Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-Fürth

DBB-Analyse: Zwei Hälften, zwei Gesichter - und Ache

DBB-Analyse: Zwei Hälften, zwei Gesichter - und Ache


Mitreißende Fußball-Unterhaltung bot das 2:2 des 1. FC Kaiserslautern gegen die SpVgg Fürth auf jeden Fall. Die Partie im Kontext des Entwicklung zu betrachten, die der FCK anstrebt, hält aber auch Ernüchterndes bereit.

Der 1. FC Kaiserslautern hatte selten einen Trainer unter Vertag, der sich bei Pressekonferenzen so viel Zeit nahm, seinem Publikum seine Vorstellungen von Fußball darzulegen. Drum dauerten die ersten PKs zum Spieltag mit ihm auch mindestens zehn Minuten länger, als unter Markus Anfangs Vorgängern üblich war. Gerade am vergangenen Mittwoch, vor der Partie gegen die SpVgg Fürth, hatte er einiges erklärt, was man am Betzenberg so noch nicht gehört hat.

Der 50-Jährige ist kein King Kalli und auch kein König Otto, versteht sich nicht als Schlachtenlenker am Spielfeldrand. Seine Mannschaft solle für sich selbst entscheiden, in welcher Formation sie dem Gegner gegenübertritt, erklärte Anfang. Wie hoch sie steht, in welcher Spielfeldzone sie attackiert, das alles bestimme sie selbst, je nachdem, mit was sie sich am wohlsten fühle und von was sie sich den Zugriff verspreche. Er selbst sehe seine Aufgabe darin, von der Seitenlinie aus dafür zu sorgen, dass die gewählten Varianten korrekt und konsequent interpretiert würden.

Die Betze-Buben entscheiden selbst: erstmal schlecht

Unter diesem Gesichtspunkt ließe sich nach der aufregenden Partie vom Freitagabend feststellen: In der ersten Hälfte trafen die Betze-Buben eher schlechte Entscheidungen, in der zweiten eher gute. Wobei wir unterstellen, dass für die segensreichen Ein- und Auswechslungen dann doch allein das Trainerteam verantwortlich gezeichnet hat.

Zunächst zu den schlechten Entscheidungen: Nach einem Spielstart, der eine intensive Partie mit ungefähr gleichen Spielanteilen erwarten ließ, rückten die Roten Teufel im Spiel gegen Ball von ihrer bevorzugten 4-1-2-3-Grundordnung ab und formierten eine Dreier-/Fünferkette - wohl, um das 3-4-3 ihrer Gäste zu spiegeln und sich so vor allem von deren beweglicher Dreier-Offensive nicht durcheinander bringen zu lassen.

Die Schlüsselrolle dabei hatte Boris Tomiak inne, der sich von seiner Sechser-Position links neben die Innenverteidiger Jannis Heuer und Jan Elvedi schob und sich erst bei eigenem Ballbesitz wieder aus der Kette hinausbewegte. Seine von "Sofacore" entnommene Heatmap visualisiert das deutlich:

Heatmap Boris Tomiak

Die Idee an sich mag ja gar nicht falsch gewesen. Leider aber positionierte sich die gesamte Mannschaft nach der Umstellung viel tiefer - und verlor dadurch eben den Zugriff, den ihre Entscheidungen eigentlich herstellen sollen. Von diesem Moment an schienen die Lautrer förmlich um den Rückstand zu betteln.

Diese "Wyscout"-Grafik verbildlicht diese viel zu tiefe Positionierung:

Durchschnittliche Aufstellungslinie FCK-Fürth

Dass es erst in der 31. Minute schnackelte, ist allein Keeper Julian Krahl zu verdanken, der erst bravourös eine Doppelchance von Julian Green und Dennis Srbeny vereitelte und kurz darauf einen Srbeny-Kopfball aus kurzer Distanz parierte.

Der Elfmeterpfiff nervt, ist aber berechtigt

Dass das 0:1 aus einer Situation heraus entstand, die eigentlich nichts mit dieser zu tiefen Positionierung zu tun hatte, ist eben typisch Fußball. Die Anfang-Elf ließ sich mit einem weiten Abschlag übertölpeln, nachdem Erik Wekesser eine Ecke zu leicht abfangbar geschlagen hatte. Und als Noel Futkeu im Strafraum gegenüber zu Fall kam, gab's Elfmeter.

Okay, es ist für die 41.632 Zuschauer hochgradig nervig, dass es eine eine gefühlte Ewigkeit dauert, bis eine solche Entscheidung mal steht. Erst lässt Schiri Florian Lechner weiterlaufen, dann hält er minutenlang Rücksprache mit dem VAR, dann entschließt er sich, sich die Szene selbst am Monitor ansehen, und dann überlegt er und überlegt. Und Futkeu scheint ein Typ zu sein, der Rasenkontakt genauso gerne mit der Nase wie mit den Füßen sucht, aber: Der Elfmeterpfiff war berechtigt. Heuer hatte dem Fürther Stürmertalent auf den Fuß getreten.

Und Green verwandelte, wie er auch den Strafstoß im Auftaktspiel gegen Preußen Münster verwandelt hatte. Ebenfalls nach einem Foul an Futkeu.

Nur sieben Minuten später markierte Futkeu den zweiten Treffer für sein Team. Staubte ab, nachdem Krahl abermals einen Srbeny-Kopfball prächtig pariert hatte. Geflankt hatte Branomir Hrgota, mit links von der rechten Seite, über die sich der Chef der Kleeblatt-Offensive öfter orientierte.

"Keine brutale Standardmonschter"

Das war aus Lautrer Sicht insofern schade, weil die gerade dabei waren, sich wieder in die Partie zu kämpfen, auch wieder - siehe Grafik oben - höher gerückt waren. Innenverteidiger Marco Meyerhofer hatte bei Strafraum-Turbulenzen nach FCK-Ecken gleich zweimal auf der Torlinie gerettet.

Den Anschlusstreffer schafften sie dennoch, und das noch vor der Pause. Ebenfalls nach einem ruhendem Ball. Tomiak servierte eine lange Freistoßflanke Marlon Ritters in die Mitte, Daniel Hanslik vollstreckte. "Wir sind halt keine brutale Standardmonschter", stellte Franken-Coach Alexander Zorniger dazu in dem ihm eigenen Zungenschlag fest.

Nach der Pause hatte der FCK die Partie insgesamt im Griff, ließ im Prinzip nur noch eine Chance des Gegners zu, die sich Hrgota nach einem langen Ball eröffnete. Die Pfälzer gewannen 58 Prozent der Zweikämpfe, verzeichneten 57 Prozent Ballbesitz, waren also optisch überlegen. Die Qualität ihrer Offensivleistung bewerteten die Trainer allerdings unterschiedlich.

"Passspiel ist nicht ihr Thema - noch nicht"

"Mit der Tiefe, und das ist die Kernkompetenz des FCK", dozierte Alexander Zorniger, "hatten wir überhaupt keine Probleme. Wir wussten, dass, wenn wir ihnen den Ball geben, das Kreieren von Torchancen durch Passspiel nicht ihr Thema ist - noch nicht, denn dafür ist der Markus ja jetzt ja." Interessante Worte, die zeigen, dass auch andere zurzeit verfolgen, ob und wie Markus Anfang die fußballerische Neuausrichtung gelingt, die er sich am Betzenberg vorgenommen hat.

Der Lautrer Cheftrainer dagegen fand, dass sein Team sich durchaus vielversprechend bemüht hatte. Es habe einige Abschlusssituationen im Strafraum geschaffen, nur seien diese geblockt worden. Der Blick auf die Statistiken bestätigt diese Darstellung nicht so ganz. Der FCK verzeichnete in Halbzeit Zwei drei Torabschlüsse im Strafraum, die drei Versuche von außerhalb, insbesondere die Ritters, waren augenscheinlich unterm Strich gefährlicher - auch wenn sie es laut xG-Bewertung nicht sind.

