Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - TuS Koblenz 3:0

Rapolders Trauma und die Herbstmeisterschaft

Rapolders Trauma und die Herbstmeisterschaft


Als Adam Nemec in der 16. Minute das 1:0 für den 1. FC Kaiserslautern schoss, hätte man ruhigen Gewissens zu den Feierlichkeiten übergehen können. Das Spiel war gelaufen! Jenes Spiel gegen die Tus Koblenz, das gestern im Fritz-Walter-Stadion stattfand. Das letzte Heimspiel im Jahr 2009, zudem mit einem ganz besonderen Höhepunkt: Die Vorstellung der von den Fans gewählten FCK-Elf der letzten 30 Jahre, ein Wiedersehen mit vielen alten Helden. Aber es gab noch mehr zu feiern. Doch der Reihe nach...

35.789 Zuschauer pilgerten auf den Betzenberg, passabel für die „Prime Time“ der DFL am späten Freitagnachmittag. Davon etwa 800 Schlachtenbummler vom Deutschen Eck - schwach! Koblenz reiste mit Bauchdrücken zum Duell „Pfalz vs. Rheinland“, welches ja für viele „Schängel“ seit 1961 das Spiel der Spiele ist. Damals hatte man zum ersten Male den großen Nachbarn besiegt und das sollte auch bis 2008 so bleiben. Dieses Seuchenjahr mit Heimniederlage und 0:5 am Deutschen Eck wiederum haben auch die FCK-Fans nicht so leicht verdaut, also ist immer ein wenig „Derbycharakter“ anwesend, aber eben nicht mehr als beim Rheinderby zwischen Oggersheim und Worms.

Dazu noch eine Prise Uwe Rapolder, der den weiten Weg als Trainer von Mannheim über Bielefeld und Köln nach Koblenz machte, um endlich den FCK zu vernichten. Nachdem er 2001 kurz vorm legendären Pokalspiel des Waldhof gegen den FCK gefeuert wurde, sein erstes Betze-Spiel 2004 mit Bielefeld in der letzten Minute verlor - auch das Rückspiel ging an die Teufel - danach auch mit Köln gar in der letzten Sekunde durch einen Elfmeter unterlag, ausgerechnet von Ervin Skela, seinem Ziehsohn aus Bielefeld, und wieder gefeuert wurde! Da muss das 5:0 vom letzten Jahr ein wahrhafter Feiertag gewesen sein. Nun denn, diesmal hat es Rapolder wohl geschafft: Er hat das Spiel am Betzenberg erleben dürfen und wird jetzt wohl trotzdem von seinem eigenen „Pressewart“, Vereins- und Zeitungsboss Walterpeter Twer, gefeuert! Das nenne ich göttliche Fügung. Applaus, Uwe!

Genug Gründe also, um die bedeutungslosen Koblenzer vernichtend zu schlagen! FCK-Trainer Marco Kurz hatte keine Not umzustellen, auch Sidney Sam war von seiner Verletzungs aus Rostock wieder genesen, also einmal mehr die bisher so erfolgreiche Startformation. Was natürlich auch die Taktik beinhaltet: hinten zu, in der Mitte quer und vorne ab wie Schmidts Katze. Das Spiel ist dann schnell erzählt.

Koblenz stand erst gut, machte den Eindruck, Beton anzurühren und auf Lauterns mittelmäßige Torbilanz zu hoffen. Doch ausgerechnet Rapolders Ziehsohn, der Ex-Lautrer Skela machte den vielleicht spielentscheidenden Fehler. Auch hier kann man das Wort „Fügung“ durchaus benutzen. Sein Fehlpass auf Sam, dessen Steilvorlage auf Nemec, vorbei an TuS-Keeper Yelldell, die frühe Führung für den FCK (16.)! Das war Gift fürs Spiel, denn Koblenz konnte nichts und Lautern musste nicht. Ein, zwei Chancen noch und schon war Halbzeit. Koblenz fand offensiv nicht statt, hatte nicht den Hauch einer Chance die routiniert und fast gelangweilt spielenden Teufel. Ein Trainingsspiel! Wie demütigend muss das sein?

