Spielbericht: Hansa Rostock - 1. FC Kaiserslautern 0:1

„Auf die Zehenspitzen und wippen!“

„Auf die Zehenspitzen und wippen!“


Erinnern wir uns an den 1. Mai 2009: Am fünftletzten Spieltag der vergangenen Saison hieß es ebenfalls Hansa Rostock gegen den 1. FC Kaiserslautern. Die Roten Teufel verloren mit 5:1, der Aufstieg war in weite Ferne gerückt und ein kaum gekannter Hass gegen den Gästeanhang musste ertragen werden. Am gestrigen 5. Dezember 2009 waren am Ende des Tages drei Punkte für die FCK-Fans im Gepäck, ein optisch wie akustisch bärenstarker Auftritt wurde hingelegt - und leider war da auch wieder dieses bekannte Gefühl, dass an der Ostsee das Thema „Gewalt“ eine gewisse Kultur erreicht hat. Dies alles wurde aber überstrahlt von der siegreichen Mannschaft, die mit Riesenschritten in Richtung erste Liga marschiert.

Ein Novum gab es bei den Einlasskontrollen am Gästeblock: „Auf die Zehenspitzen und wippen!“ Rund 600 FCK-Fans kamen ohne Probleme durch diese Aufwärmübung des grau gekleideten Security-Dienstes und beflaggten erstmal ordentlich den Gästeblock. Großartig von Rostocker Seite, dass viele Fan-Utensilien erlaubt wurden, wenn auch die Anzahl weiterhin begrenzt war. So wurden während des gesamten Spiels viele Fahnen und Doppelhalter eingesetzt, was die Stimmung ordentlich anheizte. Toller Auftritt der FCK-Fans!

Sechs Rote Teufel (Sippel, Amedick, Dick, Bugera, Sam, Jendrisek) von der Klatsche im Mai waren auch diesmal in der Anfangself vertreten und hätten um ein Haar nach wenigen Minuten ein Déjà vù des frühen Rückstands vom letzten Treffen an der Ostsee erlebt - doch Tobias Sippel parierte und Innenverteidiger Rodnei kratzte den Ball schließlich von der Linie. Weiterhin druckvolle Rostocker gegen die Lauterer Elf der letzten drei siegreichen Spiele, erst langsam konnten die Roten Teufel sich befreien. Bitter für Flügelflitzer Sidney Sam die Oberschenkelzerrung in der ersten Viertelstunde des Spiels, Danny Fuchs ersetzte ihn.

Die kampfbetonte Partie auf schwerem Untergrund verfiel in die Kategorie „Der erste Fehler kann entscheidend sein“. Kurz vor der Pause parierte Sippel nochmals mit einer Glanztat gegen einen Freistoß von Carnell. Fast im Gegenzug wurde Erik Jendrisek toll freigespielt, tauchte alleine vor Hansa-Torhüter Walke auf, doch der Schlussmann blieb Sieger. Sehr gut spielten die beiden slowakischen Stürmer Adam Nemec und Jendrisek, immer anspielbereit, beide ackerten 90 Minuten für die Mannschaft. Auf die Slowaken ist Verlass! Auf die Standards von Kaiserslautern ebenso. Rodnei köpfte die anschließende Ecke kurz vor dem Pausenpfiff an die Latte, die bis dahin größte Torchance für den FCK. Schade, das wäre ein guter Zeitpunkt für die Führung gewesen!

Nach dem Seitenwechsel kam Rostock immer besser ins Spiel und arbeitete sich immer näher vor's Lautrer Tor. Mehrere Möglichkeiten wurden erspielt, doch Torhüter Sippel hielt mit einer phantastischen 2. Halbzeit die Null fest. Vier sehr gute Chancen der Hanseaten parierte der U21-Nationalspieler! In den Phasen zwischen den Rostocker Großchancen konnte der FCK zwar den Gegner vom eigenen Tor weg halten, aber eigene Gelegenheiten waren Mangelware. So musste wieder ein verlässliches Gut ausgepackt werden: Freistoß Alexander Bugera in der 81. Minute - und Kopfballtor von Nemec! Viertes Saisontor des Riesen und riesiger Jubel bei Spielern und Fans. Danach waren alle wieder auf den Zehenspitzen und wippten, diesmal freiwillig zum Lied „Hey Kaiserslautern...“.

Schiedsrichter Metzen pfiff pünktlich ab und zu diesem Zeitpunkt wurde der in der 70. Minute eingewechselte Bastian Schulz verletzt vom Platz getragen. Verdacht auf Kreuzbandriss! Das könnte zum Problem werden, wenn Georges Mandjeck Anfang des kommenden Jahres beim Afrika-Cup spielen und Schulz durch Verletzung nicht zur Verfügung stehen sollte. Die Rückrunde wird so oder so: schwer und lang! Doch zunächst stehen die beiden letzten Spiele des Jahres gegen Koblenz und in Augsburg an, in denen der FCK die überragende Vorrunde mit der Herbstmeisterschaft krönen will.

Während der Feierlichkeiten mit der Mannschaft machten sich dann etwa 20 Rostocker von ihren Stehplätzen auf den Weg in Richtung Gästefans, um diese zu provozieren und anzugreifen. Die Securities hatten damit anscheinend kein Problem und ließen sie gewähren. Wie am 1. Mai gab es Pöbeleien auf beiden Seiten und der Mob der Rostocker wuchs rasant auf ein zigfaches an. Die Security konzentrierte sich dabei ausschließlich auf die Gästefans und ein Handgemenge im FCK-Block war die Folge. Es ist schon bezeichnend, dass mehrere hundert gewaltbereite Heimfans sich bis auf eine Plexiglasabsperrung an den Gästesektor bewegen können, ohne dass eingegriffen wird, und dass die „Sicherheitsmaßnahmen“ dann auch noch gegen die Angegriffenen durchgeführt werden. Das überspannt den Rahmen dann doch gewaltig! Hier sollte endlich die Sicherheitsfirma in Frage gestellt werden, ob sie für selbige noch in Frage kommt. Dies gilt besonders im Zusammenhang mit dem aggressiven Auftreten des Personals, dass teilweise Mundschutz trägt und wild die Lautrer durch den Gästeblock trieb und dabei zahlreiche Fans anging.

Leider ging die Hexenjagd im Anschluss am Busparkplatz hinter dem Gästeblock weiter, als vermeintlich „Schuldige“ des Handgemenges im Gästelock zur Personalienfeststellung aus den Bussen gezogen werden sollten. Jegliche deeskalierende Maßnahmen wurden vermieden und mit rabiater Gewalt in die Massen eingeschritten. Erstaunlich auch hier, dass die Polizei sich zurückhielt, der Hansa-Sicherheitsdienst „polizeiliche“ Maßnahmen durchführte und dabei zahlreiche FCK-Fans anging. Zum Glück gab es keine größeren Verletzungen zu beklagen.

Nach diesem mal wieder unrühmlichen Ende an der Ostsee konnte die Heimfahrt mit Erleichterung über Sieg und Unversehrtheit angetreten werden. „Oh, wie ist das schööön!“

Quelle: Der Betze brennt | Autor: connavar

Kommentare 97 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken