1. FC Kaiserslautern gegen Schalke 04. War schön öfter, ist diesmal aber ganz besonders das Duell zweier Teams auf Achterbahnfahrt. Zuletzt ging's für beide talwärts. Für wen sich das am Sonntag ändert? Das weiß nur der Fußballgott.
Das hat sich geändert: Im Hinspiel siegten die Roten Teufel auf Schalke recht souverän mit 3:0. Davor aber waren die Königsblauen drei Spiele ungeschlagen, und danach blieben sie erneut fünf Runden ohne Niederlage, gewannen dreimal, in Paderborn (4:2) und in Elversberg (4:1) sogar mit Oha-Effekt. Es schien, als sei die Schlappe gegen die Betze-Buben nur ein Ausreißer gewesen, als bekäme der Niederländer Kees van Wonderen, der S04 Mitte der Hinrunde übernommen hatte, sein Team so langsam auf Linie. Aber es schien nur so. Ein 2:5 zuhause gegen Magdeburg Anfang Februar leitete eine Rückserie ein, in der es wie gewohnt Auf und Ab ging im Revier. Einem 2:1-Auswärtssieg bei Hertha BSC folgte am Spieltag darauf eine 1:2-Heimniederlage gegen Hannover. Schalke halt. Tiefpunkt war vor zehn Tagen ein 0:2 beim Tabellenletzten Regensburg, was wieder mal den Trainerstuhl ins Wackeln brachte. Vergangene Woche folgte ein bemerkenswertes 2:2 gegen den Hamburger SV, dem die Knappen ein Remis abtrotzten, obwohl ihr Kapitän Kenan Karaman bereits in der 3. Minute vom Platz flog. Coach van Wonderen stiftete dennoch Unfrieden, als er Medienvertretern zwar erfrischend ehrlich, aber ohne Not offenbarte, er rechne nicht damit, noch lange Trainer auf Schalke zu sein. Nachdem ihm zunächst zugestanden wurde, noch bis Sommer weitermachen zu dürfen, zog die Vereinsführung nun doch die Reißleine. Am Donnerstag wurde van Wonderen nun freigestellt, allerdings erst zum 30. Juni, wie es zunächst heißt. Und nun? In den Foren wurde unter der Woche schon geargwöhnt, Markus Anfang könne nach seiner Entlassung beim FCK am Sonntag bereits auf der Schalke-Bank Platz nehmen - soweit wird's so schnell natürlich nicht kommen. Obwohl da mit dem Sportvorstand Frank Baumann ein neuer Mann an Bord ist, der ihn schon mal nach Bremen geholt hat. Der Wunschtrainer, als der er zunächst gehandelt wurde, scheint Anfang aber doch nicht sein. Jüngsten Medienberichten zufolge soll Schalke auch schon Roger Schmidt gebaggert haben, der aber absagte. Jetzt ist der gerade in Hannover geschasste André Breitenreiter im Gespräch. Auch Real-Madrid-Legende und Ex-Schalker Raul wird immer wieder als Kandidat genannt. In Lautern sitzt aber nach wie vor noch van Wonderen auf der Bank, in seinem viertletzten Spiel für Königsblau.
Das hat sich geändert: Auf jeden Fall weniger, als man ändern wollte, und zum Guten am allerwenigsten. In der Winterpause engagierte Schalke etwa den Mainzer Aymen Barkok (26) fürs Mittelfeld. Nur vier Startelf-Einsätze bislang. Beim moralischen 2:2-"Sieg" über den HSV saß er durchgehend auf der Bank - "einschlagen" geht anders. Der Senegalese Pape Meïssa Ba (27), der auch beim FCK im Gespräch war und aus der zweiten französischen Liga in den Ruhrpott wechselte, war ein wenig erfolgreicher. Immerhin schon sechs Startelf-Einsätze, zwei Treffer erzielt, zwei vorbereitet. Um die Ausfälle auf der Torwartposition zu kompensieren, gab Königsblau dem zuletzt vereinslosen Loris Karius einen Vertrag. Der machte, als seine Chance kam, ein paar richtig gute Spiele, verletzte sich dann aber an der Wade. Jetzt steht wieder Justin Heekeren (24) im Kasten.
