Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Erzgebirge Aue 4:1

Der Abend des Alexander Baumjohann

Der Abend des Alexander Baumjohann


Letzte Woche ist er zum zweiten Mal Vater geworden. Aber auch diesen Montag, den 5. November 2012 wird Alexander Baumjohann so schnell nicht vergessen. Mit zwei Toren und einer Vorlage avancierte er zum „Man of the Match“ im bisher besten Saison-Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern und ballerte die Roten Teufel beim 4:1 (2:1) gegen Erzgebirge Aue auf die Aufstiegsplätze.

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23.372 Zuschauer im nichtmal halbvollen Fritz-Walter-Stadion bedeuteten einen Negativrekord für die bisherige Saison, an dem auch die nur 200 mitgereisten Fans aus Aue ihren Anteil hatten. Aber wer will es einem verdenken, wenn man als Gästeanhänger an einem Montag, bei Schmuddelwetter und mieser Auswärtsbilanz, einfach mal daheim bleibt? Die Anstoßzeiten in der zweiten Liga sind und bleiben allesamt fanfeindlich, der tatsächliche Minuswert steht dem FCK aber wahrscheinlich noch bevor, wenn in drei Wochen an einem Dienstag um 17:30 Uhr (!) Jahn Regensburg am Betze gastiert.

Wie hoch der bisherige Saisonverlauf sportlich einzuschätzen ist, zeigte sich bereits vor dem Anpfiff: Auf der Doppel-Sechs, der heutzutage nicht nur beim FCK wichtigsten Position im ganzen Team, spielte verletzungsbedingt nicht mit Borysiuk/Alushi die erste Wahl. Nein, auch die zweite Reihe mit De Wit/Azaouagh musste passen. Mit Steven Zellner und Denis Linsmayer lief in der Zentrale sozusagen die dritte Garnitur auf, das defensive Mittelfeld der FCK-Amateure. Und die beiden machten ihre Sache gut, ebenso wie ihre jungen Mitspieler, von denen gegen Aue ganze sieben Stück (inklusive Einwechslungen) 22 Jahre oder jünger waren. Einfach nur: Hut ab!

Glück hatte der FCK nach gutem Beginn, als Dominique Heintz und Jakub Silvestr sich eine Hrutka-Jancker-Gedächtnisrangelei lieferten und ein anderer Schiedsrichter vielleicht auf Rot gegen Heintz und Freistoß oder gar Elfmeter für Aue entschieden hätte. Dennoch eine vertretbare Entscheidung! Stattdessen fiel im direkten Gegenzug das Tor für den FCK, Hendrick Zuck traf nach Hereingabe von Florian Dick (7.). Danach Lautern weiter im Vorteil und mit Chancen, aber statt dem 2:0 klingelte es plötzlich auf der anderen Seite. Der Ex-Lautrer Fabian Müller wurde von Leon Jessen nur begleitet statt bekämpft, die anschließende Flanke erreichte nur Jan Hochscheidt und keiner der FCK-Verteidiger, und schon stand es 1:1 (23.). Lange Gesichter auf dem Betzenberg, ohne Gegentor geht es einfach nicht - schon 15 Buden hat der konstant gute Tobias Sippel kassiert, so viele wie kein anderer Torhüter aus der oberen Tabellenhälfte. Aber es sollte ja noch die große Stunde des Alexander Baumjohann kommen. Noch vor der Halbzeitpause setzte er sich nach Zuck-Pass schön am Strafraum durch, sein Schuss wurde jedoch im letzten Moment abgegrätscht - und den Abpraller bugsierte Lauterns Nummer 9 dann unter tosendem Jubel per Fallrückzieher in den gegnerischen Kasten (36.). Die Vorauswahl zum „Tor des Monats“ dürfte Baumjohann sicher sein!

Im zweiten Abschnitt wurde das Spiel dann zäher, der FCK musste ob der knappen Führung mal wieder zittern, ehe doch noch ein furioses Finale folgte. Zehn Minuten vor Schluss zeigte Mo Idrissou, dass mit ihm auch noch zu rechnen war: Im Mittelfeld gelang dem Kameruner aus einer eigentlich harmlosen Situation heraus eine starke Balleroberung, Aue konnte sich nur mit einem Foul helfen, Idrissou führt den Freistoß gedankenschnell aus und schickt Baumjohann, der von außen allein auf den Torwart zuläuft, ihn tunnelt und das Spiel mit dem 3:1 vorentscheidet (79.). Dieses Tor zeigte in exakt 13 Sekunden die aktuellen Stärken des FCK: Immer nachsetzen, gedankenschnell sein und gemeinsam mit den Mitspielern den direkten Weg zum Tor suchen. Das anschließende 4:1 von Idrissou nach tollem Baumjohann-Pass (81.) geriet fast schon zur Randnotiz, ebenso wie die Platzverweise für Sylvestr und Aues Trainer Karsten Baumann wegen Meckerns. Mit dem bisher besten Heimspiel der Saison gelang dem FCK erstmals der Sprung auf einen direkten Aufstiegsplatz!

Dementsprechend fiel auch die Siegesfeier nach dem Spiel aus. Insgesamt war die Stimmung in der Westkurve, trotz niedriger Zuschauerzahl und kleinem Hänger zwischendurch, gut und vor allem zu Beginn und Ende des Sprungs auf den zweiten Tabellenplatz würdig. Nach den stimmungsmäßig teils erschreckenden Heimspielen der vergangenen Monate war das ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn im Betze immer noch viel mehr Potential als das gestern gezeigte steckt.

Die schönste Anekdote des Abends ereignete sich dann beim Feiern vor der Westkurve, als die Fans den jungen Ur-Lautrer Denis Linsmayer zu sich riefen und ihn auf dem Megaphonpodest das mittlerweile schon obligatorische „F-C-K“ eintrommeln ließen. Linsmayer ließ sich nicht zwei Mal bitten und hämmerte den Fans und seinen auf dem Rasen knienden Kollegen den Takt vor. Tolle Aktion und der nächste Schritt zur wieder stärker werdenden Identifikation von Anhängern und Team, die in der vergangenen Saison so schlimm und noch heute spürbar gelitten hat.

Der Mann des Tages hatte sich zu diesem Zeitpunkt zu seinen Mitspielern zurückgezogen und wollte seine persönliche Leistung nicht über die der Mannschaft stellen. Das Schlusswort gehört dem bei seiner Auswechslung mit Sprechchören gefeierten Alexander Baumjohann: „Heute war schon eine gute Fortsetzung vom Köln-Spiel, aber ich denke da ist trotzdem noch Luft nach oben.“

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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