Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - SpVgg Fürth 3:0

Wenn die Kurve den Ball ins Tor singt

Wenn die Kurve den Ball ins Tor singt


Freudentränen auf dem Betzenberg! Der FCK hat den ersten Saisonsieg eingefahren. Aus dem Erfolg des Kollektivs sind drei Protagonisten besonders hervorzuheben: Der Torschütze, der neue Trainer und die Fans.

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Wenn Gerry Ehrmann zum Torjubel bis vor die Westkurve stürmt, dann muss etwas Besonderes passiert sein. Der 1. FC Kaiserslautern hat gegen die SpVgg Fürth endlich den ersten Sieg errungen und in gut acht Minuten das geschafft, wofür er zuvor acht Spiele gebraucht hatte - nämlich drei Tore zu erzielen. Der Held des Abends war Schweden-Stürmer Sebastian Andersson mit dem schnellsten Hattrick der Lautrer Zweitliga-Historie (71., 74., 80.).

Der Mann des Abends aber war Jeff Strasser, der sich auf dem Weg zu seinem persönlichen Starterfolg selbst von drei kurzfristigen Verletzungen nicht aufhalten ließ: Weil Marcel Correia, Leon Guwara und Daniel Halfar ausfielen, stellte der Trainer seine neue Mannschaft gehörig um, unter anderem kam Linksverteidiger Joel Abu Hanna zu seinem Zweitliga-Debüt. Taktisch setzte Strasser mit einer Fünfer-/Dreierkette zunächst auf eine Stabilisierung der Defensive.

Strasser lässt sich auch von kurzfristigen Verletzungen nicht schocken

19.179 Zuschauer waren ins Fritz-Walter-Stadion gekommen, die meisten davon hoffnungsvoll, aber doch noch nicht so wirklich überzeugt. Die Misserfolge der letzten Jahre inklusive der vielen Trainerwechsel haben tiefe Spuren hinterlassen. Dennoch lassen die Fans nicht unterkriegen, geben unter Organisation der "Generation Luzifer" mit tausenden Schals und einem großen Banner ein klares Statement ab: "Westkurve - unverzichtbar". Später folgt noch eine Kritik an der Vereinsführung, die bei den Fanbeauftragten eine Arbeitsstelle gekürzt hat und fast zeitgleich die Durchführung von Choreographien erschwert: "Wem Repression über Fanarbeit geht, der beweist, dass er diesen Verein nicht versteht!"

Auf dem Rasen passiert beim Duell des Letzten gegen den Vorletzten zunächst nicht viel. Beinahe hätte Ex-FCK-Stürmer Philipp Hofmann das 0:1 erzielt, weil Keeper Marius Müller wegrutscht, auf der anderen Seite scheiterte Sebastian Andersson mit seinen ersten Versuchen. Strassers Plan, erstmal kompakt zu stehen und die Defensive zu stabilisieren, ging auf. Mancher Zuschauer war auch schon froh, dass es nach einer Viertelstunde noch 0:0 stand und nicht wie zuvor in Berlin schon 0:2. Aber schon jetzt war zu sehen, dass eine "andere" Mannschaft auf dem Platz stand: Gino Fechner wühlte sich fast in Bruno-Labbadia-Manier - hinfallen und wieder aufstehen - durch, Debütant Abu Hanna grätschte sich durch die linke Seite, Phillipp Mwene rackerte und Manni Osei Kwadwo dribbelte auf rechts. Die medizinische Abteilung hatte vor, während und nach dem Spiel viel zu tun, um die Wehwehchen der aufopferungsvoll kämpfenden Teufel zu flicken.

"Mein Leben hab ich Dir vermacht - Jeden Tag und jede Nacht!"

Dann kam die zweite Halbzeit und es passierte etwas besonderes: Die Westkurve begann zu singen. Erst nur die Ultras, dann immer mehr Fans, später fast die ganze Tribüne. "Forza FCK - Rot-weiß-rot olé - Mein Leben hab ich Dir vermacht - Jeden Tag und jede Nacht!" Was gerne als Singsang abgekanzelt wird, wenn nur 200 Ultras unten am Zaun mitmachen, wurde zum Oldschool-Gefühl wie in den 1990er Jahren, als es häufiger hieß: Wenn die Mannschaft es nicht alleine schafft, dann singen wir den Ball eben zusammen ins Tor. Und als dann auch noch die spärlich besetzten Tribünen mit rhythmischem Klatschen einstiegen, war es bald soweit...

Sebastian Andersson! Auf Vorbereitung von Phillipp Mwene (71.), von Manfred Osei Kwadwo (74.) und von Gino Fechner (80.) ließ der Schwede innerhalb weniger Minuten den Betze beben. 19.000 Zuschauer machten jetzt Krach für 40.000. Gerry Ehrmann stürmte in die Jubeltraube und konnte sich selbst auf dem Rückweg zur Bank noch kaum einkriegen. Wer nicht dabei war, wird es nicht verstehen können, aber nicht nur in der Westkurve standen vielen Fans die Freudentränen in den Augen. Was für ein geiles Gefühl! Die Zuschauer feierten überschwänglich: "Ooooh, wie ist das schön!"

Jeff Strasser, der neue Dirigent vom Betzenberg

Besonders hervorzuheben bleibt noch, wie Jeff Strasser den gesamten Heimsieg dirigierte. Während des Spiels coachte er sein Team, wie schon lange kein FCK-Trainer mehr. Nach jedem Tor rüttelte er seine Spieler sofort wach: "Aufmerksam bleiben, weiter machen!" Dass eine neue Ära der Kommunikation angebrochen ist, sah jeder aufmerksame Beobachter. Torschütze Andersson bekam bei seiner Auswechslung viele warme Worte ab, aber auch ein Tribünenhocker wie Lukas Spalvis war nach dem Abpfiff einer der ersten Gesprächsempfänger des Trainers. Als das Spiel abgeschlossen war, dirigierte Strasser sein Team erst in den neuen Mannschaftskreis, dann vor die Westkurve und auch an alle weiteren Tribünen.

"Die Spieler waren sehr fokussiert, der Ausdruck in ihren Augen hat sich in den letzten Tagen schon geändert", resümierte der glücklich und besonnen zugleich wirkende Strasser nach dem Spiel. Dem dreifachen Torschützen Sebastian Andersson habe man erstmals taktische Anweisungen auf englisch anstatt auf deutsch mitgegeben, gab der Luxemburger noch einen kleinen Seitenhieb gegen Ex-Trainer Norbert Meier ab. In der Länderspielpause will Strasser nun an taktischen Feinheiten tüfteln, das beste Spielsystem für seine neue Mannschaft herausfiltern.

Bei den Fans bleibt derweil die pure Freude darüber, das der FCK den Vorletzten Fürth besiegt und damit selbst den letzten Tabellenplatz verlassen konnte. Nüchtern betrachtet ist das natürlich völlig übertrieben. Aber na und? Jeder treue FCK-Fan hat es sich so was von verdient, jetzt einfach mal ein schönes Wochenende zu haben!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | Strasser lobt die Fans und seine Mannschaft (Der Betze brennt)

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