Review: Buch "Im Herzen der Pfalz"

Rückblick auf 107 Jahre 1. FC Kaiserslautern

Im Jahr 1995, in dem der 1. FC Kaiserslautern in seine erste Abstiegssaison ging, veröffentlichte Günter Rohrbacher-List seine erste Vereinschronik unter dem Titel „Der Berg, das Land und der Ball“. Nach der Deutschen Meisterschaft 1998 erschien mit „Die Roten Teufel sind wieder da“ der zweite Teil zur „Geschichte des 1. FC Kaiserslautern“. Es folgte ein turbulentes Jahrzehnt auf dem Betzenberg, dass eine Fortsetzung der Rohrbacher-List-Bücher geradezu herbei schrie: Unter dem Titel „Im Herzen der Pfalz“ ist kürzlich das neueste Buch über die Geschichte der Roten Teufel vom Betzenberg erschienen.

Waren in der Ausgabe von 1998 noch die gerade errungene Meisterschaft und der optimistische Blick in die Zukunft die alles überschattenden Themen, beginnt das Vorwort von 2007 mit der nachdenklichen Überschrift „Nichts ist mehr wie es war...“. In einem ausführlichen Rückblick auf die letzten neun Jahre beim FCK wird beschrieben, wie der Verein Fritz Walters „vom Sympathieträger zum Sorgenkind eines Bundeslandes“ wurde.

Die erste Hälfte des Buches liefert allerdings zunächst die überarbeitete Fassung der beiden Vorgänger und einen Rückblick auf bessere Zeiten. Auf 177 Seiten wird auf die Vereinsgeschichte von den ersten Vorgängervereinen 1899 über die offizielle Gründung im Juni 1900, die goldenen Jahre der Walter Elf und die glorreichen Siege gegen Bayern München oder Real Madrid bis hin zur sensationellen Meisterschaft 1998 zurückgeblickt. Garniert wird das Ganze mit interessanten Seitenblicken über die Vorgänger- und Konkurrenzvereine in Kaiserslautern oder den erfolgreichsten FCK-Trainer aller Zeiten, Richard Schneider. Doch auch die düsteren Momente werden nicht verschwiegen - so läuft den meisten FCK-Fans bis ins Jahr 2006 gehend bei den folgenden Namen, die auf einer Doppelseite porträtiert werden, wohl ein kalter Schauer über den Rücken: Bakero, Münch, Makiadi.

In der zweiten Hälfte werden auf satten 105 Seiten die Jahre 1998 bis 2007 resümiert. Mit vielen Details und in Vergessenheit geratenen Fakten wird auf den Absturz des FCK geblickt, wobei insbesondere die Ära Jäggi kritisch betrachtet wird: „Mit dem Amtsantritt von René C. Jäggi hielt die Beliebigkeit Einzug auf dem Betzenberg. Seitdem ist der 1. FCK ein anderer Verein geworden.“ Ebenfalls kritisch beäugt werden Jäggis Vorgänger um Jürgen „Atze“ Friedrich, dem das Buch „Die Roten Teufel sind wieder da“ seinerzeit noch gewidmet wurde. Zu diesem Irrtum von 1998, den der Autor wohl mit vielen Fans teilt, fehlt allerdings ein selbstkritisches Statement.

Der Teil „Rund um den Betzenberg“, welcher das Buch abschließt, orientiert sich an seinen beiden Vorgängern, wurde aber fast komplett überarbeitet. Während die Ereignisse abseits des Spielfelds weitgehend in die Kapitel zu jeder einzelnen Saison integriert sind, wird hier insbesondere auf die Nachwuchsarbeit, die Fans und das Fritz-Walter-Stadion geblickt. Aus dem Buch „Der Berg, das Land und der Ball“ wurde das Kapitel über die 54er-Weltmeister des FCK wieder integriert, während diesmal im Gegensatz zu den beiden Vorgängern weder Porträts noch Interviews mit den aktuell Verantwortlichen enthalten sind. Stattdessen wird auf aktuelle Themen wie die „Jugendnachwuchsarbeit zu Zeiten von Hoffenheim“ eingegangen. Auch die Rivalen des FCK erhalten ihre Würdigung: Waren hier vor 13 Jahren noch Waldhof Mannheim oder der 1. FC Saarbrücken zu nennen, so geht der Blick heute auf die Rheinland-Pfalz-Rivalen aus Mainz und Koblenz.

Die Fanszene des FCK betrachtet Günter Rohrbacher-List chronologisch und durchaus kritisch, wobei hier einige Darstellungen auch übertrieben scheinen. Nahezu komplett fehlt die Erwähnung der im letzten Jahrzehnt das Stadionbild immer stärker prägenden Ultragruppen, auch der sowohl positive als auch negative Einfluss des Internets auf die Fankurve fällt unter den Tisch. Zum Thema Fanzines ist ein interessantes Interview mit Johannes Stender von „Weiß der Teufel“ abgedruckt.

Den Abschluss des Buches bildet ein ausführlicher Statistik-Anhang, in dem sehr viele Kurzporträts von FCK-Spielern und -Trainern zu finden sind. Darüber hinaus genügt ein kurzer Blick, um die Platzierung in der Saison 1913/14, den Zuschauerschnitt 1982/83, den Trainer 1936 oder den Kader der Saison 1960/61 nachzuschlagen.

„Im Herzen der Pfalz“ umfasst 450 Seiten, weshalb es naturgemäß nicht völlig frei von Fehlern sein kann. So sind einige Bildunterschriften fehlerhaft und andere interessante Informationen fehlen komplett. Auch der in manchen Passagen überkritische Schreibstil von Rohrbacher-List, der schon mal eher Fehlentscheidungen für als gegen die Roten Teufel hervorhebt oder eher das Erreichte der Rivalen als des FCK lobt, dürfte für manchen Leser gewöhnungsbedürftig sein.

Doch diese Kleinigkeiten können kein Grund sein, den neuesten Rückblick auf die Vereinsgeschichte des 1. FC Kaiserslautern nicht zu empfehlen. Insbesondere die jüngeren FCK-Freunde und solche, die die beiden Vorgänger nicht kennen, können beim Lesen von „Im Herzen der Pfalz“ noch viele Details erfahren, die den FCK zu dem gemacht haben, was er lange Zeit war und gerne wieder werden möchte.

Das Buch sollte in keiner vollständigen FCK-Sammlung fehlen und bietet den zurzeit umfangreichsten und vollständigsten Rückblick auf über 107 Jahre 1. FC Kaiserslautern.

- "Im Herzen der Pfalz" ist zum Preis von 24,90 Euro portofrei bei Amazon erhältlich.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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