Gewinner und Verlierer: Ui, in der Rubrik könnte man sich leicht verlieren. Schalke hat im vergangenen Sommer viele neue Spieler geholt. Nachhaltig profilieren konnten sich die wenigsten. Amin Younes (31), 2014/15 beim FCK und immerhin mal deutscher Nationalspieler, plagte sich mit Verletzungen, kommt oft nur von der Bank. Ähnlich verhält es sich mittlerweile mit dem anderen Ex-Lautrer, Janik Bachmann (28), für den es Anfang der Saison noch einigermaßen gut lief. Der argentinische 1,2 Millionen-Einkauf Felipe Sánchez (21) wird noch seltener eingewechselt. Anton Donkor (27), in Braunschweig vergangene Saison Schwungrad auf der linken Seite, kommt auf Schalke nicht an der etablierten Stammkraft Derry Murkin (25) vorbei. Überhaupt sind es die etablierten Größen, die dem Team noch Halt geben. Linksfuß Tobias Mohr (29) etwa ist mit sieben Assists bislang bester Vorlagengeber, Karaman, der auf dem Betze allerdings rotgesperrt fehlen wird, mit 13 Treffern zweitbester Torschütze. Nach Moussa Sylla (25) mit 15 Buden, der von allen Neuzugängen am besten eingeschlagen hat. Erfreulich ist die Entwicklung der Youngster Taylan Bulut (19) und Max Grüger (19). Bulut ist als rechter Verteidiger, Grüger im zentralen Mittelfeld regelmäßig im Einsatz. Eine weitere von vielen Merkwürdigkeiten: Mohr wurde wie Innenverteidiger und Marcin Kaminski (33) und dem rechten Flügelspieler Mehmet Aydın (23) bereits mitgeteilt, dass sein Vertrag im Sommer nicht verlängert wird. Alle drei gehören gegenwärtig noch zur Stammbesetzung, Mohr war gegen den HSV bester Mann.
Zahlenspiele: 54 Gegentore hat Schalke bereits kassiert, mehr als die hinter ihnen platzierten Aufsteiger aus Ulm und Münster. Damit ist der Hauptproblem der Königsblauen bereits identifiziert. Vorsicht geboten ist bei Freistößen. Direkt verwandelt haben sie zwar erst einen, aber sie schaffen sich dadurch überdurchschnittlich viele Einschussgelegenheiten. Gegen den HSV wurde beide Treffer durch Freistoßflanken von Mohr eingeleitet, der solchen Hereingaben auch am besten beherrscht. Im Sprints-Ranking sind die Schalker Dritter, und für einen Tabellen-13. streben sie nach erstaunlich viel Ballbesitz. 53 Prozent, nur Magdeburg und Hamburg fordern das Leder mehr. In punkto Passpräzision (83,7 Prozent) liegen die Knappen mit den Roten Teufeln gleichauf. Spieler mit herausragenden Skills? Murkin hat einen ziemlichen Bums. 124,6 km/h wurden bei einem seiner linken Hämmer schon gemessen. Bester Lautrer in dieser Disziplin ist Jannis Heuer (123,1 km/h).
Fazit: Nach den jüngsten Turbulenzen auf beiden Seiten lässt sich zu diesem Spiel kaum was Vernünftiges prognostizieren. Nach dem gefühlten Erfolg über den HSV könnte Schalke mehr Selbstbewusstsein getankt haben als der FCK nach seinem deprimierenden Auftritt in Braunschweig. Dafür fehlt bei den Gästen mit Karaman der Kapitän, und die Lautrer müssen nach drei Niederlagen in Folge nun endlich eine Reaktion zeigen. Torsten Lieberknecht gibt sein Debüt. Er wird in den vier Tagen, die ihm zur Vorbereitung zur Verfügung stehen, an ein paar Stellschrauben drehen, aber auch nicht allzu viel ändern können. Möglich ist eine Umstellung auf Viererkette, auch der eine oder andere Wechsel ist drin, nicht nur wegen der Gelb-Sperre von Maxi Bauer. Dass der FCK gewinnen muss, um seine Chance auf Relegationsrang 3 zu wahren, ist klar. Dass diese Chance auf jeden Fall gespielt werden soll, nun auch. Das Narrativ "Wir wollen eine ruhige Saison spielen und uns spielerisch weiterentwickeln" hat sich nach den Ereignissen dieser Woche endgültig erledigt. Jetzt heißt es: "Wir wollen ein Signal an die Teams vor uns senden und nochmal oben angreifen."
Quelle: Der Betze brennt
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