Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - 1. FC Köln 1:1

Ein Punkt für die Moral

Ein Punkt für die Moral


Zum Auftakt des Fußballjahres 2011 empfing der 1. FC Kaiserslautern seinen Lieblingsgegner, den 1. FC Köln im Fritz-Walter-Stadion. Lieblingsgegner deshalb, weil die Kölner vor mehr als 21 Jahren zum letzten Mal in der Pfalz gewinnen konnten - und das sollte sich auch diesmal nicht ändern.

42.295 Besucher, darunter gut 3.000 Geißbockfreunde, bevölkerten bei für die Jahreszeit angenehmen äußeren Bedingungen den Betzenberg. In beiden Fankurven wurden Schalparaden und Schwenkfahnen gezeigt, zur zweiten Halbzeit gab es angesichts der ersten 3D-Übertragung eines Bundesligaspiels außerdem ein gemeinsames Spruchband von Westkurve und Gästeblock: „Sky Sportcast HDTV 3D - Wir haben es satt - Fußball findet im Stadion statt!“

Die Trainer mussten ihre Mannschaften jeweils auf mehreren Positionen ändern. Beim FCK fehlten gesperrt Christian Tiffert und Alexander Bugera, die durch Pierre de Wit und Leon Jessen ersetzt wurden. Außerdem bestritt Chadli Amri sein Debüt in der Startelf, weshalb Oliver Kirch zunächst draußen Platz nehmen musste. Bei den Gästen standen auch aufgrund einiger grippebedingter Ausfälle die Neuzugänge Slawomir Peszko und Christian Eichner sowie der eigentlich schon aussortierte Andrézinho in der Startformation. Dazu Neuzugang Michael Rensing im Tor.

Bei stimmungsvoller Atmosphäre - auch von den Kölnern war zunächst einiges zu hören - starteten die Roten Teufel wie die Feuerwehr und setzten den Gegner unter Druck. Das Spiel wurde immer wieder gut verlagert und trotz des Ausfalls von Spielmacher Christian Tiffert ein klares Übergewicht geschaffen. Nach 28 Minuten dann aber die erste Chance für die Gäste: Nationalspieler Lukas Podolski zimmerte einen Freistoß aus 20 Metern an die Latte. Durchatmen beim FCK-Anhang. Doch nicht für lange, denn nur eine Minute später schien der wieder in die Stammformation zurückgekehrte Aufstiegsheld Rodnei von allen guten Geistern verlassen zu sein, als er mit seinem schwächeren rechten Fuß sehr hart und unplatziert, von Tobias Sippel nicht zu erreichen, eine Rückgabe geradezu an den eigenen Pfosten drosch. Den Abpraller drückte der freistehende Podolski zur Gästeführung ins Netz (29.) und die FC-Fans feierten dieses selten erlebte Glücksgefühl ausgiebig. Blankes Entsetzen hingegen im restlichen Teil des Stadions, aufmunterndes Schulterklopfen für Rodnei von seinen Teamkameraden. Die bis dahin gute und laute Stimmung ließ nun erstmal nach, die Kölner waren obenauf.

Doch es kam noch schlimmer für den FCK! Topstürmer Srdjan Lakic lag plötzlich auf dem Boden, forderte einen Strafstoß, als sich Eichner von hinten näherte und ihn beschimpfte. Lakic sprang drauf an, deutete im Aufstehen einen Wischer ins Gesicht des Kölners an und Schiedsrichter Guido Winkmann pfiff. Der Unparteiische hatte die Aktion ebenso wie sein erster Assistent jedoch nicht gesehen, wurde aber über Funk vom Linienrichter aus der gegnerischen Hälfte (!) informiert - und zeigte Lakic die rote Karte, dazu Gelb für Eichner. Das Publikum nun außer sich, es war eine viel zu harte Entscheidung und selbst der Kölner Spieler verneinte nach Spielende eine Tätlichkeit. Nun war der FCK also für die restlichen gut 50 Minuten in Unterzahl, natürlich auch weiterhin in Rückstand!

