Ganz schön großspurig, diese Überschrift? Nicht unbedingt. Gemeint ist lediglich, dass der 1. FC Kaiserslautern in seinem Gastspiel beim SC Paderborn auf Kopfballspiel setzen sollte. Denn damit sind die Westfalen zu packen.
Anspruch und Wirklichkeit: Vergangene Saison standen die Paderborner an neun Spieltagen auf direkten Aufstiegsplätzen, drei Mal auf dem Relegationsrang - und das ausnahmslos in der Hinrunde. Am Ende der Rückrunde landeten sie "nur" auf Platz 6. Von Enttäuschung wollten die Verantwortlichen dennoch nicht reden. Es sei ein weiteres Jahr der positiven Weiterentwicklung gewesen, erklärte Sport-Geschäftsführer Benjamin Weber sinngemäß im "Kicker"-Sonderheft vor Saisonbeginn. Der Blick geht weiter nach oben, im Sommer wurde der Umbau der eigenen Spielstätte angegangen, so dass die Lizenzauflagen für eine weitere Erstliga-Saison nach dem Bundesliga-Abstieg 2020 erfüllt wären. Allerdings ist man sich in Ostwestfalen auch darüber im Klaren, dass man sich angesichts der finanzstarken Wettbewerber nicht zum Aufstiegsfavoriten erklären kann. Zumal der personelle Aderlass im Sommer gewaltig war, gerade in puncto Qualität. Mit dem auch vom FCK beobachteten und letztlich von Schalke 04 gekauften Ron Schallenberg, Julian Justvan, Bashir Humphreys und Topscorer Marvin Pieringer verlor der Kader vier absolute Leistungsträger. Für Humphreys und Pieringer floss nicht einmal Geld, da die beiden lediglich Leihgaben waren. Insofern überrascht es nicht, dass der Saisonstart holprig ausfiel. Zum Auftakt in Fürth flog der neue Innenverteidiger Visar Musliu schon nach acht Minuten vom Platz, woraufhin es ein 0:5 setzte. Auch beim 1:1 zur Heimpremiere gegen Aufsteiger Osnabrück hätte der Anhang gerne mehr gesehen. Dafür überzeugte anschließend das 7:0 im DFB-Pokal bei Regionalligist Energie Cottbus, und bei den ambitionierten Fortunen aus Düsseldorf glückte zuletzt auch in der Liga ein 2:1-Auswärtssieg. Die Mannschaft scheint sich also allmählich zu finden.
Die Neuen: Mit der Verpflichtung von Altstar Max Kruse ließen die Paderborner aufhorchen: Eine so schillernde Figur in der Provinz, kann das gut gehen? Skeptiker erinnern an die Trainer-Verpflichtung von Stefan Effenberg im Jahr 2015, die dem Verein nicht guttat. Bislang lässt sich zur Personalie Kruse jedoch weder Positives noch Negatives prognostizieren. Der 35-Jährige zog sich bereits im zweiten Saisonspiel einen Muskelfaserriss zu und fällt fürs Erste aus. Ohne ihn aber gab’s direkt zwei Siege ... Der vom Hamburger SV verpflichtete Offensivspieler Filip Bilbija machte zuletzt in Cottbus zwei Buden und bereitete in Düsseldorf eine vor, da ist die Integration offenbar weit vorangeschritten. Ebenso bei dem vom SC Freiburg geliehenen Kimberly Ezekwem, dem von Regionalligist Balingen verpflichteten Laurin Curda sowie bei David Kinsombi (zuletzt SV Sandhausen), die bislang in allen Pflichtspielen zum Einsatz kamen. Noch nicht den Sprung in die Startelf geschafft hat die zweite HSV-Verpflichtung Maximilian Rohr. Der rotgesperrte Musliu (FC Ingolstadt) muss auch gegen den FCK noch passen. Routinier Adriano Grimaldi (1. FC Saarbrücken) dagegen dürfte in den Matchplänen von Trainer Lukas Kwasniok nur vorgesehen sein, wenn vorne ein Rammbock gebraucht wird. Bislang verzeichnete der 32-Jährige lediglich zwei Kurzeinsätze.
