Kummt Senf druff

Vom anspruchsvollen Pfälzer Publikum

Vom anspruchsvollen Pfälzer Publikum


...sinnierte der ehemalige Vorsitzende René „der mit dem C“ Jäggi. Dass man sie nicht zufrieden stellen könne, die Besucher des altehrwürdigen Betzenbergs. Das sie stets was zu meckern hätten. Es folgt ein Versuch, die letzten Jahre rein sportlich zu betrachten, weg von den Vorstandsquerelen, den Investoren und Lizenzvergaben, hin zu den Trainern, den Spielern und dem System, das dahinter steht.

1996 stieg eine Mannschaft ab, die eigentlich einen UEFA-Cup-Platz angestrebt hatte, mit klangvollen Namen wie Marschall, Kuka, Wagner, Kadlec, Brehme etc. Diese fünf Spieler gewannen ein paar Tage später den Vereinspokal des DFB und immerhin die beiden Tschechen standen nur Wochen danach im EM-Finale gegen Deutschland.

Den kommenden Rausch kann man nur zu oft erzählen: Aufstieg als Zweitligameister, eine Saison zum Zunge schnalzen, den Lautringern war es gar nicht aufgefallen, dass sie „unten“ waren. Der Zuschauerrekord in Berlin, das 13-Tore-Spiel gegen Meppen (nie fielen mehr Tore im deutschen Profifußball) das 5:0 gegen den Waldhof, das deren Abstieg besiegelte! Das nach dem Wiederaufstieg folgende 1:0 in München, der Durchmarsch zur Meisterschaft, die Champions-League-Vorrunde, statistisch beste Mannschaft in Europa neben Inter Mailand! Und das hatten Spieler möglich gemacht, die an sich glaubten. Die sicher nicht arm wurden bei ihrem Job, aber sie glaubten an sich, an den Teamgeist und daran, dass im Fußball der Wille wichtiger ist als das Talent. Nur mit dem letzten Willen kann man seine Talente voll abrufen. Der Trainer, über den man später auch berechtigt viel Negatives erfuhr, hatte eine Masche. Er hielt nichts von modernem Fußball, also spielte er Dreierkette. Er hat bis heute keine Ahnung von Trainingslehre, sagen seine Kritiker, also machten das die Männer eben selbst. Er ging schlecht mit der Presse um und wurde trotzdem hofiert und gefeiert. Otto Rehhagel mag ein Paranoiker sein, aber er war ein Leader! So wie Kalli Feldkamp. Er machte „sein Ding“!

Der FCK holte Top-Stars, und spielte weiter ansehnlichen Fußball. Aber es lief nicht. Die Begehrlichkeiten wuchsen. Rehhagel desmaskierte sich selbst, hatte keinen Einfluss mehr auf seine Weltstars um Youri Djorkaeff. Die ordnende Hand von Kadlec war weg, der „Spiritus Rector“ Sforza rebellierte, sein „nordischer Held“ Schjönberg war langzeitverletzt, Pokalheld Wagner wurde vergrätzt.

Der letzte Spieltag 1998/99 in Frankfurt brachte dann den Bruch. An diesem Tag verspielte eine völlig desintegrierte Mannschaft die Geldtöpfe. Noch heute glauben viele, hätte der FCK an diesem Tag erneut die Champions League erreicht, wären wir heute Bremen und Atze Friedrich immer noch da! Ein Jahr später passierte das gleiche Unglück erneut. Nur ein Punkt aus den letzten beiden Spielen, in Freiburg und gegen 1860, und die Löwen spielten Champions League, wir eben nicht!

In der kommenden Saison verspielte der FCK an den letzten beiden Spieltagen gar den UEFA-Cup, den erreichte 2001 der SC Freiburg! Wiederum ein Jahr danach am letzten Spieltag in Stuttgart hätte dank den Patzern der Konkurrenz ein Punkt gereicht um in Europa dabei zu sein, man verlor mit 3:4! Der Trainer hatte noch weniger Verbindung zum modernen Fußball als Rehhagel, aber er war ein deutscher Held. Andreas Brehme, die ersten sieben Spiele gefeierter Rekordcoach, machte zum Ende der Saison deutlich, wie wenig er Stars, wie er selbst einer war, führen konnte. Der FCK scheiterte im Halbfinale des UEFA-Cups gegen einen spanischen No-Name-Verein mit insgesamt 2:9 Toren, das Finale in Dortmund vor Augen.

