Spielbericht: Rot-Weiß Essen - 1. FC Kaiserslautern 2:1

Der nächste Tiefschlag

Auf der Internetseite von Rot-Weiß Essen wurde vor dieser Begegnung in der 2. Hauptrunde des DFB-Pokals noch einmal auf das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1955 zwischen beiden Mannschaften hingewiesen. Was waren das noch für Zeiten, auch wenn der 1. FC Kaiserslautern damals diese Partie unglücklich verlor. Gestern standen sich der Tabellen-7. der Regionalliga Nord und der 15. der zweiten Liga gegenüber.

Knapp 14.000 Besucher machten sich auf den Weg an die berühmt-berüchtigte Essener Hafenstraße. Zu Spielbeginn war der Gästefanblock mit kaum 500 Leuten gefüllt, einige hundert weiterer Gästefans standen zu dieser Zeit noch im Stau auf den diversen Autobahnen in Nordrhein-Westfalen.

Die Gastgeber legten gleich ein ordentliches Tempo vor und machten deutlich, dass sie die Partie gegen den klassenhöheren Gegner gewinnen wollten. Der FCK hingegen agierte wieder einmal sehr zögerlich, kam kaum in die Zweikämpfe und ließ sich von den fleißigen Essenern schnell den Schneid abkaufen. Das einheimische Publikum trieb seine Farben fast über 90 Minuten nach vorne und konnte besonders durch Wechselgesänge über zwei, gelegentlich sogar alle drei Tribünenseiten überzeugen. Eine völlig andere Szenerie im Gästeblock: Bereits nach 20 Minuten erste Unmutsäußerungen unter den immer noch wenigen FCK-Fans. Bald darauf gingen die Rot-Weißen dann nach einer feinen Einzelleistung von Sören Brandy vollkommen verdient in Führung (23.). Warum der Mann völlig unbehelligt über das halbe Spielfeld laufen konnte und selbst im gegnerischen Strafraum nicht angegriffen wurde, blieb dem geneigten Fan unergründlich. In der Folgezeit hatten die Gastgeber noch zwei weitere große Torchancen, die der wieder fehlerfreie Tobias Sippel im FCK-Gehäuse aber entschärfen konnte. Kurz vor der Pause dann eine Überraschung: So etwas ähnliches wie eine FCK-Torchance! Esben Hansen hatte einfach mal draufgehalten und immerhin einen strammen Torschuß zustande gebracht, der von RWE-Keeper Masuch allerdings problemlos entschärft wurde. Glückliches Ergebnis für die Lautrer zur Pause.

In der Halbzeit und kurz danach trafen dann einige hundert weitere FCK-Fans im Stadion ein, sodass zu Beginn der zweiten Halbzeit doch rund 1.300 Gästefans anwesend waren. Und gleich wurde die Stimmung besser, man feuerte seine Mannen tapfer an. Die meisten hatten ja das Glück gehabt, nicht die ersten 45 Minuten mit angesehen haben zu müssen. Und die Mannschaft begann zumindest etwas engagierter und hatte nach 58 Minuten Pech, als Opara im Strafraum per Notbremse gefoult wurde, der Schiedsrichter auch Elfmeter pfeifen wollte, von seinem Assistenten an der Linie aber darauf hingewiesen wurde, dass zuvor eine Abseitsstellung vorgelegen haben soll. Pech für den FCK. Nur wenige Minuten später das 2:0 für RWE: Ein Freistoß flog hoch und weit in den FCK-Strafraum, aber da sich kein Abwehrspieler dieser sogenannten Roten Teufel am langen Pfosten für die Situation zuständig fühlte, köpfte der völlig freistehende Czyszczon ungehindert ein (60.).

Nun war es vorbei mit der vorübergehend guten Stimmung beim FCK-Anhang. Zunächst forderten nur einige Ultras unten am Zaun „Schjönberg raus“, bevor diese Rufe nahezu den ganzen Block erreichten und bis weit nach dem Schlußpfiff nicht mehr abebbten. Da die Mannschaft sich nicht sichtbar aufbäumte, nahm der Unmut der FCK-Fans zu. Nun konnte man das ganze Repertoir hören von: „Wir haben die Schnauze voll“ bis hin zu „Und Ihr macht unseren Stolz kaputt“. Einige feierten sogar den auf der Haupttribüne sitzenden Otto Rehhagel. Als die Anti-Schjönberg-Rufe ihren vorläufigen Höhepunkt erreichten, traf urplötzlich Björn Runström quasi aus dem Nichts heraus mit einem trockenen Schuß ins gegnerische Tor. Nur noch 2:1! Und noch waren 10 Minuten zu spielen. Ging da noch was? Nun, sie bemühten sich zumindest, die Lautrer, es kam aber nichts nennenswertes dabei heraus. Im Gegenteil: In der Nachspielzeit flog Tobias Sippel nach einer Notbremse weit vor seinem Strafraum vom Platz. Im TV konnte man denken, er habe nur den Gegner getroffen. Aus dem Gästeblock sah man aber, dass er auch deutlich den Ball gespielt hatte. Unmut bei den FCK-Fans. Einige Dutzend stürmten die Zäune, einer zündete ein bengalisches Feuer, Polizei zog auf, die Situation eskalierte jedoch nicht. Es blieb friedlich. Dann war Schluß. Die Rot-Weißen wurden zu Recht für ihre engagierte Leistung und ihren verdienten Sieg von ihren Fans gefeiert.

Doch wie reagierten die FCK-Fans auf Ihre Mannschaft, die total versagt hatte? Und das zum wievielten Male eigentlich? Nun, die meisten Spieler schlichen mit gesenktem Haupt sofort in die Kabinen, was vermutlich vernünftig war. Die Youngster Sebastian Reinert, Fabian Schönheim und Tobias Sippel näherten sich vorsichtig ihren Fans und wurden für diesen Mut vom Anhang mit freundlichem Applaus bedacht. Axel Bellinghausen schien die Niederlage wirklich nahe zu gehen. Er lief kopfschüttelnd, fast schon wie von Krämpfen gepeinigt, vor dem Gästefanblock hin und her und zerlegte mit aller Wut hinter dem Tor eine Bande in ihre Einzelteile. Dafür erntete er donnernden Applaus vom Anhang. Er schüttelte sich immer wieder und machte den Eindruck, dass er sich vor lauter Scham über die abgelieferte Leistung der Mannschaft am liebsten sofort erschossen hätte, wenn er nur eine Pistole zur Hand gehabt hätte. Danke, Axel, für diesen Auftritt. Du bist ein echter Lautrer. Leider einer von nur sehr wenigen!

Die Fans selbst waren noch lange nach dem Schlußpfiff stinksauer. Viele waren kreide-bleich, selbst erwachsene Männer hatten Tränen in den Augen. Die Szenen gleichen sich. Der Verein geht langsam aber sicher zugrunde. So kann man einfach nicht auftreten. Die Rot-Weißen haben gezeigt, wie es geht. Auch sie haben keine großen finanziellen Möglichkeiten, aber eine Mannschaft, die sich zerreißt, die läuft und kämpft. Warum kann der FCK das eigentlich nicht mehr? Man kann die entsprechenden Spielberichte der Begegnungen gegen Fürth, Paderborn, Wehen oder zuletzt in Hoffenheim eigentlich kopieren. Blutleere Auftritte einer grottenschlechten Truppe.

Wo soll das noch enden, Herr Göbel? In Ruhe und Frieden ab in die dritte Liga? Wenn überhaupt dorthin? Dass Köpfe rollen müssen, weiß inzwischen jeder. Es ist eigentlich nur noch die Frage, wo man überhaupt anfangen soll, denn der Verein scheint in vielen Bereichen krank zu sein. Sehr krank. Hoffen wir, dass man sich mit Klaus Toppmöller in irgendeiner Form der Zusammenarbeit einigt. Doch auch das wird nicht ausreichen. Es müssen strukturelle Veränderungen her. Spätestens auf der Mitgliederversammlung am 14. Dezember muss sich etwas tun. Und so wie es aussieht, wird sich etwas tun. Hoffen wir, dass es dann noch nicht zu spät ist. Man kann und darf nicht einfach so zusehen, wie der FCK endgültig kaputt geht. Leute, kämpft um Euren Verein!

- Fanfotos vom Spiel

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Altmeister

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