Spielbericht: RW Oberhausen - 1. FC Kaiserslautern 2:1

„Dem Fritz sein Wetter“ reicht nicht immer

„Dem Fritz sein Wetter“ reicht nicht immer


Das Niederrheinstadion in Oberhausen war das Ziel des sonntäglichen Ausflugs von 8.340 Fußballanhängern, davon brachten die Roten Teufel etwa 3.000 mit, eine stattliche Zahl. Allerdings war es für viele - wie auch für mich - der erste Auftritt bei Rot-Weiß Oberhausen und somit ein neuer Ground. Die RWO'ler hätten jedoch auch zuhause bleiben können, denn eigentlich waren sie sowieso nicht „geistig anwesend“. Der 1. FC Kaiserslautern hatte einen Teil des versprochenen Karlsberg-Freibiers in den Bussen bereit gestellt und das wurde auch gerne konsumiert, demnach waren viele guter Dinge, auch beim Vorletzten die Serie auszubauen. Als dann noch pünktlich zum Einlass „dem Fritz sein Wetter“ anfing, gab es kaum noch Zweifler.

Der Ground ein typisches Gründerzeit-Oval, altehrwürdig, mit zwei überdachten Seiten und offenen Kurven, echt und ehrlich. Ist mir zehnmal lieber als ein Konsumtempel à la München oder eine große Turnhalle im Oberhäuser Nachbardorf, kann aber natürlich mit Tempeln wie dem Betze oder auch Dortmund nicht im Geringsten mithalten. Daher auch die Stimmung bei Oberhausen so schlecht? Ich weiß ja nicht, aber entweder die waren alle in Gedanken bei einem anderen Club oder sie waren die lausigsten Fans eines „Traditionsvereins“, die ich je gesehen und „nicht gehört“ hab. Noch nicht mal nach den Toren, war erkennbar, dass man im Ruhrpott war und auswärts spielte! O-Ton Premiere: „Laut sind sie nicht, aber ihre Schals können sie hochhalten.â€ Das sagt alles - ausbaufähig, RWO!

Eine nette Horde Grün-Weiß war auch anwesend, aber dieses Mal irgendwie völlig relaxt und gar freundlich aus Eigenantrieb .... Seht ihr Cops... so geht's auch, vielleicht mal ein Schulungsvideo nach Deppstadt oder zur freistaatlichen Unifomierten Spezial-Kampftruppe schicken.

Der Lautrer Anhang gewohnt lautstark und vor allem im halbwegs trockenen, weil überdachten Seitenbereich extrem aktiv unterwegs, nette Show, guter Support, diesmal mit Maggi als Zaunkönig, Kempf bereitet sich wohl langsam auf die Rente vor! :-) Lecker Bier gab auch,... also los ging's!

FCK-Trainer Milan Sasic lies die Teufel logisch verändert auflaufen: Ouattara fehlte gelbgesperrt, Sippel kam wieder für Robles. Dzaka für Paljic, Jendrisek wieder von Anfang an. Auf dem Papier also ein offensives 4-4-2 mit Kotysch und Amedick innen und den schnellen Dick und Bugera außen, Dzaka hatte Demai als Staubsauger und Bellinghausen über links wie auch Sam über rechts sollten Geburtstagskind Jendrisek und Lakic füttern oder aus der zweiten Reihe abschließen. Hörte sich gut an.

Was dann kann, war das ideenloseste Spiel seit dem kläglichen Ausscheiden im Pokal in Jena. RWO wollte überhaupt nicht Fußball spielen und zerstörte mit zehn Mann den Lautrer Spielaufbau wie mit einem stumpfen Messer im Sauerbraten. Der FCK fand überhaupt keine Lücke und vornehmlich Dzaka brachte kaum einen Ball an den Mann, wenn dann hintenrum. Seit Wochen in fallender Form, Anel, was ist los? Du kannst das viel besser! Aimen Demai traute sich nicht zu übernehmen und Kapitän „Bello“ war irgendwie lethargisch unterwegs. Kein Solo von Florian Dick kein langer Ball von Alex Bugera, Lautern spielerisch völlig abgemeldet. Oberhausen wartete auf den einen Konter.

Der hätte bereits in Minute 8 passieren können, da war Bellinghausen nicht auf der Hut und lies sich zu einem Foul außerhalb des Strafraums hinreißen, Kiskanc war ihm enteilt und stand frei vor Tobias Sippel...Wären da ein paar Minuten mehr gespielt gewesen, hätte es sicher Rot vom insgesamt unauffälligen und somit guten Schiri Fritz bekommen. Es blieb die einzige strittige Szene eines denkwürdigen Grottenkicks.

Der Rest der ersten Hälfte konzentrierte sich auf zwei jämmerliche Strafraumaktionen, nämlich das völlig überraschende 0:1 durch Lakic (23.), der einen Fernschuss von Jendrisek abfälschte, was man im Stadion gar nicht so wahrnahm. Und dann in der 38. das ebenso aus dem Nichts heraus fallende 1:1 durch Kruse, nachdem Dick, der einen schwarzen Tag erwischte, erst diesem den Ball auf dem Tablett servierte und ihn dann auch noch abfälschte. Ein Dreivierteleigentor, Flo! Fußball, Kameraden, ist was anderes! Vorne Waffenstillstand und hinten bei nur zwei gefährlichen Angriffen ein Gegentor und beinah eine Rote? Oh je!

Sasic versuchte zu reagieren, wechselte frühzeitig den laufschwachen Sam (36.) aus und ersetze ihn mit Hesse, besser hätte er Paljic für Dzaka gebracht! Hesse machte es vorne noch enger und aus der Mitte kamen einfach keine Bälle. In der zweiten Hälfte das gleiche Bild, RWO wollte nicht, der Betze konnte nicht. Man hatte auch nicht den Eindruck, dass geduldig auf die sich bietende Chance gewartet wurde, sondern dachte eher, dass die Jungs Blei in den Waden hatten. Immerhin wurde jetzt früher gestört, versucht den ball zu erobern, das führte in der 55. zu einem gefährlichen Freistoß von Dick, der zur Ecke geklärt wurde, danach kam dann Hesse nicht ganz an die Kugel ran, dicke Chance. Von RWO nichts zu sehen, von ihren Anhängern nach wie vor nichts zu hören. Wo bin ich hier?

Es passiert sage und schreibe 15 Minuten lang gaaaaaar nichts! Erst in der 72. Minute hatte Jendrisek eine Einschußmöglichkeit, die er jedoch unbedarft vergab. Im Gegenzug hatte Rot-Weiß die erste Chance in der zweiten Hälfte und machte mit dem zweiten Torschuss das zweite Tor. Und wieder ein Katastrophenfehler vorab, diesmal von Alex Bugera, der Terranova den Ball quasi in den Fuß spielte, die Flanke hätte den Stürmer niemals erreicht.

Sasic brachte umgehend Ziemer als vierte Spitze (!), was nichts an Effektivität brachte. Bugera wurde ausgewechselt, Paljic rein, viel zu spät Milan! Aber was soll's, jetzt konnten keine neuen Ideen mehr kommen, nur die Brechstange. Aber diesmal hatte Lautern keine Sonne am verregneten Niederrhein. Dzakas abgeblockter Schuss (76.), dann Lakics Riesenchance in der 83. mit dem Kopf - Millimeter vorbei, dann Paljic direkt in die Arme von Semmler (87.), und zu guter Letzt noch en Freistoß von Anel in der letzten Minute - der Betze erspielte sich in der letzten Viertelstunde 4 mal so viele Chancen als zuvor in 75 Minuten, und damit auch viermal so viele insgesamt wie der Sieger - RWO! 7:2 Ecken für die Teufel sprechen im Zusammenhang mit dem Ballbesitz von nur 43% für uns eine deutliche Sprache. Wir haben es nicht verstanden, RWO vom Ball zu trennen und wenn doch unsere Standards nicht genutzt.

Oberhausen spielte in 90 Minuten nur einen einzigen Pass im Lautrer Sechzehner und erzielte so zwei Treffer, weil unser Team 57% der Zweikämpfe am Boden verlor! Das Lautrer Spiel war insgesamt viel zu engmaschig und stoisch. keine Lockerheit zu spüren - doch Erfolgsdruck? macht euch nicht verrückt, Jungs, wir erwarten keine Meisterschaft von Euch! Spielt einfach Fußball! Letzendlich kann man diesen Kick sogar sehr gut mit der Niederlage am deutschen Eck vergleichen, auch da war jeder Angriff des Gegners quasi drin. Nur hatte Koblenz fünf Chancen, RWO eben nur zwei. Ein schlechtes Bild und eine verdammt schlechte Bilanz für unsere Hintermannschaft. Wir können uns nicht drauf ausruhen, dass vorne immer einer trifft, und wenn es dann passiert, müssen wir lernen, dass wir immer 101% Vollgas gehen müssen, um das zweite entscheidende Ding zu machen, nicht hängen lassen, das reicht nicht mal gegen Oberhausen ohne Fans.

Lobend erwähnen kann man trotz der mauen Stimmung aber das Umfeld von RWO, das aus der vierten Liga per Durchmarsch in die 2. Bundesliga zurückgekehrt ist und wo nicht nur über die Polizei nichts negatives zu berichten ist - was ja heutzutage schon wieder erwähnenswert ist. Amüsant und kurios der Oberhausener Anpeitscher, der kurz vorm Anpfiff vom Strafraum ebenso wie später vom Megaphon-Podest schnell noch ein paar Fotos fürs private Album macht und die zweiten 45 Minuten mit einer Ehrenrunde durchs Stadion beginnt, wo schnell auch mal die gegenüberliegende Kurve und die Sitzplatztribüne animiert werden. Oder der Vereinsoffizielle beim Gästeblock, der sich als Präsident von RWO vorstellt und den Gästefans freundlich beim Anbringen von Zaunfahnen hilft. Auch die Ordner waren weitgehend nett, ein kurz für Unruhe sorgendes Missverständnis in der Halbzeitpause, als ein FCK-Fan vom Zaun fiel und unsanft "entsorgt" wurde, wurde letztendlich schnell und friedlich gelöst. Der Fan war rechtzeitig zum Anstoss wieder im Block und ein provozierender Ordner wurde vorzeitig zum Duschen geschickt. Alles locker und freundlich also, hätten sie nur mal nicht die drei Punkte da behalten...

Der FCK hat bewiesen, warum er "noch" keine Spitzenmannschaft ist, aber er hat auch wieder gezeigt, dass er nicht freiwillig verliert und in der Lage wäre, ein Spiel zu drehen oder zu entscheiden. Diesmal hat es nicht geklappt, kein Beinbruch. Aber es darf an der Abwehrarbeit gefeilt werden, nicht am Stellungsspiel, sondern am Passen und bei den Zweikämpfen können wir noch zwei Tüten drauflegen. Nach den kommenden zwei Heimspielen werden wir Tabellenführer sein! Dann ist Zeit für die erste Zwischenbilanz, ein Drittel der Saison rum! Dann kann man schauen, wo die anderen stehen und sich neue Ziele setzen. Bis dahin lehrt uns die grausame Lederquälerei aus dem Ruhrpott nur eines: „Dem Fritz sein Wetter“ reicht eben (leider) nicht immer!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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