Bis zur Pause war der „Effzeh“ jetzt im Aufwind und hatte durch einen nun knapp verzogenen Freistoß von Petit auch noch eine weitere Chance. Halbzeit. Würden die Kölner tatsächlich nach sehr langer Zeit mal wieder in Lautern gewinnen können?

FCK-Trainer Kurz reagierte in der Pause und brachte Adam Nemec als neuen Stürmer Und Lautern gab sofort Vollgas! Unterstützt von seinem keineswegs entmutigten, vielmehr sehr kämpferisch und nun immer häufiger richtig lauten Publikum bot sich Ivo Ilicevic bereits kurz nach Wiederanpfiff die Ausgleichschance, doch er verzog per Kopf. Aber der FCK war nun „da“, ging energisch in die Zweikämpfe, erkämpfte sich die Bälle, setzte den Kölnern erheblich zu. Diese Bemühungen wurden dann auch schnell belohnt durch den Ausgleichstreffer von Jan Moravek, der einen Abwehrfehler nutzte und aus 15 Metern trocken vollendete (51.). Die Vorarbeit kam dabei vom Unglückraben Rodnei, dessen Kopfball Geromel und Pezzoni nicht klären konnten.

Nun rollte der Betze-Express, die Zuschauer unterstützten ihre Farben enthusiastisch. Nach einer großen Rettungstat von Geromel gegen Nemec dann nach einer Stunde fast das Tor des Jahres: Florian Dick zog aus gut 25 Metern ab und der Ball klatsche mit über 100 km/h genau ans Lattenkreuz. Man hatte das Gefühl, dass das Tor dabei fast umgefallen wäre, solch ein Druck lag hinter diesem Geschoss. Schon nach einer Stunde hätte der FCK das Spiel also kippen können, die Kölner kamen nun nur noch selten aus ihrer Hälfte heraus und konnten sich der Lautrer Überlegenheit trotz Überzahl kaum erwehren. Lediglich Podolski ließ eine gewisse spielerische Klasse aufblitzen, darüber hinaus bot der FC biedere Hausmannskost und ließ erkennen, warum er nur auf Platz 16 steht.

Der FCK brachte nun noch Kirch für Amri und blieb weiter brandgefährlich. Nemec rackerte für zwei, Ilicevic setzte Andrézinho permanent zu und bei Standards sorgten Kapitän Martin Amedick und Rodnei immer wieder für Gefahr. So ging es in die Schlussphase, die sehr turbulent werden sollte.

Nach langer Zeit tauchten die Gäste mal wieder gefährlich vor dem FCK-Tor auf, doch Jessen konnte kurz vor der Linie gegen Podolski klären, anschließend klärten Sippel und Kirch in einer Gemeinschaftsaktion gegen Lanig und verhinderten eine erneute FC-Führung. Dann die größte Chance auf der Gegenseite: Jeder vermutete Thanos Petsos im Abseits am Fünfmeterraum, er selbst wohl auch, sodass er einen Moment zögerte und schließlich am ihm entgegen stürzenden Rensing scheiterte. Es war zum Haare raufen! Auch die letzte Chance durch Amedick brachte nichts mehr. 1:1, das war der Endstand.

Obwohl der FCK gerade in Unterzahl eine beeindruckende Leistung geboten hatte, hätte man die Partie gewinnen können. Aufgrund der vorhandenen Chancen eigentlich sogar müssen. Dennoch wertete ein zufriedenes Publikum diesen einen Zähler als Punkt für die Moral und spendete nach Spielende eifrig Beifall. Wirklich unzufrieden ging niemand nach Hause, durfte nach diesem packenden Kampfspiel einfach niemand nach Hause gehen. Denn die in der ersten Halbzeit noch nicht zwingende, dann durch ein Quasi-Eigentor und einen Platzverweis sehr durchgeschüttelte Mannschaft bewies in der zweiten Hälfte eindrucksvoll, dass Kampfgeist und Moral in dieser Truppe stimmen. Insofern darf man durchaus optimistisch auf das ebenfalls sehr wichtige Pokalspiel am Mittwoch in Koblenz schauen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Altmeister

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