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Gegner-Check SCP: Ohne Muslija noch unberechenbarer

Gegner-Check SCP: Ohne Muslija noch unberechenbarer


Für den SC Paderborn haben sich im Saisonverlauf einige unerwartete Personalwechsel ergeben. Schlecht steht der Samstagabend-Gast des 1. FC Kaiserslautern dennoch nicht da. Sogar die Aufstiegsplätze sind noch in Reichweite.

So lief's seit dem Hinspiel: Der Heimniederlage gegen den FCK folgte ein weiteres 1:2 in Kiel, so dass die ambitionierten Paderborner auf einen veritablen Fehlstart zurückblickten: drei Niederlagen, nur vier Punkte nach fünf Spielen. Danach gab es einen Zwischenspurt mit elf Punkten aus fünf Spielen. Anfang November setzte der SCP im DFB-Pokal ein fettes Ausrufezeichen, als er 3:1 bei Erstligist SC Freiburg gewann. In der Liga lief es dann erst im Dezember wieder richtig gut. Mit drei Siegen zum Jahresausklang schob sich das Team von Trainer Lukas Kwasniok auf Platz 6 vor, die Aufstiegsränge gelangten in Sichtweite. Der Start ins neue Jahr gestaltete sich dann aber wieder holprig. Ein 0:1 zuhause gegen Fürth, danach ein 0:0 bei Schlusslicht Osnabrück. Vergangenes Wochenende aber meldete sich die Paderborner Torfabrik eindrucksvoll zurück - mit einem 4:3 gegen Fortuna Düsseldorf, bei dem allerdings um Haar eine 3:0-Führung verspielt wurde. Die Berg- und Talfahrten dieser Spielzeit sind in erster Linie mit den vielen Personalwechseln zu erklären, wie wir gleich sehen werden.

Das hat sich geändert: Wie sehr der SCP vergangenen Sommer durch den Abgang von Leistungsträgern gebeutelt wurde, haben wir bereits in unserem letzten Gegner-Check dargestellt. Doch auch während der laufenden Saison meldeten sich Spieler ab, von denen man sich einiges erhofft hatte. Allen voran Max Kruse. Der vermeintliche Transfer-Coup mit dem 35-jährige Altstar erwies sich als Schlag ins Kontor. Er erreichte nicht mehr das nötige Leistungslevel, um der Mannschaft helfen zu können, und beendete nach 13 Spieltagen, an denen er überwiegend zur Kurzeinsätzen gekommen war, seine Karriere. Der ehemalige HSV-Spieler Maximilian Rohr ist nie richtig fit geworden, seit er in Paderborn ist, Talent Kimberly Ezekwem, vom SC Freiburg geliehen, verabschiedete sich Mitte der Hinrunde in den Krankenstand. Stammtorhüter Jannik Huth fällt seit Ende November mit einer Rückenverletzung aus. Und in der Winterpause wanderte Sturmquirl Florent Muslija zum SC Freiburg ab - der wohl härteste Schlag, den Coach Lukas Kwasniok hinnehmen musste. Andere bekannte Gesichter, die man als nur gelegentlicher SCP-Betrachter eigentlich in der Stammelf erwartet, drückten zuletzt nur die Bank, etwa die Innenverteidiger Marcel Hoffmeier und Jannis Heuer. Der erfahrene Offensivspieler Robert Leipertz und Sturmpfeil Sirlord Conteh kamen bisweilen nur als Einwechselspieler zum Zuge. Dafür hat sich Kwasniok ein paar interessante Talente herangezogen. Viel Freunde bereitet vor allem der junge Ilyas Ansah, ein erst 19-jähriger 1,94 Meter großer Sturmtank. Ebenfalls erst 19 ist Aaron Zehnter, den die Paderborner in der Winterpause aus Augsburg für die linke Seite verpflichteten. Seit seinem Wechsel im Januar gesetzt ist auch der Niederländer Koen Kostons, der vom MVV Maastricht kam.

