Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Bayer Leverkusen 0:1

Sonntagsschuss des Ex-Kollegen

Sonntagsschuss des Ex-Kollegen


Der Abstiegskampf liegt eigentlich im Lautrer Naturell. Beißen, kratzen, wenn es sein muss auch treten. Nur den Ball, versteht sich! Dabei aber immer spielerisch auch zeigen, dass man mehr drauf hat, als nur hintenrum kicken. So war es bisher. Und so war es eigentlich auch gestern gegen Bayer Leverkusen.

Leverkusen... OK, da stellt sich dem geneigten Teufelneurotiker nicht gerade das Nackenhaar vor Begeisterung. Die sind Zweiter, wollen in die Champions League. Die können vieles. Nur begeistern nicht. Der Lautrer an sich fährt also „enuff“ und rechnet mit einem schnöden Kick, zu selten konnte der „Betze“ gegen die Schwarz-Roten überzeugen wie letztes Jahr im Pokal. Oft gabs seit dem Abstiegsjahr 1996 - auch zuhause - deftige Klatschen. Das Fritz-Walter-Stadion mit 46.050 Zuschauern bei Sommerwetter gut gefüllt, rein optisch hatte man gar den Eindruck, es waren mehr Leverkusener da als im Januar Mainzer, aber das muss täuschen, die sind schließlich die rheinland-pfälzischen Super-Fans. Und Leverkusen hat ja schließlich gar keine Anhänger, also geht das gar nicht! Letztendlich waren es 2.000 im Gästeblock, mit einigen Fahnen und viel Bewegung, aber nur sporadisch bis zur Westkurve zu hören.

Dort, auf Seiten der FCK-Fans, gab es zwei kleinere Aktionen zu sehen: „Unvergessene Helden“, nämlich die Lautrer Weltmeister von 1954, bei denen in den letzten Wochen mehrere Jahrestage anstanden, würdigte die „Frenetic Youth“ in Block 7.1. Und in Block 8.2 zeigte die „Generation Luzifer“ eine Konfetti-Aktion mit viel Fahnen- und Doppelhaltereinsatz. Auch vom Verein gab es eine neue Aktion, mit den Slogans „Unzerstörbar“ und „Lauter Abstiegskampf“ soll der Zusammenhalt in den letzten Saisonspielen weiter gefördert werden.

FCK-Trainer Marco Kurz stellte taktisch enorm um, da mit Ivo Ilicevic und Jan Moravek die beiden offensiv aktivsten Spieler ausfielen. Beide wegen Blessuren aus der Nationalmannschaft - „Bayern-Probleme“ am Betze! Vorne rückte Srdjan Lakic wieder in die Mannschaft, unterstützt vom leicht zurück agierenden Adam Nemec. Jiri Bilek rutschte zudem in die Doppelsechs neben Christian Tiffert, auch das war leider ein Totalausfall. Die Viererkette wie zuletzt gewohnt, davor die Außen Adam Hlousek und Oliver Kirch. Das sah vernünftig aus gegen zu erwartende Ballartisten aus der Chemiestadt. Die spielten mit Michael Ballack von Beginn an, und natürlich mit Sidney Sam auf rechts. Die beiden Ex-Lautrer waren, so sollte sich herausstellen, heiß wie Frittenfett.

Bayer 04 ließ am Anfang nur augenscheinlich Schwächen vermuten, vielmehr stellten sie sich in der ersten Viertelstunde gut auf das Lautrer Flügelspiel ein und ließen dann den Ball konzentriert in den eigenen Reihen laufen. In dieser ersten Viertelstunde allerdings hatte der Betze durchaus die Möglichkeit mehr zu erreichen, unter anderem durch Abel und Hlousek. Als hätte Bayer-Trainer „Don Jupp“ Heynckes danach die Uhr gestellt, war von jetzt auf gleich eine blaue Überzahl im Mittelfeld festzustellen. Hauptsächlich dafür verantwortlich: Ballack, der immer, überall und anspielbar war, Sam, der nie zu halten war, und Tranquillo Barnetta. Ballack spielte fast Mittelstürmer, hatte die meisten Ballkontakte, machte auch einige Fehlpässe, setze aber stets unermüdlich nach. Lautern bekam eine Zeit lang keinen Fuß mehr an den Ball, als wenn jemand einen Hebel umgelegt hätte. Dennoch kam auch Bayer nicht zu guten Chancen, weil die Hintermannschaft des FCK verdammt sicher stand, und kaum etwas zuließ. Besonders hervorzuheben ist die Leistung von Dick in dieser Phase, der zwar nach wie vor bei Flanken Mängel hat, aber den Ball immer wieder nach vorne trug, anstatt ihn nur zu dreschen.

Erst nach einer halben Stunde hatte die inzwischen feldüberlegenen Werkself so ihre ersten Chance durch Schüsse von Arturo Vidal und Hanno Balitsch. Der FCK hielt nur mit Manneskraft dagegen, hatte kaum Ideen. Das führte auch zu einigen Nickligkeiten. Schiedsrichter Marco Fritz hatte allerdings wenig Berührungsängste und ließ fast alles laufen. Daraus folgte dann ein recht körperbetontes Spiel, sowohl beim FCK als auch bei Leverkusen, hier speziell Ballack. Dennoch, der Schiri konnte trotz späteren Missfallenskundgebungen nichts für das wirkungslose Spiel der Teufel, nur in der Nachspielzeit verlor er etwas den Faden. Zuvor kam jedoch Simon Rolfes. Nach Zuspiel von Ballack hatte dieser aus nur vier Metern die hundertprozentige Chance, doch Lauterns neue Nummer Eins Kevin Trapp reagierte wie ein Teufelskerl. So ging es 0:0 in die Pause.

Nach der Pause war weiter Leverkusen am Drücker, der flinke Sam hatte alleine drei Möglichkeiten. Der FCK wachte erst ab der 60. Minute wieder auf, nachdem Ballack erneut „zugelangt“ hatte. Nach einem Zusammenprall mit ihm musste Adam Nemec mit einer Bänderverletzung vom Platz, für ihn kam „Jimmy“ Hoffer. Das rüttelte die Westkurve nochmal auf. Abgesehen von einer guten ersten Viertelstunde auf den Rängen war das ähnlich wie auf dem Platz eine bescheidene Fan-Leistung.

Dann kam noch die Leverkusener Leihgabe Thanos Petsos, den einige von Anfang an erwartet hatten, für den überforderten Bilek. Auch hier fragte manch einer sich erneut, warum nicht Tiffert auf die Außenbahn wechselte und Kurz den unauffälligen und formschwachen Kirch aus dem Spiel nimmt, auch um Dick zu entlasten. Aber Bilek war eben auch „am Limit“. Dennoch brachte der Wechsel Schwung, es kamen die besten 15 Lautrer Minuten. Die Teufel machten Druck und erhielten auch endlich die Standardsituationen, die man erhoffte, doch die Flanken waren allesamt nicht zielgenau. Und wenn mal eine auf den Stürmer kam, hatte man den Eindruck, er wolle den Ball gar nicht haben. Lakic stand fast überflüssig vorne rum, ohne Bindung zum Spiel oder zu einem anderen Mannschaftsteil.

Aber auch Bayer konnte sich trotz Ballhoheit nicht durchsetzen und scheiterte immer wieder an Lauterns Bollwerk um Abel, der sich beim FCK in der zweiten Hälfte Bestnoten verdiente. Dafür fiel Hlousek dramatisch ab. Alles sah also nach 0:0 aus...? Nein!Mit einem Unentschieden war nicht zu rechnen. Es war klar deutlich, dass beide Teams auf Sieg spielten, und sich dabei nichts schenken wollten. Leverkusen versuchte es spielerisch, Lautern mit Willen und Kraft, doch diese hatten sie schon viel in der ersten Hälfte gelassen. Das rächte sich jetzt. So kam Eren Derdiyok eben doch zu der einen Möglichkeit den Ball nach innen zu geben. Rodnei stört Trapp, der lässt den Ball fallen, Jessen spielt Sam das Leder vor die Füße und der netzt volley aus der Drehung in den Winkel (74.). Unhaltbar, unfassbar - 1:0 für Leverkusen. Wie im Hinspiel ein Sonntagsschuss des Ex-Kollegen. Der platte Hlousek ging, Stiven Rivic kam. Der Betze versuchte nochmal nachzulegen, war aber zu starr in seinen taktischen Grundlinien. So sprang nur die einzige Möglichkeit für Lakic heraus, der kurz vor Spielende einen Kopfball in Rücklage über die Querstange köpfte. Keine Gefahr für Nationalersatztorwart René Adler.

Bayers Sportdirektor Rudi Völler meinte hinterher: „Das sind die Spiele, die man gewinnen muss.“ Aus FCK-Sicht muss man sagen, das zwar eine aufopferungsvolle Leistung insgesamt die Hoffnung stets nährte, wenigstens einen Punkt mitnehmen zu können, dass aber nach den ersten zehn Minuten keine nennenswerte Chance mehr heraus gespielt wurde.

Leverkusen gewinnt verdient, wenn auch knapp und mühsam. Leverkusen hatte mehr Ballbesitz, gewann mehr Zweikämpfe, schoss häufiger aufs Tor und spielte über 200 Pässe mehr als der FCK. Heynckes resultierte: „Ich denke, dass das meine Mannschaft heute sehr geschickt, clever und geduldig gemacht hat.“ So isses Jupp!

Trotzdem: Wenn die Teufel die körperliche Spielweise weiter beherzigen und gegen Stuttgart alle wieder in Normalform sein sollten, ist das Neckarstadion keine uneinnehmbare Festung. Im Gegenteil! Die nächsten drei Wochen gilt es. Butter bei die Fisch'!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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