Der 1. FC Kaiserslautern bräuchte dringend einen Sieg, um wieder in die Spur zu kommen. Mit dem SC Paderborn kommt nun allerdings ein noch ungeschlagenes Team uffen Betze. Wie heißt es so schön: Serien sind dazu da, gebrochen zu werden.
Anspruch und Wirklichkeit: Vergangene Saison besuchten im Schnitt 12.989 Zuschauer die Heimspiele des SC Paderborn. Da können Vereine wie der 1. FC Kaiserslautern, Schalke 04 und der 1. FC Köln nur mitleidig lächeln. Um den Saisonstart und den aktuellen Tabellenplatz allerdings dürfen die Traditionsvereine den kleinen Club aus Ostwestfalen beneiden. Denn der SCP ist diese Saison noch ungeschlagen, steht auf Platz 3, nur einen Punkt vom Gipfel entfernt. Hat auch in dieser Runde wieder einen Kader von für Zweitliga-Verhältnisse überdurchschnittlich hoher spielerischer Qualität zusammengestellt, ohne dass dafür Konzernmillionen in die Hände von Sport-Geschäftsführer Benjamin Weber flossen. Was angesichts der bescheidenen Einnahmen im Ticketing bedeutet, dass er regelmäßig Transfer-Erlöse einstreichen muss. Diesen Sommer frischte Weber die Kasse mit den Verkäufen von Stürmerpfeil Sirlord Conteh und Sechser Kai Klefisch auf. Außer den beiden aber keiner, der zuletzt noch echte Stammkraft war. Robert Leipertz, Marco Schuster, Jasper van der Werff, Maximilian Rohr, Keeper Jannik Huth und der zum FCK gewechselte Jannis Heuer waren lediglich noch Teilzeitkräfte, brachten dementsprechend nur kleines Geld. Interessant: Gegen Ulm und Münster, also die Teams, gegen die die Betze-Buben ihre bislang einzigen Siege feierten, spielten die Paderborner nur Unentschieden. Sie schlugen allerdings Hertha BSC und Hannover - Lautern verlor gegen beide. Und die Partien gegen Fürth und Hamburg endeten für beide Remis.
Die Neuen: Ach ja. Im Sommer verpflichteten die Paderborner einen gewissen Felix Götze (26) von Drittligist Essen. Ablösefrei. Er wurde direkt Stammspieler. Beherrscht als feiner Techniker das Aufbauspiel aus der Abwehr, sowohl von der Sechser- als auch von der Innenverteidiger-Position. Von Januar 2021 bis Sommer 2022 hat Götze diese Rollen mal beim FCK gespielt. Und wie gut könnte auch die aktuelle einen solchen Spielertyp gebrauchen. Wär's dem DFB-Pokal-Finalisten 2024 denn nicht möglich gewesen, das bessere Angebot zu machen? Darüber hinaus verpflichtete SCP-Manager Weber für eine geringe Ablöse den erfahrenen Sven Michel (34) von Bundesligist Augsburg. Der Rest kam mehr oder weniger für lau. Keeper Markus Schubert (26) wurde aus Belgien nach Deutschland zurückgeholt, von den Drittligisten Duisburg und Dresden kamen Talent Santiago Castañeda (19) und Mittelfeld-Kollege Luca Herrmann (25), von den Zweitvertretungen des FC St. Pauli und des SC Freiburg Defensivkraft Tjark Scheller (22) und Flügelstürmer Mika Baur.
