Top oder Flop? Vielversprechend oder besorgniserregend? Optimist oder Pessimist? Beim 1. FC Kaiserslautern sind nach dem Remis gegen den FC Ingolstadt, wenn man sich umhört und -sieht, mal wieder alle Facetten vertreten. Und irgendwie haben sie alle ein bisschen recht, wenn auch die FCK-Welt zurzeit nicht schwarz oder weiß ist, sondern eher (hell)grau.
- Fanfotos: FC Ingolstadt - 1. FC Kaiserslautern
- Spielszenen: FC Ingolstadt - 1. FC Kaiserslautern
Das 1:1 (0:0) vor 7.011 Zuschauern im Ingolstädter Sportpark, darunter knapp 2.000 Schlachtenbummler aus der Pfalz, zeigte Freud und Leid der Roten Teufel in der bisherigen Saison fast wie ein Spiegelbild. Besser gespielt als der Gegner, verdient in Führung gegangen - und am Ende doch nur einen Teilerfolg in den Händen, weil an diesem Tag die individuelle Klasse einzelner Spieler eben nicht den Unterschied ausmachte.
Nach fünf Minuten war es Albert Bunjaku, welcher bisher in jedem Auswärtsspiel zwei Treffer zum Sieg beisteuerte (ausgenommen Bochum, wo er verletzt war), der den FCK in Führung brachte. Großer Jubel im Gästeblock, aber dann schnelle Ernüchterung: Schiedsrichter Norbert Grudzinski hatte fälschlicherweise auf Handspiel des Lautrer Kapitäns entschieden und das Tor deshalb nicht gegeben.
Der FCK war auch in der Folge feldüberlegen, es dauerte jedoch bis zur zweiten Halbzeit, ehe richtig Pfeffer ins Spiel kam: Bunjaku alleine vorm Tor - daneben. Mo Idrissou alleine vorm Tor - drüber. Es wäre zum Haare raufen gewesen, wenn, ja wenn eben dieser Bunjaku nicht wenig später seinen zweiten Treffer des Tages erzielt hätte. Mit einer Art Ping-Pong-Spiel am gegnerischen Strafraum kam der Ball zum Schweizer, der die Nerven behielt und - diesmal auch mit Einverständnis des Schiris - die 1:0-Führung für die Roten Teufel erzielte (68.). Na endlich! YES!!! Das musste es doch jetzt sein, aber da war ja noch was: In fast jedem Spiel kassierte die neuformierte FCK-Mannschaft bisher noch einen Gegentreffer in der Schlussphase, manchmal reichte es dann trotzdem noch zum Sieg, manchmal nicht. In Ingolstadt war letzteres der Fall. Zehn Minuten vor Schluss war es FCI-Linksverteidiger Andreas Schäfer, der die Linie entlang marschierte, freundlich-zurückhaltend begleitet von Kwame Nsor, per Flanke den eingewechselten Manuel Schäffler fand, gegen den Leon Jessen das Nachsehen hatte, und schon stand es 1:1 (80.). Der FCK hätte längst höher führen müssen anstatt das Zwischenergebnis zu verwalten! In den letzten Minuten gaben sich Trainer und Team dann mit dem Unentschieden zufrieden - zwei Punkte verschenkt.
Oder doch nicht? Eins kann man jedenfalls festhalten: Ingolstadt wird in dieser Saison wahrscheinlich eher ein Aufstiegskonkurrent werden als Cottbus, Aalen oder Frankfurt. Von daher ist ein Unentschieden auf dem Papier erstmal grundsätzlich okay, ebenso der Vorsprung von vier Punkten auf den Retortenklub. Und doch war da dieser fade Beigeschmack, der bei allen Beteiligten von der Trainerbank übers Spielfeld bis zur Tribüne zu spüren war. Es war eben nicht das erste Spiel von dieser Sorte...
Die vielen Remis sind ärgerlich, gerade weil immer auch ein Sieg drin gewesen wäre und so oft die Führung verspielt wurde - bisher vier Mal von fünf Unentschieden. Im Spiel des FCK sind noch zu viele Fehler, vor allem aber Nachlässigkeiten und Konzentrationsmängel enthalten. Es scheint manchmal gar am allerletzten, unbändigen Siegeswillen, den berühmten „101 Prozent“ zu fehlen, was aber den Spielern genauso stinkt wie den Fans. Daran gilt es zu arbeiten! Denn die bisherige Bilanz mit ungefähr zwei Durchschnittspunkten pro Spiel wird sich wohl kaum so stetit bis zum Saisonende halten, es werden Tiefen kommen, die mit kleinen Siegesserien ausgeglichen werden müssen, besser im Voraus als im Nachhinein - sonst ist der Aufstiegsplatz schnell futsch.
Man muss aber auch fair bleiben: Punkt 1) Die Mannschaft wurde komplett neu zusammengestellt. Da muss man sich erstmal einspielen, was nach einem Viertel der Saison jetzt langsam erledigt sein sollte. Punkt 2) Der FCK hatte in den letzten Partien mit vielen Verletzungen zu kämpfen. Wenn im Mittelfeld drei, vier Stammspieler ausfallen, dann ist das eben nicht einfach so zu kompensieren. Punkt 3) Franco Foda setzt in extremer (und extrem erfreulicher) Weise auf junge Spieler. Und junge Spieler dürfen ausdrücklich auch Fehler machen, wie in Ingolstadt zum Beispiel Kwame Nsor - das Gegenbeispiel war Steven Zellner, der bei seinem Startelfdebüt gleich eine gute Leistung zeigte. Punkt 4) Die Gesamtbilanz stimmt bisher! 17 Punkte aus neun Spielen, Tabellenplatz 3, die vermeintlich leichteren (Heim-)Spiele jetzt vor der Brust. Da geht was!
Zum Schluss noch ein Wort zu den Fans im Stadion: Das war ein Heimspiel in Ingolstadt, auch wenn das bei diesem Gegner nicht schwer ist, inklusive von der „Frenetic Youth“ organisierter Fähnchen-Choreographie („Los nach vorne - Auf geht’s FCK!“), 90-minütigem Support und aufmunterndem „You'll never walk alone“ zum Abschluss. Sicher kein Auftritt, der in die Fan-Annalen eingehen, aber insgesamt in Ordnung. Auch hier gilt es, realistisch zu sein, die Stimmungsbaustelle befindet sich derzeit eher auf dem Betzenberg als auswärts.
Ein Viertel der Zweitligasaison 2012/13 ist gemeistert, der FCK hat sich eine gute Ausgangsposition erarbeitet, nach dem kommenden Länderspielwochenende kehren weitere Alternativen aus der Verletzungspause zurück und dann kann durchgestartet werden! So lange darf gerne noch ein bisschen diskutiert werden. Aber dran denken, jeder hat auf seine Weise recht, ob positiv oder negativ: Man muss nur mal kurz an das vergangene Schreckensjahr zurückdenken, um festzustellen, dass in dieser Saison bereits vieles gut ist. Aber die Grundphilosophie jeden Sportlers, jeden Vereins, jeden Fans darf und muss es sein, noch besser zu werden!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas