Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Eint. Braunschweig 1:1

Die Enttäuschung wird zum Alltag

„90 Prozent des Lebens eines Fußballfans bestehen aus Demut, Leiden und Verzweiflung. Aber für die anderen zehn Prozent lohnt es sich, immer wieder zu kommen!“

(Nick Hornby)

Das Vorgeplänkel ist schnell erzählt. Rund 26.000 Zuschauer wollten den 1. FC Kaiserslautern sehen, circa 500 die Eintracht aus Braunschweig, davon etwa 200 aus der Stadt, die die Zivilisation von den Neandertalern trennt. Im Vorfeld wurde beim Mannheimer Derby unter anderem die „100 Jahre SVW“-Fahne „gefunden“ - dumm nur, dass es nichts zum feiern gab.

Das massive Polizeiaufgebot am Bahnhof und am Kreisel war nur ein weiterer Beweis dafür, dass die Polizei nichts zu bieten hat außer Präsenz und Repression. Maximaler Einsatz von Steuergeldern für sich selbst gefallende und mit Pomade in den Haaren herumstolzierende Staatsdiener. Und für was? Zu meinem Schutz? Soll ich mal eben lachen? Freunde der Sonne, wer sich von euch schützen lassen muss, der ist verloren! Und eure Kollegen in Augsburg, die feigen Volksverräter und vorsätzlichen Verbrecher, schmoren hoffentlich baldigst in der Hölle! Jeder betroffene FCK-Fan, der keine Anzeige macht, ist selbst schuld! Man verzeihe mir, dass ich die ominöse Abkürzung nicht verwende, weil ich auch genug andere Cops kenne, die anständig ihre Arbeit machen. Von unserer Vereinsführung hätte ich hier mal eine Rückendeckung für die Zivilcourage der FCK-Fans erwartet! Das man Bengalos und Rauch in fast jeder Stadionzeitschrift anprangert, aber nicht über seinen Schatten springt, wenn die eigenen Anhänger und Mitglieder, Frauen und Kinder von Becksteins schwarzen Sheriffs verprügelt werden ist feige, meine Herren.

Das musste mal raus!

Zurück zum Spiel. Eigentlich sollten hier jetzt etwa zwanzig Leerzeilen folgen, und abschließende Bemerkung: KEIN KOMMENTAR! Aber nun gut, ihr habt es nicht anders gewollt!

Interimstrainer Wolfgang Funkel begann mit einer überraschend offensiven Taktik. Nur eine Dreierkette hinten, dazu ein Sechser und ein Vierermittelfeld mit U21-Nationalspieler Sebastian Reinert und Stefan Lexa, die beide läuferisch überzeugten, sowie Tamàs Hajnal für Aki Riihilahti, der wegen eines Muskelfaserrisses im rechten Oberschenkel ausfiel, hinter den Spitzen Emeka Opara und Marcel Ziemer . Josh Simpson rückte zwar „offiziell“ in die Kette, spielte aber davor, so bildeten nur Steffen Bohl, Mathieu Beda und Ismael Bouzid die hintere Abwehr. Insbesondere Mannschaftskapitän Beda hatte allerdings einen schlechten Tag erwischt. Dass von Spielmacher Hajnal mal wieder 90 Minuten nichts zu sehen war - er scheint gedanklich wirklich bereits bei einem anderen Verein zu sein - rettet nicht die anderen Protagonisten. Braunschweig machte von Beginn die Räume zu, spielte geschickt über die Außen. Der Betze versuchte gar nicht die Braunschweiger am Kontern zu hindern, ließ seine Defensive immer wieder im Stich. Wenn man die Aufstellung liest, ist zwar klar, dass es nach vorne gehen wird... immerhin haben wir das schon mal gelernt. Aber das heißt ja nicht, dass jeder wie in der E-Jugend meint, er müsse das entscheidende Tor machen! Silvio Meißner und Simpson waren für ihre taktische Position viel zu weit vorne, wo die Räume dann so eng waren, dass ein Anspiel auf die Außen gar nicht mehr möglich war. So versuchten es Reinert und besonders Lexa immer wieder durch die Mitte. Lexa gefiel zudem durch Laufbereitschaft ohne Ball, war der einzige, der sich zum Doppelpass anbot. Eigentlich ein Muss, wenn man durch die Mitte spielt! Reinert gefiel durch Soli, die Lücken rissen, allein es fehlte der Abschluss! Hajnal gefiel durch „Zweikämpfen aus dem Weg gehen“, halt.... Nach 18 Minuten erwachte er einmal aus der Lethargie und schoss aufs Tor, das war's aber.

Die Eintracht hatte auf Konter gewartet und bekam sie auch. Schon in der 1. Halbzeit musste FCK-Keeper Jürgen Macho, der teilweise mit Glanzparaden überzeugte, mehrmals retten. Der ganze Spielfilm ging dann unverändert so weiter bis zur 57. Minute, dann nämlich kam bei Braunschweig Rodrigues - wer bitte? Ist ja egal, dieser Rodrigues jedenfalls stellte sich einfach mal in die Mitte der Lautrer Hälfte, die Hände in die Hüften gestemmt und wartete, was so passiert. Schon bald sah ihn einer seiner Kameraden dort rumstehen und passte ihm das Spielgerät. Der arme Rodrigues sah keinen Gegenspieler um sich herum, Beda verweilte mehrere Meter entfernt im Nichts, Bouzid befand sich noch in der Rückwärtsbewegung. Macho machte in diesem Fall keine besonders glückliche Figur, den Winkel hätte man auch anders verkürzen können, Jürgen. Und vor allem: Wenn ein Keeper raus geht, dann muss er auch RAUS gehen! Juckt den Rodrigues nicht: 0:1, alles vorbei (62.)!