Die Formation: Viele reden von Variabilität, Paderborns Trainer Lukas Kwasniok praktiziert sie. Vorne setzt er auf ein Offensivtrio, das mal als Dreiersturm die volle Spielfeldbreite nutzt, mal mit einer Keilspitze und zwei Halbstürmern oder als Doppelspitze mit Zehner dahinter agiert - und das in munterem Wechsel. Auch bei der personellen Besetzung dieser Positionen variiert Taktik-Nerd Kwasniok gerne. Beim 3:0-Heimsieg zuletzt gegen Regensburg starteten Koen Kostons (26), Filip Bilbija (24) und Michel. Ebenso denkbar ist aber ein Einsatz von U20-Nationalspieler Ilyas Ansah (19). Bilbija könnte auch im zentralen Mittelfeld auftreten, wenngleich er vorne gefährlicher ist: Mit bereits fünf Treffern ist er zurzeit bester Torschütze seines Teams. Und wenn vorne eine Kante in die Schlacht geworfen werden muss, ist nach wie vor Adriano Grimaldi (34) zur Stelle. Auf der Sechs hat sich der 19-Jährige Neuzugang Castañeda direkt festgespielt. Ebenfalls mit bereits vier Assists und einem Treffer auf sich aufmerksam gemacht hat Talent Aaron Zehnter (19), der in der Länderspielpause auch zur U20-Nationalmannschaft eingeladen war, wegen einer Sprunggelenksverletzung aber wieder abreisen musste. Sein Einsatz in Kaiserslautern ist fraglich. Auf der rechten Seite ist Kapitän Raphael Obermair (28) eine Bank, den Platz neben Castañeda in der Zentrale wird wohl Sebastian Klaas (26) besetzen. Die Dreier-Abwehrreihe stand zuletzt mit Götze, Calvin Brackelmann (25) und Laurin Curda (22). Aber auch hinten rotiert Kwasniok gerne: Neuzugang Scheller stand ebenfalls schon fünfmal in der Startelf. Der nordmazedonische Nationalspieler Visar Musliu (29) und Defensiv-Allrounder David Kinsombi (28) aber kamen zuletzt nur noch von der Bank. Im Tor steht weiterhin Pelle Boevink (26), der bereits in den vergangenen Saison den mittlerweile abgewanderten Huth beerbte.
Zahlenspiele: Schon 126-mal haben SCP-Kicker in dieser Saison aufs Tor geschossen. Nur Köln versuchte es öfter (175-mal), der FCK nimmt in diesem Ranking nur einen bescheidenen Mittelfeldplatz ein (107). Mit ihren 16 tatsächlich erzielten Treffern - fünf mehr als der FCK - stellt Paderborn die fünftbeste Offensive der Liga. Interessant ist der "xGoals against"-Wert: 9,32 xGa entsprechen den tatsächlich kassierten neun Buden. Die Teams, deren Hintermannschaft sich bislang noch weniger einfing - Hannover. Düsseldorf, Hamburg - müssten Wyscouts Software zufolge eigentlich mehr auf dem Konto stehen haben. Könnte man so interpretieren: Nach dem, was die Gäste zulassen, stellen sie eigentlich die beste Abwehr der Liga, die drei Besserplatzierten hatten bislang lediglich mehr Glück. Fast schon leid sind wir es, auf die ungleich besseren Laufstatistiken eines kommenden FCK-Gegners hinzuweisen. Geht aber auch diesmal nicht anders: Der SCP ist Vierter im Ranking der Gesamt-Laufdistanzen, Dritter in der Kategorie "Sprints" und Zweiter bei "intensiven Läufen". Die Roten Teufel stehen bei diesen drei Werten jeweils Vorletzter beziehungsweise Letzter.
Fazit: Mit dem spielfreudigen, aufgrund seiner offensiven Variabilität schwer zu fassenden Gegner hat der FCK Probleme, seit die beiden Teams in der Zweiten Liga wieder die Klingen kreuzen. Vergangene Saison glückte den Lautrern zwar ein 2:1-Sieg in Paderborn, der in erster Linie aber Ragnar Aches Kopfballstärke zu verdanken war. Ansonsten stehen gegen drei Niederlagen zu Buche. Sein bestes Spiel gegen den SCP machte der FCK bei der 0:1-Auswärtsniederlage im Februar 2023, als Dirk Schuster eine kompakte 3-5-2-Formation auflaufen ließ, wie er sie bis dahin noch nicht oft ausprobiert hatte. Diese hielt die quirlige Offensive einigermaßen in Schach, erarbeitete sich selbst gute Einschussgelegenheiten, ehe ausgerechnet Jannis Heuer, der mittlerweile das FCK-Trikot trägt, die Partie mit einem Traum-Freistoß entschied. FCK-Coach Markus Anfang wird sich aber zuallererst Gedanken machen müssten, wie er nach den Verletzungen von Boris Tomiak und Jan Gyamerah seine eigenen Reihen schließt. Ein paar Gedankenspiele haben wir ja schon zu Beginn der Woche angestellt. Zum Schluss noch eine Beobachtung: Von den neun Gegentreffern des SCP fielen drei nach Ecken, zwei nach Einwürfen und zwei nach langen Torwart-Abschlägen und nur zwei, drei Kontakten danach - aus statischen Situationen lassen sich die Paderborner anscheinend gerne mal übertölpeln.
Quelle: Der Betze brennt
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