Reportage: Die Gegner 2007/08

Die Aufsteiger aus der Regionalliga Süd

Sind die zwei Aufsteiger aus der Regionalliga Nord Traditionsvereine mit reichlich Fans und langjähriger Erfahrung im Profifußball, handelt es sich bei den diesjährigen Aufsteigern aus dem Süden um Neulinge im Unterhaus der Bundesliga, die bis vor wenigen Jahren nur den regionalen Fußballexperten bekannt waren und deren Fanszenen sehr überschaubar sind. Die Erfolge der beiden Stadtteilvereine SV Wehen und TSG Hoffenheim sind eng verknüpft mit dem Einstieg von zwei finanzkräftigen Mäzenen, ohne deren Aufwendungen die Vereine wahrscheinlich heute noch in der fußballerischen Bedeutungslosigkeit rumdümpeln würden.

Vor nunmehr 25 Jahren wurde Heinz Hankammer, Gründer eines Wasserfilterherstellers, zum Vorsitzenden des SV Wehen und führte den Verein zunächst rasch von der A-Klasse bis in die Regionalliga, wo dieses Jahr nach mehreren zum Teil unglücklich gescheiterten Anläufen der Sprung in die 2. Bundesliga gelang. In Reihen der Wehener findet der FCK-Fan einige bekannte Gesichter, spielen doch mit Dajan Simac, Kristjan Glibo, Daniel Damm, Torsten Reuter und Ronny König fünf ehemalige Spieler der Profis und Amateure des 1. FC Kaiserslautern beim Aufsteiger. Zudem wird der Verein aus dem Taunus seit fast zehn Jahren von Bruno Hübner, der zwischen 1981 und 1986 in 76 Bundesligaspielen das Trikot der Lauterer trug, gemanagt.

Als Folge des Aufstiegs muss Wehen den heimischen Halberg verlassen, da das Stadion von der Größe und der Verkehrsanbindung nicht den Anforderungen an eine Zweitliga-Spielstätte entspricht. Deshalb wird zurzeit an der Berliner Straße in Wiesbaden ein neues Stadion mit rund 13.500 überdachten Plätzen gebaut. Da mit der Fertigstellung des Stahlrohrtribünenbaus für Mitte September gerechnet wird, musste der SV Wehen bei der DFL das Frankfurter WM-Stadion als Ausweichspielstätte benennen. Wegen der unattraktiven Gegner in den ersten Heimspielen, würde der Verein diese Spiele jedoch lieber im Mainzer Bruchwegstadion austragen, dazu fehlt aber noch die Zustimmung von Seiten der DFL.

Der notwendige Umzug in die etwas mehr als zehn Kilometer entfernte hessische Landeshauptstadt Wiesbaden, und die damit einhergehende Umbenennung in SV Wehen 1926 Wiesbaden, war Anlass zur Auflösung von einem der beiden bestehenden Wehener Fanclubs, so dass die im Jahr 2000 gegründeten Halbergtramps mittlerweile die einzige Fangruppierung des Aufsteigers sind. Auch in Reihen der Halbergtramps ist der Umzug und die Umbenennung ein viel diskutiertes Thema, aber laut der Vorsitzenden Linda Hanf gab es keine vernünftige Alternative zum Schritt in die Großstadt, der ihnen trotzdem schwer fällt, „schließlich haben wir 34 Auswärtsspiele in dieser Saison, da Wiesbaden nicht unsere Heimat ist“, erklärt sie auf Anfrage von „Der Betze brennt“. Linda und der gesamte Fanclub hoffen, dass die Nähe zu den Spielern und Verantwortlichen auch in Liga Zwei erhalten bleibt, denn sie sind davon überzeugt:„Wir sind und bleiben der geilste Dorfverein!“

Der Sinsheimer Stadtteil Hoffenheim hat sogar nur halb so viele Einwohner wie Wehen, die Strukturen und Planungen sind hier jedoch für höhere Ziele ausgelegt. So äußerte sich Dietmar Hopp, Mitbegründer eines weltbekannten Software-Herstellers und Mäzen der TSG Hoffenheim, zu den Zielen des Vereins im Kölner Express: „Wir wünschen uns, in drei Jahren in der 1. Bundesliga zu spielen!“

Bis dahin werden die im Mai begonnenen Bauarbeiten am neuen Stadion für 30.000 Zuschauer auf jeden Fall beendet sein, denn bereits Anfang 2009 soll das Leder in der einrangigen, komplett überdachten Arena, die in Sinsheim gegenüber dem Auto- und Technikmuseum an der A6 entsteht, rollen.

Vorher werden die gegnerischen Mannschaften und Fans sich aber mit dem zur neuen Saison auf 6.350 Plätze erweiterten Dietmar-Hopp-Stadion begnügen müssen. Ein wenig unverständlich erscheint die Erteilung der Ausnahmegenehmigung für die Austragung der Heimspiele in Hoffenheim durch die DFL, denn nur der TSV Havelse in der Saison 1990/1991 hatte in den letzten 20 Jahren ein kleineres Stadion in der zweiten Liga vorzuweisen. Zudem dürfte der in der letzten Saison erreichte Zuschauerschnitt von 3.022 Besuchern diese Saison deutlich überschritten werden, da der Verein laut Emil Vetter, Fanbeauftragter der TSG Hoffenheim, mit mehr als 2.000 verkauften Dauerkarten rechnet, und Spiele gegen Köln, Gladbach und den FCK in dem kleinen Stadion kaum vorstellbar sind.

Der Aufsteiger aus dem Kraichgau hat im Gegensatz zum SV Wehen den Vorteil, dass in der näheren Umgebung der Spitzenfußball zurzeit Brach liegt und das Interesse am Hopp-Verein mit dem Erfolg der letzten Jahre stetig ansteigt. Mittlerweile haben sich sechs Fanclubs gegründet, von denen bisher hauptsächlich der Zwinger-Club und die Blue Dragons versuchten bei den Spielen für Stimmung zu sorgen. Wenn das ein oder andere von den Hoffenheimern angestimmte Lied dem regelmäßigen Betzegänger bekannt vorkommen sollte, so könnte es daran liegen, dass der Vorsänger der Kraichgauer in der Vergangenheit häufig im Fanblock der Lautrer stand.

Auch beim Blick auf den Rasen entdeckt der FCK-Fan mit Selim Teber, Jochen Seitz und Matthias Keller bekannte Namen auf dem Rücken dreier Spieler, die zum Teil erst vor wenigen Monaten noch das Trikot des FCK überstreiften.

Im Ligabetrieb hat die erste Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern in der Vergangenheit gegen keine der beiden Mannschaften gespielt. Das einzige bisher ausgetragene Pflichtspiel datiert aus dem Jahr 1988, als der FCK durch ein spät erzieltes Tor von Sergio Allievi vor 10.000 Zuschauern in Wiesbaden den SV Wehen mit 3:2 bezwang und in das Viertelfinale des DFB-Pokals einzog. Ein Ergebnis das sich beim Lautrer Gastspiel, Mitte März an fast gleicher Stelle, gerne wiederholen könnte.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: jos

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