicht festhalten, Löwes Beine machten nicht, was ihnen das Gehirn vorgab und Mudrinski drückte das Leder über die Linie. Der FCK, der Meister der Slapstick-Gegentore. Runjaic brachte Occean, der die Fortounis-Lücke füllen sollte - korrigierte der Taktik-Fuchs damit etwa seinen vorigen Wechsel wieder?
Die Mannen mit dem Kleeblatt auf dem Trikot “bissen sich dann rein, gingen sehr hohes Risiko” (Trainer Kramer). Und hatte am Ende eine “glasklare Torchance, die man auch in solchen Spielen nutzen muss”. Kramer meinte damit seinen Angreifer Füllkrug, der freistehend, wenige Meter vor dem Kasten nur den langen Haxen von Heintz traf. Da waren 88. Minuten gespielt. Vier Minuten später beendete Schiri Knut Kircher, der alles bestens im Griff hatte, die Partie - und der FCK-Anhang schnaufte ganz tief durch. Zuvor hatte er jede Ballberührung der Fürther mit wütenden Pfiffen quittiert. Das hat es in dieser Form länger nicht gegeben. Ein gutes Zeichen! 1.000 der rund 33.000 Zuschauer kamen übrigens aus Fürth - eine respektable Zahl.
“Aus meiner Sicht haben wir uns nach einer schweren Vorbereitung heute belohnt”, fiel das Fazit von Runjaic dann doch versöhnlich aus. Das, was ihm nicht gefallen habe, werde er am Sonntag mit seinen Spielern besprechen. Diese schlitternden derweil auf dem regendurchweichten Rasen nach kurzer Siegesfeier (mit Sonderapplaus für Dick) der Westkurve freudig entgegen. Und der FCK rutscht in der Tabelle wieder bis auf einen Punkt an den direkten Aufstiegsrang zwei heran. Das war nach der Paderborn-Pleite so nicht abzusehen.
Abschließend, für Freunde der Statistik: Beide Mannschaften liefen jeweils 120 km (!), in der Zweikampfbilanz gab es genauso wie bei den Sprints keinen Sieger. Der FCK hatte mehr Ballbesitz (55%). Auf die meisten Ballkontakte bei Lautern kam Löwe (78). Der war mit Karl auch Top-Zweikämpfer (jeweils 20 gewonnene). Auf die beste Passquote darf Fortounis (88%) Stolz sein, lauffreudigster Teufel war Jenssen (12,73 km). Und schnellster Spieler? Dick, mit 32,57 km/h.
Last, but not least: Herzlichen Glückwunsch, Horst Eckel!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky