Vor diesem Südwest-Derby knistert's gewaltig. Für beide gilt: Ein Sieg, und die Chance auf den Aufstieg erhöht sich sprunghaft. Das "Momentum" spricht für den KSC. Und für den FCK? Vielleicht der Lieberknecht-Ache-Deal.
So lief's seit dem Hinspiel: Am 15. Spieltag fuhr der Karlsruher SC als Tabellen-5. zum 1. FC Kaiserslautern, eine Woche zuvor hatten sie zuhause gegen Hamburg mit 1:3 verloren. Aus der Pfalz fuhren die Badener mit dem gleichen Ergebnis im Gepäck heim. Im bis dato guten Saisonverlauf schien sich ein Knick abzuzeichnen. Bis Ende der Hinrunde glückten dann aber noch zwei Siege gegen Regensburg (4:2) und in Paderborn (2:1) - und der KSC überwinterte auf Aufstiegsplatz 2. So geht's eben zu in der Zweiten Liga 2024/2025. In der Weihnachtsferien wurde Budu Zivzivadze (31) nach Heidenheim verkauft, dafür verlängerte Christian Eichner, die Konstante auf dem Trainerstuhl, nach Monaten der Ungewissheit ihren Vertrag. In der Rückrunde lief's lange mau, nur ein Punkt aus den ersten fünf Spielen. Dass Torjäger Zivzivadze fehlte, der in der Hinserie für zwölf Treffer und drei Assists verantwortlich gezeichnet, war offensichtlich. Danach aber begannen die Badener, Ausrufezeichen zu setzen. Zwei Heimsiege in Folge, gegen die auswärtsstarken Magdeburger und den Tabellen-2. aus Köln. Nach zwei Niederlagen in Darmstadt (0:3) und bei der Hertha in Berlin (1:3) sowie einem enttäuschenden 0:0 glaubte allerdings niemand mehr, dass der KSC noch an die Aufstiegsplätze andocken könnte. Es wurde sogar schon spekuliert, Trainer Eichner spiele angesichts dieser Enttäuschung mit dem Gedanken, sich im Sommer nun doch anderweitig zu orientieren, auch sein Zusammenwirken mit dem neuen Sport-Geschäftsführer Mario Eggimann wollte noch feingetunt werden. Dann aber wurde der April in Karlsruhe zum vorgezogenen Wonnemonat. Zehn Punkte in vier Spielen, zuletzt ein 2:1-Sieg beim HSV, bei dem das Team fußballerisch wie kämpferisch überzeugte. Am Sonntag ein Sieg gegen Lautern, und die Badener stehen wieder vor den Pfälzern - und sind zwei Runden vor Schluss mittendrin im Aufstiegskampf. Aktuell rangiert der KSC als Tabellen-8. drei Punkte hinter dem Relegationsplatz. Für den FCK sind es bekanntermaßen ein Punkt zu Platz 3 und vier Punkte zu Platz 2.
Das hat sich geändert: Nach dem schlechten Start in die Rückrunde legte Eichner seine lange bevorzugte 4-2-2-2-Formation ad acta. Seither operiert seine Elf mit Dreier-/Fünferkette. Den Mittelmann gibt in der Regel Routinier Marcel Franke (32). Als der gegen den HSV ausfiel, zog der Trainer den auch in Kaiserslautern noch gut bekannten Nicolai Rapp (28) ins Abwehrzentrum zurück, und der machte seine Sache gut. Um Zivzivadze zu ersetzen, liehen sich die Karlsruher Mikkel Kaufmann (24) aus Heidenheim, der in der Spielzeit 2022/23 schon mal in Baden kickte. Der Däne war bislang aber noch nicht sehr erfolgreich: Ein Tor, eine Vorlage, mehr nicht. In der jüngsten Erfolgsphase profilierte sich vorne ein anderer: der junge Louey Ben Farhat (18), den das Trainerteam in der Winterpause aus der U19 hochzog. Ein Treffer in Münster, ein Treffer in Hamburg, der Junge ist im Kommen. Ebenfalls viel zugetraut wird dem noch jüngeren Rafael Pinto Pedrosa (17), der in der Rückrunde schon dreimal in der Startelf stand, zuletzt vor zwei Wochen beim 1:0-Sieg gegen Fürth. Perspektivisch soll er den Veteran Sebastian Jung (34) auf der Rechtsverteidigerposition ablösen.
Gewinner und Verlierer: In Karlsruhe gewinnt immer die Jugend. Neben Ben Farhat und Pedrosa wäre da noch Keeper Max Weiß (20) zu nennen, der in dieser Saison durchgehend zwischen den Pfosten stand und schon siebenmal ohne Gegentor blieb. Einen Startplatz im Sturm behauptet sich seit nunmehr fünf Wochen die Hoffenheimer Leihgabe Bambasé Conté (21). Dafür kommt der erfahrene Fabian Schleusener (33) nur noch von der Bank. Gar nicht läuft's für die mit vielen Hoffnungen aus Stuttgart geholte Stürmerkante Luca Pfeiffer (28). Drei Viertel dieser Saison war er nur Einwechselspieler, seit fünf Wochen setzt ihn eine Fußverletzung matt. Innenverteidiger Robin Bormuth (29), der 2022/23 mal beim FCK am Start war, wurde bereits mitgeteilt, dass er in Karlsruhe keine Zukunft mehr hat. Gegen Hannover und in Münster stand er jedoch in der Startelf, nachdem ihn ein Kreuzbandriss die komplette Hinrunde gekostet hatte.
Zahlenspiele: In den 17 Partien der Hinrunde erzielte der KSC 34 Treffer, in der Rückserie in nunmehr 14 Spielen lediglich 16. Die Schlagzahl hat sich auch im erfolgreichen April nicht verbessert: Die drei Siege in vier Partien fielen allesamt knapp aus, die zehn Punkte wurden mit nur fünf Treffern gesichert. Und laut xGoals-Statistik hätten die Badener über die Saison gesehen sogar noch über fünf Buden weniger machen müssen als die 50, die sie aktuell auf dem Konto haben. Der langen Rede kurzer Sinn: So richtig kompensiert haben sie den Abgang von Zivzivadze immer noch nicht. Das Prunkstück ist die zur Partie gegen Magdeburg neuformierte Dreier-/Fünferkette, die seither nur neun Treffer in neun Spielen kassierte und vier Mal zu null spielte. Nach wie vor die eierlegende Wollmilchsau des KSC ist Kapitän Marvin Wanitzek (31). Zwölf Treffer und zehn Assists hat er auch diese Saison schon wieder auf der Uhr, zudem ist er passionierter Kilometerfresser - in dieser Liga rennen nur der Düsseldorfer Isak Bergmann Jóhannesson und der Nürnberger Caspar Jander mehr. Außerdem ist Wanitzek "Alu-König". Siebenmal schon hat er Pfosten oder Latte getroffen, auch das ist Liga-Rekord. Zwei seiner Mitspieler treffen dagegen lieber Knochen. Rapp und Dzenis Burnic (26) führen gemeinsam das Gelbe-Karten-Ranking dieser Klasse an. Gut, dass auch der FCK einen bösen Buben in seinen Reihen hat, der dagegenhalten kann: Laut Statistik begeht nur der Paderborner Filip Bilbija mehr Fouls am Gegner als Filip Kaloc. Vorsicht geboten ist bei Kopfbällen des KSC: Zehnmal schon haben die Badener aus der Luft getroffen. Davon gehen nur zwei aufs Konto des abgewanderten Zivzivadze. Und sein junger Nachfolger Ben Farhat ist mit 1,75 Meter Körpergröße nicht unbedingt ein Kopfballmonster. Aufgepasst werden muss da eher auf Schleusener, so er denn auf dem Platz steht, oder die aufrückenden Defensivkräfte Franke, Rapp und Christoph Kobald (27).
Fazit: Wann hat es aus sportlicher Sicht das letzte Mal vor einem Pfalz-Baden-Derby derart geknistert? Für beide gilt: Ein Sieg, und die Aussicht, im Kampf um den Aufstieg mindestens den Relegationsrang zu schaffen, ist ungefähr so gut wie die Gewinnchance bei Tic-Tac-Toe, wenn man das erste Kreuz setzen darf. Aus FCK-Sicht könnte hinsichtlich des direkten Duells mit Köln am 34. Spieltag und der allgemeinen Verrücktheit dieses Aufstiegsrennens dann vielleicht sogar noch mehr drin sein. Aber das ist Zukunftsgeplänkel, welches diese Woche höchstens für den Hinterkopf taugt. Erstmal Karlsruhe, dann Darmstadt, dann Köln. Auch den KSC'lern muss man nicht erklären, wie es für sie aussähe, wenn sie den FCK aus dem Weg räumen: Danach haben sie den Tabellenletzten Regensburg vor der Brust und dürften anschließend zuhause gegen Paderborn zum Herzschlagfinale einladen. Die Frage ist halt: Wie will/wie sollte der FCK die wohl schwerste Aufgabe der Restsaison angehen? Der KSC hat auch in der gegenwärtige Hochphase Probleme mit dem Toreschießen, also ist zu allererst darauf zu achten, dass das so bleibt. Gegen dessen starke Defensive wiederum muss aus dem wenigen, das sie anbietet, was gemacht werden. Die Ausgangslage verspricht ein spannendes, aber wenig turbulentes Spiel. Wird Torsten Lieberknecht noch einmal offensiv aufstellen wie zu seinem Debüt gegen Schalke? Mit der Doppelspitze Daniel Hanslik/Ragnar Ache und Daisuke Yokota sowie Marlon Ritter dahinter? Und nur Filip Kaloc als alleinigem Sechser? Sicher, "MR7" könnte auch zurückgezogener agieren, so ließe sich die Formation ändern, ohne Personal zu wechseln. Vermutlich aber fällt Torsten Lieberknecht was ein, was uns nicht einfällt. Vielleicht hilft dabei auch sein geheimnisvoller und von vielen neugierig hinterfragter Deal mit Ragnar Ache. Nach DBB-Informationen geht es dabei um die deutliche Aufstockung seines Torekontos (aktuell steht Ache bei 17 Treffern; Anm. d. Red.) und eine spezielle Belohnung des Trainers dafür. Wie man im Wildparkstadion vor einem tobenden Gästeblock trifft, weiß Ache noch von letzter Saison.
Quelle: Der Betze brennt
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