Der Braunschweiger Führungstreffer war (un)passenderweise die Antwort auf den Gruß der Westkurve zwei Minuten zuvor in Richtung Mannheimer Fans: In den Blöcken 8.1 und 8.2 wurden die erwähnten Transparente präsentiert. Aus „100 Jahre SVW“ wurde hierbei „100 Jahre Hurensöhne“ und aus dem Aufruf zum Lokalderby gegen den VfR Mannheim wurde „Stadtderby verloren“.

Was dann dem Rückstand kam, hatte zwar etwas von Powerplay, zumal die Rückstände der direkten Konkurrenten Rostock und Fürth mehrmals auf der Anzeigetafel zu sehen waren. Aber ein Powerplay sollte man ja gerade über die Außen aufziehen, bis zur Grundlinie durchmarschieren und den Ball querlegen. Von etwa 15 folgenden guten Möglichkeiten, geschah dies zweimal! Der Rest waren unkoodiniertes, stumpfes und natürlich Kräfte verschleißendes Anrennen durch die Mitte und lange Bälle. Der von den Fans geforderte Noureddine Daham kam für Lexa! Der Algerier hatte auch gleich eine Riesenchance, verzog aber knapp. Kurz zuvor hatte Reinert einen Fernschuss abgefackelt, der durchaus gefährlich war. Da hätte selbst ein C-Jugendlicher von den Salomonen erkannt, dass es mehr solcher Aktionen hätte geben müssen: Bälle schnell spielen - Bälle kurz spielen - zentral frei laufen - Rückpässe erwarten - abfackeln! Doch Meißner und Hajnal machten das Spiel immer wieder langsam, spielten hintenrum und boten sich eben nicht zum Wiederanspiel an.

„Ein Spieler bracht Talent, darauf schaue ich als erstes. Als zweites schaue ich mir nur noch an, ob er den Ball will, läuft und sich nach Abspielen gleich wieder anbietet. Wenn er das nicht macht, keine Verantwortung übernimmt, ist er nichts für uns!“

(Alex Fergusson, Teammanager Manchester United)

Dazu die unsäglichen Freistöße, bei denen der Löwen-Keeper nicht einmal eingreifen musste. Immer nur „geschnibbelte Schnalzis“ anstatt dass der Simpson mal mit links einen drauf hämmert. Schlafwagenniveau! Der Ausgleich durch Meißner (85.) war ein Zufallsprodukt der beiden schwachen Mittelfeldspieler. Hajnal staubte gegen die Latte ab, Meißner knapp darunter. Trotzdem war nun die auch vorher schon lautstarke Betze-Atmosphäre endgültig da, jeder Angriff wurde mit tosendem Gebrüll aus zigtausend Kehlen begleitet. Der Siegtreffer, der die Rückkehr ins Aufstiegsrennen bedeutet hätte, wollte allerdings nicht mehr fallen...

Braunschweig hatte sich den Punkt am Betze redlich verdient, muss zur Halbzeit klar führen. Der FCK stand sicherlich unter enormem Druck, wirkte restlos übermotiviert und dazu strategisch völlig planlos. Einzelaktionen waren zu ungefährlich, aus dem Spiel heraus geschah fast nichts. Die wenigen Chancen, die die Löwen-Abwehr zuließ, wurden dilettantisch und amateurhaft vergeben, insbesondere in der Schluss-Offensive, als Opara (83.), Hajnal (90.) und Ziemer (94., allerdings unberechtigt Abseits gepfiffen) versagten!

Die Ergebnisse der Anderen wurden ja während des Spiels eingeblendet, scheinbar hat euch das gelähmt, ihr hattet mal wieder die Hosen voll. Eine Seuche, die den FCK seit dem „schwarzen April“ verfolgt. Wenn es um etwas geht, versagen wir! Die Geschenke aus Freiburg, Fürth und Rostock anzunehmen hätte ein zuvor unmöglich scheinendes Wunder möglich gemacht. Ihr habt uns darum betrogen. Ich habe seit dem UEFA-Cup-Halbfinale 2001 gegen CD Alaves kein einziges Spiel erlebt, nach dem ich so viele enttäuschte Gesichter gesehen habe. Teilweise war es ruhig wie nach dem Barcelona-Spiel 1991!

Die Kurve hat trotzdem immer wieder Gas gegeben, auch den Mannheimer Freunden zuliebe. Die Präsentation des ergaunerten Banners nach einem eigenen Tor blieb verwehrt. Die Pfiffe nach dem Spiel waren mehr als nur Ausdruck einer Meinung, sie waren eine Völkerbewegung. Nach dem 1:1 habe ich geweint... weil ich es nicht begreifen will und kann, dass elf Mann zu blöd sein können, um von Anfang an zu probieren, den bereits abgestiegenen Tabellenletzten unter Druck zu setzen und mit spielerischen Mitteln eine Abwehr auszuhebeln, die zuvor bereits 45 Gegentore kassiert hat. Die Ergebnisse der Anderen waren Zugabe, der eigene Sieg war Pflicht, war Voraussetzung. Ihr schämt euch ja eh nicht. Also schäm ich mich halt für euch. Ihr habt meine Tränen nicht verdient!

- Fanfotos vom Spiel

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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