Dann die Halbzeitpause, die mit Spannung erwartete Präsentation der Besten der Besten! Ein Erlebnisbericht: Natürlich kann man geteilter Meinung sein, ob die Elf auch wirklich die beste war, ich fand meine Favoriten dennoch recht häufig wieder. Mir fehlte nur Axel Roos, der 20 Jahre die Knochen für den FCK hingehalten hat. Schade, Axel... du bist meine Nummer 1 und mindestens die Nummer 11! Ciriaco Sforza war nicht da, Miroslav Klose durfte nicht, sonst kamen alle gewählten Spieler der Einladung von FCK-Sponsor Karlsberg gerne nach: Stefan Kuntz natürlich und Gerry Ehrmann, die hatten es nicht weit, dazu „Ölaf“ Marschall, der wie in besten Zeiten als „Fußballgott“ begrüßt wurde. Das Mäuschen („Ratinho-ohoo“), die Dampflok Martin Wagner, „Harryyyyyy“ Koch, und dann die drei vor denen man sich gar nicht tief genug verneigen kann: Miroslav Kadlec („Miro, Miro, Miro“), der beste FCK-Libero aller Zeiten, Ronnie Hellström („Ronniiieeeeee“), der wohl beste Keeper Europas, zwischen 1974 und 1984 beim FCK aktiv. Und Hans-Peter Briegel ... als ich ihn sah, musste ich eine kleine Träne verdrücken. Die „Walz aus der Pfalz“ betritt den Rasen des Fritz-Walter-Stadions. Gänsehaut! Endlich! Rock 'n Roll, Hans-Peter, das tut so gut! In diesem Zusammenhang ein ganz dickes Ausrufezeichen hinter das ausdrücklich groß geschriebene: DANKE, STEFAN!

Aber was war das für eine Präsentation? In der Halbzeitpause? Jeder dieser Männer hätte seine fünf Minuten verdient gehabt! Die besten elf (auch ohne Axel) der letzten dreißig Jahre, das sind drei Dekaden, über 1.000 Bundesligaspiele, vier Titel, zwei Abstiege, Europacup der Landesmeister, zwei Mal Uefa-Cup-Halbfinale. Da sind unglaubliche Emotionen und Erinnerungen in jedem der 35.000, die an diesem Tag den Betzenberg besuchten.

Nein, lieber FCK, das hätte definitiv mehr verdient gehabt als acht Minuten in der Halbzeitpause, nachdem sieben lange Minuten erstmal nur Werbespot auf Werbespot folgte. Das hatte was von „zwischen Zigarettenpause und Stuhlgang“. Schade, das war diesen Männern nicht würdig, das war uns Fans nicht würdig, und dem FCK, einem der größten Klubs des deutschen Fußballs, einfach nicht angemessen!

Dann wurde weiter Fußball gespielt, man gestattete es den „Schängel-Nerazuris“ den heiligen Rasen zu betreten und zwischen den Beinen unserer Helden rumzuwuseln. Während des Spiels stand einer neben mir, der seit Jahren in Asien arbeitet und einmal im Jahr heimkommt, um seinen „Betze“ zu sehen! Und das, was mir durchs Blut ging, ging ihm über die Lippen: „Immer wenn ich Blau-Schwarz sehe, muss ich k.....!“ Also auf geht's Jungs, macht noch was! Auch wenn es nicht erforderlich ist, weil die eh keine Chance haben. Das ist keine Polemik, das war am gestrigen Freitag einfach Tatsache!

Ein Abschlag von Lauterns U21-Nationalspieler Tobias Sippel landete bei Erik Jendrisek, der Koblenzer Keeper Yeldell lief gegen seinen eigenen Verteidiger, fiel um wie eine Bahnschranke und riss sich dabei die Bände - „haste scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“, sagte einst schon Andreas Brehme. Jendrisek nutze diese Einladung und schob ins leere Gehäuse ein zum 2:0 (57.). Der Ersatztorhüter der TuS musste dann nach zwei guten Paraden in der 79. Minute auch hinter sich greifen. Der Rekonvaleszent Srdjan Lakic hatte sich unbemerkt auf den Platz geschlichen und sein erstes Tor seit April erzielt. Welcome back in hell, Srdjan! „Rote Teufel - DREI! TuS Koblenz - NULL!“

Lautern ist nicht mehr einzuholen 2009, wir sind Herbstmeister! Hans-Peter ist zurück, der Horizont wird immer heller! Und Uwe Rapolder hat in sein Trauma-Buch ein weiteres Kapitel geschrieben: „Wie ich gegen den Roten Teufel kämpfte, wie einst Don Quichote gegen die Windmühlen“. Alle Gute beim Arbeitsamt Heilbronn, Uwe, es hat nicht sollen sein!

Was wir aber auch mitnehmen in die Weihnachtspause auf dem Betzenberg ist die Erkenntnis, dass wir noch viel an „Charme und Stil“ dazu lernen können, wenn wir unserer Tradition pflichgerecht werden wollen. Doch schon vor dem letzten Spiel der Hinrunde, am übernächsten Montag in Augsburg, steht fest: Es wird aus FCK-Sicht ein schönes Weihnachtsfest, dafür sorgt alleine schon der Blick auf die Tabelle!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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