Review: Buch „Die Betzenbergstory“

Emotionaler Blick in die Fan-Seele - Drei Bücher zu gewinnen

„Die Betzenbergstory, oder: Als die Schutzmänner noch Schutzmänner waren“ heißt das neueste Buch über den 1. FC Kaiserslautern. In seinem Erstlingswerk liefert Autor Rudi Bößler allerdings keine allumfassende Vereinschronik, sondern vielmehr einen Blick auf 45 Jahre Lautrer Fußballgeschichte aus der Sicht eines Fans, der schon 1963 das erste Bundesliga-Heimspiel der Roten Teufel auf dem Betzenberg erlebte - eine 2:3-Niederlage gegen Schalke 04.

Im Diskussonsforum von „Der Betze brennt“ ist Rudi Bößler besser bekannt unter dem Pseudonym „Der alter FCKler“. Hier veröffentlichte er auch Anfang des Jahres die ersten Passagen seines Werks, welches ihm über die Weihnachtsfeiertage 2007 in den Sinn kam. Die positiven Reaktionen gaben ihm zusätzliche Motivation und so ist innerhalb weniger Monate ein 144-seitiges Taschenbuch entstanden, das seit wenigen Tagen erhältlich ist und in der Kaiserslauterer Fan-Kneipe „Zum zwölften Mann“ erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

In sieben sehr detailreichen Kapiteln blickt Bößler, der als kleiner Steppke schon vor Gründung der Bundesliga regelmäßiger Besucher der FCK-Spiele war, auf die subjektiven Höhepunkte seiner Fan-Karriere zurück - im positiven wie im negativen Sinn. In den ersten fünf Kapiteln werden jeweils zwei Spiele gegenüber gestellt, zwischen denen zeitlich mehrfach hin- und hergesprungen wird. Dieser individuelle Stil, sehr detailreich und trotzdem ohne Anspruch auf Vollständigkeit, macht das besondere des Buchs aus, welches eine überaus gelungene Alternative zur sonstigen Vereinsliteratur bietet.

Das zweite Kapitel bietet etwa einen Vergleich zwischen dem legendären Europacupsieg gegen den FC Barcelona 1991 („Ein genauso unglaubliches wie grandioses Spiel einer FCK-Mannschaft, vielleicht das beste in der Vereinsgeschichte, eine atemberaubende Atmosphäre in ihrem Stadion und das grauenvolle Ende eines Fußballmärchens“) und der Heimniederlage vor Minuskulisse gegen den SV Wehen 2007 („Noch nie habe ich eine FCK-Mannschaft so schlecht Fußball spielen sehen“). Wie zwei verschiedene Welten prallen diese beiden Spiele in der „Betzenbergstory“ aufeinander, und doch gibt es Parallelen, vor allem aber Wiedererkennungswert für jeden FCK-Fan.

Im August 1963, die Roten Teufel verloren 2:3 gegen Schalke 04, sah Autor Rudi Bößler das erste Bundesligaspiel auf dem Betzenberg. Ein Polizist, damals noch Schutzmann genannt, schmuggelte ihn ohne Eintrittskarte ins Stadion und wiederholte dies über die restliche Saison hinweg. Immer wieder denkt Bößler in seinen „Betze-Memoiren“ an diese Zeit zurück, als „die Schutzmänner noch Schutzmänner waren“. Vieles veränderte sich, im Fußballstadion wie im alltäglichen Leben. Altgedienten Schlachtrufen wie „EFF-EFF-EFF-CEE-KAAA“ oder „Heja, heja FCK“ trauert Bößler nach, doch die innige Verbindung zum Verein blieb immer bestehen.

Die „Betzenbergstory“ enthält viele Emotionen, Freude und Trauer, Hexenkessel und Pfiffe gegen die eigene Mannschaft werden greifbar. Nach den ersten fünf Kapiteln, in denen weiterhin auf Spiele wie das 7:4 gegen Bayern München, das 5:0 gegen Real Madrid oder auch die 2:3-Heimniederlage gegen Carl Zeiss Jena vor Jahresfrist zurückgeblickt wird, folgt der längste Abschnitt: Die 30-seitige Beschreibung des so genannten „Herzblutfinales“ 2007/08, das auch heute, mehr als ein halbes Jahr später, noch Emotionen hervorruft. Der Autor beschreibt die entscheidenden Augenblicke wie folgt:

„Bellinghausen, immer wieder Bellinghausen, wir schreiben die 70. Spielminute, eine knappe Minute nach dem Kölner Pfostenschuss: Axel läuft mal wieder auf links durch, die Flanke kommt, die Kölner Abwehr klärt zu kurz und da steht er: Josh Simpson! Mit links - es wird ein Aufsetzer - macht er das 1:0!