Die Formation: Eine Dreier-Abwehrkette, davor eine Vierer-Reihe und davor drei bewegliche, immerfort rotierende Offensivkräfte, das könnte die Idealvorstellung von Kwasniok sein, der das Ruck-Zuck mehr liebt als das Hau-Ruck. Und in diesem Spiel könnte sich auch der alternde Irrwisch Kruse richtig wohlfühlen, so er denn fit wird. Aber auch mit Neuzugang Bilbija, dem Quirl Florent Muslija und dem pfeilschnellen Sirlord Conteh lässt sich vorne gut Ramba-Zamba spielen. Taktisch muss man bei Kwasniok sowieso auf alles gefasst sein. In Cottbus und Düsseldorf formierte er hinten jeweils Viererketten. Nach wie vor gesetzt sind die Innenverteidiger Marcel Hoffmeier und Jannis Heuer. Im Tor steht Jannik Huth. Den starken Schienenspieler Raphael Obermair plagen zurzeit allerdings muskuläre Probleme, er fällt wohl auch am Freitag aus. Für Top-Sechser Schallenberg wurde kein einigermaßen geeigneter Nachfolger gefunden, der variabel einsetzbare Kinsombi ist das nur bedingt. Im defensiven Mittelfeld liefen zuletzt der bereits etablierte Kai Klefisch und die erst 19-jährige Schalker Leihgabe Mattes Hansen auf.
Zahlenspiele: Obwohl der SCP in einem von bislang drei Saisonspielen über 80 Minuten nur in Unterzahl und daher kaum gepflegt Fußball spielen konnte, verzeichnet er aktuell eine Passquote von 87 Prozent. Damit ist er ligaweit Zweitbester hinter St. Pauli. Der FCK steht in diesem Ranking auf Platz 10, allerdings markieren 82 Prozent Passquote für die Pfälzer eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr. Leichte Vorteile hat Kaiserslautern dagegen bei den gewonnenen Zweikämpfen. In 264 siegreichen Duellen haben sich die Roten Teufel 26 Mal öfter behauptet als Paderborn. Noch stärker unterscheiden sich die Teams im Ranking gewonnener Kopfballduelle. Mit 71 siegreichen Luftkämpfen rangiert der FCK ligaweit auf Platz 2 hinter Holstein Kiel, wohingegen der SCP mit nur 43 gewonnenen Kopfballduellen Vorletzter ist. Und wenn man sich die sieben Gegentreffer anschaut, die die Kwasniok-Elf bislang kassiert hat, fällt auf: Drei davon fielen per Kopfstoß, ein weiterer nach einer schlechten Kopfball-Abwehr infolge einer Ecke. Womit bei der Schuster-Elf eigentlich ideale Voraussetzungen geschaffen wären für die Premiere der Doppelspitze Terrence Boyd/Ragnar Ache. Die, so hat es der Trainer zuletzt angedeutet, ja bald möglich sein könnte - allerdings erst, wenn beide zu 100 Prozent fit sind. Ob es am Freitag schon soweit ist?
Fazit: Vergangene Saison verlor Lautern beide Spiele gegen Paderborn, und beide Mal ging’s mit 0:1 denkbar knapp aus. Vor allem beim Gastspiel im Februar dieses Jahres hätte Dirk Schusters Matchplan durchaus aufgehen können, wäre Heuers perfektes Freistoßtor in der 78. Minute nicht gewesen. Mit der 3-4-1-2-Formation, die der Coach gewählt hatte, war es lange Zeit gelungen, das Paderborner Kurzpassspiel im richtigen Moment zu stoppen. Offensiv waren die Gäste mit zunehmender Spieldauer immer besser ins Spiel gekommen, kurz vor dem Gegentreffer hatte Boyd sogar die Latte getroffen. Das könnte eine gute Blaupause für die Partie am Freitag sein, sollte vor allem aber auch Mut machen. Doch gilt es, nicht nur auf den Gegner zu schauen. Die Männer in Rot müssen unbedingt ihre Abwehrprobleme in den Griff kriegen, die in den ersten drei Saisonspielen zutage getreten sind, auch zuletzt beim ersten Saisonsieg gegen Elversberg. Dass Boris Tomiak nach Gelb-Rot auf Schalke wieder zur Verfügung stehen wird, ist schon mal ein Hoffnungsschimmer.
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Freitag, 18:30 Uhr: Rote Teufel zu Gast in Ostwestfalen (Der Betze brennt)