Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Karlsruher SC 2:0

Derbysieger! Spitzenreiter!

Derbysieger! Spitzenreiter!


Derby ist nicht gleich Derby, heißt es. So auch meine Meinung. Na gut, Spiele des 1. FC Kaiserslautern gegen den Karlsruher SC haben was von Derbystimmung, sind explosiv und allemal mehr „Derby“ als etwa gegen die Pappnasen aus Mainz, rein historisch betrachtet. Bei zwei Vereinen aus verschiedenen Bundesländern ist diese Bezeichnung aber schon grenzwertig. Dennoch fieberten die Fans beider Lager dem Duell FCK gegen KSC entgegen und pilgerten 39.774-fach ins Fritz-Walter-Stadion.

226 Zuschauer fehlten also zur magischen Grenze. Und das obwohl aus dem Gelbfußland rund 4.000 Supporter angereist waren, um die zurzeit beste Zweitliga-Mannschaft gegen den Bundesligaabsteiger und vermeintlichen Aufstiegskandidaten aus Baden zu sehen. Die „fanfreundliche“ Anstoßzeit von samstags um 13:00 Uhr fiel aufgrund der geringen Entfernung zwar nicht so ins Gewicht, dafür blieb die Hauptribüne erschreckend leer. Das war fast schon ein wenig peinlich. Sind wir schon satt? Ausreden lasse ich da keine gelten, auch nicht, dass der Aufzug stecken bleibt!

Die per Entlastungszug angereisten KSC-Fans kamen wie erwartet ein wenig später als geplant in Kaiserslautern an, fanden aber dennoch rechtzeitig den Weg zum Stadion. Die Umstände, welche die um höchste Sicherheit bemühte Polizei den „abertausenden“ Krawallmachern auf beiden Seiten auflastete, hielten sich dabei im Rahmen: So wurde der Löwenburgkreisel am Fuße des Betzenbergs vor Spielbeginn und nach Schlusspfiff jeweils kurz komplett gesperrt, um die blau-weißen Schwadronen zum Bahnhof zu geleiten, wo der Vorplatz völlig „neutralisiert“ wurde. Die schon bekannte glasfreie Zone wurde eingerichtet, die Badenser bekamen keinen Suff. Die waren dann ja auch alle stocknüchtern, klar!

Alles lief relativ ruhig ab. „Dass Gewaltpotenzial auf beiden Seiten vorhanden war, hat sich nach Spielende gezeigt, als sich in der Fabrikstraße eine KSC-Gruppe und einige FCK-Fans eine Schlägerei lieferten und mehrere Beteiligte in Gewahrsam genommen wurden“, so lässt die Einsatzzentrale der Polizei verlauten. Arbeitsplätze gesichert!

Statt die Gästefans einfach in Eselsfürth oder bei Opel raus zu lassen und mit Bussen hoch zu fahren, lässt man die Provokationen einfach zu und hindert so auch die restlichen Besucher daran, das Stadion direkt zu erreichen oder zu verlassen, man produziert lieber Menschenansammlungen in denen es zu einer Panik kommen kann, wenn auch nur eine Flasche fliegt. Gesamtnote für Grün-Weiß: 4 Minus!

Das Spiel begann dank der Verspätung der Zugfahrer zehn Minuten später und mit einer tollen Choreographie der „Generation Luzifer“ über den gesamten Fanbereich. In vier Teilen wurde „Westkurve Kaiserslautern“ inszeniert, einfach nur gigantisch. Der KSC-Anhang machte ebenfalls lautstark auf sich aufmerksam, supportete fast dauerhaft, unabhängig vom Spielstand mit zumindest 400 Leuten rund um die Ultras von „Phönix Sons“ und Co., das war dann schon „Derbystimmung“. Der beste Auswärtsauftritt am Betze zumindest seit dem Auftritt von St. Pauli vor rund einem Jahr. Die Westkurve noch voll im fünften Gang vom Leverkusen-Spiel, was sich noch mal steigerte, als der FCK die Platzwahl verlor und gleich auf die Kurve spielte.

FCK-Trainer Marco Kurz vertraute wie immer seiner „Elf“, Dragan Paljic musste wieder raus, der zuvor gesperrte Ivo Ilicevic kam zurück. Auch Wildpark-Neuling Markus Schupp, Ex-Meisterspieler der Roten Teufel aus Nahbollenbach, vertraute bei seiner Rückkehr auf den Berg der Formation, die am Mittwoch im Pokal gegen Dortmund unterlag. Mit dabei zwei ehemalige Millionarios und Schürzenjäger (aber keine Torjäger) aus der Jara-Ära beim FCK, Christian Timm und Marco Engelhardt. Bei uns brannte Florian Dick auf das Wiedersehen mit dem Ex-Club. Also, es war angerichtet. Los geht's!

Der KSC machte gleich Druck, um nicht unter die Räder zu kommen, was ihm bis zur elften Minute auch gelang. Der „Betze“ stand erst mal tiefer als gewohnt, um abzuwarten. So kam eben Timm zur ersten größeren Chance, doch insgesamt war die Lautrer Abwehr um Kapitän Martin Amedick und den seit Wochen brillanten Rodnei wieder sattelfest und zweikampfstark. Nach dieser Einspielphase hatte dann der FCK seine ersten Chancen, Adam Nemec und Ilicevic vergaben aber zunächst noch. Weitere starke Aktionen folgten, nach 20 Minuten hätte es gut und gerne 3:1 stehen können. So aber taten zwei gute Keeper und ein schlechter Schieds- bzw. Linienrichter alles dafür, um den Spielfluss zu „unterbrechen“. Schiri Kempters Abseitswissen lässt Schulungsbedarf erkennen, auch seine Auffassung von gelbwürdigen Fouls im Mittelfeld war nicht stets nachvollziehbar. Aber wenigstens leistete er sich keinen spielentscheidenden Fehler.