Ich glaube, ich hatte es schon einmal erwähnt, ich habe alle großen Spiele hier oben miterleben dürfen, die Spiele gegen Bayern, gegen Real, Barcelona, Göteborg, die 'Lokalderbys' gegen Homburg, Frankfurt, Karlsruhe, Stuttgart und auch Köln, hier war immer die Hölle los, ich habe es auf den zurückliegenden Seiten schon einige Male beschrieben. Ich war auch bei vielen Auswärtsspielen unseres FCK und ich darf sagen, dass bei uns in der Westkurve an jedem Bratwurststand lauter geschmatzt wird, als in den meisten Stadien dieser neumodischen Plastikvereine je an Stimmung sein wird. Mir kann also in Sachen Lautstärke im Stadion niemand etwas vormachen!

Welche Spiele habe ich hier oben gesehen, welche unglaublichen Tore sind hier gefallen, was hat dieses Stadion alles mitmachen dürfen und müssen, und bis vor einer Sekunde hatte ich geglaubt zu wissen, was ein Torjubel ist. Dieser 18. Mai 2008, diese 70. Minute im Spiel gegen Köln lehrt mich das Gegenteil: Dieses Tor, dieses 1:0 durch Josh Simpson fällt, und das Stadion explodiert! Ich habe noch nie eine auch nur vergleichsweise ähnliche Stimmungsexplosion erlebt!

Nach einiger Zeit habe ich mich wieder halbwegs in der Gewalt und schaue mich um. Es ist einfach irre, mit Worten nicht zu beschreiben, ein ganzes Stadion (bis auf die Kölner Fans) ist durchgedreht! Ich schaue auf die Westkurve vor mir und hinter mir, auf die Südtribüne und auf die Nordtribüne, und ich kann einfach nicht glauben, was hier los ist.

Beim Blick auf die Nordtribüne trifft mein Blick auf meinen Stehplatznachbarn links von mir, er weint und er singt und deutet nach links und dann vor sich und nach oben und jetzt merke ich es auch, er hat es jedoch früher festgestellt als ich: Es regnet, wir haben Fritz-Walter-Wetter im Fritz-Walter-Stadion!“

„Diese Minuten machen diesen Verein zu einem unzerstörbaren Mythos“, so der Autor im Folgenden. Weiterer Kommentar überflüssig!

Abgerundet wird das Buch von einem kurzen Rückblick auf die WM 2006 in Kaiserslautern, auf herausragende Spielerpersönlichkeiten des FCK sowie auf die Meisterschaften und Pokalsiege des Traditionsvereins.

Vielen jüngeren Fans wird das eine oder andere kritische Wort zur heutigen Fankultur übertrieben vorkommen, andere - nicht nur ältere - werden beim Lesen zustimmend nicken. Doch alles in allem können sich Jung und Alt in diesem Buch wiederfinden, es beinhaltet eine gehörige Portion „Herzblut“ und „Familie FCK“. Dies wird auch am Äußeren deutlich: Um die Erstauflage von über 3.000 Exemplaren zu einem fairen Preis anbieten zu können, klapperte Bößler Geschäfte und Firmen in Kaiserslautern und Umgebung ab und „spendierte“ dem Buch rund sieben Seiten mit regionalen Werbeanzeigen. Vom Erlös wird außerdem ein Euro je verkauftem Exemplar an ein Kinderheim gespendet.

Nachdem erst vor wenigen Wochen mit „Das Leben ist ein Fußballspiel“ von Björn Schmidt ein Fan-Buch zum 1. FC Kaiserslautern erschienen ist, liefert „Die Betzenbergstory“ hierzu zwar keine Fortsetzung, aber eine perfekte Ergänzung. Dieses Buch ist ein absoluter Tipp für jeden wahren FCK-Fan und für jeden, der die wahren FCK-Fans vielleicht manchmal nicht verstehen kann - nach dieser Lektüre wird er oder sie vieles besser nachvollziehen können.

- „Die Betzenbergstory“ ist zum Preis von 15,80 Euro u.a. beim Verlag hellblau erhältlich.

„Der Betze brennt“ verlost in Zusammenarbeit mit Autor Rudi Bößler drei handsignierte Ausgaben der „Betzenbergstory“. Mehr dazu hier: http://www.der-betze-brennt.de/interaktiv/gewinnspiel.php

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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