Gewinner und Verlierer: Als Verlierer muss wohl Max Kruse bezeichnet werden, der einfach den Anschluss nicht mehr fand. Ilyas Ansah dürfte folgerichtig der größte Gewinner sein, weil er den weitesten Sprung nach vorn machte. Zufrieden mit sich sein darf auch Innenverteidiger Laurin Curda, der im Sommer von Regionalligist Balingen kam, zwei Klassen übersprang und nun, siehe oben, erfahrenen Zweitligaprofis vorgezogen wird. Keeper Pelle Boevink hat seine Chance als Huth-Stellvertreter genutzt. Der Doppel-Sechs mit Kai Klefisch und Mattes Hansen verwaltet das Erbe von Sommer-Abgang Ron Schallenberg bislang ebenfalls gut. Klefisch war gegen Düsseldorf zuletzt allerdings gelbgesperrt, dürfte am Betzenberg aber wieder auflaufen. Flügelstürmer Filip Bilbija ist nach Muslijas Abgang mit vier Treffern und drei Vorlagen nun wichtigster Scorer des Teams. Ebenso hat sich der ehemalige U19-Nationalspieler Sebastian Klaas zu einer festen Größe im offensiven Mittelfeld entwickelt. Der Ex-Sandhäuser David Kinsombi hat sich direkt als Führungsspieler etabliert, trägt mittlerweile sogar die Kapitänsbinde.

Zahlenspiele: Wir schreiben es zwar beinahe in jedem Gegner-Check, und gerade vor Paderborn-Spielen war es schon öfter zu lesen, aber es ist nunmal so: Der FCK muss seine Chance über Kopfbälle suchen. Paderborn verliert nach wie vor die meisten Kopfballduelle in der Liga, Lautern ist in diesem Ranking Zweitbester, da muss also was gehen. Wobei Kwasniok an dieser Schwäche durchaus gearbeitet hat. Die bislang sechs Kopfball-Gegentreffer fielen fast alle zu Beginn der Hinrunde, das letzte kassierten die Westfalen im November bei ihrem 1:4 gegen Elversberg. Ansonsten zählen die Paderborner nach wie vor zu den Mannschaften, die in dieser Liga "gepflegten" Fußball anbieten. Sie verzeichnen die vierthöchsten Ballbesitzwert (55,5 Prozent) sowie die zweitbeste Passquote (86,8 Prozent laut "Wyscout", "bundesliga.de" und Co. weichen da etwas ab). Das aber sind nur Durchschnittswerte. Kwasniok mag's hin und wieder auch "pragmatisch", wie wir gleich sehen werden.

Fazit: Bei der Nullnummer in Osnabrück verzeichnete der SCP nur 38 Prozent Ballbesitz, bei der 0:1-Heimniederlage zum Jahresauftakt gegen Fürth 72 Prozent - da liefen die Westfalen allerdings über 60 Minuten einem Rückstand hinterher. Der Vergleich zeigt: Kwasniok vermag den Spielstil seines Teams durchaus anzupassen. Was zum Teil auch durch Abgang von Muslija bedingt ist, der nunmal das Spiel mit dem Ball am Boden liebt. Im Prinzip sind die Gäste dadurch aber noch schwerer berechenbar geworden. Man weiß bei Kwasniok nie, woran man ist: Gut möglich, dass er auf dem Betzenberg mal wieder die eher klassischen Stürmerkanten Felix Platte oder Adriano Grimaldi von der Leine lässt, die in dieser Saison ebenfalls schon getroffen haben und bei Freistößen und Eckbällen auch in der Defensive aushelfen könnten. Oder aber, er bringt den pfeilschnellen Sirlord Conteh von Anfang an, da Kwasniok mit Sicherheit nicht verborgen geblieben ist, dass der FCK unter Dimitrios Grammozis nun sehr hoch steht und entsprechend anfällig für Konter ist. Eben da gilt es für den Lautern-Trainer, den Hebel anzusetzen: die Konter-Absicherung verbessern. Wenn Julian Niehues nach seiner Gelbsperre wieder neben Filip Kaloc ins zentrale Mittelfeld rückt, sollte das auch möglich sein. Ansonsten gilt es für die Roten Teufel, Ballgewinne weit vorne, von denen sie sich auch in Elversberg einige erarbeiteten, besser und präziser auszuspielen. Dass sie auf einen Gegner treffen, mit dem man naturgemäß besser zurecht kommt, weil er "mitspielen" will - darauf sollten sich die Gastgeber nicht unbedingt verlassen. Kwasniok kann, wenn er es für geboten hält, genauso auf "Schusterball" umstellen, wie es Horst Steffen vergangenen Sonntag getan hat.

Quelle: Der Betze brennt

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