Rezension: Fanzine „Paranoid #5“

Fast schon ein Jahrbuch

Fast schon ein Jahrbuch


Zum Heimspiel gegen Union Berlin ist die neueste Ausgabe des Fanzines „Paranoid“ erschienen. Die Ultras des „Pfalz Inferno“ (PI) blicken darin unter anderem auf das Katastrophenjahr 2011/12 beim 1. FC Kaiserslautern zurück.

132 der insgesamt 164 Seiten sind mit Berichten zu allen Pflichtspielen der vergangenen Saison gefüllt. Betrachtet wird dabei, wie bei Fanzines üblich, neben dem Sportlichen auch das Drumherum der einzelnen Partien. Von den Reiseerlebnissen beim Auswärtskick, dem spieltäglichen Spießrutenlauf als Ultras und interessanten Hintergründen zum Gegner oder zum Stadion ist alles mit dabei. Auch die Berichte der gegnerischen Fans zu fast jedem Spiel dürfen nicht fehlen, was das „Paranoid #5“ sehr ausführlich und fast schon zu einer Art Jahrbuch macht. Besonders interessant ist der Blick zwischen die Zeilen, der erkennen lässt, wie sich die Gefühlslage der FCK-Fans letzte Saison von Spieltag zu Spieltag entwickelte: Zunächst Vorfreude, dann erste Rückschläge, zwischendurch Hoffnung, immer mal wieder Durchhalteparolen und zum Ende hin nur noch Resignation und Wut.

Dass das PI sich neben der Fankultur auch besonders der Vereinspolitik verschrieben hat, wird auch im „Paranoid“ deutlich, wo sowohl auf die reguläre als auch die außerordentliche Mitgliederversammlung zurückgeblickt wird und auch das Mitgliederbündnis „Perspektive FCK“ sich noch einmal vorstellen darf.

Wer sich für mehr als nur Fußball interessiert, wird außerdem in den ausführlichen Erlebnisberichten zum FCK-Trainingslager in Campoamor sowie zu einer Tour der PI-Groundhopper nach Griechenland (u.a. mit dem Athener Derby AEK gegen Panathinaikos) fündig. Abgerundet wird das Heft von einem Rückblick auf den bundesweiten Fankonkress im Januar 2012 und ein interessantes Interview mit den Machern von „Erlebnis Fußball“.

An einigen Stellen schießen die Autoren mit ihrer Bewertung des Erlebten zwar etwas über das Ziel hinaus, aber beim genauen Lesen entdeckt man im „Paranoid #5“, dass es entgegen aller Vorurteile nicht „die Ultras“ gibt und dass sich die Szene auch durchaus weiterentwickelt: Wird im Bericht vom September-Spiel in Gladbach noch ein Diebstahl im Supermarkt eher verharmlost, so hat sich ein paar Seiten weiter, mittlerweile im April beim Spiel in Berlin angekommen, bereits die Erkenntnis durchgesetzt, dass solche Aktionen einfach Mist sind. Auch interessant für Ultras-Kritiker: Im Bericht zum Auswärtsspiel beim HSV wird das sichtbehindernde Fahnenschwenken im engen Gästeblock kritisiert. Es gibt eben nicht „die Ultras“...

Ein Problem tut sich auf, wenn man das „Paranoid“ als mittlerweile ältestes FCK-Fanzine auf dem Markt mit den Heften der anderen Gruppen vergleicht. Zusammen mit dem „Unter die Haut plus“ (Frenetic Youth) und dem „WegbeGLeiter“ (Generation Luzifer) gibt es nun schon drei Zines, deren Hauptinhalt Spielberichte zu allen FCK-Partien sind. Dadurch wiederholt sich vieles und vor allem die Gegnerberichte sind doppelt und/oder schon aus älteren Kurvenblättern bekannt. Natürlich werden alle drei Fanzines bei ihrem gewohnten Format mit den wöchentlichen Einzelberichten bleiben wollen, aber vielleicht könnte hier eine kreative Auflockerung gerade auch zur Abhebung von den anderen Heften verhelfen.

Aufgrund seiner Vollständigkeit ist das 2011/12er „Paranoid“ nicht nur für Betze-Masochisten lesenswert, schließlich gehört auch die grausamste Saison aller Zeiten unauslöschlich zur Geschichte des FCK und seiner Fans. Deshalb sollte das PI-Fanzine in keiner vollständigen Sammlung fehlen.

„Paranoid #5“ ist mit 164 Seiten und komplett in Farbe für 4,- Euro am Infostand des „Pfalz Inferno“ (Eingang Westkurve) im Fritz-Walter-Stadion sowie per E-Mail unter paranoid (at) pfalz-inferno.com erhältlich.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Fanzine "Paranoid #5" erscheint zum ersten Heimspiel (vom 1. August 2012)

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