Richtig ist: Die Roten Teufel fanden fast über den kompletten zweiten Durchgang endlich den angestrebten Zugriff. Dazu formierten sie sich zunächst in einem 3-1-4-2. Hanslik zog sich zunehmen auf die Achter-Position neben Filip Kaloc zurück, für den wirkungslosen Richmond Tachie kam nach 63 Minuten Jannik Mause. Nach 73 Minute brachte Anfang Jan Gyamerah und Ragnar Ache für Kaloc und Jean Zimmer, worauf sich Mause verstärkt auf die rechte Seite begab und Ache das Zentrum überließ.

Und dann kam Ache ... und alles wurde gut. Alles?

Was sich in Minute 84 auszahlte. Ritter setzte mit einem präzisen Diagonalpass Linksaußen Opoku ein, der dribbelte sich in den Strafraum und Richtung Grundlinie, flankte flach in die Mitte - und Ache vollstreckte aus der Drehung, so, wie es in diesem Kader sonst keiner vermag. Hoffentlich ist er bald auch wieder fit genug für Startelf - und bleibt gesund. "Länger als 20 Minuten sind noch nicht drin", sagte der Torjäger nach dem Spiel und verwies auf die fehlende Kondition, die er nach langer Verletzung und Aufbautraining jetzt erstmal wieder tanken muss.

Damit ist der FCK mit nun vier Punkten aus zwei Spielen in die Runde gestartet - gegenüber null zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres sicher ein Fortschritt. Negativ festzuhalten bleibt aber: Die Defensivverband präsentiert sich noch keinesfalls sattelfest. Und der rechten Seite mit Zimmer und Tachie gelang, wie schon zum Saisonauftakt in Ulm, nicht viel.

Positiv notiert werden darf: Die Roten Teufel sind jetzt zweimal hintereinander nach einem Rückstand zurückgenommen. Das gibt Selbstvertrauen. Krahl könnte sich in dieser Spielzeit zum Top-Torhüter der Zweiten Liga entwickeln. Auch Opoku scheint endlich seine Linie zu finden, war erneut Aktivposten in der Offensive. Und Ache ist wieder da.

Statistik zum Schluss: Wekesser macht sich

Zu unseren Standard-Grafiken. Nach den xGoals-Bewertungen gewinnt Fürth - kein Wunder angesichts der Chancen, die Krahl in der ersten Hälfte zunichte machte.

xG-Timeline FCK-Fürth

In der Positions- und Passgrafik des FCK erscheint Tomiak (Nr. 2) als eine Art halblinker Sechser. Das liegt daran, dass die Computersoftware einen Mittelwert seiner Aufenthaltsorte während des Spiels errechnet und dort den Spot setzt. Tatsächlich pendelte er, wie oben beschrieben, zwischen der linken Innenverteidiger-Position einer Dreier-Kette und der Sechser-Position.

Passmap FCK

Aus dem gleichen Grund finden sich die drei Offensiven von Fürth zentral wieder. Dabei stellten sie sich durchaus breit auf, rotierten aber ständig. Hrgota (Nr. 10) war, wie zu sehen ist, ganz klar mehr Stürmer als Zehner. Tauchte öfter rechts auf, wechselte aber auch in die Mitte und nach links.

Passmap Fürth

Die Duelle: Heuer wieder mit einer starken Bilanz. Auch Wekesser beeindruckt. Übrigens nicht nur als Zweikämpfer, sollte auch als Meister der vertikalen Spiels. Von 15 steilen Pässen, die er versuchte, kam 14 an, das ist erstaunlich.

Zweikampf-Duelle FCK-Fürth

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2024/25: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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