Spielbericht: SV Wehen Wiesbaden - 1. FC Kaiserslautern 2:1

Kurz schütteln und weiter!

Kurz schütteln und weiter!


Trotz grandioser Fan-Unterstützung verliert der 1. FC Kaiserslautern beim SV Wehen Wiesbaden. Neben zwei eigenen Siegen benötigen die Roten Teufel nun Schützenhilfe, um direkt in die 2. Bundesliga aufzusteigen. Andernfalls würde es in die Relegation gehen.

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Schon zwei Stunden vor dem Anpfiff versammelten sich die Lautrer Fanmassen an den Eingangstoren des Wiesbadener Stadions, das durch die überwiegende Stahlrohr- und Blechkonstruktion wohl eines der hässlichsten in ganz Deutschland ist. Beim Warmmachen beider Teams hatten die Anhänger den Ground schon fest im Griff. Die Heimmannschaft musste sich gellende Pfiffe anhören, die Roten Teufel wurden lautstark bejubelt. Auch FCK-Trainer Marco Antwerpen konnte kaum fassen, wie viele Fans sein Team unterstützten, und schüttelte beim Gang zum TV-Interview nur ungläubig strahlend mit dem Kopf. Nicht nur der offizielle Gästeblock hinter dem südlichen Tor, auch die Haupt- und Gegentribüne waren ohne Übertreibung nahezu zu 100 Prozent in Lautrer Hand.

FCK verschläft die Anfangsphase und liegt früh zurück

Im Endeffekt dürften mindestens 7.500 der offiziell 9.671 Zuschauer den Roten Teufeln die Daumen gedrückt haben. Die offizielle Stadionkapazität beträgt nicht wie im Internet angegeben 15.295 Plätze, sondern rund 3.000 weniger, so dass die Tribünen mit Ausnahme der weniger als halbvollen Heimkurve fast voll ausgelastet waren. Im Gästeblock zeigten die Anhänger zum Einlaufen der Mannschaften ein Banner mit dem Leitspruch "Endspurt heißt Siege erzwingen". Das hatte ja im Abstiegskampf des vergangenen Saison schon gut geklappt, doch an diesem Abend war irgendwie der Wurm drin. Die mitgereisten Fans verstummten bereits nach zwei Minuten kurzzeitig. John Iredale brachte die Wehener nach Vorarbeit von Benedict Hollerbach in Führung. Die FCK-Abwehr, in der Antwerpen Max Hippe für den zwei Partien gesperrten Kevin Kraus aufgeboten hatte, sah bei diesem Gegentreffer ganz und gar nicht gut aus.

Die Roten Teufel schüttelten sich nach dem Rückstand kurz und kamen schon sieben Minuten später zum Ausgleich. Der Ex-Lautrer Gino Fechner hatte Daniel Hanslik im Strafraum gefoult und Hendrick Zuck verwandelte den fälligen Strafstoß zum 1:1. Die Schlachtenbummler aus der Pfalz schöpften nun wieder Hoffnung, doch so richtig war die Antwerpen-Elf auch danach nicht im Spiel. Allerdings: Durch die beiden frühen Tore war zumindest Feuer drin. Beide Teams schenkten sich nichts, was in einer Rudelbildung in der 28. Minute gipfelte, nach der Hikmet Ciftci und Bjarke Jacobsen den gelben Karton sahen. Die beste Chance zur Pausenführung vergab Mike Wunderlich mit einem indirekten Freistoß nach Rückpass - auch das sieht man nicht alle Tage - aus sieben Metern, den der 36-Jährige aber in die Mauer schoss. Hippes Nachschuss ging knapp am Tor vorbei.

Lautern spielbestimmend, aber ohne Fortune

In der Halbzeitpause korrigierte Antwerpen seine Aufstellung und brachte René Klingenburg für den insgesamt schwachen Hippe, der zudem auch schon Gelb gesehen hatte. Fortan waren die Lautrer, denen zu Beginn der zweiten 45 Minuten von einer Bengalo-Show der Fans eingeheizt wurde, die optisch überlegene Mannschaft und spielten sich unter dem nun phasenweise brachial lauten Support einige Chancen heraus. Doch entweder wurden die Abschlüsse im letzten Moment geblockt oder Keeper Florian Stritzel hatte seine Finger im Spiel. So war es auch bei der besten FCK-Torchance der zweiten Halbzeit, als Stritzel einen Abschluss des eingewechselten Kenny Redondo gerade noch zur Ecke klären konnte (70.).

Drei Minuten später wurde dann den Roten Teufeln eine Ecke zum Verhängnis. Matheo Raab konnte die Hereingabe von Maximilian Thiel nicht festhalten und legte Ahmet Gürleyen den Ball praktisch vor die Füße. Der bedankte sich und schoss den Ball zum 2:1 ins FCK-Tor. Dieser Treffer geht klar auf Raabs Kappe, aber: Was hat dieser Junge in dieser Saison schon für Bälle pariert? Da sollte man ihm auch diesen Fehler mal zugestehen, auch wenn er am Ende spielentscheidend war. Gürleyen allerdings hatte nach seinem Tor nicht besseres zu tun, als die FCK-Fans zu provozieren und rannte wild gestikulierend auf die Osttribüne zu. In der Folge flog alles auf das Feld, was die Anhänger gerade zur Hand hatten. Keine Glanzleistung von beiden Seiten.

Rote Teufel haben den Aufstieg immer noch in der eigenen Hand

In der Schlussphase waren die Männer in Rot zwar bemüht um den so wichtigen Ausgleichstreffer und die Fans wollten den Ball nun irgendwie ins Tor schreien. So richtig in Bedrängnis bringen konnten die Roten Teufel das Abwehrbollwerk der Hessen aber nicht mehr. Nach dem Abpfiff von Schiedsrichter Florian Badstübner sanken manche FCK-Profis zu Boden, doch dann folgten Szenen, die für die letzten beiden Saisonspiele Hoffnung machen können. Einige Akteure, allen voran René Klingenburg und Jean Zimmer, dessen Comeback an diesem Tag nach über vier Monaten eine Randnotiz blieb, halfen ihren Mannschaftskollegen sofort auf, als hätten sie sagen wollen: "Es ist noch nichts verloren. Das hier heute wirft uns nicht um." Und auch die FCK-Fans setzten ihr entsprechendes Statement und verabschiedeten ihr sichtlich konsterniertes Team mit lautstarken Gesängen und aufmunterndem Applaus in die Kabine.

Nach der siebten Saison-Niederlage, die natürlich zur absoluten Unzeit kommt, muss der FCK nun seine beiden ausstehenden Spiele gewinnen und zudem auf einen Ausrutscher von Konkurrent Braunschweig gegen Magdeburg, Meppen oder Köln hoffen. Nur dann ist der zum direkten Aufstieg berechtigende Platz 2 noch zu schaffen. Andernfalls hätten die Roten Teufel den Aufstieg zwar auch noch in der eigenen Hand, dann ginge es allerdings über den Umweg der Relegation. Am kommenden Samstag folgt nun zunächst das Heimspiel gegen Dortmund II. Dann wird das Fritz-Walter-Stadion mit weit mehr als 40.000 Zuschauern wieder beben. Jungs, gebt weiter Gas! Noch ist rein gar nichts entschieden!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Florian Reis

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