Beim FCK kickten in dieser ganzen Zeit Topstars wie Djorkaeff, Ramzy, Sforza, Basler, Marschall, Klose, Hristov, Schjönberg, Ballack, Lokvenc, West. Der FCK hatte sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Mit den Großen pissen gehen... Dazu brauchte man mehr als nur eine sensationelle Meisterschaft. Die Kredite waren aufgebraucht. Was hat das alles mit dem Pfälzer Publikum zu tun? Die waren da! Sie waren ihren Helden nicht böse, traurig bestenfalls. Für sie war der FCK stets ein kleiner Club mit ruhmreicher Tradition. Einer der nicht ganz oben stehen musste, um respektiert zu werden. Einer der so viel mehr in den letzen zehn Jahren erreicht hatte, als alle Roten Teufel je zu träumen wagten. Wir schrieben 2002 und wir bekamen die WM!

Die musste sein, in Rheinland-Pfalz, ohne Frage. Dafür musste gebaut werden, ganz klar. Dumm nur, dass man in den letzten vier Jahren die ganze Knete bereits sinnlos verprasst hatte. Also musste ein kluger Kopf her, um das Kind zu schaukeln: René C. Jäggi. Der kam und brachte erstmal alle vor den Kadi. Die, die ihn angestellt hatten, die, die ihm im Weg waren, und die, die ihm seine Macht streitig machten. Spieler, Sportdirektoren, Vorstände. René rasierte rigoros!

Es blieb ein an den Rand der Insolvenz geredeter Verein, dem man nun das Stadion abkaufen musste, damit er die Lizenz bekommt. Ach, darüber wollte ich ja gar nicht sprechen... Die Millionen waren dahin. Die Trainer begannen zu kommen und zu gehen. Gerets, Jara, Henke, Wolf, Rekdal. Jeder brachte seinen Stab mit, seinen Betreuer, seinen Co-Trainer, seinen Scout, seinen Berater, einer gar seinen Bruder!

Das sportliche Konzept unter Jäggi war klar. Er hatte die klare Absicht alles einzusparen, was nicht bei drei auf dem Baum ist, außer in der Geschäftsführung versteht sich. Also mussten billige Spieler und Trainer her. Und die mussten einfach nur bis 2006 über die Runden kommen. Dann kommt nach dem WM-Boom die Ausgliederung in die AG und alles wird gut. Mit Jäggi im Aufsichtsrat oder gar als Investor, versteht sich!

Statt Kuka und Kadlec spielten also Zandi und Skela, statt Wagner und Ratinho kickten Hertzsch und Seitz, statt Marschall und Klose kamen Nerlinger und Jancker. Es wurde der Rogon-Mief aus dem Verein gejagt, statt dessen durften die Trainer frei wählen, und auch mit verdienen?! Schon unter Rehhagel gab es eine ominöse Firma in der Schweiz, die angeblich der Herr Vöge mit Ottos Beate betrieb. Und auch Erik Gerets und der Wolfgang Wolf holten verdächtig viele Spieler von den immer gleichen Vermittlern... Das hat sich bis zu Schjönberg und Rekdal fortgesetzt. Statt gezielt zu scouten und Qualität zu verpflichten wurden eigene Pfründe bedient. Unter Trainer Andreas Brehme hatte Rogon seinen Höhenflug. So wechselte nicht Michal Kadlec zum FCK, sondern stattdessen Stefan Malz, so wurde ein Thomas Riedl abgesägt während ein Christian Timm einen Rentenvertrag bekam. Baslers Vorort-Vermittlung verbesserte zudem gehörig den Cash-Flow. Da kann man dem Mario schon mal ein Darlehen geben für den Eigenbau in Wattenheim, so als Dankeschön!

So kamen unter Gerets ein Freund, Mettomo, Lembi, Vreven und Kosowski, Gerets war vielleicht der größte Geldvernichter von allen! Unter Jara und Henke kamen Jancker, Nerlinger, Göktan, wo kamen da wohl die Verbindungen her? Wolf zauberte Riihilathi, Vignal, Borbely aus dem Hut und Sanogo wollte uuuuunbedingt weg - der Scheich wollte Flocken sehen, der Berater brauchte dringend Kontodeckung und Jäggi. Ja was der für private Deals hat, geht doch den FCK und dessen Fans nix an, Mensch! Kürzlich kam nicht etwa Dos Santos oder gar Iversen, sondern eben Iacob. Die Liste ist lang und wird länger. Zurzeit noch aktive Spieler sind an dieser Stelle bewusst ausgelassen.

Zwischendurch war mal einer da, der hieß Kurt. Ohne Helm und ohne Gurt, einfach Kurt. Der Kurt hatte gar keine Ideen für neue Spieler, eigene Nachwuchsspieler interessierten ihn gar nicht, die Fans waren die Bösen und er ein armer Österreicher im heiligen römischen Reich deutscher Nation. Der Jäggi war sein Chef und hat ihn unterstützt, wie sich das gehört, er hat den Fans „Fremdenfeindlichkeit“ bescheinigt, dabei war der Spieler Seitz doch ein Deutscher?! Und dann sagte er jenen Satz, den sich der jetzige Vorstandsvorsitzende Erwin Göbel heute noch auf die Wiedervorlage schreibt: „Die Leute in Kaiserslautern haben einen zu hohen Anspruch!“

Nun ja, gemessen an den oben beschriebenen verlorenen „Endspielen“, war es sicherlich umso verwunderlicher, dass man die „Zielsetzung“ hatte in Wolfsburg noch eines zu spielen. Auch dies wurde vergeigt. Und nun war es passiert, man war abgestiegen und hatte keinen Pfennig, doch.... Moment Herr Jäggi, ich will ihnen kein Unrecht tun, vier Millionen waren übrig! Zwei müssen als Sicherheit für die DFL da sein, und 3,2 Millionen kostete das Stadion in der ersten Zweitligasaison, macht minus 1,2. Ich hatte auch mal Arithmetik in meiner Jugend! Dafür gabs für eine erfolgreiche Sanierung eine nette Provision. Ich schweife schon wieder ab....

Der Anspruch des Pfälzer Publiums ist, treu zu sein. In guten Jahren auf die Tonne hauen muss erlaubt sein, in schlechten Jahren nicht den Rücken zudrehen ist allerdings dann obligat. Friedrich, Jäggi und alle ihre Nachfolger und Schergen haben es nie begriffen, welchen Anspruch das Pfälzer Publikum hat!

Sie waren 1.500 Fußballkranke auf einem Auswärtskick in Paderborn! Irgendwo zwischen Kassel und Bielefeld!!! Wer das einem anderen Bremer oder Stuttgarter erzählt, wird für bescheuert erklärt. Sie würden mit ihren Jungs durch die Hölle gehen, sich vierteilen für einen grottenschlechten Opara, wenn er nur einmal ihren Stolz erwidern würde, ihren Stolz auf diesen, ihren Club. Sie würden einem Beda die Schuhe lecken, wenn er nicht nach einem Grottenkick grinsend sein Trikot in die Kurve werfen würde. Sie werden auch in Wiesbaden wieder da sein, wie immer. Sie werden mit runter gehen in die Oberliga, wenn es sein muss, was sollen sie schon tun?

Aber sie werden sich nicht mehr erzählen lassen, dass sie die Füße stillhalten sollen, zum Wohle des Vereins! Dieser Verein braucht keine Investoren und Politiker, er braucht Männer... und die brauchen Eier! Die Kurve hat Eier! Sie ist nicht mehr so laut wie 1991 oder 1998. Sie ist aber auch nicht leer. Leer sind nur die VIP-Logen. Die Leute in der West und auf der Süd, sie schweigen viel, sie denken nach, sie wissen nicht warum sie sich das antun, aber sie wissen, dass sie es weiter tun werden.

Der Anspruch des Pfälzer Publikums deckt sich nicht eben mit dem der Herren in der Geschäftsstelle. Das ist das Problem. Denn da sind eben keine Pfälzer mehr drin! Es ist wie eine ewige allerneunzigste Minute, sie dauert noch 12 Spiele lang. Und am Ende darf kein Bakero vor Ehrmann auftauchen, ... diesmal bringt der Gerry ihn um!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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