Lautern erarbeitete sich wieder wichtige Standards in aussichtsreichen Positionen, eine solche führte dann auch zum ersten Tor. Bugeras Eingabe flog zum langen Pfosten. KSC-Schlussmann Miller war kurz irritiert und Rodnei stocherte das Ding rein (42.). Fast eine Kopie des 2:0-Treffers vom Mittwoch gegen Leverkusen, der FCK bei Standards einfach brandgefährlich! So ging's dann auch in die Halbzeit. Vom Tor bis dahin waren die FCK-Fans losgelöst und die Droge „Dauererfolg“ begann wieder zu wirken. Die Roten Teufel auf der Siegerstraße - ein gewohntes Gefühl inzwischen. Ein schönes Gefühl!

Die zweite Hälfte begann beidseits ohne Wechsel, doch der KSC kam überhaupt nicht in die Pötte. Der überforderte Stindl wich Fink, in der Umstellungsphase verloren die Badener die Übersicht. Drei „Rechtsverteidiger“ konnten auf links Ilicevic nicht an der Flanke auf Amedick hindern, Miller unterlief diese, sein einziger Fehler im Spiel. Amedick setzte zum Fallrückzieher an, Langkamp riss die Hand nach oben, statt zu köpfen. Den fälligen Strafstoß schoss Bastian Schulz. Jener Schulz, der auf St. Pauli vergeigte! So was kann übel ausgehen, dann ist das Selbstvertrauen total am Arsch, aber es gelang! Miller war fast dran, doch der Ball einfach zu präzise und hart. Lautern ZWEI, Karlsruhe NULL! Der Betzenberg feierte nun eine rundum gelungene Fußballwoche, das Weiterkommen im Pokal, den klaren Sieg im Derby und das Erklimmen der Tabellenspitze: „Oooh, wie ist das schön!“

Nach dem zweiten Tor wurde es fast erschreckend langweilig. Der FCK dominierte den Gegner nach Belieben, erspielte weitere hochkarätige Chancen, Jendrisek trat in Sachen Chancenverwertung in die Fußstapfen Dragan Paljics vom St. Pauli-Spiel. Dann kamen noch Hesse, dem man die fehlende Spielpraxis allerdings anmerkte, und erneut Bilek für Schulz sowie Pavlovic für Ilicevic. Position für Position, konsequent und ohne Systemänderung. Würden wir in schwarz-rot längsgestreift spielen, könnte man uns phasenweise mit dem AC Milan verwechseln... aber nur phasenweise, gell!

Was insbesondere Rodnei und Amedick da hinten abziehen, Mandjeck und Jendrisek an Kilometern gehen und Sam und Ilicevic über außen an Grundgeschwindigkeit und Lauf- wie Passwegen zeigen, ist momentan zu hundert Prozent erstligatauglich. Mit dieser Mannschaft würde der FCK aus Liga 1 sicher nicht absteigen! Aber noch ist der FCK in Liga zwei! Es gilt also, sich natürlich Gedanken zu machen, diese Spitzenleute zu halten oder zu erwerben, um weiter zu planen. Aber man sollte auch, wie Marco Kurz, der als Trainer für mich die Überraschung dieser noch jungen Saison, die Bälle flach halten und cool bleiben. Schluss mit der Lobhudelei! Konzentriert bleiben.

Es schleicht sich ein Schlendrian ein, unweigerlich, das ist im Fußball so. Bisher hat der „Betze“ erst einmal einen Rückstand aufholen müssen, gegen Aachen, und prompt nicht gewonnen, trotz klarerer Überlegenheit. Der Rückschlag wird kommen, die Frage ist wann. Dann muss die Reaktion abgewartet werden, erst danach kann man von einer „Prognose“ überhaupt reden. Bislang steht der FCK aber da, wo er hingehört, auf Platz 1! In Liga 2! Das ist nach der Vergangenheit aller Ehren wert. Verfallt nicht in Dauerfeiern, lasst euch nicht abnutzen, bleibt wachsam!

Nachdem jahrelang die Einlagen und Reserven unter dem Kopfkissen lagen und nicht angetastet wurden, was zur Folge hatte, dass man nicht nur neben dem Rasen, sondern auch spielerisch verarmte, ist jetzt die offensive Spielweise die Bareinzahlung, die defensive Stärke das Festgeldkonto, der Tabellenplatz der Zinseszins. Der FCK schoss 14-mal aufs Tor, machte fünf Ecken, lief siebenmal abseits, bekam 25 Freistöße. Hinten gewinnen die Roten Teufel jeden entscheidenden Zweikampf, vor allem am Boden. Daraus folgern 84% Passquote. Das sind Zahlen, von denen andere Vereine träumen!

Verbesserungswürdig - irgendwas muss der alte Rossobianco ja finden - sind die Luftzweikämpfe offensiv, da sehen wir ganz schön alt aus. Heißt für die Flanken, nur vier von 21 kamen an. Wer ist dran schuld, der Flankengeber oder der Abnehmer? Hausaufgabe für Trainer Kurz! Aber wen juckt das, wenn dann zwei von vier Flanken zu Toren führen?

In diesem Sinne, Prost und... Schluss mit der Lobhudelei! Karlsruhe ist nur ein kleines Dorf auf dem Weg nach Rom!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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